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Ausgabe:

1939 Nr. 2

Spalte:

46-47

Titel/Untertitel:

Klemens I., Die syrischen Clementinen mit griechischem Paralleltext 1939

Rezensent:

Duensing, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 2.

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verrät sich das noch nicht im Aufriß; denn nur etwa
in der Sonderung von Reformationszeit und dem Zeitalter
der Gegenreformation und des Altprotestantismus"
(neben „Altertum", „Mittelalter" und „Neuzeit") zeigt
sich ein Ansatz, einen Zeitabschnitt nach seinem Sachgehalt
abzugrenzen und zu bezeichnen. Schon hier bekundet
sich die dem Buch durchweg eignende Scheu,
durch gewaltsame Konstruktionen die Wirklichkeitstreue
zu gefährden und das Bestreben, dem Leser durch
reichliche Tatsachenmitteilung ein eigenes Urteil zu ermöglichen
.

Die Auffassung des Verf.s, der seinen festen Standort
keineswegs verleugnet, drängt sich doch nirgends
vor, sondern tritt vor allem in der Raumzuteilung an die
verschiedenen Fragen und Bereiche zu Tage. Wie hier
die Entwicklung der Lehre und der praktischen Frömmigkeit
vor anderem, etwa dem Ausbau der Verfassung
und der übrigen Ordnungen, voransteht, so läßt die [
Rücksicht auf das Interesse des modernen deutschen
Lesers manches übergehen, was, wie z. B. die Hugenot- |
tenkriege und das Werden des Anglikanismus, an sich
ein Anrecht auf ausgiebigere Behandlung haben möchte.
Anderes wünschte man gerade unter diesem Gesichtspunkt
eingehender geschildert, wie die ökumenische Bewegung
, der nur V2 Seite zugedacht wird.

Einige Einzelbedenken mögen geäußert werden, da
sie gleichzeitig die Reichhaltigkeit des Inhalts andeuten, i
Ist das Judentum mit „äußerer Gesetzlichkeit" zurei- ;
chend charakterisiert (S.18)? In einem Urteil: „Die
Kraft des palästinensischen Judentums lag in seiner Iso- j
lierung" (S. 19) spricht außerkirchliches Denken mit,
nicht anders wie in dem Begriff der „schöpferischen j
Persönlichkeit" (S.219) oder der Deutung von Worms
als der Proklamation der „Gewissensfreiheit" (S. 250), i
während sonst und in der näheren Ausführung auch gerade
hier das Übergreifen fremder Betrachtungsweisen |
vermieden wird. — Apk.13 bedeutet doch keine Preisgabe
von Rm. 13, wie es nach S. 34 scheinen könnte! j

— Der Kaiserkult konnte nicht nur für die unmittelbaren
Staatsdiener (S.36), sondern für jeden Christen die
Entscheidung bringen (Plinius!). — Der geistreiche Satz:
„die Kirche hat immer die Ketzer, die sie verdient"
(S.56), verleitet zu der falschen Folgerung, die rechtlehrende
Kirche sei gegen das Aufkommen von Häre-
sieen gesichert. — Der Montanismus ist wirkliche, nicht
nur angebliche Reaktion (S.57). — Wäre es Mut gewesen
, den die Kirche mit dem Glauben an neue Offenbarung
bewiesen hätte (S. 63), nicht Treulosigkeit? —
Die Bischofslisten sind zunächst doch L e h r e r listen,
durch Legende ergänzt, nicht durch Fälschung (S. 65).

— Fand wirklich die Irrlehre im Rom verschlossene
Tür (Modalismus!) (S.67)? — Wie die Welt der Antike
, so sollte auch die vorchristliche germanische Welt
kurz, geschildert werden. — Gern erhielte man ein Bild
vom fränkischen Christentum. — Das über das mittelalterliche
Deutschtum absprechende Urteil: „in Luther
erwacht die deutsche Seele am Evangelium" (S. 121)
hätte Luther schwerlich mitvollzogen. — Die Deutung
des Investiturstreites lediglich als eines Machtkampfes
erklärt nicht, warum damals die ernsten Christen sich,
wie schweren Herzens auch immer, meist päpstlich entschieden
(S.148L).

Doch es ist unnötig, eine Liste von Wünschen und
Fragen zusammenzustellen, und jede Übereinstimmung
oder Verschiedenheit der Auffassung anzumerken. Im
Ganzen wird man sagen dürfen, daß der Leser wohlberaten
ist, der sich dieser Führung durch die Kirchengeschichte
anschließt. Möchte er an mancher Stelle gern
länger verweilen, um noch deutlichere und tiefere Einblicke
tun zu können, so wird er doch dankbar sein
für den Reichtum des Gezeigten und für die Hinweise, i
die ihm zu dessen Verständnis eine kundige Hilfe ver-
mittein.

Güttingen. H. Dörries.

rankenberg, Wilhelm: Die Syrischen Clementinen mit griechischem
Paralleltext. Eine Vorarbeit zu dem literargeschichtlichen Problem
der Sammlung. Leipzig: J. C. Hinrichs 1937. (XXXVI, 383 S.) 8°
= Texte u. Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur.
Archiv für die von der Kirchenväter-Cominission der Preuß. Akademie
d. Wiss. unternommene Ausgabe der älteren christlichen Schriftsteller.
Begr. von O. von Gebhardt und A. von Harnack. Herausgeg. von
Erich Klostermann und Carl Schmidt. 4. Reihe 3. Bd. 3. Heft = 48. Bd.
3. Heft. RM 48—.

Die syrische Übersetzung der Pseudo-Clementinen
enthält, wie bekannt, von den Homilien 1,1 —19 und
X—XIV (mit Ausnahme von XU, 25—33) und von den
Recognitionen nur Buch I—III. Deshalb war die Bezeichnung
recognitiones, wie sie Lagarde für seine Ausgabe
von 1861 gewählt hatte, wenig zutreffend, und der
Fortschritt, den die vorliegende Ausgabe bringt, kündigt
sich schon im Titel an. Dem Herausgeber standen
Fotografien derselben Londoner syrischen Handschriften
, welche Lagarde für seine Ausgabe benutzt hatte,
zur Verfügung, nämlich A — addit. 12 150, in Edessa
411 geschrieben, und B = addit. 14 609, um etwa
400 Jahre jünger, aber die vorliegende Ausgabe ist der
Lagardeschen darin überlegen, daß 1. ungenau und
falsch wiedergegebene oder ganz übersehene Stellen jetzt
richtiggestellt sind, daß 2. 6 Blätter der Hs. B, die zu
La gar des Zeit fehlten, sich aber inzwischen wiedergefunden
haben, benutzt werden konnten und daß 3. diese
Ausgabe im Unterschied von der 1. eine kritische ist,
insofern nicht wie bei Lagarde einfach der Text von A
mit den eingesetzten Abweichungen von B geboten wird,
sondern die Varianten von B, soweit sie besser sind
als der Text von A, im Text erscheinen, daneben aber
doch in dem Apparat unter dem Text der gesamte Stoff
der syrischen Übersetzung gebracht wird. Ist mit dem
allen schon Lagardes Ausgabe als veraltet erwiesen,
SO hat die gegenwärtige darüber hinaus den weiteren
Vorzug, daß neben dem syrischen der vorauszusetzende
griechische Text gebracht wird. Dies war verhältnismäßig
einfach in den Partien, zu welchen ein solcher
vorhanden war, d. h. also den Homilicstücken, nämlich
Homilie I, 1 — 19 (S. 2/3 bis 24/25 Z. 21 bzw. 23)
und Homilie X—XIV (S. 236/37—336/37). Hier hat
Frankenberg im wesentlichen Lagardes griechischen Text
nach Fotos der Pariser Hs. (930) und des Vatic. Ottob.
443 bestätigen können und dabei die Abweichung des
Syrers in griechischer Kursive veranschaulicht, dann und
wann aber doch eine der genannten Hss., namentlich
'< den Ottobonianus gegenüber Lagardes Textherstellung
i bevorzugt und hat unnötige Konjekturen seines Vorgängers
zurückgewiesen. Den Glanzpunkt des Werkes bildet
j aber die Rückübersetzung in das Griechische des bisher
. ohne griechische Parallele gebliebenen, nur von der mangelhaften
lateinischen Übersetzung Rufins begleiteten
Stückes Ree. I 20—IV 1,4. Hier entfaltet Frankenberg
sein früher schon glänzend bewährtes Können. Mag
auch das Urteil über Einzelheiten schwanken können und
mögen bei der Herausgabe von anderen Händen Stellen
geändert sein, wofür Frankenberg nicht einsteht — er
macht S, VI solche namhaft — so muß man doch mit
Bewunderung dieser Unsumme von Mühe und Sachkunde
folgen.

Die Arbeit Frankenbergs ist, wie wir aus dem Vorwort
erfahren, durch verschiedene Hände gegangen,
ehe sie das Licht sah. Die Korrektur wurde von den
Professoren Klostermann in Halle und Schmidt in Berlin
mitgelesen. Herr Dr. Rehm in München hat als
der künftige Herausgeber der Recognitionen Beobachtungen
beigesteuert; für die Durchsicht des Griechischen
ist Eduard Schwartz herangezogen, und die des Syrers
hat Professor Schaeder in Berlin besorgt. Ganz besonders
hat Herr Lic. Eltester der gesamten Drucklegung
seine Aufmerksamkeit zugewandt und für die Durchführung
der Texteinteilung gesorgt. So ist ein Werk entstanden
, das kaum einen Fehler, wie er zufällig etwa auf
S. 82,22 des syrischen Textes sich findet, wo es statt
N:nn vielmehr x:^n heißen oder 286, 13, wo in dem Wort