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Ausgabe:

1939 Nr. 10

Spalte:

366

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Mowinckel, Sigmund

Titel/Untertitel:

The two sources of the predeuteronomic primeval history (Je) in Gen. 1-11 1939

Rezensent:

Beer, Georg

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 10

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die Besessenheit im Neuen Testament ließe sich leicht
noch gründlicher behandeln. Der Begrift „Mystik" ist
oft zu wenig genau gefaßt, oft zu allgemein gebraucht
für Gottesgemeinschaft, die nicht immer Mystik im strengen
Sinn des Wortes ist. Auch erscheint mir z. B. bei
Epictet das persönliche Gottesbild zu stark betont. Gewiß
hat Epictet den persönlichsten Gottesglauben
in der Stoa; aber wieweit ist das nur Bildersprache
und Anlehnung an Formeln der Volksreligion? Auch die
Untersuchung des Judentums dürfte zu kurz gekommen
sein. Aber das sind Einzelheiten, die der Studie den
Wert nicht nehmen. Jedenfalls habe ich Freude und Zustimmung
beim Lesen dieser Arbeit empfunden, sowohl
was die wissenschaftliche Methode als auch den Inhalt
betrifft. So soll diese Besprechung den Verf. in seiner
Absicht befestigen, die Studie fortzusetzen, wie er es
ankündigt.

Breslau Herbert Preisker

ALTES TESTAMENT

Hempel, Johannes: Politische Absicht und politische Wirkung
im biblischen Schrifttum. Leipzig: J. C. Hinrichs Verlag 1938.
(48 S.) 8° = Der Alte Orient, Band 38, Heft 1. RM 1.80.

In der at.lichen Wissenschaftsgeschichte ist wiederholt
: an der politischen Haltung des AT. Anstoß genommen
worden. Die enge Verbindung von Religion und
Politik macht das AT. auf den ersten Blick zu einem national
beschränkten Buch des israelitisch-jüdischen Volkes
, und die politischen Forderungen der profetischen
Ethik lassen diese utopistisch erscheinen. Ohne zunächst
grundsätzlich sich mit derartigen Urteilen auseinanderzusetzen
, will H. die „politische Absicht" und „politische
Wirkung" im „biblischen Schrifttum" verfolgen, um von
hier aus ein eigenes Urteil über diese umstrittene Frage
zu bilden.

„Die Verbindung des religiösen und politischen Lebens
", „die Verknüpfung und innere Durchdringung beider
Bereiche" ist innerhalb der israelitischen Religion
„besonders eng" gewesen (S. 8). H. führt dafür drei
Gründe an. Einmal: die lebendige Beziehung zum Recht
in der israelitischen Volks- und Staatsreligion. Dann: die
Bindung der israelitischen Religion an die Geschichte.
Und schließlich: „die zentrale Bedeutung des schöpferischen
Gotteswortes als des geschichtsgestaltenden Prinzips
" (S. 21). Vor allem sind es die Profeten, bei denen
diese Verbindung deutlich wird, sodaß H. im zweiten Teil
seiner Schrift die Frage aufwirft: „Wie sich im Eigenbewußtsein
des Charismatikers die religiöse Bindung und
politische Absicht zueinander verhalten" (S. 29). Hier
knüpft H. an Windeier, Erbt und Weinrich an, welche
die Profeten entweder als „primär politisch bestimmte
Menschen" (S. 29) oder als „Utopisten" (S. 30) erklären
, je nachdem entweder die politische Wirksamkeit
oder ihre politisch scheinbar unmöglichen Forderungen
betont werden. Demgegenüber stellt H. eine „Gespaltenheit
der politischen Erwartung" der Profeten (S. 31 f.)
fest; diese hat ihre „Wurzel in der inneren Polarität des
alttestaimentlichen Gottesglaubens selbst" (S. 32): der
Gott als „Glied des von ihm gestifteten ,Bundes'" (S.
32ff.); andrerseits aber „die Gerechtigkeit Jahves als
wider den Menschen und sein sündiges Tun reagierende
,Heiligkeif" (S. 37). Zudem steht der Profet in einer
doppeliten Bindung: in der Bindung an das Volk, die
wesentlich religiöser Natur ist, und in der Bindung an
seinen Gott. So muß „jeder Impuls, auch wenn er seinem
Ursprung und Wesen nach politischer Natur ist,
notwendig durch ein religiöses Medium hindurchgehen"
(S. 43). Ja: „Nicht das politische Einzelziel ist es,
worauf die profetische Absicht sich richtet, vielmehr geht
die Intention auf den religiösen Gehorsam als solchen,
in dem Glauben, daß dieser Gehorsam die beste, ja die
einzig wahre Politik sei" (S. 43). Indem dann H. feststellt
: „Aus der religiösen Bindung des Charismatikers

erwachsen ihm politische Hoffnungen, die unerfüllt bleiben
; die politischen Folgen aber, welche aus seiner religiösen
Haltung hervorgehen, sind seinen Intentionen nur
allzuleicht wesensfremd" (S. 45), kann er von der „starken
Gegensätzlichkeit von politischer Absicht und politischer
Wirkung" (S. 45) sprechen und „das Gesetz der
Inkongruenz von politischer Absicht und politischer Fol-

i ge im Bereich des Religiösen" (S. 47) aufstellen.

Diese klärenden wie auch das Entscheidende treffen-

I den Grundgedanken führt H. an einigen plastischen Beispielen
(Deuterojesaja, Jeremia, Deuteronomium) durch;
er grenzt sie gegen die entsprechenden Anschauungen
des alten Orients, die in reichlichen Beispielen zu Worte

! kommen, ab. Gerade durch eine solche Fragestellung wie
die von H., welche die mannigfachen Beziehungen des
AT. zum alten Orient aufzeigt und dabei das spezifisch
At.liche erarbeitet, wird die Eigenart des AT. deutlich.
Oießen Karl Fritz Euler

Mowinckel, Sigmund: The Two Sources of the Predeutero-
nomic Primeval History (JE) in Gen. 1—11. Oslo: in Komm,
bei Jacob Dybwad 1937. (84 S.) gr. 8° = Avhandlinger utgitt av
Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. II. Hist.-Filos. Klasse 1937.
No. 2. Kr. 5-.

Wer für die Genesis die 3 Haupturkunden J, E und
P annimmt, läßt E erst nach der Urgeschichte Gen. 1-11
einsetzen. Hiergegen wendet sich Mowinckel in seiner
scharfsinnigen Studie. Nach M. ist E bereits an der
Urgeschichte beteiligt (S. 44 ff.). Mit Recht sagt M.,
wenr wie vielfach gemeint wird, E erstmalig und zwar
spurenweise Gen. 15 zu finden sei, so sei das kein rech-

i ter Anfang für E. Mindestens muß E auch von der Hei-

i mat Abrahams und seiner Auswanderung erzählt haben
(cf. Gen. 12). Ein Zeugnis dafür liege Jos. 24, 2—4 = E

I vor. Haben aber J der Vorgänger E's und P der Nachahmer
beider eine Urgeschichte gehabt, dann hat auch E
seine Patriarchengeschichte durch eine Urgeschichte unterbaut
. Die Prämissen zugegeben, kann ich dem Schluß
M.s zustimmen. Ob im Einzelnen M. seine E Quelle richtig
von der J Quelle absondert, kann hier nicht näher

I dargelegt werden; das ganze E Problem müßte zu diesem
Zwecke herangezogen werden. Ist doch manchen
modernen Forschern überhaupt die Existenz einer E Urkunde
im Pentateuch eine bloße Fiktion! Hinsichtlich

| des Alters der von E gebuchten babylonischen Kultur-

I stoffe in Gen. 1—11 pflichtet M. Stade gegen Gunkel
bei (S. 84). Die Herübernahme solcher Stoffe sei erst

| während der assyrischen Periode erfolgt. Die Abhandlung
M.s kann der Bereinigung der Quellenfrage im
Pentateuch dienen.
Neckargemünd b. Heidelberg Georg Beer

Weiser, D. Artur: Die Psalmen übersetzt und erklärt. 1. Teil.
2. vermehrte Aufl. Oöttingen : Vandenhoeck & Ruprecht 1939. (268 S.)
gr. 8° = Neues Göttinger Bibelwerk, I. Das Alte Testament Deutsch,
7. Bd., 1. Teil. RM 7.80; geb. RM 9.50.

Ein Freund, der mir bei der Psalmenarbeit über die
i Schulter schaute, konnte sich nicht genug über die Fülle
der in den letzten Jahren erschienenen Auslegungen wundern
. Sein Staunen steigerte sich, als ich ihm noch wei-
j tere Titel und die Auflagenhöhen nannte. Tatsächlich
j ist der Psalter unter den biblischen Büchern eins der be-
i liebtesten; der Alttestamentler freut sich, wenn er zu seiner
Bearbeitung den Auftrag erhält, und es mangelt
für die Kommentare weder an Käufern noch an Lesern.
Der Vorzug der Weiserschen Auslegung in dem be-
! kannten Göttinger Bibelwerk, das sich so rasch die Büchel
schränke — und nicht nur diese — erobert hat und
nun auch aufs A. T. ausgedehnt werden soll, liegt auf der
I Hand. Für W. sind die Psalmen nicht Material zu ästhetischen
Stilübungen; noch glaubt er, sie jeweils in die
hebräische Archäologie hineinpressen zu müssen. Ebenso
hält er sich an keine bestimmte exegetische Mode
j (vgl. zu Ps. 40 und 76). Sondern er hört, was die
j Psalmen ihm zu sagen haben, um es dann ausgerüstet