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Ausgabe:

1939 Nr. 11

Spalte:

411

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Preisker, Herbert

Titel/Untertitel:

Griechentum und Evangelium 1939

Rezensent:

Schneider, Carl

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411

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 11

412

Inhalts, sondern auch das der angeführten biblischen
Stellen, so daß nun die vielen wie im Vorübergehen
gemachten schönen exegetischen Bemerkungen Sir Hos-
kyns zu einzelnen Sätzen und Abschnitten des NT.s
nur mit Mühe aufgefunden werden können. Und alles
dieses ist geschehen, ohne daß auch nur eine leise
Bemerkung auf die vorgenommenen größeren oder kleineren
Änderungen hinwiese oder sie rechtfertigte!
Greifswald z. Zt. im Felde Ernst Lohmeyer

Preisker, Herbert: Griechentum und Evangelium. Leipzig:
B. G. Teubner [o. JJ. (22 S.) 8° = Sonderabdruck a. Archiv f. Religionswissensch
. XXXV, Heft 1/2. RM —50.
In dankenswerter Kürze gibt dieser Breslauer Vortrag
eine klare Zusammenstellung des wichtigsten Materials
und der wichtigsten neueren Literatur zur Frage
der Beziehungen Jesu zur griechischen Welt. An einigen
Stellen muß man Fragezeichen setzen. Die Rabbinen
sind zu sehr als einheitliche Größe aufgefaßt; durch R.
Meyer u. a. werden wir heute einmal sehr energisch
auf die Frage hingewiesen, wieviel Griechisches sich
.die Rabbinen einfach stillschweigend „entlehnt" hatten,
was garnicht eigentlich jüdisch ist. Falsch ist, daß der
Verf. gerade die Stoiker als Typen griechischen Wesens
heranzieht; sie haben die stärksten orientalischen Elemente
von allen griechischen Philosophen. Auch die
Sätze über den Sündenbegrift Jesu verdienen eine Korrektur
: Auflehnung gegen die Götter ist gerade ein
griechischer Begriff, während der jüdische Sündenbegriff
weithin nichts als Übertretung von Einzelgesetzen
ist. Überhaupt ist das Griechentum viel zu sehr von der
Philosophie her gesehen, von den Mysterienreligionen
und der Volksfrömmigkeit wird wenig gesagt, und doch
sind auch sie in der nächsten Umwelt Jesu vorhanden.
In Anlehnung an die Hollsche Formel wird das Neue in
Jesus vor allem in seinem Liebesbegriff gesehen.
Königsberg Carl Schneider

Oehler, D. Dr. V.: Das Wort des Johannes an die Gemeinde.

Evangelium Johannis 15 -17, Johannes-Briefe und Offenbarung des
Johannes, ausgelegt. Gütersloh: C. Bertelsmann 1938. (XII, 238 S.)
8". RM 5 -; geb. RM 6 - .

In seinem 1936 erschienenen Werk „das Johannesevangelium
, eine Missionsschrift für die Welt" versuchte
Oehler, an Hand von c. 1—14 des Ev- das „Bild des
großen Missionars Johannes" zu zeichnen und seinen
Ruf an die „gottferne Welt" darzustellen. Dieser Versuch
erfährt nun seine Ergänzung durch eine versweise
fortschreitende Paraphrase des restlichen „johannei-
schen" Schriftenkreises, als dessen „eigentlicher Autor"
der Apostel gilt. Doch hat er sich zur Glättung seines
in der Offenbarung verhältnismäßig „ungehemmt" erscheinenden
hebraisierenden Stiles im Ev. wie im 1. Brief
der literarischen Beihilfe des Griechischen kundigerer
Mitarbeiter bedient. Das Problem des Parallelismus
der c. 13—14 und 15—16 in den Abschiedsreden löst
Oehler, indem er von c. 15 ab ein neues Anliegen
konstatiert: An die Stelle des missionarischen Rufes an
die gottferne Welt tritt nun das befestigende Wort an
die bereits gewonnene Gemeinde. Es wird dann in den
Briefen und in der Offenbarung fortgeführt, erinnert
aber immer wieder an den zuvor gehörten Missionsruf.
Die Einzelauslegung verzichtet nicht auf wissenschaftliche
Ansprüche, gilt jedoch zunächst der „Gemeinde
unserer Tage", die als Inhaberin der 1. Jon. 2,20 verheißenen
„Salbung" letzte Prüfungsinstanz jeder Auslegung
sein muß. So wenig die Berechtigung eines
solchen Anliegens verkannt werden soll und so gewiß
Oehler manchem seiner Leser willkommene Hilfe bringen
mag, so deutlich sind umgekehrt die Mängel seines
Buches. Das Nebeneinander von c. 13—14 und 15—16
der Abschiedsreden kann jedenfalls nicht aus verschiedener
Tendenz erklärt werden, da diese Doubletten sich
beide als Wort Jesu für die „Seinen" an die Gemeinde
richten. Ebensowenig wird durch die These der stilistischen
Beihilfe die Einheitlichkeit des johanneischen
Schriftenkreises gesichert. Warum läßt der Autor der

| Offenbarung sich ungehemmter gehen als in seinem Missionsruf
, ohne dasselbe in den ebenfalls an die bereits
bestehende Gemeinde gesandten Abschiedsreden und im
1. Brief zu tun? Von seiner missionarischen Haltung

j ist zum mindesten in seinem „Wort an die Gemeinde"
nichts zu bemerken. Die Analogien aus der Missionsgeschichte
, die Oehler zur Verdeutlichung der die Gemeinde
bedrohenden inneren und äußeren Gefahren her-

j anzieht, fallen bei ihrer Spärlichkeit kaum ins Gewicht
. Vor allem leidet jedoch die ganze Arbeit daran,

| daß man auf so engem Raum einen so umfangreichen
Text nicht zugleich fortlaufend versweise paraphrasie-
ren und zugleich in einer den Schwierigkeiten gerecht
werdenden Art die exegetischen Probleme sorgfältig
anfassen kann. Schlatters Erläuterungen dürften hier
nach wie vor auch der Gemeinde bessere Dienste tun.
Gelsenkirchen Ernst Käse mann

I Hof mann, Karl-Martin: Philema hagion. Gütersloh: C.Bertelsmann
1938. (VI, 156 S.) gr. 8° = Beiträge z. Förderg. christl. Theol.,
2. Reihe: Samml. wiss. Monographien 38. Band. RM 6 -; geb. RM 7.50.

Der Verf. bemüht sich, in sorgfältigen und gelehrten
| Untersuchungen durch religionsgeschichtliche Vergleiche
i die Bedeutung des heiligen Kusses in urchristlfchen
I Gemeindeversammlungen aufzuklären und sodann auch
seine Geschichte in der christlichen Kirche, insbesondere
i in den altchristlichen Liturgien, zu verfolgen. Der an-
i tike Kuß ist ihm wesentlich ein Mittel der Kräfteüber-
| tragung und des Seelenaustausches. In Anschluß daran
bestimmt er S. 91 die Bedeutung des urchristlichen Kuß-
! grußes — am Schlüsse von 1. Thess., 1. und 2. Kor.,
| Rom. und 1. Petr. ist von ihm die Rede — folgendermaßen
: nicht nur eine bloße Formel, ja nicht nur sinnenfälliger
Ausdruck gegenseitiger Verbundenheit, son-
I dern reale Mitteilung und tatsächlicher Austausch der
Agape, die durch den heiligen Geist gewirkt ist, den
! Heiligen innewohnt und von ihnen betätigt wird.

iH. ist auch bemüht, auf Grund spärlicher Anhaltspunkte
, diesem Kusse innerhalb der urchristlichen Ge-
| meindeversammlungen seine Stellung vermutungsweise
j zuzuweisen: zwischen der Briefverlesung bezw. der Pre-
i digt einerseits und dem Abendmahl anderseits, vgl.
I S. 25. Doch scheint mir dabei nicht genügend berücksichtigt
, daß es sich um ein üojid^EaOai handelt
und ein solches natürlicherweise entweder an den Anfang
oder auch (vgl. z.B. AG. 20,1) an das Ende
des betr. Beisammenseins gehört.

In der Übersicht über die bisherige Literatur zu dem
! Gegenstande S. 38 ff. fehlt der Aufsatz von Reinhold
: Seeberg: „Kuß und Kanon", zuerst in der „Reformation"
1904, S. 801 ff. veröffentlicht und dann in der Sammlung
„Aus Religion und Geschichte" 1906 S. 118 ff.
wieder abgedruckt. Von Druckfehlern, die sehr selten
I sind, vermerke ich ictokoitoq statt &vureoxQtTo$ auf S. 32.
Ein gutes modernes Beispiel für die Wertung des
Kusses als Kraftübertragung von einem Stärkeren auf
I den Schwächeren bietet das Verhalten der uralten Groß-
| mutter in Mazo de la Roche's berühmtem Roman: Die
I Familie auf Jalna.

Wien Richard Hoffmann

KIRCHENGESCHICHTE: SPÄTANTIKE

Schnitzler, Theodor: Im Kampfe um Chalcedon. Geschichte
und Inhalt des Codex Encyclius von 458. Dissertation. Rom : Apud
Aedes Universitatis Gregorianae 1938. (VII, 132 S.) gr. 8° = Ana-
lecta Gregoriana Cura Pontif. Univ. Gregor, ed. Vol. XVI Scr. Facul-
tatis Theol., Sectio B (N. 7).
Der Wert der Entscheidung von Chalcedon 451 ist
I noch heute umstritten. Heißt man nämlich den Gang
l der Entwicklung der katholischen Kirche auf jeden Fall
i gut, so muß man in der Nachfolge des großen Leo