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Ausgabe:

1939 Nr. 10

Spalte:

368-370

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Dey, Joseph

Titel/Untertitel:

Palingenesia 1939

Rezensent:

Seesemann, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 10

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mit solider alttestamentlicher Wissenschaft und brauchbarer
Theologie weiterzugeben. Die ganze Sorgfalt, die
wir aus Weisers sonstiger Exegese kennen, tritt hier
wieder in Erscheinung. Kein Vers ist zu gering, Weiser
durcharbeitet ihn solange, bis er seine Botschaft gewonnen
hat. Prüfsteine aller Auslegung wie Ps. 51
und der in der neuen Auflage hinzugetretene Ps. 91
zeigen, welche Leistung hier vorliegt. Das ist Dienst
an der HI. Schrift, unendlich wertvoller als die kurzatmigen
Apologien der letzten Jahre. Gerade die völlig
unnervöse Haltung des Auslegers läßt spüren, daß hier
von der Ewigkeit her gehört und geredet wird.

Wir bedauern nur, daß W. zunächst mit einer Auswahl
hervorgetreten ist. Freilich soll man sich dadurch
nicht an die Anthologien der Vorkriegszeit im liebenswürdigen
Plauderton erinnern lassen; der Leser
merkt bald, daß diese Auswahl nichts mit Liebhaberei zu
tun hat. Aber dahinter steht doch die Meinung „eine einheitliche
theologische Haltung oder Lehre über Gott
und den Menschen wird man daher nicht im Psalter
erwarten dürfen" (S. 19). Sicherlich bietet der Psalter
keine Einheit der Schule; und doch ist er ein Ganzes,
in dem ein Stück des andern bester Ausleger ist. Aus
diesem Grunde erscheint mir ein Ordnungsversuch in
Sachgruppen erwägenswert. (Über die Formgruppen
orientiert die schöne Einleitung [S. 9 f f. ]). — Ferner will
es mir richtiger scheinen, den Unterschied zwischen den
beiden Testamenten nicht so sehr entwicklungsgeschichtlich
, sondern vielmehr kontrapunktisch zu fassen, wie es
besonders Luthers Einleitungen lehren.

Der Kommentar verzichtet, wie fast alle Auslegungen
der letzten Jahrzehnte bewußt auf Erörterung der Wortphilologie
; ein bei den Psalmen sehr verständliches
Verhalten! Auf dem Gebiet der literarischen und verbalen
Konjektur haben Duhm und Gunkel die letzten
Grenzen erreicht: Hans Schmidt und Artur Weiser
verfahren mit Recht wesentlich konservativer. Und doch
darf nicht vergessen werden, daß der Text streckenweise
einer der schlechtesten im A. T. ist, daß die Geschichte
dieses Gesangbuches für seinen literarischen
Bestand nichts Gutes ahnen läßt, (W. läßt wie seinerzeit
schon Franz Delitzsch die Überschriften fort) und
endlich, daß seine Ausgabe in KBH3 keineswegs abschließend
zu nennen ist. Gerade solch guter Kommentar
weckt lebhaft den Wunsch nach einer guten Textausgabe,
zu der besser als bei vielen andern Bibelbüchern die
Voraussetzungen vorliegen.

Riga R. Abramowski

Reider, Joseph, Prof. Ph. Dr.: The Holy Scriptures. Deutero-
nomy with Commentary. Philadelphia: The Jewish Publication
Society of America 1937. (XLIV, 355 S., 3 Ktn.) 8°. § 2.50.

Dieser amerikanisch-jüdische Kommentar zum Deu-
teronomium beschäftigt sich auf 33 Seiten Einleitung
mit den Fragen nach Titel, Inhalt, Verfasserschaft und
Datierung, religiösem Leben, Stil, Text und Übersetzungen
sowie Bibliographie. — Der Name „Deut." beruht
auf falscher Übersetzung von mischneh hattoräh in 17,
18, was „Abschrift des Gesetzes" bedeutet. Der Aufriß
wird sehr ausführlich gegeben. Neben der Kapiteleinteilung
finden sich auch die jüdischen Paraschcn. „Im
Inhalt verkündet es eine neue Religionsauffassung, die
großartiger und edler ist als irgendeine vorher als bestehend
bekannte, vielleicht die höchste in der ganzen
Bibel". Dies nach Gottesbild, Kult, Verboten. „Ferner
ist in den Beziehungen zwischen Mensch und Mensch,
wie auch zwischen Mensch und Gott, der führende Lebensgrund
die Liebe, mit den sie begleitenden Tugenden
der Menschlichkeit und der Wohltätigkeit." Die Anset-
zung für 621 wird abgelehnt; „gesünder" ist die Ansicht
etwa Sellins, daß der sehr alte Kern des Deut, in
12—26 verkörpert, wahrscheinlich in die Mose- und
Richterzeit zurückreichend, später erweitert wurde. Über
Östreichers und Weichs Theorien wird berichtet. Albright
hält das D. für im 9. Jhdt. niedergeschrieben und unter

! Josia herausgegeben. Eine Reihe von Gelehrten halten
j an der mosaischen Autorschaft fest, wie Wiener, Lohr,
' Möller, Troelstra, Sanda. „Es wird mit Recht von die-
I ser orthodoxen oder konservativen Schule behauptet,
daß das Buch des Bundes, das im Tempel während der
Regierungszeit Josias gefunden wurde, nichts anderes
war als unsere Thora oder der Pentateuch, welcher in
der früheren reaktionären Regierung des Manasse gelegentlich
der baulichen Veränderungen im Tempel zur
Ausgrabung verdammt worden sein muß". Die Bestimmung
eines Zentralheiligtums hängt mit der Wandlung
von der nomadischen zur ansässigen Lebenshaltung zusammen
oder ist überhaupt nicht so neu, wie gewöhnlich
angenommen wird. Alts und Noths Amphiktyonie-
Theorie beweist Zentralheiligtümer für Israels Frühzeit
, „stürzt die Wellhausen'sche Theorie, und es steht
der Zurückführung des Deut, bis auf sein traditionelles
Alter nichts im Wege". Als maßgeblich wird auch die
Meinung des öfters zitierten M. L. Margolis in „The
Hebrew Scriptures in the Making", 1922, hervorgehoben.
Josias Buch umfaßte also Ex. und auch Deut. Wenn
Religion und Theologie des Deut, für die alte Zeit
zu fortgeschritten erscheinen, muß auf die Möglichkeit
der Datierung des Monotheismus vor Henotheismus und
Polytheismus verwiesen werden. Weder der Stil, der
eben jeweils durch den Stoff bedingt ist, noch der Wortschatz
weisen notwendig in späte Zeit. Das Gros des D.
ist also „während der letzten Tage des Mose" entstanden
; an der Schwelle Kanaans wären Erweiterungen und
Modifikationen der älteren Gesetze in Ex. und Lev.
nötig gewesen. — Die Aufzählung der vorhandenen Kommentare
beginnt mit Midrasch Sifre, zählt die jüdischen
vom Mittelalter zur Neuzeit, bis zu JH. Hertz, London
1936, auf. Die nichtjüdischen nehmen bei der Nennung
nur etwa y4 des Raumes ein. An neueren Monographien
zum D. kennt Reider nur 8, davon nur die drei deutschen:
Hempel, Schichten, 1914; östreicher, Grundgesetz, 1923;
Lohr, D., 1925. Ein Aufzählen der hebr. Lexiken und
Bibelatlanten wäre dagegen nicht gerade notwendig gewesen
!

Der K o tn mentar, in kleingedruckter Annierkungs-
form jeweils zum großgedruckten Bibeltext einer Seite,
etwa 2/3 beanspruchend, gesetzt, bringt fast nirgends
eine Auseinandersetzung mit den neueren Problemen
der D.-Forschung. Deutsche Literatur wird darin kaum
je zitiert. Die reiche Kompliziertheit der Fragen, allein
iiterarkritischer Art, ist auch nicht annähernd behandelt
. Dagegen kommt die jüdische Tradition reichlich
zu ihrem Recht.

Der eigentlichen neueren D.-Forschung gibt somit
die Beschäftigung mit diesem Kommentar — dies das
Urteil — keine Bereicherung.

Breslau Adolf Wendel

NEUES TESTAMENT

D e y, Dr. theol. Joseph : I1AAHTENE2IA. Ein Beitrat; zur Klärung
der religionsgeschichtlichen Bedeutung von Tit 3, 5. Münster i. W.:
Aschendorff 1937. (XVI, 187 S.) gr. 8° = Neutestamentliche Abhandlungen
, hrsg. v. M. Meinertz. XVII. Bd., 5. Heft. RM 9.75.
Der Begriff n. kommt im N. T. nur zweimal vor,
Mth. 19,28 in der Wendung: tv tj TtaXiyyevtoUb otav xadbrg
6 ulöc, x. ävttp. ejh öqovou $6ijr|c, avxov und Tit. 3, 5
in der Bezugnahme auf die Taufe, die hier ein ?.o»ti>6v
jtoAiYYEVEOK/c. genannt wird. Vf. beschäftigt sich nur mit
der Vorstellung, die an der zweiten Stelle begegnet,
der durch die Taufe in der Gegenwart erfolgenden
Jt-, und versucht diesen Begriff genauestens zu klären.
Er arbeitete sehr exakt und vorsichtig, und zieht viele
Quellen, wie auch alle einschlägige Literatur heran.
Das Resultat ist: „Die Sprachgeschichte von n. hat bewiesen
, daß Paulus das Wort ebensogut der Profansprache
seiner Zeit entnehmen konnte wie dem Sprach-
| gebrauch seiner religiösen Umwelt, wenn man nur die