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Ausgabe:

1939

Spalte:

301-302

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schubert, Hans von

Titel/Untertitel:

Grundzüge der Kirchengeschichte 1939

Rezensent:

Dress, Walter

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Seite 1

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301

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 8/9

302

scher Gebrauch liegt an zwei Stellen vor: Phil. 4,8 wird die
Oemeinde nicht aufgefordert, zu ,,erwägen", was wahr ... ist
(so Ewald, griech. Gebrauch von ).oyi'C,eaii(a) sondern danach

zu trachten (= axÖH). Und L Kor- 13>5 ist nich,t ~ wie
üblich — zu übersetzen : die Liebe „rechnet das Böse nicht an" (griechischer
Gebrauch von ?.oYiCe.oü«i), sondern (vgl. LXX Sach. 8, 17,
auch Rm. 13,10!): „sie sinnt nicht das Böse (gegen
den Nächsten)" (= n-in).

Mit der Feststellung des dreifachen bei Paulus vorliegenden
Sprachgebrauchs ist das entscheidende Problem
gestellt: ist äoyiCkoO.u Rm. 4, 3ff. vom griechischen oder
vom LXX-Sprachgcbrauch aus zu verstehen? Diesem
Problem ist der zweite Teil gewidmet: „atin und

eaba» im Zusammenhang von On. 15,6" (S. 74 bis
130). Es wird zunächst gezeigt, daß Gn. 15,6 sowohl
in der LXX wie im hellenistischen (1. Makk. 2,52;
Philo) und rabbinischen Judentum durchweg im Sinn
des Verdienstgedankens verstanden wird: unter loy^ecrftai
wird — griechischem Sprachgebrauch entsprechend —
ein vernunftgemäßes Umrechnen eines Wertes (ftiong)
in ein Wertmaß (Sixaioenivri) verstanden.

Wie versteht Paulus das koY^eotrui von On. 15,6?
Daß Paulus Km. 4,3 ff. den Verdienstgedanken scharf
ablehnt, sagt der Zusammenhang eindeutig. Trotzdem
ist nicht sicher zu entscheiden, ob er tayC^eofou im griechischen
oder im hebräischen Sinn versteht (S. 116).
Denn auch griechischer Sprachgebrauch wäre möglich,
ohne daß der Verdienstgedanke sich wieder einschleicht:
nicht die menschliche Haltung des Glaubens (so wäre
dann zu deuten), sondern die im Glauben erfaßte Heilstat
wird „angerechnet". Im zweiten Fall — den
der Vf. vorzieht — ist hebräischem Sprachgebrauch entsprechend
zu übersetzen: „dem Glaubenden wird die Gerechtigkeit
zugerechnet". Kommt somit die Arbeit
über ein letztes non liquet nicht hinaus, so bleibt
doch wichtig, daß H. (gegen Döllinger, Beyschlag, H.
J. Holtzmann) gezeigt hat, daß auch bei griechischem
Verständnis von ^oyiCi-nircti jeder Gedanke an ein Verdienst
Km. 4, 3 ff. ausgeschlossen ist.

M. E. kann in dieser entscheidenden Frage noch bestimmter
zugunsten des hebräischen Sprachgebrauchs entschieden werden. Überblickt
man nämlich die oben in Kleindruck gegebenen Belege für
den paulinischen Sprachgebrauch, so fällt auf, daß der rein griechische
Gebrauch (Belege s. o. unter Nr. 1) sich n u r in den Kor.-
Briefen findet, während im Römerbrief sich ausschließlich
der hebraisierende LXX-Sprachgebrauch (Belege s. o. unter Nr. 2)
findet. Diese Beobachtung, die ja keineswegs isoliert dasteht (man
denke nur an die stärkere Verwendung des Diatribenstils in den
Kor.-Briefen), sichert die Bedeutung „zurechnen" für Rm. 4, 3 ff.

Die Arbeit schließt mit einem Anhang „Rom. 4, 3. 5
im Verständnis der Reformation". Man bedauert, daß die
überaus umständliche Diktion des Vf.s und seine Neigung
, sich gelegentlich an Kleinigkeiten zu verlieren, bei
der Lektüre der gediegenen Arbeit hemmend wirken.
Göttingen Joachim Jeremias

Büch sei, Prof. D. Friedrich: Theologie des Neuen Testaments.

Geschichte des Wortes Gottes im Neuen Testament. 2. Auflage. Gütersloh
: C. Bertelsmann 1937. (VIII, 226 S.) gr. 8°. RM 6- ; geb. 7.50.
In verhältnismäßig kurzer Zeit ist eine Neuauflage der Büchseischen
Theologie notwendig geworden. Im ganzen ist das Buch selbstverständlich
unverändert geblieben. Die 20 Seiten, die das Buch jetzt an Umfang
gewonnen hat, kommen zum größten Teil den erweiterten Anmerkungen
zugute. Hier ist auch in der Angabe der notwendigsten Literatur
manches nachgeholt, was in der 1. Auflage fehlte. Im übrigen verweise
ich auf meine 1. Besprechung in der „Theologischen Literaturzeitung",
1937, Nr. 6.

Breslau Herbert Preisker

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES

von Schubert, Prof. D. Dr. Hans: Grundzuge der Kirchengeschichte
. Ein Überblick. 10., stark veränderte Aufl., hrsg. u. erg.
von Dr. theo!, habil. Erich Dinkler. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul
Siebeck) 1937. (VIII, 339 S.) 8°. RM 6.60; geb. 8.40.

Die „Grundzüge" des unvergessenen Heidelberger

Kirchenhistorikers haben, im Lauf der Jahrzehnte in vie-

i len Auflagen verbreitet, einer großen Zahl von Theologen
und Laien auch außerhalb Deutschlands geholfen,
einen zuverlässigen Überblick über die Kirchengeschichte
in ihrem Verlauf bis zur Gegenwart in einer fesselnden
Darstellung ihrer Entwicklungslinien und Hauptprobleme
zu gewinnen. Die neunte Auflage hat Hans von Schubert
i noch 1927 selbst mit einem die junge Generation ernst
I an die Notwendigkeit historischen Studiums mahnenden
j Vor- und Schlußwort herausgeben können.

Ein Jahrzehnt später muISte die Durchsicht und Er-
j gänzung des Buches für eine neue Auflage anderen
1 Händen anvertraut werden. Man darf dankbar dafür
I sein, daß Erich Dinkler sich dieser Aufgabe, um
deren Übernahme zuerst sein Lehrer Hans von Soden
vom Verleger gebeten worden war (S. VII), unterzogen
hat. Er hat sie mit ebenso viel Takt wie Umsicht durch-
I geführt. Die ersten 18 Kapitel konnten so gut wie unverändert
bleiben. Nur an einigen wenigen Stellen muß-
! ten neuere Forschungsergebnisse berücksichtigt werden.
Ganz neu zu schreiben war dagegen das Schlußkapitcl
„Zeitenwende". Hier konnte der Herausgeber sich nicht
damit begnügen, anhangsweise einzelne Geschehnisse der
letzten Jahre nachzutragen. Das Buch mußte seinen
Abschluß in einer seinem ganzen Charakter entsprechenden
Übersicht über die die Geschichte der Kirche seit
dem Weltkrieg bestimmenden Ereignisse, Bewegungen
und Gedanken finden.

Dinkler hat es verstanden, das rund vierzig Seiten
umfassende Schlußkapitel so zu gestalten, daß der Leser
es auf der einen Seite als einen sachgemäßen Abschluß
des Schubert'schen Buches empfindet, daß es auf der anderen
Seite aber auch durchaus als Leistung von eigenem
persönlichem Gepräge erscheint:. Mit bedingt durch die
Notwendigkeit der Anpassung an das Schubert'sche
Werk ist die im engeren Sinn historische Haltung der
Darstellung und damit zugleich der, wenn ich seine
Worte S. VII richtig deute, wohl auch vom Herausgeber
leise bedauerte Verzicht auf „eine stärkere theologische
Betrachtung unserer »Zeitenwende«". Im einzelnen
bringt das Schlußkapitel zunächst einen allgemeinen
Überblick über die äußeren und inneren Folgen
des Weltkriegs auf politisch-sozialem Gebiet, geht dann
zu einer Schilderung der äußeren Lage der Kirche in
den einzelnen alten und neuen Ländern über, in der
mit sicherer Hand jeweils das Wichtige und Bedeutungsvolle
herausgegriffen wird, wendet sich darauf der
kirchlichen Entwicklung in Deutschland auf evangelischer
und katholischer Seite zu und bespricht auf den
letzten Seiten die „innere Bewegung", die vor allem
an den Grundzügen der geistigen und theologischen
Situation verdeutlicht wird. Es ist kein Zweifel, daß das
bewährte Buch auch in dieser neuen ausgezeichneten Bearbeitung
wieder die Mission erfüllen wird, zu der es
berufen ist.

Berlin Walter Dreß

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Vokes, F. F.: The Riddle of the Didache. Fact or Fiction,
Heresy or Catholicism? Published for the Church Histor. Society!
London : Society for Promoling Christian Knowledge. New York • The
Macmillan Co. 1938. (VI, 222 S.) 8°. 12 s 6 d.

Lilje, Hanns: Die Lehre der zwölf Apostel. Eine altchristliche
Kirchenordnung. Textausgabc mit Einführung und Erklärung. Berlin :
Furche-Verlag 1938. (80 S.) 8". Kaschurband RM 2.20; geb. RM 3 — .
Von diesen beiden Veröffentlichungen bietet die englische
wiederum eine fachgelehrte Untersuchung nach
so vielen andern, vornehmlich deutschen und englischen,
I die von ihr auch mit leidlicher Vollständigkeit berücksichtigt
werden. Die Formulierung des Titels erinnert
an die entsprechende des Buches von Hoskyns „Das
i Rätsel des Neuen Testaments" (in deutscher Überset-
j zung Stuttg. 1938). Zu den Einzelrätseln der Didache
darf man vor allem die Stelle c. 11,11 rechnen, deren
Sinn S. 176 noch im Unsichern gelassen wird (eine