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Ausgabe:

1939 Nr. 6

Spalte:

209-210

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Porath, Efraim

Titel/Untertitel:

Mishnaic Hebrew 1939

Rezensent:

Duensing, Hugo

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Seite 1

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209

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 6

210

Einleitung (S. 1—12) Rechenschaft ablegt. B. hat für
seine Ausgabe sämtliche ihm bekannten in europäischen
Bibliotheken vorhandenen, wichtigeren Handschriften benutzt
: vier Mischnahandschriften, vier Talmudhandschriften
, fünf Fragmente, dazu die ältesten Drucke, während
J. Cohn auf einen textkritischen Apparat ganz verzichtet
und nur gelegentlich in den Anmerkungen Varianten
notiert und O. Holtzmann sich auf drei Mischnahand-
schr., eine Talmudhandschr. und die editio princ. der
Mischna beschränkt. Wichtiger noch als die Zahl der
herangezogenen Hss. und alten Drucke ist die Sorgfalt
und Vollständigkeit, mit der in vorbildlicher Kleinarbeit
die Abweichungen der Textzeugen in dem umfangreichen
Variantenapparat verbucht sind. Diese umfassende Kleinarbeit
ermöglichte es B., das schwierige traditionsge-
schichtliche Problem des Mischnatextes neu anzugreifen.
Dabei ergab sich 1. die Feststellung, daß die ältesten
Talmudhss. stärker als bisher für die Herstellung des
Mischnatextes herangezogen werden müssen, weil sie
einen vortalmudischen Mischnatext bieten. 2. Unter zwei
Gesichtspunkten ergab sich die Möglichkeit zu einer
Gruppierung der Handschriften, einerseits an Hand der
Häufigkeit palästinischer (also altertümlicher) Charakteristika
der Schreibweise, andererseits an Hand von
Zusätzen, die.der Text von Tarn. 3,8 in Etappen erhalten
bat.

Als Text druckt B. den Mischnatext einer unpubli-
zierten Talmudhandschr. der Vaticana (Ms = Vaticana, Cod.
Ebr. 120) ab und zwar (mit Ausnahme von zwei Worten,
jlie ersetzt sind, und abgesehen von der Auflösung
der Abkürzungen und der Verbesserung offensichtlicher
Schreibfehler) unverändert. Dieses Verfahren, einen Codex
unverändert abzudrucken, anstatt eine Textrezension
zu versuchen, muß beim heutigen Stand der Forschung
in der Tat als das einzig sachgemäße für eine Mischna-
ausgabe bezeichnet werden.

Die Uebersetzung ist exakt. Nur wird an einigen
Stellen durch allzu wörtliche Wiedergabe der Sinn
verdunkelt, wobei man dem Vf. zugute halten muß, daß
das Deutsche nicht seine Muttersprache ist.

1,1 übersetzt B.: „Das Feuerhaus war ... von steinernen Terrassen
umgeben; dort schliefen die Familienältesten mit den Schlüsseln zu den
Vorhöfen in ihrer Hand, die jungen Priester aber .. . auf Erde". Die
steinernen Terrassen sucht man nach dieser Übersetzung außerhalb des
Hauses, was nicht der Sinn ist. rV3 ^pT ist mit: „Familienälteste"
ungenau wiedergegeben; es sind die ältesten Priester der diensttuenden
Tagesabteilung. DTO ist mit: „in ihrer Hand" zwar wörtlich richtig,
aber sachlich unrichtig (vgl. Anm. 18!) wiedergegeben: die schlafenden
Priesterältesten hielten die Schlüssel natürlich nicht in der Hand (Mid.
1,9: sie hingen an einer Kette), sondern hatten sie in ihrer Obhut.
Der Sinn ist also: „Das Feuerhaus . . . hatte steinerne Absätze an den
Wänden, auf denen die Ältesten der priester 1 ichen Tages-
abteilung schliefen, die die Schlüssel zu den Vorhöfen in ihrer Obhut
hatten, w ä h r en d die jungen Priester ... auf der Erde schlafen
mußten." — 5,1: O^PD rQ-Q ist hier nicht: „der Prieitersegcn",
sondern die Schlußbenediktion des Achtzchn-Oebetes. Der eigentliche
Priestersegen kann deshalb nicht gemeint sein, weil er beim Morgen-
tanid erst nach der Darbringung des Räucheropfers erteilt wurde (Tarn.
7, 2). - b, 6 [= 7, 3]: Der Tempeloberst steht a n (nicht! auf) der
Altarecke, die beiden Priester an (nicht: auf!) dem Tisch für die Fett-
stficke.

Der Kommentar (S. 94—148) geht vorwiegend
auf sprachliche Fragen ein, die mit großer Sorgfalt
besprochen werden. Es ist schade, daß darüber die
sachlichen Fragen zurücktreten; z. B. bekommt man von
der Lage der zahlreichen in Tamid erwähnten Örtlichkeiten
des Tempelplatzes aus dem Kommentar kein klares
Bild.

Göttingen Joachim Jeremias

P o r a t h, E.: Mishnaic Hebrew as vocalised in the early manuscripts
of the Rabylonian Jcws. Jerusalem: Publ. by the Bialik Foundation
of the Jewish Agency for Palcstine through Vaad ha-lashon 1938.
(204 S., 3 Taf.) gr. 8°.

Nach den Kategorien der Grammatik geordnet werden hier die
Wörter mit babylonischer Punktation,, soweit sie für die Mischna und
die Midraschim (Siphra) erhalten ist, aufgeführt. Es werden also bis
auf die S. 190—192 gedruckten beiden Bruchstücke aus Siphra, von

denen das erste sonst nicht bekannt ist, keine Texte geboten, sondern
aus den Texten die Formen ausgezogen. Und darauf kommt es ja an.
Denn unser Interesse haftet ja an der Punktation und an gelegentlich
abweichender Schreibweise, bisweilen auch abweichender Lesart. Dan-
| kenswert ist es aber, daß der Arbeit gleichwohl 4 Faksimile beige-
j geben sind, von denen 2 der Siphrahandschrift der Vatikanischen
I Bibliothek (Ebr. 66) entstammen, die andern beiden Geniza-Mischna-
j bruchstücke des in Canterbury befindlichen Bestandes wiedergeben.
| Neben einem Vorwort von Torciner gibt die Einleitung in der Hauptsache
Auskunft über die benutzten Handschriften S. 7—14 und zählt
dann von S. 14—24 alle vorhandenen Mischnastücke auf. Sehr dan-
| kenswert ist die von S. 158 an erfolgende Aufzählung der Varianten
und zwar S. 158 zum Schrifttext des A.T., S. 159 ff. zum Mischnatext
und S. 186—189 zu Siphra. Auf die Nachträge und Berich-
| tigungen S. 191—193 folgt noch ein nach Stichproben zu urteilen sorg-
I fältig gearbeitetes Register der vorkommenden Wörter, welches es er-
' möglicht, die an verschiedenen Stellen vorkommende Punktation zu
J vergleichen. Eine fleißige nützliche Arbeit, die sich an die Arbeiten
- von Kahle und andern anlehnt und neuere Erkenntnisse verwertet.
( Besondere Beachtung verdienen die unter XIII aufgeführten Lehnwör-
i ter und die unter XIV folgenden Eigennamen.

Goslar (Harz) Hugo Duensing

NEUES TESTAMENT

Clark, Kenneth W.: A descriptive Catalogue of Greek New
Testament Manuscripts in America. Chicago/111.: The Univei-
sity Press 1937. (XXVIII u. 418 S. 72 Tafeln) gr. 8°. § 5—.

Um die Jahrhundertwende besaß Amerika (d. h. die Vereinigten
Staaten und Canada) 38 ntl. Handschriften in griechischer Sprache. Im
letzten Menschenalter sind über 200 Manuscripte hinzugekommen, in
1 öffentlichen wie in Privatbibliotheken. Ein solches Wachstum vollzieht
sich begreiflicher Weise weitgehend abseits der Öffentlichkeit und der
Kenntnisnahme auch nächstbeteiligter Kreise.

Amerika war sich über den Umfang seines Besitzes selbst im Unklaren
. Und Kenner wie C. R. Gregory — als geborener Amerikaner
wie als Textkritiker gleich stark interessiert — und Hermann von Soden
bewiesen, daß auch für den ausgesprochenen Fachmann der Überblick
erheblich behindert war. Natürlich wußte, auch wer im zweiten Gliede
marschierte, etwas von der ,,Freerhandschrift", hatte von dem Prachtkodex
des Rockefeller McCormick New Testament und einigem anderen
gehört. Aber der ernstliche Versuch einer wissenschaftlichen Auswertung
der amerikanischen Bestände hatte zur Voraussetzung, dal) man über sie
erst einmal wirklich unterrichtet wurde.

Diesem Zweck dient das Buch von Clark, das - im Dezember 1937
I herausgekommen — 256 amerikanische Manuscripte des griechischen NT
j beschreibt. Sie umspannen die Zeit vom 3. bis 17. Jahrhundert und er-
schöpfen alle Möglichkeiten von der Großschrift an bis zu Z, dem Talisman
, dem Zauber mit biblischen Zeilen. Nach dem richtigen Grund-
j satz, lieber etwas zu viel als etwas zu wenig zu berücksichtigen, hat
I Verf. auch das Diatessaron-Fragment aus Dura (Yale University) aufgenommen
, ebenso den bekannten Ox. Pap. 655 (Harvard University), den
I E. von Dobschütz, ZNW 32, 1933, 190, als Apokryphon vom Kreis
der Zeugen für den ntl. Text ausgeschlossen zu sehen wünschte.

Die alphabetische Folge der gegenwärtigen Besitzer bildet das Fach-
j werk. In den einzelnen Abteilungen herrscht die Numerierung der
betreffenden Sammlung, gegebenenfalls unter Beifügung der Bezeichnungen
von Gregory, v. Dobschütz-Eltester und v. Soden. Den Inhalt
; bilden jedesmal die exakte Beschreibung der angeführten Handschrift
j und eine auf sie bezügliche, chronologisch geordnete Bibliographie. Neun
i Indices befriedigen alle nur erdenkbaren Bedürfnisse. Endlich sind 72
; Tafeln mit Schriftproben beigefügt. Das ganze stellt nach Ausstattung
und Inhalt eine jener Gaben dar, an die uns Amerika auf diesem Ge-
! biete allmählich gewöhnt hat, und die wir mit aufrichtigem Dank
entgegen nehmen.

j Göttingen w. Bauer

Smith, B. T. D.: The Parables of the Synoptic Gospels. A Critical
Study. Cambridge: University Press 1937. (VII, 250 S.) 8°. 12 s. 6 d.

Es ist seit langer Zeit kein zusammenfassendes Buch
über die Gleichnisse Jesu erschienen, das die neueren
Forschungen und besonders das jüdische Material Strack-
Billerbecks verarbeitet hätte. Darum ist das vorliegende
Buch sehr zu begrüßen, auch wenn es nicht In allen
Stücken als ganz gelungen bezeichnet werden kann.
Smith bespricht in einem ersten Teil die allgemeinen Fragen
des Gleichnisverständnisses und gibt dann in einem
umfangreicheren zweiten Teil eine Auslegung sämtlicher
synoptischen Gleichnisse. Er zeigt zunächst den wechselnden
Sprachgebrauch von Vo» und betont, daß koqo-