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Ausgabe:

1939 Nr. 2

Spalte:

47-48

Autor/Hrsg.:

Koch, Hugo

Titel/Untertitel:

Virgo Eva - virgo Maria 1939

Rezensent:

Krüger, Gustav

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47

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 2.

48

Antaradus d und r vertauscht sind, was zwar im Namenregister
vermieden ist, wo dann aber statt 286 nur
86 als Stelle angegeben ist, oder S. 53,6, wo dpxn^ev
korrigiert werden muß, aufweist.

Es ist früher schon einmal bemerkt worden, daß für
die feineren literarischen Untersuchungen über das Verhältnis
der Clementinen zu einander und über ihre Quellen
bessere und zuverlässigere Textausgaben beschafft
werden müßten. Hier ist nun eine solche für einen Teil
der gesamten Überlieferung, und schon zeigt sich auch
der Wert dieser Arbeit am Text für die Literarkritik.
Auf S. VIII f. legt Fr. unter richtigerem Verständnis
der übrigens bei ihm unten im Apparat erscheinenden
Überschriften „des dritten", „des vierten" (sc Tages)
dar, daß der in der Hs. B fehlende zweite Teil des
syrischen Werkes die Homiliesammlung als einzige
Quelle hat, und dieses wird erhärtet durch die Beobachtung
des Übersetzungscharakters der beiden Übersetzungsteile
S. 2—123 und S. 124 ff. Die Übersetzungsweise
kann schon an den ersten 19 (nach Frankenbergs
Zählung) Kapiteln, die mit der ersten der 20 Honiilien
übereinstimmen, studiert werden, und es zeigt sich der
andersartige Charakter des mit den Recognitiones I—III
parallel laufenden Teiles. Im übrigen haben die Rufirische
Übersetzung und der Syrer die Predigt XII 25—33
nicht. Zu beachten ist auch, daß der Syrer den 4 Seiten
betragenden Schluß von XII übergeht. Ebenso die
Lücke 332,22, die S. 143,20—144,3 des Lagardeschen
Textes umfaßt. Das Interesse an diesem frühchristlichen
Roman würde allerdings erheblich abnehmen, wenn es
sich als endgültig richtig erweisen sollte, daß er „für
die Erforschung der christlichen und der judaistischen
Frühzeit schlechterdings gar keine Bedeutung hat und
auch mit Elxai und seiner Gemeinde nicht zusammenhängt
." Immerhin bleibt auch dann noch genug zu
untersuchen übrig, und das wird hoffentlich etwas mehr
sein als wissenschaftlicher Sport. — Unter den Beigaben
zum eigentlichen Textkorpus, nämlich den Noten zum
syrischen und zum griechischen Text, dem syrisch-griechischen
Wörterverzeichnis, dem Verzeichnis der Namen
ragt das Wörterverzeichnis deshalb hervor, weil es nicht
nur für das vorliegende Werk seine Bedeutung hat, sondern
weil es auch für andere Werke auf Übersetzungsmöglichkeiten
aufmerksam macht. Die Noten rechtfertigen
z. T. den gebotenen Text, z. T. bieten sie Heilungsversuche
.

Jedenfalls ein Werk, in dem Können und Gründlichkeit
ihre Triumphe feiern.

Goslar am Harz. Hugo Duensing.

Koch, Hugo: Virgo Eva-Virgo Maria. Neue Untersuchungen über
die Lehre von der Jungfrauschaft und der Ehe Mariens in der ältesten
Kirche. Berlin: W. de Oruyter & Co. 1937. (115 S.) 8° = Arbeiten
zur Kirchengeschichte, hrsg. v. E. Hirsch u. H. I.ietzmann. Heft 25.

RM 6.20 ; geb. 7.20.

Diese Studie von Koch stellt eine wesentlich erweiterte
und allseitig untermauerte Neuauflage der 1919
in den „Beiträgen zur historischen Theologie" mit dem
Titel Adhuc virgo und dem gleichen Untertitel erschienenen
Arbeit dar. Es handelt sich um die These, daß
die Vorstellung von Mariens virginitas in partu und post
partum in den ersten Jahrhunderten nur ein apokryphes
Dasein geführt habe, und daß sich vielmehr eine gewisse
„Überlieferung" von den Evangelien her nicht
für die äEiJtaoüevtu, sondern für eine tatsächliche und
wirkliche Ehe nach der Geburt Jesu aus dem Zeugnis
der Väter herleiten lasse. Katholische Kritiker, denen ein
solches Ergebnis begreiflicher Weise peinlich ist, hatten
die Beweiskraft der von Koch aus Tertullian und Ire-
naeus beigebrachten Belege in Zweifel gezogen. Diesen
Zweifel zu beschwichtigen, untersucht Koch nunmehr das
ganze Material von neuem und verweilt dabei mit besonderer
Ausführlichkeit bei Irenaeus und dessen Rekapitulationstheorie
(daher der neue Titel seiner Arbeit
), die richtig verstanden keinen anderen Schluß zuläßt
als den, daß ihm die Vorstellung von einer dauernden
Jungfrauschaft Mariens noch unbekannt ist. Das
j Gleiche gilt aber von sämtlichen Schriftstellern bis in die
Zeiten des Hieronymus hinein. Es ist ein besonderer
Vorzug der Neubearbeitung, daß Koch es sich nicht
lVd die Mühe verdrießen lassen, die Skizze des dogmen-
I geschichtlichen Verlaufs, die er in der Erstbearbeitung
bot, nunmehr zu vertiefen und die Gegner zu entwafP
nen. Diese Entwicklung verlief augenscheinlich in fol-
I genden Stufen: 1. Jesus der älteste Sohn Josefs und
! Mariens mit zahlreichen Geschwistern. 2. Jesus jung-
I fräulich empfangen, die Brüder Jesu Söhne aus der
1 nachfolgenden Ehe Josefs und Mariens. 3. Maria stets
| Jungfrau, die Brüder Jesu Söhne aus erster Ehe. 4. Jo-
< sef ebenfalls jungfräulich, die Brüder Jesu „Vettern".

So das Ergebnis des Historikers, herausgearbeitet
j und vorgetragen mit dem wissenschaftlichen Ernst und
dem bohrenden Scharfsinn, nicht zuletzt mit der allsei-
; tigeu Kenntnis der Väterschriften, für die Koch unter
j den Patristikern beider Konfessionen keinen Nebenbuhler
zu fürchten hat. Werden sich nun die Gegner beruhigen
j und sein Ergebnis anerkennen? Ich glaube es nicht, und
| Koch glaubt es auch nicht. Er führt ein Wort von
Dom Capelle an, das die Lage treffend beleuchtet:
j „Pour quiconque croit vraiment ä l'Incarnation du Fils
j de Dieu, la chose est evidente: la plus elementaire deli-
j catesse l'exige." Man darf auch daran erinnern, daß
1854 der damals amtlich noch nicht unfehlbare Papst
aus eigener Machtvollkommenheit und ohne Widerspruch
! zu finden die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau
j Maria feierlich definiert und damit dem regressus in in-
finitum freie Bahn geschaffen hat. Was hier vom regressus
gilt, sollte es nicht auch zutreffen auf den
progressus, wenn ich mich so ausdrücken darf, als welchen
sich die Lehre von der dauernden Jungfrauschaft
Mariens und ihrer Ehe in der ältesten Kirche dem unbefangenen
Beobachter darstellt?

Gießen._G. Krüger.

Kettler, Franz Heinrich: Der melitianische Streit in Aegypten.
I Berlin: W. de Gruyter & Co. 1937. (41 S.) 8" = Sonderabdruck aus der
Zeitschr. f. neutestarnentl. Wissensch. Bd. 35.

Der Brauch, nur selbständige Veröffentlichungen zu
besprechen, ist mit der Anzeige dieses Zeitschriften-
Aufsatzes nur scheinbar durchbrochen: es handelt sich
um eine Berliner Lic.-Dissertation, die — als Teildruck
— in der ZNW Aufnahme gefunden hat und die einen
beachtlichen Beitrag zur ägyptischen Kirchengeschichte
darstellt.

Ergänzt durch einen gründlichen Artikel über Petrus
von Alexandrien (in Pauly-Wissowa), versucht die
Arbeit durch scharfe Interpretation der (hier neu herausgegebenen
) „Fundamentalurkunden" und ihre Kombination
mit den Angaben des Epiphanius die tnehrbe-
handelte Frage nach dem Ursprung des melitianischen
Schismas zu beantworten. Das Ergebnis ist, Melitius
habe bei seinem Eingreifen in unterägyptische Diözesen
und bei seinem Vorgehen in Alexandria dessen Bi-
| schofsstuhl als erledigt behandelt und habe dann den
j Konflikt mit Bischof Petrus (nach dessen Gnadenerlaß
| in der Frage der Gefallenenbuße Ostern 306) durch
j sein Zusammengehen mit einer Konfessorengruppe verschärft
(nicht begonnen).

Damit ist den Fundamentalurkunden die deutlichere
Erkenntnis der Anfänge des Streits abgewonnen, ist
| die Spannung, in der sie sich mit Epiphanius befanden,
j gelöst und sind die Bußkanones des Petrus in diesen
Zusammenhang mithineingestellt. (Übrigens macht die
neue zeitliche Einordnung der Bußkontroverse jene dra-
! matische Kerkerszene zur Legende, nach der Petrus
durch Aufhängen seines Mantels die Konfessoren zur
itio in partes aufgefordert haben soll.)

Schwierig bleibt, warum die Melitianer sich „Kirche
der Märtyrer" nannten, wenn die Konfessoren nur als
eine zweite Gruppe mit eigenen Zielen zu Melitius ge-
j stoßen sind. Er kann auch kaum erst später in das
! radikale Fahrwasser eingelenkt haben, wenn er — wie