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Ausgabe:

1939 Nr. 6

Spalte:

201-202

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Mackay, Ernest J.

Titel/Untertitel:

Die Induskultur 1939

Rezensent:

Glasenapp, Helmuth

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Seite 1

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201

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 6

202

Soviel von Inhalt und Charakter dieses Bandes, der
an Kenntnisreichtum den früheren nicht nachsteht und an
Gediegenheit seinesgleichen sucht.

S. 27 Z. 11/12 muß es für „Gestirne" doch wohl „Götter" heißen
(vgl. Plat. Tim. 40 D).

Northeim G. Breithaupt

Wainwright, G. A., B. Litt.: The Sky-Religion in Egypt. Its

Antiquity and Effects. Cambridge: At the University Press 1938.

(XVI, 121 S.) 8°. 8 s. 6d.

Unter dem Titel sky-religion begreift W. jene primitiven
Qlaubensformen, die sich um den Himmel als
den Spender des Regens und damit der Fruchtbarkeit
bewegen und auf eine Beeinflussung des Wetters, insbesondere
auf die Sicherung der für das Gedeihen der
Felder nötigen Hegenmenge ausgerichtet sind. Eines
ihrer wesentlichsten Merkzeichen ist die privilegierte Stellung
des Hegenmachers. Sie trägt im Ansatz priesterliche
und königliche Befugnisse in sich und mündet
darum in einem Priesterkönigtum aus, das seinen Träger
mit göttlicher Würde umkleidet. Diesem Gottesanspruch
steht freilich hemmend seine Verflochtenheit in menschliche
Schwäche und menschliches Schicksal gegenüber.
Aus ihr drohen dem Lande die schwersten Gefahren,
wenn der Laut der Natur von den Kräften des Men-
schengottes abhängt. So muß er sterben, wenn Zeichen
des Verfalles an ihm sichtbar werden oder eine ihm
sorglich vorher gesetzte Frist verstrichen ist.

Diese „rainmaking religion" vermeint W. im alten
Ägypten wiederzufinden; freilich nur in Relikten. Denn
sie selbst muß ja klärlich einer Zeit angehören, die weit
jenseits der durch die bodenständigen Denkmäler erhellten
liegt. Setzt sie doch ganz andere klimatische
Verhältnisse voraus. W. verlegt sie darum in die Zeit
vor der Besiedlung des Niltales, in der ägyptische
Stämme noch in Libyen saßen. Können wir dann aber
überhaupt noch etwas von jenen Vorstellungen wissen
? Unsere Überlieferung steht ja durchaus im Bann
anderer Glaubensformen, die jene alte Religion, wenn
sie je bestand, überwanden. W. verkennt das nicht;
aber er vermeint nun doch in Riten und Festbräuchen,
ja auch in Göttergestalten der geschichtlichen Zeit Züge
des alten Glaubens, wenn auch in zeitgemäßer Umprä-
gung, durchschimmern zu sehen; ja, er glaubt dartun zu
können, daß jener Glaube im Herzen des Volkes haften
blieb und darum je und dann auch wieder an die Überfläche
zu dringen vermochte.

Seine Zeugnisse entnimmt er einmal den volkstümlichen
Erzählungen aus der alten Geschichte des Landes,
die wir bei den klassischen Autoren finden. Sie sind
die Quelle, die ihm am reichlichsten fließt; aber eben
darum wird er schwer überzeugen. Denn nur wenige
werden jenen Geschichten eine Beweiskraft zubilligen
wollen, die einer kritischen Untersuchung ihrer Tragfähigkeit
enthebt. Auch die reichlich gebotenen völkerkundlichen
Parallelen können nichts beweisen. Letztlich
kann eben doch nur die heimische Überlieferung selbst
Klarheit schaffen. Auch sie kommt zu Wort; aber was
W. aus ihr beibringt, ist fraglos überspitzt oder durch
die Einseitigkeit der Betrachtung in eine schiefe Beleuchtung
gerückt. So glaube ich denn bei aller Anerkennung
des Spürsinns, mit dem W. seine Untersuchung
führt, wie auch der Anregung, die sie durch die Fülle
des in ihr gesammelten Stoffes bietet, nicht, daß ihm
der Beweis seiner These geglückt sei.

Bonn Hans Bonnet

Mackay, Erncst: Die Induskultur. Ausgrabungen in Mohenjo-daro
und Harappa. Ieipzig: F. A. Brockhaus 1938. (151 S., 78 Abb.,
1 Kte.) 8°. RM 3-15; Heb. RM 3.80.

Die Entdeckung der Ruinenstädte von Mohenjo Daro
(in der Landschaft Sind) und Harappa (im südlichen
Ranjab) im Jahre 1922 hat der Erforschung der indischen
Geschichte neue Perspektiven eröffnet. Glaubte

mau bisher in den Liedern des Rigveda das älteste Kulturdenkmal
Indiens vor sich zu haben, so stand man
jetzt vor Altertümern, die in die Zeit zwischen 3250 und
2750 vor Chr. zurückreichen, wenn die Berechnungen
der Archäologen zutreffen. Da die Funde im Indus-Gebiet
eine Kultur zeigen, die von der der vedischen Arier
grundlegend verschieden ist, andererseits aber mit der
späteren Hindu-Kultur vieles gemeinsam hat, liegt die
Annahme nahe, daß wir in ihnen Zeugen der vorarischen
Periode Indiens zu sehen haben. Dies ist religionswissenschaftlich
von hoher Bedeutung, würde doch dadurch
bewiesen werden, daß eine Fülle von charakteristischen
Erscheinungen des Hindutums (Kult der Allmutter und
des Shiva, des Feigenbaums, der Schlangen und anderer
heiliger Tiere, Yoga, Bajaderenwesen, Verwendung des
Svastika-Symbols) in vorvedische Zeit zurückgehen. Bisher
waren wir über die Ergebnisse der Ausgrabungen
nur durch das große Werk Sir John Marshalls „Mohenjo
Daro and the Indus Civilization" (London 1931) unterrichtet
. Das knappe, reichbebilderte Werk Ernest Mackays
„The Indus Civilization" (London 1935) das hier von
D. Max Müller-Iserlohn in lesbarer Verdeutschung vorgelegt
wird, ermöglicht erstmalig auch weiteren Kreisen
einen Einblick in die bisher gewonnen Resultate. Da
Mackay selbst in Mohenjo Daro gearbeitet und 1935/36
die Ausgrabungen an der inzwischen neu erschlossenen
Fundstätte in Chanhu-Daro (Sind) im amerikanischen
Auftrage geleitet hat, können seine im besten Sinne allgemeinverständlichen
Ausführungen dokumentarischen
Wert beanspruchen.

Königsberg i. Pr. H. v. G1 asenapp

Zimmer, Heinrich: Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder.
Darmstadt: L. C. Wittich 1938. (101 S.) 8°. RM 3-.

Das gehaltvolle Büchlein beginnt mit einer Reihe von Anekdoten,
! die unter dem Obertitel „Sinnbilder" zusammengefaßt sind, es folgt dann
die Erzählung „Abu Kasem's Pantoffeln" ; den Beschluß macht eine
Deutung der „Geschichte vom indischen König mit dem Leichnam". Die
in gepflegtem Stil dargebotenen Legenden, Berichte und Schwänke sollen
I keine wörtlichen Übertragungen aus indischen Quellen (die auch nicht
' genannt werden) sein, sondern sie versuchen in zwangloser Form, unter-
j mischt mit Reflexionen, in den Geist Indiens einzuführen. Jeder, den die
i besinnliche indische Gedankenwelt zu fesseln vermag, wird an ihnen
seine Freude haben.

Königsberg i. Pr. H. v. Glasenapp

Sern er, Arvid: On „Dyß" Burial and Reliefs about the Dead
during the Stone Age with special Regard to South Scandi-
navia. An Archaeological and Historico-religious Research. Lund-H
Ohlsson 1938. (252 S., 26 Abb. auf Taf.) gr. 8°.

Wie von Trauwitz-Hellwig in seinem kürzlich hier (1937, Sp. 322f.)
I angezeigten Buch : Totenverehrung, Totenabwehr und Vorgeschichte, so
| sucht auch Serner speziell für Südskandinavien zu zeigen, daß hier in
j der Steinzeit von keiner Totenabwehr die Rede sein könne. Und zwar
j will er das mit Hilfe derjenigen primitiven Stämme beweisen, bei denen
! sich die von ihm „dyß" genannte Grabform des rechtwinkligen Dolmens
j von vorgeschichtlicher Zeit her finde, also namentlich der südindischen
| Stämme, mit denen aber verschiedene weiter östlich wohnende zusammenhängen
könnten. Dieselbe Grabform kommt, zugleich mit gewissen Eigentümlichkeiten
: einem Steinkreis, einer Eingangsöffnung und verschieden ge-
; stalteten Vertiefungen auf der Oberfläche des Decksteines, außer in Europa in
| Nordafrika, Abessinien und Transjordanien vor und stammt, wie Serner
| zum Schluß vermutet, von hier. Daß aber nirgends die Toten hätten
j abgewehrt werden sollen, folgert er aus den Begräbnissitten jener Stämme,
I die dadurch die Verstorbenen vielmehr hätten schützen wollen. Dasselbe
gelte in vorgeschichtlicher Zeit von den Steinkreisen, den Eingangsöff-
! nungen einschließlich der sog. Seelenlöcher und den Vertiefungen auf
S der Oberfläche, in denen man habe Wasser sammeln wollen, um so
wieder feindliche Einflüsse von den Toten fernzuhalten. Das ist freilich
keineswegs sicher, und auch die Schlüsse aus den Begräbnissitten jetziger
j Primitiver sind manchmal zweifelhaft, namentlich aber bleibt es gewagt,
deshalb auch bei den steinzeitlichen Menschen überhaupt Totenabwehr
j zu bestreiten. Das Englisch ist manchmal nicht ganz echt und auch
| der Druck gelegentlich fehlerhaft, aber als Ganzes ist die Abhandlung
nicht nur für unsere Kenntnis der vorgeschichtlichen, sondern zugleich
< mancher primitiver Begräbnissitten wertvoll.

Bonn Carl Clemen