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Ausgabe:

1939

Spalte:

284

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Fontes historiae religionum indicarum 1939

Rezensent:

Glasenapp, Helmuth

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 8/9

284

Werk steht seit seiner Errichtung als neues Faktum
den damaligen und den später geborenen Lehnsmannen
gegenüber. Dieses Verhältnis wird nun genau beschrieben
und geregelt. Was hat also die Gefolgschaft mit diesem
Denkmal zu tun? Die Gefolgschaft hat die Schrift
zu glauben und nicht für Lüge zu halfen. Die Gefolgschaft
hat den Inhalt der Inschrift zu verkünden,
den anderen zu verlautbaren, die Botschaft in alle Länder
zu tragen. Die Gefolgschaft darf dieses Denkmal
am Felsen nicht zerstören, sondern hat für die Erhaltung
zu sorgen" (S. 81 f.). Auch in Einzelheiten „tritt
die mazdahistische Welt des Awesta zutage" (S. 83),
so daß an dem in Rede stehenden Charakter des Denkmals
in der Tat nicht mehr gezweifelt werden kann.
Bonn Carl Clemen

Clernen, D. Dr. Carl: Lukians Schrift über die syrische
Göttin übers, und erläut. Leipzig: J. C. Hinrichs 1938. (57 S.) 8°
= Der Alte Orient Bd. 37, H. 3/4. RM 2.10.

Das Wort „syrisch" ist schon seit geraumer Zeit im
populären Gebrauch das Kennwort für Fruchtbarkeitskult
und erotisch durchsetzte Religion. Die bekannte Schrift aus
dem 2. nachchristlichen Jahrhundert, die den Tempel und
Kultus von Hierapolis-Mabbug schildert, wird an dieser
Meinung reichlich Anteil haben. Daß der erfahrene Religionshistoriker
, dem die Forschung gerade für die Erschließung
der klassischen Quellen viel verdankt, diese
Schrift nun in flüssiger Übersetzung und mit reicher
Kommentierung vorlegt, darf man mit lebhafter Freude
aufnehmen.

An diese Schrift tritt man mit zweierlei Fragen heran.
Die erste ist literarischer Art. Ist der bekannte Kulturkritiker
und Journalist Lukian von Samosata ihr Verfasser
? Die Frage ist darum mehr als rein akademisch,
weil damit gefragt wird, ob die Schrift Beschreibung
oder Karikatur ist. Clemen bejaht die Frage (S. 5) und
glaubt, mehrfach auf den satirischen Charakter hinweisen
zu können (S. 35 f. u. ö.). Wenn er dabei auch keinen
geringeren als Th. Mommsen (Rom. Gesch. V „Syrien"
Anm.) zum Bundesgenossen hat, so kann man sich doch
den gewichtigen Gegengründen R. Helms (Pauly-Wisso-
wa XIII s. v.) nicht entziehen; ebenso steht auch H.
Windisch (RGG 2 III s. v.). Das bedeutet, daß wir hier
hausbackene, im übrigen recht gut disponierte Beschreibung
haben.

Die zweite Frage ist religionsgeschichtiicher Art. Unsere
Urkunden über das syrische Heidentum sind beschämend
mager; es fehlen archäologische Denkmäler
ebenso wie eine namhafte Literatur. Immer liegt syrisches
Religionswesen am Rande, sei es des Alten Testaments
, sei es der hellenistischen Kultur. Neben weit verstreutem
Material ist es im Grunde nur diese Schrift, die
etwas genauere Einsichten vermittelt. Schließen diese
nun an das an, was die altorientalische Religionsfor-
sebung uns über die Religion dieses Volkes und Landes
sagt und führen sie wenigstens gelegentlich zu der
großen christlichen Kirche Syriens, deren Kennzeichen
nun umgekehrt schärfste Askese war? Es lohnt sich, unter
diesem Gesichtspunkt Clemens Kommentar durchzugehen
.

Die Ras-Samraforschung konnte mitbenutzt werden wie etwa auch
die noch nicht veralteten Untersuchungen von Baudissin. Daß die Beziehungen
zur alten Überlieferung sich wie z. B. bei Kombabos (S. 3Q ff.)
oder bei Semeion nicht ohne weiteres klarstellen lassen wollen, ist
bekannt. Die Selbstentmannung ist mit Recht doppelt gedeutet; als
fruchtbarkeitsfördernd wie als asketisch (S. 55). Zum Steinwurf aufs
Grab (Kap. 52) wären auch biblische Parallelen beizubringen. Auf die
Ähnlichkeit der seltsamen Phallusbesteiger mit den späteren Säulenheiligen
(S. 46) wird aufmerksam gemacht; Holls Zustimmung (Oes.
Aufs. II S. 395 Anm. 4) könnte noch nachgetragen werden.

So wird der Erforscher der schwierigen mittelorientalischen
Religionsgeschichte die gefällige Arbeit nicht
ohne Gewinn aus der Hand legen. Die Übersetzung ist,
wo man sie auch nachprüft, stichhaltig.

R'ea R. Abramowski

! Brei o er, Bernardus, et Franziscus Börner: Fontes Historiae

! Religionum Indicarum collegerunt. Bonn: L. Röhrscheid 1939.
(228 S.) gr. 8° = Fontes Historiae Religionum ex auetoribus graecis
et Iatinis collectos edidit Carolus Clemen. Fase. VII. RM 17—.

Während die Pioniere der abendländischen Indien-

I Forschung die von den Schriftstellern des klassischen
Altertums übermittelten Nachrichten bei ihren Untersu-

I chungen über die Religionen Indiens in weitem Maße

j berücksichtigten, sind die griechischen und lateinischen
Quellen in den letzten Jahrzehnten immer mehr im
Gesichtskreis der Indologen zurückgetreten; sie wurden

I wohl für das Verständnis der indischen Astrologie und
Staatslehre benutzt, in der eigentlich religionswissenschaftlichen
Literatur begegnet man hingegen nur noch
selten Hinweisen auf griechische oder lateinische
Autoren. Es ist daher zu begrüßen, daß das vorliegende
Werk es unternimmt, diesem durch die Entwicklung der
Wissenschaft zwangsläufig bedingten, aber in vielfacher
Hinsicht zu bedauernden Zustande abzuhelfen, indem es
das einschlägige Text-Material in einer handlichen Aus-

j gäbe vereinigt. Auf eine kurze lateinische Praefatio, in
welcher man eine Andeutung darüber vermißt, in welcher
Weise die beiden räumlich getrennt lebenden Herausgeber
sich ihre Arbeit geteilt haben, folgt der Abdruck
der Texte mit kritischem Apparat. Den Beschluß
machen ein Index scriptorum und ein Index rerum.
Die mitgeteilten Texte sind chronologisch angeordnet.
Sie beginnen mit Auszügen aus Herodot (5. Jh. vor Chr.)
und endigen mit einem Auszug aus Georgius Acropo-
Iita (13. Jh. nach Chr.). Es versteht sich von selbst,
daß sich über die Zweckmäßigkeit der Auswahl im
Einzelnen streiten läßt, dem einen werden die Herausgeber
durch Wiederholung von Stellen, welche literarisch
von einander abhängig sind, darin zu weit gegangen sein,
ein anderer wird es bedauern, daß manches Interessante

I fortgeblieben ist. So vermißt man die bei Lassen, Indische
Altertumskunde IV p 757 hervorgehobene erste Erwäh-

I nung der Jainas in der Glosse des Hesychios, die seltsamen
Angaben über Buddhas Leben bei Epiphanius,
welche Luis Vergara Larrain in seinem Buche „La India
Fabulosa y la Teyenda de Buda" (Santiago de Chile
1929) p 52 behandelt hat, die wohl auf den Unterschied

| von yajna und püjä anspielenden Bemerkungen, welche

l Peter von Bohlen (Das alte Indien, 1830, II p 93) aus
„Alexandri ab Alexandro Genialium Dierum libri sex"
(ich kenne nur die revidierte Ausgabe Frankfurt a. M.
1667) anführt. Eine Durchsicht der Anmerkungen in
den an antiken Zitaten reichen ersten europäischen Gesamtdarstellungen
des indischen Kulturlebens aus der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hätte überhaupt auf
manches Einschlägige aufmerksam gemacht und jedenfalls
die Kontrolle darüber erleichtert, ob der Stoff,
soweit er für den Indologen von Wichtigkeit ist, erfaßt
wurde. Denn das Buch dürfte doch in erster Linie für
solche Leser bestimmt sein, welche die indischen Religionen
erforschen wollen, der Graecist oder LatiniLst
wird die meisten Texte wohl in den Originalausgaben
lesen. Den Bedürfnissen des der klassischen Philologie
Fernerstehenden wäre auch mehr entgegengekommen
worden, wenn die Titel der angezogenen werke vollständig
und nicht in stark abgekürzter Form angegeben worden
wären.

Für die Ausschöpfung des reichhaltigen Inhalts wäre
ein etwas ausführlicherer Index von Nutzen gewesen.

I Vielleicht hätten in diesem auch indische Bezeichnungen

I Aufnahme finden können, z. B. das Schlagwort „stüpa"
für die interessante Stelle p 106.

Es ist zu hoffen, daß das Werk dazu beiträgt,
die Verbindung zwischen klassischer und indischer Philologie
fester zu knüpfen. Da das Wort „Graeca non
leguntur" heute immer mehr in Anwendung kommt,
bleibt zu wünschen, daß die Herausgeber wenigstens

j die Haupttexte in einer deutschen Übersetzung vorlegen
und ihren Inhalt zum Gegenstand einer kritischen Untersuchung
machen mögen.

! Königsberg-Pr. H. v. Glasenapp