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Ausgabe:

1939 Nr. 10

Spalte:

363

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hammitzsch, Horst

Titel/Untertitel:

Yamato-hime no Mikoto Seiki 1939

Rezensent:

Gundert, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 10

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hinaus aber ein Denkmal prinzipieller Besinnung, das
wir aus den Händen eines der ersten Fachmänner als Ertrag
einer weitgreifenden Arbeit von Dezennien mit
Dankbarkeit entgegennehmen.
Bonn Hans Herter

Hammitzsch, Horst: Yamato-Hime no Mikoto Seiki. Bericht
über den Erdenwandel ihrer Hoheit der Prinzessin Yamato. Eine
Quelle zur Frühgeschichte der Shintö-Religion. Leipzig: Harrassowitz
1937. (92 S.) gr. 8°.

Die Aufzeichnungen über das Leben der Prinzessin Yamato wollen berichten
, wie es zur Gründung; des japanischen Nationalheiligtums, d. h.
der Schreine der Sonnengöttin und der Nahrungsgöttin in der Provinz
Ise gekommen sein soll. Der Kaiser Sujin fühlt sich durch die ständige
Gegenwart des heiligen Spiegels seiner Ahnmutter, der Sonnengöttin
Amaterasu, den seine Vorfahren bisher in ihrer Nähe gehabt hatten,
beunruhigt und beschließt, ihn in einem besonderen Heiligtumc unterzubringen
und der Pflege einer seiner Töchter als Kultprinzessin anzuvertrauen
, deren erste Aufgabe ist, dafür die geeignete Stalte zu
finden. Dies führt zu einer Wanderung mit mehrjährigen Aufenthalten
in verschiedenen Tempeln. Auf der fünften Station übergibt sie ihren
Dienst an ihre Nichte, die Prinzessin Yamato, die in gleicher Weise
noch zwölfmal wechselt, bis sie endlich in der Provinz Ise den Ort
findet, wo die Gottheit sich endgültig- niederzulassen gewillt ist. Der
ziemlich einförmige Bericht über diese Umzüge von Station zu Station
bildet offenbar den ältesten Kern der Schrift. Die Sorgfalt, mit der
bei fast jeder Station die Zuwendungen an Tempelfeldern verzeichnet
sind, legt den Verdacht sehr nahe, daß der eigentliche Zweck des
Ganzen in der Festlegung und Rechtfertigung des weitverbreiteten
Grundbesitzes der Ise-Schreine zu suchen ist. Dazu kommen Berichte
über Handlungen, die zur Erklärung der kultischen Einrichtungen der
Schreine dienen. Spätere Zusätze zeigen obendrein das Bestreben, die
Gleichberechtigung des Schreins der Nahrungsgöttin neben dem der
Sonnengöttin zu erweisen. Also eine priesterliche Tendenzschrift von
religiös dürftigem Inhalt, die mehr den Historiker interessieren wird
als den Religionsforscher.

Die deutsche Übersetzung ist sorgfältig gearbeitet. Die Einleitung
bringt das Nötige über die geschichtlichen Hintergründe und
literaturgeschichtlichen Zusammenhänge. Die Erläuterungen zum Text
schließen sich getreu an die japanischen Kommentare an. Die Absicht
des Übersetzers scheint ganz auf peinliche Wiedergabe des
Textes zu gehen, nicht so sehr auf geschichtliche Ausbeutung des
Stoffes aus der Distanz des kritischen Betrachters. Der Ausdruck
,,Erdenwandel" in der deutschen Fassung des Titels wäre besser
durch den schlichteren Ausdruck „Leben" zu ersetzen. Er ist durch
das Original nicht gerechtfertigt und erweckt Vorstellungen aus einer
völlig anderen religiösen Welt, die zu irrigen Erwartungen führen.
Hamburg Wilhelm G undert

Kohlbrugge, Dina Johanna: Atharvaveda-Parisista über

Omina. Wageningen: H. Veenman & Zonen 1938. (IV, 159*S.) gr. 8°.
Als „Supplemente" zum Atharva-Veda bezeichnen sich eine Reihe
von Texten, welche sich mit Ritual und den verschiedensten Arten von
Magie und Mantik beschäftigen. Ihre Übersetzung war von J. v. Ne-
gelein in Angriff genommen worden, konnte aber wegen zahlreicher
Schwierigkeiten, über die er sich ,,Jacobi-Festschrift" (1926) p. 440
ausgesprochen hat, nicht durchgeführt werden. Es ist daher mit Dank
zu begrüßen, daß die vorliegende Utrechter Doktor-Arbeit die
Parisistas 57—64 und 70—71 durch eine Übersetzung ins Deutsche
und eingehende Erörterung ihres Inhalts der Religionswissenschaft zugänglich
macht. Die behandelten Vorzeichen betreffen: Erdbeben,
Himmelsglühen, Meteore, Blitze, Wirbelstürme sowie Himmels- und
Wundererscheinungen der verschiedensten Art. Die Arbeit ist ein
wertvoller Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens.

Königsberg Pr. H. von G1 ascnapp

Hanse, Hermann: „Gott Haben" in der Antike und im frühen
Christentum, eine religions- und begriffsgeschichtliche Untersuchung.
Berlin: A. Töpelmann 1939. (IV, 152 S.) gr. 8° = Religionsgeschtl.
Versuche und Vorarbeiten, XXVII. Bd. RM 8 — .

H. behandelt einen zentralen Begriff religionsgeschichtlicher
Forschung: Gott haben. Er will dabei nicht
nur die Frage nach der Herkunft untersuchen, sondern
aucli den inneren Gehalt dieser Formel bestimmen. Dabei
zieht er seiner Arbeit klare Grenzen: die primitiven
Religionen streift er nur und legt das Schwergewicht
seiner Arbeit auf die griechische Religion, die jüdische
Religion und das Neue Testament und seine unmittelbare
Fortsetzung in den apostolischen Vätern. Die spätere
Zeit, etwa der mittelalterlichen Mystik, läßt er bewußt
beiseite, um sie in einer weiteren Studie gesondert

zu behandeln. Diese Beschränkung kommt der üeschlos-
! senheit und Gründlichkeit der Arbeit zugute. Auf den
150 S. bietet H. ein reiches Quellenmaterial und eine
methodisch exakte Verarbeitung. Er handelt vom däinoni-
i sehen „Haben und Gehabtwerden", ausgehend von den
I Zauberpapyri bis hin zum N. T., wobei Verl. gerade auch
in dem Abschnitt, den er „Haben und Gehabtwerden"
überschreibt, in klaren Ausführungen Wesentliches vom
Verhältnis des Menschen zu Gott aus den verschiedenen
I Texten herausarbeitet. Nachdem er in einem weiteren
| Abschnitt die philosophische Linie verfolgt hat (der Lo-
| gos bei Heraklit, der Stoa, usw.; der Nus bei Plato, Epic-
tet, im hermetischen Schrifttum und Neuplatoiiismus,
! das mystische Haben bei Plotin), wendet er sich dem
j neutestamentlichen Sprachgebrauch zu, und zwar geht
es hier vornehmlich um das Jtveüna S%eiv bei Paulus
und 5a>t)v e'xeiv bei Johannes. Die nächsten Para-
j graphen geben eine zusammenfassende Darstellung von
j „Gott haben" im Griechentum, Judentum, Christentum,
i Das Ergebnis ist: im Griechentum hat der Mensch
| etwas in sich, was irgendwie göttlich ist (Seele, Nus,
Logos); in der griechischen Philosophie ist die hinter der
mythischen Götterwelt angenommene Weltgottheit nicht
in religiöser Hingabe, sondern in philosophischer Speku-
! lation gesucht. Hier — nicht S. 46 — ist die nicht zu
| verkennende Ausprägung bei Plato vielleicht in der
| Zusammenfassung zu kurz gekommen. Die einzige Ausnahme
nach H. ist Epictet, der mit dem einen per-
i sönlich gedachten Gott ernst gemacht und so etwas wie
eine Gottesfrömmigkeit entwickelt hat. Das „Gott haben"
i im Judentum — besser hieße es im A. T. — zeigt nach
H. eine Note starken persönlichen Erlebens in Parallele
zum Haben der Gottheit in der Mystik; Gott ist Schild,
! Burg, Schutz, Trost, Licht usw. Den wichtigsten Bei-
i trag liefern Josephus und Philo. Besonders letzterer beweist
, daß es in der Alexandria zur Verbindung des
griechisch-orientalischen dämonischen und metaphysischen
Habens mit dem biblischen Gedanken des Reichtums
in Gott zur Wendung „Gott haben" gekommen ist.
Im Neuen Testament kommen neben den synoptischen
Worten vom In-sich-tragen der Dämonen und vom pau-
linischen Geist-haben vornehmlich zwei Stellen in den
, johanneischen Briefen in Betracht: I. |oh. 2,23; IL
! Joh. 9. Mit Recht schließt Verf., daß' der Gebrauch
dieses terminus in diesen Briefen wohl durch die Aus-
| einandersetzung mit den dort bekämpften Gegnern bedingt
ist, wobei die mystische Formel mit dem neuen
christlichen Gehalt gefüllt ist. Die letzten Abschnitte
i bringen synonyme Bilder und Wendungen und handeln
vom negativen Gegenstück. Die Lektüre des Buches
zeigt, daß der Verf. vom Neuen Testament her kommt
I und dort sein Hauptinteresse liegt, daß die Erschließung
der Umwelt dazu dient, das Eigene neutestamentlicher
Frömmigkeit herauszufinden. Das Nachwort läßt darüber
keinen Zweifel, daß diese religionsgeschichtliche Studie
eigentlich eine neutestamentliche ist; hier nimmt H. auch
; Wertungen vom christlichen Standpunkt aus vor, die
dann natürlich den Standpunkt des Historikers überschreiten
.

Den Inhalt dieser Arbeit habe ich aus mehreren
! Gründen so eingehend dargelegt. Ich wollte die Gründ-
: lichkeit und methodisch-wissenschaftlich Exaktheit in
Aufbau und Durchführung dieser Studie vergegenwärtigen
. Sodann ist es mir bedeutsam aufzuzeigen, wie not-
j wendig für die religionsgeschichtliche Forschung auch
1 gerade solche Einzelstudien sind. Endlich erscheint es
i mir wichtig, an diesem Beispiel anschaulich zu machen,
| daß alle wirklich wissenschaftliche Bearbeitung des
i Neuen Testaments gerade durch Heranziehen der vergleichenden
Religionsgeschichte nur gewinnt.1

So wird man im ganzen der Arbeit H.s weithin und
gern zustimmen können. Gewiß lassen sich bei Einzelheiten
Fragezeichen anbringen. Der Abschnitt über

1) Vgl. meine „Neutestamentliche Zeitgeschichte", 1937, S. 2ff.