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Ausgabe:

1939 Nr. 12

Spalte:

441-442

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Dhalla, Maneckji Nusservanji

Titel/Untertitel:

History of Zoroastrianism 1939

Rezensent:

Christensen, Arthur

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 12

442

Dhalla, Maneckij Nusservanji, Ph D., Litt. D.: History of Zoroa-
strianism. New York: Oxford Univ. Press 1938. (XXXIV, 525 S.)
gr. 8°. 24 s.

Der Verfasser, der früher eine Reihe von Schriften
über zarathustrische Theologie und altiranische Kultur
veröffentlicht hat, gibt in diesem Buche eine Darstellung
der Geschichte der zarathustrischen Religion von ihren
Anfängen bis auf den heutigen Tag. Die Hauptabschnitte
sind: Vorgathische Periode (von den ältesten Zeiten
bis auf etwa 1000 v. Chr.), Qathische Periode (um 1000
v. Chr.), Avestische Periode (von etwa 800 v. Chr. bis
spätestens 200 n. Chr.), Pehlevi-Periode (3.-9. Jahrh.),
Eine Verfallsperiode (7.—18. Jahrh.), Eine Periode der
Wiedergeburt (19. Jahrh. und später). Für die älteren
Perioden sind diese Zeitbestimmungen freilich problematisch
; über das Zeitalter Zarathustras („gathische Periode
") gehen die Ansichten der Forscher bekanntlich noch
immer auseinander. Der der vorgathischen Periode gewidmete
Abschnitt ist sehr dürftig ausgefallen. Das wichtige
Werk H.S. Nybergs, „Die Religionen des alten
Iran" das vor 1938 nur in schwedischer Sprache vorlag,
konnte der Verfasser wohl schwerlich benutzen. Aber er
hätte jedenfalls für die Vorgeschichte und für die Voraussetzungen
der Reform Zarathustras die einschlägigen Arbeiten
früherer Forscher verwerten können.

Der Verfasser steht, wie namentlich aus den letzten Abschnitten
ersichtlich ist, den verschiedenen Richtungen des neueren Parsisrmis
selbständig gegenüber, indem er in aufgeklärter Weise ein Studium
der religiösen Texte unter Berücksichtigung der Ergebnisse der westlichen
philologischen und historischen Forschung befürwortet. In seiner
eigenen Darstellung der geschichtlichen Entwickelung der altiranischen
Religion ist er aber noch vielfach von der Tradition abhängig. Er
teilt mit sorgfältiger Benutzung der avestischen Texte und der
Pehleviquellen Legendarisclies und Geschichtliches mit, ohne sich auf
kritische Untersuchungen einzulassen, und zieht auch nur in bescheidenem
Maße moderne kritische Arbeiten heran. In den Fußnoten
zitiert er außer den orientalischen Quellen wesentlich nur Arbeiten,
die in englischer Sprache erschienen sind. In der Bibliographie (S.
XIV—XXVIII) werden freilich auch einige deutsche und französische
Bücher und Abhandlungen aufgeführt; sie sind aber in der Darstellung
wenig benutzt worden. Wichtige neuere Untersuchungen von
Schaeder, Nyberg, Benveniste, Bailey II. a. fehlen in der Liste. Von
der ganzen neueren Literatur über den Manichäismus wird nur Jack-
son's ,,Rescarches in Manichaeism" einmal zitiert; die Funde mani-
chäischer Originalliteratur und alles was über dieselben geschrieben
worden ist, bleiben unerwähnt. In der kurzen Darstellung des Mazdaismus
wird mein kleiner Aufsatz im Modi Memorial Volume angeführt
, nicht aber meine Monographie ,,Le regne du roi Kawädh I et
le cotnmunisme mazdakite", wozu der erwähnte Aufsatz nur einen
Nachtrag bildet. Bei der Erwähnung des Christentums im sassanidischen
Iran vermißt man Hinweise auf die Märtyrerakten und auf das bekannte
Buch von Labourt, ,,Le Christianisme en Perse".

Die Schilderung der Persönlichkeit Zarathustras ist im Stile eines
historischen Romans gehalten: „He was of course grown in years
and stature. But there was something indescribable that those who
saw hint could not realize. His face had grown sweet and serene.
It breathed ineffable kindness and bore Shilling reflection of his pure
inner life. . . . The sublimity of his serene behaviour, the childlike
simplicity of his speech, the unassuming attitude of his movements,
the imperturbable calm and passive countenance aroused feelings of
reverence in those who met him. They greeted him with salutations
and adoration. His advent soon became the event of surrounding
villages" u. s. w. (S. 18). Das ist lediglich Dichtung. Kein historischer
Bericht vom Aussehen des Propheten und von dessen Auftreten
unter seinem Volke ist auf uns gekommen. In seiner Darstellung der
Lehre Zarathustras folgt der Verfasser traditionellen Bahnen. Der
Name Ahura Mazda soll von Zarathustra geschaffen sein (S. 30).
Die von den Religionsforschern jetzt wohl allgemein angenommene
Ansicht, daß es einen Mazdaglauben schon vor Zarathustra gegeben
habe, wird nicht einmal angedeutet, sondern Zarathustra wird als
Schöpfer einer völlig neuen Religion ethisch-philosophischen Charakters
aufgefaßt. Die ganze Darstellung ist didaktisch, und auf Stieit-
fragen wird nicht eingegangen.

Das Buch Dhallas ist somit nicht als eine wissenschaftliche
Untersuchung der Probleme der zarathustrischen
Religionsgeschichte anzusehen. Eine solche zu geben
hat der Verfasser wohl auch nicht beabsichtigt. Es
ist eine reich dokumentierte Darstellung des Inhalts der
zarathustrischen religiösen Literatur und der religiösen
Anschauungen und Gebräuche der Zarathustrier in ihrer

geschichtlichen Entwickelung und hat als solche, besonders
wegen der undogmatischen Haltung des Verfassers,
seinen Wert.

Von besonderem Interesse für die Iranisten des We-
i stens ist der letzte Teil des Buches. Der Verfasser schildert
hier in übersichtlicher Darstellung die Geschichte
des neueren Parsismus in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen
: die unter Einfluß islamischer Sufis und in-
I discher Yogis entstandenen und später durch theoso-
phisch beeinflußte Parsis erneuerten mystischen Richtungen
, die durch die Interkalationsfrage hervorgerufene
Spaltung in Schahinschahis und Qadimis und den Gegensatz
zwischen Modernismus und Traditionalismus.
i Er weist auch auf die rege soziale und philanthropische
Tätigkeit der heutigen Parsigemeinde in Indien hin.
Charlottenlund, Dänemark Arthur Christensen

j Gemen, D. Dr. Carl: Die phönikische Religion nach Philo
von Byblos. Leipzig: J. C. Hinrichs 1939. (IV, 77 S.) gr. 8° = Mitteil,
d. Vorderasiatisch-Aegyptischen Gesellschaft 42. Band, 3. Heft. RM 5—.
Durch das Bekanntwerden der Texte von Ras Scham-
ra (Ugarit) ist das Interesse für Philo von Byblos und

I für Sanchuniathon, den er übersetzt zu haben behauptet,
mächtig angeregt worden, weil man hier Beziehungen
zu Philos Angaben zu finden meint und in manchen räl-

i len auch tatsächlich findet, wie es bei den vorher bekannten
phönizischen Inschriften nie der Fall war. Eine
neue Untersuchung der Angaben Philos, wie sie Cle-
men hier bietet, ist somit zeitgemäß.

In der Einleitung (S. 1—16) befaßt sich Cl. mit
quellenkritischen und literarischen Vorfragen: in der
unter Philos Namen zitierten Schrift „Über die Juden"
und in seinen „Stoicheia" sieht er nicht Bestandteile

| seiner „Phönizischen Geschichte", sondern selbständige

| Schriften; die Annahme einer bloßen Fiktion wird abgelehnt
, Philos Werk als Bearbeitung, nicht bloße Übersetzung
bestimmt. Beides sicherlich mit Recht, während
sich in der ersten Frage kaum völlige Sicherheit
gewinnen läßt. Wer freilich nicht von vornherein mit den
Dingen vertraut ist, dürfte es nicht ganz leicht haben,
durch diese „Einleitung" hineinzukommen; er wird eine
ganz knappe Zeichnung der Geschichte und der heutigen
Lage des Problems, sowie eine klare Zielsetzung für
diese Arbeit vermissen. — Auf S. 16—33 bietet Cl.
„die für uns in Betracht kommenden Abschnitte", im

j wesentlichen aus Euseb, je einen Passus aus Porphyr,
Theodoret und Johannes Lydus, in griechischem Text
mit einigen kritischen Anmerkungen und einer im all-

j gemeinen guten deutschen Übersetzung, wie sie bei dem

| nicht immer ganz leichten Verständnis in der Tat angebracht
ist.

Man versteht freilich nicht, warum dabei aus der Praepar. Ev.
| nicht auch I 9, 21 f. 23—26 und 10,39. 43 der Wiedergabe gewür-
J digt wurden, die dem Inhalt nach doch durchaus dazu gehören und
für Philo auch sehr bezeichnend sind; vollends unbegreiflich ist es bei
! § 9,21, der S. 4 in vollem Umfang übersetzt ist, bei § 9,26, der die
S. 10 besprochenen Ammuneer und bei § 10, 39, der den Thabion
I (s. S. 13 f.) erwähnt, sowie bei 10,43 mit der Nennung von Thuro
! und Surmubel (s. S. 14). Wenn schon einmal der Originaltext ge-
! boten werden sollte, dann auch so vollständig als irgend möglich, im
| Zweifelsfall lieber zu viel als zu wenig. Auch noch auf andere Stellen
I wird mitunter verwiesen, ohne daß sie im Wortlaut mitgeteilt würden,
! z. B. auf I. 9,5 (S. 40), so daß man schließlich doch zu einer
| Eusebausgabe greifen muß! — S. 17, Z. 8 ist „eben (ciütoijc,) sie"
zu übersetzen, und S. 18, Z. 4 das xou füg TO xqemv UEtuoTiivTag
besser ,,auch als sie ihr Geschick erfüllt hatten" statt „als sie
I auch . . ."; S. 22 (zu 10,9) fehlt die wichtige Var. lysWi|ihi
SuiiTHioof'uoc. ebenso die Angabe, daß auch das 6 xcu (statt
MiX 6} handschriftlich belegt ist; S. 23, Z. 8 ff. entspricht die Übersetzung
nicht den vorgeschlagenen Änderungen; S. 24, Z. 15 ist das r)
| des Originals ohne Begründung ignoriert.

Den Rest der Arbeit füllt die eigentliche Untersu-
| chung, die nach dem Inhalt in Entstehung der Götter,
j der Kultur und des Götterglaubens gegliedert ist. Da
erörtert Cl. die zu den einzelnen Namen und Mythen
vorliegenden älteren und neueren Erklärungen — nach