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Ausgabe:

1939 Nr. 1

Spalte:

13-14

Autor/Hrsg.:

Schwartz, Eduard

Titel/Untertitel:

Über die Bischofslisten der Synoden von Chalkedon, Nicaea und Konstantinopel 1939

Rezensent:

Loewenich, Walther

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 1.

14

Zeichnung der Donatisten während der zwei ersten Tage des Religionsgesprächs
vom Jahre 411 zu Karthago als „parlamentarische Obstruktion
". — Die Bemerkung über Hieronymus S. 222, daß wir nicht wissen,
„inwieweit seine spätere Selbstanklagen über jugendliche Verirrungen der
Wirklichkeit entsprechen", hat doch wohl bloß den Sinn, daß wir nicht
wissen, worin sie bestanden haben. Wenigstens wird S. 230 das „Geständnis
" des Prudentius, daß „seine Jugend von dem Schmutz der
Sünde nicht freiblieb", einfach hingenommen. — Die Abreise des Hieronymus
von Rom nach dem Tode des Damasus wird S. 223 sehr schonend
erzählt. — Spanien, wohin Augustins Ruf bald drang, war durchaus
nicht „ferne" (S. 254), sondern stand zur afrikanischen Kirche seit
den Tagen Cyprians in näheren Beziehungen. — Die neroi der Märtyrer
sind natürlich nicht »Nerven" (S. 287), sondern Muskeln. — Zu S. 358:
das Bild von den „erbärmlichen Wässerchen im Vergleich mit den
Strömen" ist ein jrota){)rn>Ur|TOv (vgl. S. 370). — Zu S. 412 f.: der !
von Papst Vigilius verworfene spanische Brauch, die Taufe nur durch
einmalige Untertauchung zu spenden, wurde später von Gregor I. (Ep. 1,
43) genehmigt. - S. 414 oder 434 ist Ep. 37,2 Gelasius' I (Thiel
S. 451 f.) außer acht gelassen, worin der Papst, wie vor ihm Leo I. in
Sermo 4 de quadrag. c. 5 (Thiel A. 12) das Verhalten derer aufs heftigste
tadelt, die bei der Kommunion nur den hl. Leib genießen, das
hl. Blut aber verschmähen, wobei er bemerkt: quia divisio Uflius eius-
riem mysterii sine grandi sacrilegio non polest provenire.

München. _Hugo Koch.

Schwartz, E.: Über die Bischofslisten der Synoden von j

Chalkedon, Nicaea und Konstantinopel. München: C. H. Beck I

in Komm. 1937. (90 S.) Lex. 8° = Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss. ;
Philos.-hist. Abt. N. F. H. 13. RM 11—.

Die vorliegende Studie behandelt eine Sonderfrage, i
die sich im Zusammenhang mit der Herausgabe der ]
Akten der ökumenischen Konzile ergeben hat. Wie sind
die angefügten Bischofslisten zu bewerten? Wie steht es
mit ihrer textlichen Überlieferung? Wie hängen sie mit- j
einander zusammen? Was für ein Ordnungsprinzip läßt I
sich in ihnen erkennen? Was ist aus ihnen für die da- j
malige Einteilung des Reiches zu ersehen? Diese und I
andere Fragen drängen sich dem Forscher auf, der das
Material zu bearbeiten hat. Zur Inangriffnahme der
schwierigen Probleme und zu ihrer Bewältigung ist wohl
niemand geeigneter als der gelehrte Herausgeber der
Akten selbst.

Es handelt sich um die Synoden von Nicaea, Konstantinopel
und Chalkedon. Dabei empfiehlt es sich,
von der von Chalkedon auszugehen. Ihre Listen sind
reicher überliefert als die der beiden anderen Reichs-
synoden. Alle drei Synoden haben je eine Liste der
Bischöfe, die die dogmatischen Hauptbeschlüssc unterzeichnet
haben; sie sind nach Provinzen geordnet. Für
Nicaea und Konstantinopel bleibt es bei dieser einen '
Liste; über die dortigen Verhandlungen ist kein Protokoll
geführt worden. Das hängt damit zusammen, daß
Konstantin und Theodosius I. persönlich mit den Bischöfen
verhandelt haben. Marcian und Pulcheria dagegen
übertrugen den Vorsitz Beamten, denen sie ihre i
Instruktionen zukommen ließen. Darum wurden in Chalkedon
genaue und umständliche fatouvnuorea hergestellt. |
Wir haben für Chalkedon außer der nach Provinzen
geordneten Subskriptionsliste noch eine zweite für die j
0. Sitzung, dazu noch die Reihe der Präsenzlisten.

Die Listen der 2. Sitzung heben sich von den übrigen
ab. In ihr fand die Gerichtsverhandlung über Dios-
koros statt. Die Bischöfe sind zu seiner Absetzung bereit
, nicht aber zu der der übrigen 5 Leiter der Synode
von Ephesus. Die kaiserliche Regierung erklärt sich
damit einverstanden, verzichtet aber nicht auf die Auf- |
Stellung einer neuen Glaubensformel. Die Subskriptions- j
liste der 2. Actio ist nicht in Ordnung. Sie enthält die
Unterschriften der 5 Metropoliten, über deren Absetzung J
verhandelt wurde. Sie ist offenbar erst später zusammengestellt
worden und zwar in mehrfacher Fassung.

Auch bei der Subskriptionsliste der 6. Actio ergeben
sich manche Fragen. Sie ist Bestandteil des offiziellen
Protokolls. Neben der Überlieferung der griechischen
Handschriften und der lateinischen Übersetzung haben j
wir noch eine zweite, in der die Namen nach Provinzen
geordnet sind. Die Provinzen wiederum sind nach Diözesen
zusammengestellt. Dabei lassen sich eine Einheitsliste
und eine verkürzte Einheitsliste herausstellen, die

aus derselben Werkstatt hervorgegangen sind. Beide
waren von vornherein für die Veröffentlichung bestimmt.
Unabhängig von der Einheitsliste ist die Liste der syrischen
Übersetzung und die der Dionysiana ameta.
Sie ist nicht im Zusammenhang mit den Sitzungen der
Synode, sondern mit dem Credo und den Canones
überliefert. Letztere mußten auf Befehl des Kaisers
sofort öffentlich mitgeteilt werden. Beide Überlieferungen
haben für die Forschung ihren besonderen Wert.

Weniger Schwierigkeiten bieten die Listen von Nicaea
und Konstantinopel. Ihre Überlieferung geht zurück auf
das antiochenische corpus canonum. Im Zusammenhang
mit der nicaenischen Liste erörtert Schwartz das Problem
der diokletianischen und konstantinischen Reichseinteilung
. Auf Einzelheiten soll hier nicht mehr eingegangen
werden. Die nach Provinzen geordneten Listen
sind bezeichnend für die staatlich geleiteten Reichssy-
noden. Die Besonderheit der chalkedonischen Akten liegt
in der Einheitsliste. — Die Abhandlung verrät auf jeder
Seite die gelehrte Meisterschaft ihres Verfassers.

Erlangen.__ W. v. Loewenich.

Bar gell ini, Piero: Bernardino, der Rufer von Siena. Ein
kulturgeschichtliches Bild aus dem 15. Jahrhundert. Übertragung von
Lili Sertorius. Freiburg i. Br.: Herder 8t Co. 1937. (249 S.) 8°

RM 3.20 ; geb. 4.40'

In Heft 5 der HausmitteiLungen des Verlages Herder"
„Am Büchertisch" (September 1937) plaudert Lili Sertorius
über den jungen toskanischen Dichter und religiösen
Schriftsteller Piero Bargellini (S. 13 f.), dessen
Schaffen recht vielseitig ist. Er gibt seit 1929
eine literarische Zeitschrift ,Frontespizio' heraus, deren
Haltung eine bewußt katholische ist, er hat ein Buch
über Carducci verfaßt, einen ,David' geschrieben, ein
Werk, dessen „Landschaftsstimmungen" L. Sertorius
rühmt.

1932 veröffentlichte er auch einen ,San Bernardino
da Siena', der einen (weltlichen) Literaturpreis erhielt,
in mehreren Auflagen erschien und von L. Sertorius
ins Deutsche übertragen wurde. Man wird von vorneherein
keine wissenschaftliche Darstellung vom Leben
und Wirken dieses einflußreichen italienischen Wander-
predigers aus dem 15. Jahrhundert erwarten. Was Bargellini
bietet, ist ein mit viel Liebe und künstlerischer
Schau gestaltetes Bild dieses anziehenden Heiligen von
Siena, wobei die geistigen Strömungen dieser bewegten
Zeit ebenso wie das farbige Volksleben einen fesselnden
Hintergrund bilden. Der Dichter versenkt sich mit besonderer
Freude gerade in scheinbar belangloses Detail,
er formt es zu kleinen, entzückenden Bildern, die er
alle in Beziehung zum Heiligen bringt. Wer Siena
kennt, wird dieses Büchlein mit besonderem Genuß lesen.
Man pilgert mit dem jugendlichen Helden zur Porta
Camollia, man erlebt die Ansprachen des erfahrenen
Mannes auf diesem einzigartigen Marktplatze, den Bargellini
in meisterhafter Schilderung aus dem nächtlichen
Dunkel in den Tag hineinwachsen läßt, man verbringt
mit dem Greise die letzten Lebensjahre in der Osser-
vanza. Das ganze Siena in all der Fülle seiner Lebensformen
wird lebendig, alles empfängt Licht von einein
meist witzigen Worte des Heiligen, der tadelnd und mahnend
, warnend und anfeuernd in alles hineinleuchtet.

Natürlich bilden die .Prediche volgari' die Hauptquelle
für Bargellinis Darstellung, während die lateinischen
Werke zurücktreten (sie füllen in der editio
prineeps — Venedig 1591 — allein 4 Folianten). Dies
hat zur Folge, daß spezifisch theologische Fragen kaum
behandelt, höchstens gelegentlich gestreift werden. Dabei
urteilt J. Heennckx, O. F. M. mit Recht: „Les sermons
de Bernardin sont de vrais traites dans lesquels il
synthetise toute la pensee dogmatique, morale et spirituelle
des Peres et des docteurs" (Dictionnaire de Spiri-
tualite I, 1937, Sp. 1520). Dies tritt bei Bargellini überhaupt
nicht in Erscheinung, auch von Bernhardins Einflüssen
auf andere — etwa auf Geiler von Kaisersberg —
vernehmen wir nichts. Hier liegen die Schranken des
Büchleins.