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Ausgabe:

1939 Nr. 6

Spalte:

213-214

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dörr, Friedrich

Titel/Untertitel:

Diadochus von Photike und die Messalianer 1939

Rezensent:

Dörries, Hermann

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213

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 6

211

bei icht von E. Lohmeyer, Vom urchristlichen Abendmahl
(Theol. Kundschau 9 [1937] 103—194; 195—227; 10
[1938J 81—99). Doch sei die wichtige Beobachtung
Arnolds hervorgehoben, daß Markus-Matthäus (vgl. bei
Paulus-Lukas das: oxjavtwc) Brot und Wein im Abendmahlsbericht
unmittelbar aufeinander folgen lassen, während
doch ursprünglich (1. Kor. 11,25: uetü x6 öeui-
vfjaai) zwischen Brot- und Wein-Wort die Mahlzeit lag
(S. 77 und 105). Arnolds Erklärung, „daß man in Brot
und Wein zusammen von Anfang an ein einheitliches Ganzes
sah" (S. 105), enthält zwar Richtiges, ist aber doch
zu einfach. Erklärt sich die Tendenz, Brot- und Wein-
Handlung zusammenzuziehen, so, daß der Did. 9 beschriebene
Ritus, von dem oben die Rede war (Kelch-
Brot am Anfang der Feier), unter dem Einfluß des Ein-
setzungsbcridites umgestaltet wurde: man beließ die
beiden Handlungen am Anfang der Feier, stellte aber
ihre Reihenfolge um? Oder sollte — etwa unter dem
Einfluß einer durch die paulinische Weisung 1. Kor.
11,34 angebahnten Entwicklung — schon in so früher
Zeit mancherorts die Sättigungsmahlzeit zurückgetreten
sein, sodaß Brot- und Wein-Handlung von selbst zusammenrückten
? Jedenfalls ist mit A.s Beobachtung eine
wichtige Frage aufgeworfen, die weiterer Untersuchung
bedarf.

Erfreulich ist die Aufgeschlossenheit, mit der A.
im Ganzen den protestantischen neueren Forschungen gegenübersteht
. Sein Buch ist ein Beleg dafür, daß die
Abendmahlsforschung der letzten Zeit weithin zu Ergebnissen
geführt hat, die, weil in den Texten begründet,
über die Schranke der Konfessionen hinweg Geltung
haben.

üöttingen Joachim Jeremias

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Dörr, Friedrich: Diadochus von Photlke und die Messallaner.

Ein Kampf zwischen wahrer und falscher Mystik im Fünften Jahrhundert.

Freiburg i. B.: Herder & Co. 1937. (XV, 144 S.) gr. 8° = Freiburger

Theologische Studien. Unter Mitwirkung der Professoren der Theol. Fak.

hisg. von Dr. Arthur Allgeier und Dr. Engelbert Krebs. Heft 46. RM 4—.
Ein wichtiges Dokument aus der Geschichte der byzantinischen
Mystik, die „100 gnostischen Kapitel" des
Diadochus von Photike, harren noch der näheren Untersuchung
, die ihnen ihren historischen Platz anweist.
Einen Zugang zu ihrem Verständnis kann die Erkenntnis
eröffnen, daß sie zugleich das Dokument einer Polemik
sind. Ihr Verfasser, ein Vorkämpfer der chalkedonen-
sischen Orthodoxie, setzt sich hier mit einer geistigen Bewegung
auseinander, die, kirchlich verurteilt, uns bis vor
wenigen Jahren nur in der Wiedergabe ihrer Gegner
bekannt war, deren Hinterlassenschaft sich aber jetzt in
wachsendem Umfang und Gehalt zusammenlindet, den
Messalianern.

Die vorliegende Studie aus der Schule des römischen
Gelehrten Hausherr erörtert diese Polemik in der begründeten
Erwartung, daß die schärfere Erfassung des
Gegensatzes die Gedanken beider Gegner deutlicher hervortreten
lassen werde. So werden hier nacheinander
die Gegner des Diadochus ermittelt, bzw., da das Allgemeine
bekannt war, näher bestimmt als die Homilien des
Ps.-Makarios; werden weiterhin die Streitfragen selbst
in Argument und Gegenargument behandelt und schließlich
im Zusammenhang seiner Theologie die Kriterien
geschildert, nach denen der Mystiker wahre und falsche
Erfahrungen zu unterscheiden lehrt: hier findet D. „die
erste systematische Abhandlung über die Unterscheidung
der Geister".

Nun kann nicht im einzelnen der Gang der Untersuchung
mit Zustimmung oder Kritik begleitet, erst
recht nicht eine abweichende Gesamtauffassung begründet
werden. Hervorgehoben sein mag nur, daß das
Buch nicht ohne Umsicht gearbeitet ist, den Tatbestand
zuverlässig erhebt und zahlreiche zutreffende Beobachtungen
enthält.

Vieles von dem, was noch vermißt wird, mag dein
angekündigten 2. Teil vorbehalten sein, der die positive
Darstellung dieser kirchlichen Mystik bringen soll. Gerade
weil danach die Möglichkeit bleibt, noch Wünsche
zu erfüllen, seien einige genannt.

So wäre es zur sicheren Erfassung von Zentrum wie
j Umkreis der Polemik ratsam, die Basis der Untersuchung
zu verbreitern und die übergangenen Teile der „Kapitel",
j wie die Himmelfahrtsrede und die eigenartige Johannesvision
gleich miteinzubeziehen. Denn auch die .,Vision'
setzt eine richtige von einer übersteigerten, nämlich
der messalianischen Auffassung ab, verfährt also mindestens
in der Formulierung antithetisch. Und in den
| zurückgestellten gnostischen Kapiteln sind nicht nur be-
! merkenswerte Bedingungen und Folgerungen der Flaupt-
I ziele gestellt und gezogen, sondern auch die Hauptgedan-
! ken selbst vor der Messalianer-Front entwickelt.

Diese ihrerseits noch aufzugliedern und aus den
gemäßigteren „Homilien" einen radikalen Urmessalianis-
mus auszusondern, ist dem Vf. noch nicht recht gelungen.
Denn so richtig die Beobachtung ist, daß die Homilien
sich mehrfach gegen die eigenen Extremen wenden, so
wenig ist es erlaubt, als deren Repräsentanten die über
die Homilien hin verstreuten „Fragen" in Anspruch zu
I nehmen: wie die messalianischen Lehren selbst, so hat
l auch der Einspruch gegen die Extremen gerade in ihnen
den prägnantesten Ausdruck gefunden!

Erforderlich bleibt, den Beziehungen des Diadochus
zu Marcus Eremita und namentlich zu Euagrius Pon-
ticus nachzugehen, um in der Bestimmung seines Verhältnisses
zu der wirksamsten Autorität der byzantinischen
Mystik das Maß seiner Eigenart und Bedeutung
sicherer zu erfassen. Am wichtigsten ist es doch, die Abhängigkeit
aufzuzeigen, in der von seinem Gegner steht.
Ist sie in Bezug auf seine Sprache von Vrf. aufgezeigt,
so wäre die Untersuchung auch auf die Grundgedanken
auszudehnen. Es wäre zu prüfen, wie tief Diadochus
den Gegensatz gefaßt hat. Hat er wirklich in gründlicher
| Auseinandersetzung durch eine bessere Theologie seinen
I Widersacher geistig überwunden oder hat er etwa nur
den messalianischen Thesen die Spitzen abgebrochen
und unvermittelt neben sie Sätze der kirchlichen Tradition
gestellt? Es könnte sich herausstellen, daß, ähnlich
wie später die „katholischen Armen" in Zielen und Mit-
j teln von den Waldensern abhängig blieben, denen sie
j sich entgegensetzten, so die Lehre des Diadochus we-
I niger einen selbständigen Einsatz bedeutet als die korrigierende
Aufnahme einer tiefsinnigen aber eigenwil-
I ligen Bewegung zu einem verkirchlichten Messalianismus!
Göttingen H. Dörries

Acta conciliorum oecumenicorum. Jussu atque mandato Societatis
| scientiarum Argentoratensis ed. Ed. Schwartz. Tom. II: Concil.
univ. Chalcedonense. Vol. VI: Prosopographia et Topographia Actorum
Chalcedonensium et Encycüorum. Indices. Berlin: W. de Oruyter u.
Co. 1938. (VI, 160 S.) 4°. rm 42—.

Mit diesem Registerband ist der die Akten des Kon-
i zils von Chalcedon enthaltende Tomus II der Acta conciliorum
oecumenicorum abgeschlossen. Er bietet vor
! allem eine „Prosopographie" und eine „Topographie",
die ein, wenn auch nicht vollständiges, so doch ganz nahe
I an Vollständigkeit heranreichendes Bild der von Erzbi-
schöfen (nachmals Patriarchen genannt), Metropoliten
i und Bischöfen regierten Kirchen der Diözesen (im
1 staatlichen Sinne), Provinzen und Städte des Reiches
geben. Dazu kommen Aufzählungen der in den Akten
erwähnten höchsten Magistrate, wie sie in andern kirchlichen
oder staatlichen Urkunden für eine Zeit, in der
Reichs- und Kirchengeschichte nicht zu trennen sind,
fehlen. Der Herausgeber hat auch seine Sammlungen
nicht auf das Konzil selbst beschränkt, sondern auf alle
dort verlesenen Gesta ausgedehnt.

Die „Prosopographie" ist eingeteilt nach den Begriffen
: I. Imperator, dignitates, senatus, officiales. II. rfpis-
copi. III. Clerici, qui vices agunt episcoporum vel pro
episcopis subscribunt. IV. Clerici et monachi. Dann