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Ausgabe:

1939

Spalte:

315

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Diezel, Rudolf

Titel/Untertitel:

Das Prämonstratenserkloster Mildenfurt bei Weida (Thüringen) 1939

Rezensent:

Heussi, Karl

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315

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 8/9

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tisches Bild davon gezeichnet. Man ist bei uns überzeugt, j
daß die Blüte unserer mittelalterlichen Kultur durch die j
Einführung des Christentums gekommen ist. So ist es
gekommen, daß weder das altnorwegische Heidentum
noch die Erinnerungen, die mit der Einführung der Re- |
formation verknüpft sind, in norwegischen Herzen dem i
rex perpetuus Norvegiae den Rang streitig machen
können.

Das vorliegende Buch enthält einen ausführliehen Bericht über die i
Vorbereitung für das Kirchenjubiläum (S. 1 - 63), einen vollständigen •
Bericht über die Feierlichkeiten selbst, mit Wiedergabe aller Reden
(S. 83—210), und einen Bericht über das Olavs-Fest der norwegischen
Katholiken, von Monsignore Irgens geschrieben (S. 213- 224). Alle
schriftlichen und mündlichen Grüße zum Jubiläum sind vollständig abgedruckt
mit Erläuterungen (!), und ebenso 6 Festkantaten mit historischen I
Erläuterungen (S. 225-319, 321 — 421). Den Ausstellungen, die in I
Verbindung mit dem Kirchenjubiläum abgehalten wurden, sind 110 Seiten
gewidmet, Ein Bericht über die Olavs-Feier im Ausland (S. 557—598),
eine umfassende Olavs-Bibliographie, in der sogar Zeitungsartikel und
Konzertprogramme mitgenommen sind (S. 599 — 706), und ein vollständiges
Namenregister schließen das Werk ab.

Dieser Festbericht ist, wie man sieht, mit einer nicht zu überbietenden
Gründlichkeit ausgearbeitet, die einen fast grotesk anmutet. Hier findet
man alle Dokumente, die irgend eine Verbindung mit dem kirchlichen
Jubiläum haben, ohne daß der Herausgeber den leisesten Versuch gemacht
hat, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu scheiden. Aber ein
solches vollständiges und unretouchiertes Bild hat wohl auch seinen Wert.
Es erzählt u. a. mehr von der Stellung der Kirche im Volksleben als ein
Bericht, der mit Berücksichtigung der Proportionen ausgearbeitet ist.

Das Meiste von dem umfangreichen Buch hätte ohne Verlust der
Vergessenheit übergeben werden können. Aber das ausgezeichnete Bildmaterial
und Dokumente wie die Predigt von Bischof Berggrav am
Olavstage (S. 90—95), die historische Rede von Professor Fredrik Paasche
(S. 118—125), die unvergeßliche Rede von Erzbischof Söderblom S. 131
bis 133) und die Liturgien geben einen lebhaften Eindruck von der Feier.
Oslo Einar Mo 11 and

Diezel, Rudolf: Das Prämonstratenserkloster Mildenfurt bei
Weida (Thüringen). Jena: Frommannsche Buchh. 1937. (340 S.,
4 Taf., 1 Kte.) gr. 8° = Beitr. z. Thüring. Kirchengesch., hrsg. von
R. Jauernig, R. Herrmann, W. Schmidt-Ewald, Band V, der ganzen
Folge Heft 11). RM 8—.

Daß über das Prämonstratenserstift Mildenfurt bisher noch keine
umfassende Monographie vorhanden war, mag verschiedene Gründe
haben, besonders wohl den, daß mit dem Archiv des Stiftes nach
dessen Auflösung im Reformationszeitalter wichtige Urkunden verloren
gegangen sind. Immerhin gibt es Quellen genug, sodaß es
einen jungen Historiker schon reizen konnte, eine vollständige Geschichte
des Stiftes zu schreiben. Diezel hat diese Aufgabe mit
Fleiß, Umsicht und Genauigkeit gelöst. Er schildert nach einer
Einleitung die Anfänge des Stiftes, die äußere und die innere
Geschichte, das Verhältnis zu Kirche und Staat, das Kloster und die
inkorporierten Pfarreien, die Klostergebäude, die Kostbarkeiten, die
Siegel des Klosters, seine Wirtschaftsgeschichte; Anhänge enthalten
Personen-, Urkunden-, Aktenverzeichnisse, eine Auswahl bisher ungedruckter
Urkunden u. a. Den Schluß bildet eine kurze Zusammenfassung
aller wichtigen Ergebnisse. Das Ganze ist ein wertvoller
Beitrag zur Thüringischen Territorialgeschichte, aber auch zur Geschichte
des kirchlichen Ordenswesens; das Leben der Prämonstratcnser
wird mit vielen Einzelheiten deutlich. Der Verfasser hat auf S. 60
begründet, daß er von ,.Kloster" und nicht von „Stift" spricht;
in den Quellen ist nämlich „Kloster" die ganz überwiegend gebrauchte
Bezeichnung. Uebrigens begegnet die Bezeichnung „claustrum" auch
schon in der ältesten Geschichte der vita canonica. Gleichwohl würde
ich, wenn es sich um Prämonstratenser und verwandte Organisationen
handelt, die Bezeichnung „Stift" um der wissenschaftlichen Schärfe
willen vorziehen; es empfiehlt sich, die Bezeichnung „Kloster" nur
auf die Behausung wirklicher „Mönche" anzuwenden.
Jena Karl Heussi |

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Redlich, Otto R.: Staat und Kirche am Niederrhein zur Refor- ;

mationszeit. Leipzig: M. Heinsius 1938. (IV, 127 S.) 8°. RM 3.50.
Bredt, Jon. Victor: Die Verfassung der reformierten Kirche
in Cleve-Jülich-Berg-Mark. Neukirchen Kr. Moers: Buchh. des
Erziehungsvereins [1938]. (339 S.) gr. 8° = Beitr. z. Geschichte und
Lehre d. Reform. Kirche, 2. Band. RM 10-; geb. RM 12—.

Wenn zwei altbewährte Sachkenner zu zusammenfassenden
Darstellungen von Studien das Wort nehmen,
die sich über Jahrzehnte erstrecken, können sie der all- I

gemeinen Aufmerksamkeit gewiß sein. Beide behandeln
höchst wichtige Gegenstände der rheinischen Kirchengeschichte
, mit denen sie seit langem aufs beste vertraut
sind. Oerade dafür, daß sie die Ergebnisse mühevoller
Einzelarbeiten jetzt zu einer Synthese zusammengeschlossen
haben, gebührt ihnen lebhafter Dank.

Der Dank freilich kann den Kritiker nicht von seinen
Pflichten entbinden. Es fällt auf, daß sich bei Redlich
Titel und Inhalt nicht decken. Sachlich wird mehr behandelt
als nur „Staat und Kirche". Räumlich fehlen fast
ganz die Unterherrschaften, die Reichstädte, der kurkölnische
und jülichsehe Anteil an der Eifel und die kleineren
Eifelherrschaften, was alles man wohl noch zum
„Niederrhein" rechnen darf. Zeitlich wäre eine Wetterführung
der Darstellung etwa bis zum vorläufigen Ende
des Erbfolgestreites 1614 erwünscht gewesen, da die Probleme
der Reformationszeit nicht ganz deutlich werden,
wenn man über 1555 nicht hinausgeht. Im übrigen
braucht sich der Verfasser nicht deswegen zu rechtfertigen
, daß er die niederrheinischen Herzogtümer in den
Vordergrund stellt und das andere dahinter zurücktreten
läßt. Aber auch das Bild dieses wertvollen Kernstücks
ist nicht vollständig; denn weder die Helfer noch die
Gegner der Regierung, weder die Räte noch die Landstände
werden näher berücksichtigt. Auch fehlt der
Hinweis auf den gewichtigen pfründenpolitischen Trumpf
der Kurie. Auch bei der Darstellung des Reformationsversuches
des Kölner Erzbischofs Hermann v. Wied
wird die gegnerische Front nicht näher ins Auge gefaßt.
Kalkoff, Lau (für Neuß) und Anrieh (für Butzer) werden
nicht verwertet. Der Reformtätigkeit Adolfs v. Schaumburg
wird nicht gedacht. Dankenswert ist die Hineinziehung
der Reichspolitik, die in einer Schrift des Vereins
für Reformationsgeschichte geboten war. Aber man
vermißt den Hinweis darauf, daß Karls V. niederrheini-
scher Doppelsieg über Jülich-Cleve-Berg und über Kurköln
nur Schein war. Vor allem ist gegen diese Art der
Behandlung der Reformationsgeschichte einzuwenden,
daß die Altgläubigen nicht auf ihre Rechnung kommen.
So kann es nicht ausbleiben, daß der Verfasser den Widerstand
Kölns gegen den Reformationsversuch seines
abtrünnigen Oberhirten auf „Egoismus" zurückführt, so
daß man sich höchlich darüber wundern muß, daß Hermann
v. Wied mit seinem tollkühnen Unternehmen nicht
allgemeinen Anklang gefunden hat. Protestanten und
Katholiken verstehen sich heute gewiß besser als vor
fünfzig Jahren. Aber bei dieser Art protestantischer
Forschung, wie sie auch von W. Rotscheidt und H.
Forsthoff seit Jahrzehnten betrieben wird, taucht eine
neue Gefahr auf: man redet an einander vorbei. Damit
wird die Auseinandersetzung z. T. auf ein totes Geleise
geschoben. Es scheint doch, als wenn die ungeheure
Arbeit, die Redlich früher auf die Jülich-Cleve-Bergischen
landesherrlichen Visitationen verwandt hat, hier nicht
zu voller Auswirkung gelangt ist.

Auch Bredts Buch ist außerordentlich dankenswert.
Daß er dazu mehr als alle anderen berufen ist, braucht
bei dem Verfasser eines so wertvollen Evangelischen
Kirchenrechts und eines ersten Kenners der Bergischen
Geschichte kaum gesagt zu werden. Der Verfasser knüpft
an das Literaturverzeichnis an, das der Referent 1924
seiner Arbeit über den „Rheinischen Protestantismus
und die Entwicklung der rheinischen Kultur" vorausgeschickt
hat. Es wäre aber zu wünschen gewesen, daß
es für die seitdem verflossenen fünfzehn Jahre ergänzt
worden wäre, da die Literaturangaben auch sonst sehr
dürftig sind und nicht einmal Forsthoff erwähnt wird.
Als Kirchenrechtler lag dem Verfasser eine sachliche
Gruppierung des Stoffes nahe. Dagegen wäre nichts zu
sagen, wenn nicht auch den Entwicklungsstufen der
Kirchenverfassung ein besonderer Abschnitt gewidmet
worden wäre. Leider wird in der breiten systematischen
Darstellung Wichtiges vom Unwichtigen nicht immer
unterschieden. Der Leser wird mit vielen Namen behelligt
, die er sich nicht erklären kann. Auf die Synodalen