Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1939

Spalte:

330

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Eberhard, Rolf

Titel/Untertitel:

Tröstung der Kranken 1939

Rezensent:

Grengel, Siegmund

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

329

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 8/9

330

betrieb in Richtung des nationalsozialistischen Wissenschaftsbegriffs
weise, sofern auch er die Wissenschaft
der völkischen Oesamtexistenz gegenüber verantwortlich
wissen wolle. Auf dem Gebiete der ökumenischen Arbeit
zeichnet der Verfasser den Verstorbenen vor allem
in seinem Kampf gegen Karl Barth und die dialektische
Theologie. Zwei Beilagen in Thesenform, deren eine
sich auf die Weltkirchenkonferenzen von 1937 erstreckt,
und deren zweite, besonders für die englische Presse
bestimmt, eine Absage an Karl Barth enthält, dienen
als Belege. Dadurch, daß die Gedenkrede durchgehend
von kirchenpolitischer Tendenz beherrscht ist, wird Ti-
tius' wissenschaftliche Leistung in ihrer universalen Ausrichtung
und in ihrer synthetischen Kraft zugunsten kirchenpolitischer
Sonderinteressen verkürzt.
Springe H.Qrimm

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Albertz, Martin, und Bernhard Heinrich Forck: Evangelische
Christenlehre. Ein Altersslufen-Lehrplan. Wuppertal-Barmen: Verlag
„Der Rufer", H.Werner [o.J.j. (159 S.) 8". RM 1.80; geb. RM 2.80.

Christliche Unterweisung wird sich hier nach der
programmatischen Glaubenshaltung der beiden Verfasser
— einem lutherischen und einem reformierten Theologen
— als Evangelische Christenlehre bewußt, worunter
zugleich eine scharfe Absage von jeder Religion.s-

Eädagogik verstanden wird. Denn Religionsunterricht
abe es nur mit der menschlichen Situation des religiösen
Lebens zu tun: dem Verlangen des Menschen, Wege zu
suchen, die über die Grenzen der Kraft und des Lebens
hinausführen und eine Verbindung des Endlichen mit
dem Unendlichen herstellen. Der Religionspädagogik
wird somit von vornherein jeder Gnadencharakter göttlichen
Geschehens abgesprochen. Diese einseitige methodische
Abgrenzung erschwert in heutiger Glaubenslage
sehr eine weitere Verständigung. Eine solche christliche
Unterweisung beruht eigentlich nur auf Darbietung
und Stoffmitteilung; jede Glaubenspflege wird als menschliche
Zutat verdächtigt, die Glaubensentscheidung allein
dem Hören und Annahmen des Wortes Gottes zugesprochen
: Jesus Christus ist das eine Wort Gottes, das wir
hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen
und zu gehorchen haben. Auf die Frage, wie das Kind
und der Jugendliche zum Hören des Wortes Gottes vorbereitet
und angeregt werde, bleiben die Verfasser die
Antwort schuldig. Genügt es schon, daß wir wissen, was
an Glaubensstotf wir den einzelnen Jahrgängen vorzusetzen
haben? — wie aber, wenn das innere Organ zum
Hören dem Jugendlichen noch nicht erschlossen ist, —
wenn Vorurteile und andere Hemmungen dazwischen
treten? — und wenn der Darbietende selbst nicht in der
Lage ist, das Wort Gottes so zu vermitteln, daß es
wirklich zum Hören kommt? Wie leicht kann da die
bloße Berufung auf die reine Lehre für den Unterweisenden
zur Ausrede werden, wo es einfach an einem pädagogischen
und psychologischen Versagen lag, die Jugendseele
nicht innerlich erreicht zu haben! Die einzige
methodische Hilfe sehen die Verfasser in der Darbietung
eines in der evangelischen Christenlehre begründeten
Lehrplanes, der — und hier liegt die eigentliche Bedeutung
des Buches — auf die einzelnen Altersstufen
entsprechend ihrer Aufnahmefähigkeit verteilt und geordnet
wird. Es werden sechs Altersstufen unterschieden
und nach ihrer religiösen Lage charakterisiert: 1. Die
Kleinen bis zum ö. Jahre (Kindergarten), 2. 6.-8. Lebensjahr
, 3. 8.—10. Lebensjahr (noch unkritisch und
ohne Geschichtssinn), 4. 10.—12. Lebensjahr (starker
Wissensdrang, bei geringer Besinnlichkeit), 5. 12.—14.
Lebensjahr (beginnende kritische Einstellung und erstes
Prüfen aufgrund der eigenen Erfahrungswelt), 6. Nachkonfirmationsalter
mit seinem äußeren und inneren Auseinandergehn
, je nach dem es sich um weitere Schüler

oder Berufstätige, um Stadt- oder Landjugend, um kirchliche
oder unkirchliche Einflüsse handelt. Der religiöse
Entwicklungsgang hätte hierbei noch stärker berücksichtigt
werden können (etwa in der Weise, wie L. Fendt
eine Stufenfolge nach der inneren Glaubenshaltung unterscheidet
!). Nach diesen Stufen und Lebenslagen des
Jugendlichen wird nun der Gesamtstoff hinsichtlich des
biblischen Glaubensgutes, des katechetischen Stoffes, der
Kirchengeschichte usw. aufgeteilt und bis ins Einzelne
auf Kirchenlieder, Bibelsprüche u. s.w. spezialisiert. Hier
kann jeder Anregung finden und sich selbst prüfen, daß
nichts Wesentliches vergessen werde. Hinsichtlich des
alttestamentlichen Lernstoffes liegt ein wirkliches, man
kann wohl sagen absichtliches Versagen vor. So selbstverständlich
liegen hier doch die Dinge nicht mehr. Eine
Bewertung nach dem Glaubensinhalt liegt überhaupt
nicht vor, diese Lehrpläne hätten ebensogut vor 50 und
100 Jahren aufgestellt werden können, wenn von der
Verteilung auf die einzelnen Altersstufen abgesehen wird.
Die religiöse Diskussion (E. Hirsch!) ist hier nicht genügend
beachtet. Was die Thesen der Barmer Theologischen
Erklärung sollen, wird nicht ersichtlich; hatten sich die
Verfasser von vornherein kirchlich so abgrenzen wollen?
Diese Tendenz und die völlige Ignorierung der heute neu
gestellten Glaubensfrage erschweren den Zugang zu dem
Buche, das sich somit selbst um einen wirklichen Glaubensdienst
bringt.
Jena E. Langner

Eberhard, Rolf: Tröstung der Kranken. Ein Kapitel aus der
Agende der Väter. München : Chr. Kaiser 1938. (26 S.) 8U. RM 0.90.

Es ist ohne weiteres zu begrüßen, daß uns ein Heft
„Tröstung der Kranken", von Rolf Eberhard vorliegt.
Damit wird einmal mit Nachdruck auf eine ungeheuer
wichtige Arbeit des Pfarrers hingewiesen. Daß Kran-
kenseelsorge eine besondere Arbeit des Pfarrers ist, wird
niemand bezweifeln. Darum sollte man ihr auch besondere
Aufmerksamkeit widmen. Rolf Eberhard weist mit
Recht darauf hin, daß in den heutigen Agenden sehr
wenig darüber zu finden ist. R. Eberhard führt das Fehlen
eines solchen Kapitels in den heutigen Agenden l.auf
die Gewöhnung an die von uns gekannten Agenden,
2. auf unsere Auffassung vom seelsorgerlichen Handeln
am Krankenbett als einer zarten subtilen Sache, die sich
mit agendarischen Anweisungen schlecht vertrage, zurück
. Er weist zu 2 darauf hin, daß unsere Väter für
den seelsorgerlichen Dienst am Krankenlager Weisungen
aufgestellt haben.

Aus diesen Erwägungen heraus hat Rolf Eberhard
aus Kirchenordnungen aus den Jahren 1537—1572 Auszüge
gegeben und zwar: 1. Wie man kranke Leute berichten
und trösten soll, 1539. 2. Eine besondere Mahnung
an den Kranken, 1546. 3. Wie der Kranke seine
Sünde Gott bekennen soll. Ein Trostwort darauf. Ein
anderes Bekenntnis. Ein anderes Trostwort, 1533. 4. Ein
Gebet, 1537—61. 5. Die sieben Worte unseres Herrn
Jesus Christi, in Gebets Weise, einem Kranken und Sterbenden
tröstlich, 1537. 6. Trost in Anfechtung, 1542.
7. Ein Gebet. 8. Ein Gebet, beide 1542. 8. Ordnung
des Abendmahls mit Kranken, 1545.

Die Auswahl ist gut, aber sie ist nur für im Glauben
Gereifte, niemals aber für die Allgemeinheit. Das sagt
jedoch nichts gegen den Wert des vorliegenden Heftes.
Denn Rolf Eberhard hat mit seiner Arbeit gezeigt, wie
die Väter Gebete für Kranikenseelsorge geschaffen haben
, die für den Pfarrer und einige Laien heute noch
unschätzbaren Wert haben, die uns darüber hinaus den
Antrieb geben Ähnliches zu schaffen. Daß der Pfarrer
die agendarischen Vorlagen dann so benutzen muß wie
alle übrigen — nämlich an den Predigttext oder Casus
anzupassen — ist selbstverständlich.

So ist dieses Heft zu begrüßen; mögen auch die
Forderungen nicht ungehört bleiben.

Bad Freienwalde/Oder S. Grengel