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Ausgabe:

1939

Spalte:

282-283

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

König, Friedrich Wilhelm

Titel/Untertitel:

Relief und Inschrift des Königs Dareios I am Felsen von Bagistan 1939

Rezensent:

Clemen, Carl

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 8/9

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wahrung etwa prunkhafter Trachtenstücke geht, sondern
um die Erkenntnis, welche tragende Kraft
die Gemeinsamkeit des Kleides früher ermöglichte.
Indem er die Einseitigkeit sowohl der Naumannschen
Anschauung vom „gesunkenen Kulturgut", wie die gänzlich
unhistorische, die auf der Artfremdheit des Christentums
herumreitet, aufdeckt, wird die Volkskunde aus
ihrer Verengung auf die Formen der urtümlichen Welt
herausgeführt. Dünninger macht am Gang der deutschen
Kulturgeschichte, speziell aber an der Spannung, die
zwischen Volkswelt und Christentum notwendig entstehen
mußte, den Leitsatz klar: Tritt das Volk durch
Geschichte in Aktion, so verliert das Urtümliche seine
ordnende Rolle. Mit diesem fruchtbaren Ansatz ist der
Versuch gelungen, die Gesetzmäßigkeit des Volkstums
und seiner geschichtlichen Entfaltung zu erschließen.
Quakenbrück H. Vorwahl

Nöldeke, Theodor: Geschichte des Qoräns. 2. Aufl. 3. Teil:
Die Geschichte des Qoräntexts von G. Bergsträsser und O. Pretzl.
Lfg. 4. Leipzig: Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung 1938. (XII, 275
bis 351 S.) gr. 8°. RM 15—; vollst. RM 50—.

Im Jahre 1860 hatte Theodor Nöldeke sein Buch
„Geschichte des Qoräns" veröffentlicht. Er konnte damals
wohl kaum ahnen, in welchem Maße dieses Werk
richtunggebend für die europäische Qoränforschung werden
sollte. Zu einer erschöpfenden Würdigung dieser
Wirkung wäre es notwendig, die gesamte seither in
Europa und zum guten Teil auch die im Orient erschienene
Qoränliteratur zu überprüfen. Um uns aber eine
gewisse Vorstellung von der Bedeutung des Werkes zu
verschaffen, genügt es, uns die äußeren Daten zu vergegenwärtigen
, die zur Herstellung der 2. Auflage
führten.

Wie die drei Hauptteile des Grundwerkes sich dabei
zu drei stattlichen Bänden auswuchsen, so verraten auch
die Entstellungszeiten, welches zusätzliche Material bei
der Neuauflage verarbeitet werden mußte. Hatte Nöldeke
sein Buch in jugendlichem Feuer gleichsam in
einem Zuge niederschreiben können, so erforderte die
neue Bearbeitung gerade 40 Jahre von der Übernahme
der Aufgabe bis zu ihrer Vollendung. 1909 erschien der
1. Band, 1919 der 2., jetzt liegt mit der 4. Lieferung
der 3. Band fertig vor. Hat schon der Altmeister Theodor
Nöldeke selbst die Veröffentlichung des Ganzen nicht
mehr erleben dürfen, so hat ein vorzeitiger Tod auch
zwei der aufeinanderfolgenden Bearbeiter der zweiten
Aul läge hinweggerafft: am 5. Februar 1919 starb Friedrich
Schwally, der die beiden ersten Bände besorgt hatte,
am 16. August 1933 verunglückte Gotthelf Bergsträsser,
nachdem er nur die beiden ersten Lieferungen des 3. Bandes
vorgelegt, dagegen mit der 3. Lieferung erst sich
zu beschäftigen angefangen hatte. Für den Schluß des
Bandes zeichnet nun Otto Pretzl verantwortlich.

Infolge des zahlreichen abendländischen Schrifttums,
das sich nach Abschluß und vielfach auf Anregung
von Nöldekes „Geschichte des Qoräns" mit den historischen
, religionswissenschaftlichen und literarischen Problemen
des Qoräns beschäftigte, noch mehr aber infolge
des gewaltigen Anwachsens inzwischen zugänglich gewordener
islamischer Qucllenwerke war es bereits bei
der Übernahme einer Neuauflage offenkundig, daß es
bei einer Neubearbeitung ohne wesentliche Eingriffe
in den ehemaligen Text nicht abgehen würde. Das hat
kein anderer so deutlich erkannt wie Nöldeke selbst,
schrieb er doch in der Vorrede zu Band I der 2. Auflage:
„Er (d. i. Schwally) hat dann das Buch, das ich vor einem
halben Jahrhundert rasch vollendet hatte, so weit möglich
den heutigen Anforderungen angepaßt. Ich sage ,so
weit möglich', denn die Spuren der jugendlichen Keckheit
ließen sich nicht ganz verwischen, wenn nicht ein
ganz anderes Werk entstehen sollte. Gar manches, was
ich damals mit mehr oder weniger großer Sicherheit
hingestellt hatte, ist mir später recht unsicher geworden
". Immerhin hat sich Schwally in diesem Bande

| noch bemüht, sich möglichst eng an die Erstauflage anzuschließen
. Aber je mehr das Werk und die Zeit fort-
j schritten, desto weniger ließ sich dieses Bemühen auf-
| recht erhalten. Schon in dem 2. Bande liegen „von dem
! ursprünglichen Texte Nöldekes kaum noch wesentliche
| Stücke im Wortlaut" vor (Band II, S. IV), noch ein-
j schneidenderer Änderungen bedurfte es im III. Teil. Hatte
j Nöldeke eine „Geschichte des ,Otmanischen Qoräntex-
j tes" geben wollen, so erweiterte Bergsträsser seine Auf-
I gäbe mit Recht zu einer „Geschichte des Qoräntexts"
schlechthin. Innerhalb dieses Bandes mußte naturgemäß
j die Lesartenliteratur der Muslime einen breiten Raum
einnehmen. Bergsträsser plante nun, eine vollständige
j Sammlung der kanonischen Varianten und ein ausgewähl-
I tes Verzeichnis der außerkanonischen Varianten beizugeben
, sollte aber nicht mehr zur Durchführung seiner
Absicht kommen. Pretzl, der sich gerade mit diesem Gebiet
besonders eingehend befaßt und reichliches Hand-
; schriftenmaterial darüber aufgefunden hatte, erkannte,
daß die Beigabe der weniger interessanten und ertragreichen
kanonischen Lesarten ohne Vollständigkeit der
I viel wichtigeren nichtkanonischen untunlich sei, und ist
! daher von dem Bergsträsser'schen Plane insofern abge-
! wichen, als er sich mit der Behandlung der generellen
Ausspracheregeln und der grundsätzlichen Aussprachedifferenzen
der Qoränleser begnügt hat. Den richtigen
Rahmen für die vollständige Buchung aller Varianten
bietet der auf Anregung Bergsträssers von Pretzl vorbereitete
„Apparatus Criticus zum Koran".

Durch diese weise Beschränkung ist es Pretzl gelungen
, nunmehr die Neuauflage des Werkes zum Abschluß
zu bringen. Er durfte den 3. Band Frau Marga
Bergsträsser widmen, die stets den regsten Anteil an der
Beschäftigung ihres Mannes mit den Problemen des
Qoräns genommen hat.

Die letzte (4.) Lieferung enthält die von Frau Anneliese
Gottschalk-Baur angefertigten Register zu allen
drei Bänden. Die Indices umfassen: die Bibliographie
der Quellenweike; die Eigennamen, wobei die geographi-
i sehen und Stammesnamen besonders gekennzeichnet sind;

einen Sachindex; ein Verzeichnis der behandelten Qorän-
I stellen. Durch die sorgfältig hergestellten Register ist
I die Benutzung der „Geschichte des Qoräns" wesentlich
erleichtert, eines Werkes, das auf lange Zeit hinaus für
jeden Orientalisten wie Religionshistoriker ein unentbehrliches
Handbuch bleiben wird.
Leipzig E. Bräunlich

König, Friedrich Wilhelm: Relief und Inschrift des Königs
Dareios I. am Felsen von Bagistan. Leiden: E. J. Brill 1938
(XII, 97 S.) gr. 8». fl. 3_.

„Hauptzweck dieser Arbeit ist, ziu zeigen, wie die
gesamten Lebensverhältnisse des alten Iran, besonders
die Vorgänge am großköniglichen Hof, und auch die

| ganze damalige Vorstelluingswelt in dem Entstehen, Wer-

i den, Wachsen und im den Veränderungen dieses Denkmals
zu Tage treten" (S. XI). Doch wird davon hier

I nur interessieren, „daß der Körper des Öramazdä erst
später hinzugefügt wurde" (S. 24) — „schon deswegen,
weil die offiziellen Öramazdäbilder eine menschliche
Gestalt verlangten. Und zwar verlangten sie das vom
Sieg der Religion des Spitama an, von dem Zeitpunkt
an, als diese neue, von Därejawös-Spantadäta propa-
gierte Religion am Hof vorherrschend geworden war"
(S. 25). Auch in der Inschrift ist der Einfluß des Mazda-
hismus (so schreibt König) zu erkennen. „Schon der
ganze Aufbau ist streng rnazdahistisch. Drei Dinge muß

j der Mazdajasna üben: gutes Denken — gute Worte —
gute Taten. Drei Dinge muß der Mazdajasna bekämpfen
: schlechte Gedanken — schlechte Worte — schlechte
Taten. Die unmittelbar konkrete Situation, in der diese
sittlichen Anschauungen angewendet werden sollen, ist
folgende: Die im Auftrag des Därejawös hergestellten
Inschriften und Reliefs sollen die Grundlage für die
Verbreitung einer ganz bestimmten Meinung sein. Dieses