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1938 Nr. 7

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130

Titel/Untertitel:

Katholische Dogmatik nach den Grundsätzen des hl. Thomas; II. Bd. 1938

Rezensent:

Koch, Wilhelm

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129

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 7.

130

schlußreicher Weise wendet sich P. Scherrer ihm zu,
indem er in seinem Aufsatz: „E. im Spiegel von Thomas'
Murners Reformationspublizistik" (183—204) den eras- I
mianischen Einfluß auf den unhumanistisch-groben Fran- ]
ziskaner und zugleich dessen ebenso scharfsichtig wie
"tendenziös vorgenommene kirchenpolitische Inanspruchnahme
des E. aufzudecken sucht. — Auf diesem Hinter- |
grund wird die Herausstellung des reformatorischen „An- j
liegens" des E. im Vergleich mit demjenigen Oekolam-
pads besonders eindrucksvoll, die E. Stä hei in mit
der ganzen Sachkenntnis des Qekolampadforschers vorlegt
: „E. und Oekolampad in ihrem Ringen um die
Kirche Jesu Christi" (166—182). Es geht zuletzt
um die Erhaltung der pax ecclesiarum und um die
Spannung, in die dieses Ziel mit dem Eintreten für j
die veritas gerät. Hier trennen sich die Wege der beiden
Männer, ohne daß es darüber zu einem nachweislichen (
Bruch der persönlichen Beziehungen kommt.

Neben der Neuausgabe der meisterhaften Erasmus- j
biographie von J. Huizinga ist der vorliegende, ausgezeichnet
ausgestattete Sammelband, zu dem Ed. H i s
das Geleitwort geschrieben hat, und dessen inhaltliche
Mannigfaltigkeit dem Wesen und der Wirkung der gefeierten
Gestalt gut entspricht, eine besonders dankenswerte
Gabe des Erasmus-Gedenkjahrs. Es drängt dem
Leser auch die Frage auf, ob das gel. ausgesprochene
Urteil vom Ende der Erasmusrenaissance wirklich das j
letzte Wort zu der Sache sein solle, für die der Name
ihres großen Anwalts zum Symbol geworden ist.

_Halle a. S.____E. Wolf.

Schaeder, Hans Heinrich: Goethes Erlebnis des Ostens. Leipzig
: J. C. Hinrichs 1938. (VIII, 182 S.) gr. 8°. RM 3—; geb. 4—.
„Zu den Erfahrungen der Gegenwart gehört das All- 1
gemeinvverden der im 19. Jahrhundert noch begrenzten
Einsicht, daß zwar gewiß nicht der christliche Glaube,
aber die Weltansicht und Lebensdeutung der christlichen
Heilslehre und damit der weltliche Herrschafts- und Er-
ziehungsanspruch der Kirchen durch unaufhaltsame Zersetzungsarbeit
von vier Jahrhunderten an der Wurzel getroffen
sind. Seither hat der metaphysische Sinn, dem
die überlieferten christlichen Gehalte entglitten sind,
ständig neue Ersatzbildungen erzeugt... Wer sich ihnen
abkehrt, mit dem Willen, seinen Sinn der vollen und
unverkümmerten, natürlichen und geschichtlich-gegenwärtigen
Wirklichkeit offenzuhalten, der wird sich auf dem
Wege Goethes finden" (Vorwort, S. 4). „Gegenüber
einer theologischen Richtung, die am Fortschreiten der
geschichtlichen Erkenntnis ohne Rückhalt teilnimmt, hält
die konservative Theologie, bei äußeren Zugeständnissen,
die sie der Kritik macht, an dem vorkritischen Bild der i
Heilsgeschichte grundsätzlich fest. Das Ergebnis ist auf
der einen Seite, im kirchlichen Christentum, das Fort-
leben einer ungeschichtlichen Betrachtung der Bibel, die
aus dem Zusammenhang der allgemeinen Geschichte aus- |
gesondert wird, auf der anderen Seite, bei denen, die
sich dem kirchlichen Christentum abgekehrt haben, eine
Unkenntnis, die sich leicht mit Gleichgültigkeit oder Miß- |
achtung paart... Es erhebt sich die Frage, ob es ein i
lebendiges Verhältnis zur Bibel geben kann, das ihr ge- ]
recht wird, indem es sich auf vorbehaltlose geschieht- j
liehe Erkenntnis gründet, aber nicht, um die Masse lebloser
geschichtlicher Tatsachen zu vermehren, sondern
Ul" in dem, was die Bibel erzählt, des geschichtlichen
Gehalts, der Taten und Leiden des Menschen ansichtig
zu werden. Diese Frage wird bejahen, wer auf Goethe
hinblickt" (S. 28). „Alle Geschichte und was sie um- ]
schließt, so auch die Religion, kann den Menschen an
sich selber erinnern und ihm sagen, daß er wollen muß, j
aber der Vollzug des Wollens steht bei ihm. Alle geschichtliche
und religiöse Erfahrung, die einer hat, ist
genau so viel wert, wie sie ihn das Seine tun lehrt; |
sonst ist sie tot. Wenn es etwas von Goethe zu lernen j
gibt, dann ist es dies" (S. 123). In dieser fesselnden
Weise verknüpft der Berliner Iranist H.H. Schaeder von
der Gegenwart aus die Grundgedanken seiner geistesge- |

schichtlichen Darstellung mit der Epoche des universalsten
deutschen Dichters. Denn gerade in dieser erlebnisreichen
Begegnung Goethes mit den zu jener Zeit
recht fragmentarisch bekannt gewordenen poetisch-literarischen
Schöpfungen Indiens, Chinas und vor allem Per-
siens zeigt sich die überragende Gestaltungskraft Goethes
, wobei seine Gabe der Einfühlung in eine fremdartige
Geistesstruktur uns Dichtungen von erhabener
Größe bescherte (S. 139 ff.: Paria). Verschiedene Aufsätze
und Untersuchungen, die zumeist Vorträgen zu-
grundelagen, jedoch alle „die Stellung Goethes in der
Geschichte der abendländischen Orientforschung" zum
Gegenstand haben, sind hier vereinigt (,Goethes Erlebnis
des Ostens'; ,Östliche Wanderungen'). Aus Versuchen
, den Divan zu verstehen sind die Abhandlungen:
,Die Einheit des West-östlichen Divans'; ,Lebensansicht
und lyrische Form bei Hafis'; ,Die Religion im Westöstlichen
Divan' hervorgegangen; dabei war der Verfasser
stets bemüht, den „Linien nachzugehen, die sich
von dem Besonderen der orientalischen Studien und Aneignungen
Goethes zum Allgemeinen seiner geschichtlichen
und religiösen Ansicht ziehen" lassen. Und darin
liegt der Hauptwert dieser bedeutsamen Studien, daß
nicht nur ein gründlicher Kenner des vorderen Orients
literarhistorisch analysiert (s. die umfangreichen Anmerkungen
), sondern daß»er über die Beschränkung der
engeren Fachwissenschaft hinaus Goethes Eindringen
in die unendlich reiche Welt des Orients als dichterisches
Erlebnis uns verständlich zu machen sucht. Gelehrte
Forschung wird in tiefstes persönliches Erlebnis
umges-chmolzen. — Nur kurz erwähnt hat (S. 60f.) H.
H. Schaeder Goethes „letzte Wanderung in den fernsten
Osten", des Dichters ,Chinesisch-Deutsche Jahres- und
Tageszeiten' (1830) als reife Frucht seiner Beschäftigung
mit chinesischen Dingen; nach W. von Bieder-
mann's ,Goethe-Forschungen', Bd. II (1886), S. 426 ff.,
die jetzt zu ergänzen sind durch E. H. von Tscharners'
Ausführungen in ,Sinica' IX (1934), S. 277 ff. wäre eine
Studie H. H. Schaeders im Sinne auf diesem Gebiet
für die Goethe-Forschung sehr förderlich.
München. R.F.Merkel.

Diekamp, Prof. Dr. Franz: Katholische Dogmatik nach den
Grundsätzen des hl. Thomas. II. Bd. 7., durchgesehene u. verb.
Aufl. Münster i. W.: Aschendorffsche Verlagsbuchh. 1936. (X, 574 S.) 8°
= Lehrbücher zum Gebrauch beim theol. u. philos. Studium.

RM 12.85; RM geb. 14.75.
Die siebte Auflage des thomistischen dreibändigen
Dogmatikwerkes schreitet voran. In ThLZ. 1937 Nr. 1
konnte der erste Band in dieser Auflage angezeigt werden
; nun liegt der zweite vor. Er ist um 10 Seiten kürzer
geworden als in der sechsten Auflage, die vor 6 Jahren
erschien und in ThLZ 1931, Sp. 587 f. besprochen
wurde. Die Kürzung hat teils drucktechnische Gründe
teils rührt sie davon her, daß ein ganzer Paragraph, nämlich
über die Allgemeinheit des göttlichen Heilswillens,
weggelassen wurde. Sein Inhalt läßt sich zwar anderen
Abschnitten der Gnadenlehre entnehmen, aber die Streichung
dieses Paragraphen ist immerhin nicht verständlich
. Die neue Auflage ist im übrigen überall durchgesehen
und verbessert, durch noch stärkere Verdeutlichung
der Disposition, durch viele Nachträge in den
Literaturangaben, durch einen apologetischen Zusatz im
Kapitel von der Erbsünde. Die vom Rez. gemachten
Berichtigungen der vorigen Auflage wurden mit zwei
Ausnahmen berücksichtigt. Es seien noch einige angefügt
: S. 167, Z. 10 v. o. setze P. (Peter) Baltzer; S.505,
Z. 8 v. u. (u. ö.) setze K. (Karl) Feckes. Zur theologischen
Erklärung neutestamentlicher Worte (<< /i/o;. x«ct?
u. s. w.) sollte das in Neuauflage erscheinende „Theol.
Wörterbuch zum Neuen Testament" von Gerhard Kittel
benützt werden. — Vom Schlußband in neuester Auflage
wird wohl bald zu reden sein; das ganze Werk wird
sicher noch mehr begehrt werden.
Tettnang (Württbg.). Wilhelm Koch.