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Ausgabe:

1939 Nr. 12

Spalte:

452-456

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Berkhof, Hendrikus

Titel/Untertitel:

Die Theologie des Eusebius von Caesarea 1939

Rezensent:

Opitz, Hans-Georg

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 12

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chend, alljährlich in dreitägigen Festen das Drama eines
sterbenden und auferstehenden Gottes auf dem Berge
Gilgal (dazu ist Golgatha geworden) bei Jericho feierte.
Hierher pilgerten im Jahre 27 galiläische Fischer, hier
erlebten sie bei einem Festmahl die Erscheinung des
auferstandenen Gottes, wie sie etwa 1. Kor. 15,3—11
geschildert ist, hier entstand die Verpflichtung zu einer
das ganze Imperium umfassenden Propaganda der neuen
Offenbarung, der sich bald Paulus von Tarsus anschloß
. Anfänglich handelte es sich nur um ein Kultgeschehen
, das sich in drei Tagen abspielte und vollendete
; später dehnte es sich zeitlich auf ein Jahr aus,
so bei Markus, und am Ende stand die Geschichte eines
ganzen menschlichen Lebens, das in Tod und Auferstehung
sich krönt. So wurde ein ursprünglich jahreszeitlicher
Kultus und Mythus vom Gott Jesus allmählich
zu der „Biographie" Jesu von Nazareth historisiert.

Angesichts einer solchen romanhaften Historie oder
eines solchen historischen Romans ist es leicht darauf
hinzuweisen — und Loisy tut es in gründlichen Ausführungen
—, daß, was hier dargestellt ist, nicht in den
biblischen Texten steht, und was in den biblischen
Texten steht, nicht oder nur wenig dargestellt ist. Vielleicht
ist wichtiger, daß in dieser eingehenden Kritik
die Position Loisys, die er zuletzt in vier großen Werken
vom Anfang der Religion Israels bis zum Ende der
urchristlichen Zeit, in den Jahren 1Q33—1936 dargestellt
hatte, in ihren Hauptpunkten sichtbar wird. Es
ist im Sachlichen: Die enge Bindung der christlichen Anfänge
an die jüdische Eschatologie, ihre Verknüpfung
mit einem hellenistischen Heilsmysteriuni, die Entstehung
der Gemeinde aus dem doppelten Ursprung
dieser eschatologischen Hoffnung und der kultischen
Mysteriumfeier, zu der in zweiter Linie erst die Verkündung
des Evangeliums oder des Wortes Gottes tritt.
Es ist im Literarischen: Die Beurteilung der Evangelien
als urchristliche Katechesen über das Mysterium
des Heiles, entstanden in der ersten Hälfte des zweiten
christlichen Jahrhunderts, der Briefe vor allem des
Paulus als vielfältig zusammengesetzter und redigierter
Schreiben der Kirche, in denen sich Ursprüngliches
erhalten hat. Es ist im Methodischen: Die Unterwerfung
der Texte unter eine strenge logische, oft etwas
herrschsüchtige Kritik, die Bewährung dieser Kritik an
den Texten und in der Darstellung eines „geordneten"
Verlaufes der urchristlichen Geschichte. Und es ist
endlich, allem diesen zu Grunde liegend, die religiöse
Überzeugung von der „mystischen" Offenbarung Gottes
und seines „Gesetzes der Liebe" in menschlichen Herzen
, die sich am reinsten in dem Hohenlied der Liebe,
1. Kor. 13, ausspricht, dem edelsten Stück des Neuen
Testamentes.

Am Schluß des Buches ist der Wortlaut eines Beschlusses
französisch veröffentlicht, durch den die päpstliche
Kommission alle seit 1932 erschienenen Werke
A. Loisys auf den Index der verbotenen Bücher setzt.
Greifswald, z. Zt. im Felde Ernst Lohmeyer

Jeremias, Prof. D. Dr. Joachim: Hat die älteste Christenheit
die Kindertaufe geübt? Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1938. (29 S.) vj. 8°. RM 1.80.

In Fortführung der Untersuchungen von Oepke, Leipoldt
und Windisch bejaht der Verf. im wesentlichen die von
ihm aufgeworfene Frage. Über die Johannestaufe hänge
die christliche Taufe genetisch mit der 'Proselytentaute
zusammen. Die Kinder der Proselyten seien schon im
Alter von weniger als drei Jahren getauft worden. So
müsse man für die urchristliche Taufe entsprechendes
annehmen. Wenn im N.T. mehrfach berichtet wird, daß
sich jemand mit seinem ganzen Hause habe taufen lassen
, so seien darunter auch die ganz kleinen Kinder einbegriffen
zu denken. Auch nach Ap. 2,39 werden neben
den Erwachsenen die Kinder zur Taufe aufgefordert.
Wenn 1. Kor. 7,14 die Kinder auch gemischter Ehen als
heilig bezeichnet werden, so habe es allerdings eine

gewisse Wahrscheinlichkeit, daß der Apostel mit der
Taufe solcher Kinder nicht gerechnet habe, ebensowenig
natürlich solcher, die in rein christlichen Ehen geboren
| waren. Diese Heiligkeit bezöge sich aber nicht auf
I solche Kinder, die einer Zeit entstammten, da beide
| Eltern noch ungläubig waren. Sie seien getauft worden,
i und etwas später, zur Zeit der Entstehung des Markus-
J evangeliums, habe man in Rom auch die in christlicher
| Ehe geborenen Kinder getauft. Das lasse Mark. 10,15
j erkennen, ein Jesuswort, dessen Formulierung erst auf
i Rechnung der Gemeindetradition komme.

Dazu ist zu bemerken: Mag auch die Proselytentaufe
[ schon in vorchristlicher Zeit geübt worden sein, so wissen
wir doch nichts davon, daß man damals schon
ganz kleine Kinder getauft habe. Auch ist jene Taufe
in ältester Zeit vermutlich nur als zeitlich erste der
vielen Lustrationen zu deuten, die der Proselyt gleich
dem geborenen Juden durchzumachen hatte. Was die
tirchristliche Taufpraxis anlangt, so berücksichtigt J.
j nicht genügend den Zusammenhang, der, der grundsätzlichen
Verinnerlichung der Religion im Christentum ent-
j sprechend, zwischen dem Glauben und der Taufe
bestand. Vgl. AG. 16,31 ff., Rom. 6,8, Kol. 2,12,,
Mark. 16,16. Wenn nach AG. 18,8 der Korinther
Krispus mit seinem ganzen Hause glaubte, so werden
sich gewiß alle diese Gläubigen haben taufen lassen,
aber etwaige Säuglinge, die noch nicht glauben konnten,
waren gewiß nicht darunter, auch wenn sie zum Hause
gehörten. Wenn Petrus AG. 2,39 den mit der Taufe
verbundenen Geistesempfang nicht bloß seinen Hörern,
sondern auch deren Kindern in Aussicht stellt, so sind
hier, wie J. selber sieht, die prophetisch redenden Söhne
und Töchter der V. 17 angeführten Joel-Weissagung gemeint
, die dann eben keine Säuglinge waren und der
j V. 40 und 21 genannten „Rettung" nur teilhaft werden
| konnten, sofern sie nach der zuletzt erwähnten Stelle
den Namen des Herrn anriefen, also schon ein bewußtes
Glaubensleben führten.

Die 1. Kor. 7,14 von Paulus vorausgesetzte Heiligkeit
der Kinder kann einfach in der Familiengemein-
schaft begründet gedacht sein, in der wenigstens ein
Teil Christ ist, vgl. 1. Klem. 46,2. Dann sind auch
diejenigen Kinder heilig im paulinischen Sinne, die aus
i einer Zeit stammen, da noch keiner der beiden Eltern
übergetreten war. Noch weniger trägt Mark. 10,15 für
unsere Frage etwas aus. Der Eintritt in die Gottesherrschaft
kann nicht daran geknüpft sein, daß jemand schon
im Kindesalter sie empfängt, wie J. meint, oder gar im
Säuglingsalter, wie er mit Rücksicht auf die Luk.-Par.
18,15 (tA ße&pr)) deutet. Solchen Widersinn wird die urchristliche
Überlieferung Jesu nicht in den Mund gelegt
haben. Denn damit hätte das Urchristentum seine ganze
| Missionstätigkeit unterbunden und nur noch für die
Taufe von Säuglingen Propaganda treiben können. Das
o>Q jtaiftiov der Mark.-Stelle kann nur bedeuten: als ob
er ein Kind wäre. Die Taufe ganz kleiner Kinder im
Urchristentum anzunehmen, haben wir nach wie vor
keinen Anhaltspunkt.

Wien Richard Hoff m a n n

KIRCHENGESCHICHTE: SPÄTANTIKE

Berkhof, Dr. theol. Hendrikus: Die Theologie des Eusebius
von Caesarea. Amsterdam: Uitgeversmaatschappij Holland 1939.
(206 S.) 8°.

So erstaunlich es klingen mag, Berkhof hat die erste
Monographie über die Gedankenwelt des Mannes geschrieben
, der nächst Augustin noch heute von den
Schriftstellern der alten Kirche am meisten gelesen und
benutzt wird. Dieser für die Geschichte der Erforschung
der altkirchlichen Theologie m. E. bezeichnenden Tatsache
muß gleich hinzugefügt werden, daß B.s Buch,
eine Leidener Doktordissertation, eine ganz ausgezeichnete
Leistung ist. Wir haben es nicht mit einem unbehol-