Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1938 Nr. 6

Spalte:

104-106

Titel/Untertitel:

Thüringische Kirchengeschichte; 1 1938

Rezensent:

Meyer, Philipp

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

103

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 6.

104

nonyma (in Aufzählung, Wiederholung von Wörtern und j
Versen, im Ausruf), die Paronomasie in ihren verschiedenen
Formen, der p. m., Verwendung des Bildes, Ana- j
phora, Epiphora und Reim und schließlich Rhythmik und
Strophik — zum Rhythmus wird, wie schon erwähnt,
wenig gesagt, was zur Strophik ausgeführt wird, vermag
nicht überall zu überzeugen. — Ein kurzer Schlußteil
redet zusammenfassend über die atl. Spruchliteratur als
eigene literarische Gattung, ein Exkurs vergleicht von den
gewonnenen Einsichten her die übrige orientalische Weisheitsliteratur
.

Im Blick auf das Ganze läßt sich sagen, daß die
Stärke der vorliegenden Arbeit zugleich ihre Schwäche 1
ist. Ihre Stärke liegt in dem entschlossenen Einsetzen
beim rein formalen Kriterium der grammatischen Sinneinheit
zur Bestimmung stilistischer Merkmale. Dieser
klare und wohl neuartige Einsatzpunkt zur Betrachtung I
des Spruchstiles öffnet allerlei neue Blickpunkte. Aber j
indem die Arbeit bei diesem rein formalen Ausgangspunkt
stehen bleibt und trotz einzelner (nicht immer
glücklicher) Ansätze dazu nicht zu einer Zusammenisehau
von Form und Inhalt der Spruchliteratur in ihrer gegenseitigen
Bedingtheit gelangt, kommt sie nicht über
den toten Punkt weg, und vermag als Ganzes kein eindrückliches
Bild vom Stil der Spruchliteratur zu hinterlassen
. Die Forschung an einer so ausgeprägten Litera- '
tur, wie es die Spruchliteratur ist, war vierieicht doch
nicht so übel beraten, wenn sie die Probleme der Form |
bisher nicht abgesehen vom Inhalt zu betrachten suchte.
Je echter die Form einer Literaturschicht in eigener Ge- 1
setzlichkeit gewachsen ist, desto weniger läßt sie sich
verstehen unter Absehen von dem geistigen Gehalt, der
sie geprägt hat. Diese Einsicht hat die vorliegende Arbeit j
zu ihrem eigenen Schaden vernachlässigt.

Diese Kritik an der vorliegenden Arbeit soll aber
den Dank nicht schmälern. Es ist hier in einer ganz bestimmten
, vielleicht einseitigen Richtung saubere Arbeit
geleistet worden und wer die Mühe der oft nicht gerade |
bequemen Lektüre des gedrängt geschriebenen Büchleins j
nicht scheut, wird aus ihm allerlei Anregung zum Weiterdenken
erhalten.

Ungern stellt man das Fehlen jeglicher Äußerung zur Textgestalt
der zitieren Stellenbelege fest. — Von den Belegen für lö mit Jussiv
(S. 44, Zeile 9) weist der erste auf einen Vers, der gar keine Verneinung
enthalt (fälschlich aus Gesenius-Bergsträsser II 51 zitiert), an den beiden i
andern Stellen läßt sich das Verb als gewöhnliches Imperfekt verstehen, j
Zürich. W. Z i m m ei l i. i

Till, Walter: Koptische Heiligen- und Märtyrerlegenden. Texte,
Übersetzungen u. Indices hrsg. u. bearb. Rom: Pont. Instit. Orient.
Studiosum 1935/36. (XV, 216 u. 188 S.) gr. 8°. = Orientalia Christiana
Analecta. Bd. 102 u. 108.

Das nicht aus sachlichen, sondern nur aus editions- j
technischen Gründen in zwei Bände zerfallende Werk I
W. Tills enthält eine Sammlung koptischer Heiligen- I
und Märtyrerlegenden. T. nimmt dabei seinen Ausgang ;
von den in der Papyrussammlung der Nationalbiblio- i
thek in Wien befindlichen koptischen Pergamenten, die,
soweit sie Bruchstücke von Heiligen und Märtyrerlegen- j
den enthalten, hier zum ersten Mal veröffentlicht sind — j
nur wenige kleine Stücke waren schon publiziert.

Soweit es ihm möglich war, die zum selben Kodex
gehörigen Blätter in anderen Sammlungen ausfindig zu
machen, hat er deren Inhalt mit dem Wiener Gut verbundeil
. Er konnte freilich nur solche Blätter hieranziehen,
die in gedruckten Katalogen angeführt sind, und Texte
bieten, die ohne Prüfung des Originals nach den Photographien
gut lesbar waren. Denn für seine Zwecke Reisen
zu unternehmen, mußte er sich versagen; und eine
andere Schwierigkeit, die seine Arbeit drückte, war die i
Unmöglichkeit, sich in Wien die nötige Literatur, besonders
aus neuerer Zeit in wünschenswertem Umfang zu
beschaffen. Diese Umstände sind ein Hauptanlaß gewesen
für die von T. vorgenommene Begrenzung der
Aufgabe.

Danach wollte er nur eine reine Textausgabe schaf- ;

fen, ohne ihr Untersuchungen und belehrende Noten
beizufügen. Hinweise auf anderssprachige Paralleltexte
oder auf einschlägige Literatur finden lediglich in dem
ihm möglichen Ausmaß statt. Auf Vollständigkeit ist
von vorn herein bewußt verzichtet worden. Auch die innerhalb
der einzelnen Legende befolgte Anordnung der
da und dort erhaltenen Abschnitte wollen kein Gesetz für
den Gebraucher sein. Die eigentlich wissenschaftliche
Auswertung soll vielmehr erst auf Grund seiner Ausgabe
einsetzen; und er hat, um diese zu ermöglichen, den koptischen
— genauer saidischen — Texten eine möglichst
wörtliche deutsche Übersetzung beigefügt, auch Personen
- und Ortsregister, Indices der koptischen (diese in
Auswahl) und griechischen Wörter sowie ein Verzeichnis
der Bibelstellen. Den Schluß beider Teile nehmen durchgezeichnete
Schriftproben ein, die um der geringeren Kosten
willen an die Stelle photographischer Wiedergaben
haben treten müssen.

Übrigens haben nicht alle Wiener Texte Aufnahme
gefunden. Es sind beiseite geblieben die bereits in angemessener
Weise veröffentlichten oder solche, deren
Herausgabe bevorsteht oder auch aus irgendwelchen
Gründen besser gesondert erfolgt. Ähnlich ist mit den
schon publizierten Texten fremder Sammlungen verfahren
worden.

Bei den einzelnen Legenden wird zunächst angegeben,
wo sich die in Frage kommenden Bruchstücke befinden.
Neben den Bibliotheken (außer Wien vor allem Paris,
London, Oxford, Kairo) erscheint immer wieder G. Zoegas
Catalogus codicum Copticorum manu scriptoruni
von 1810. Es folgt eine Beschreibung der Wiener Fragmente
, die unserem Verf. ja allein im Original vorgelegen
haben. Von einer Bestimmung ihres Alters mußte abgesehen
werden, da keine Anhaltspunkte von überzeugender
Durchschlagskraft zu gewinnen waren.

T. äußert sich (II 184) besorgt darüber, man möchte
die Darbietung von Texten ohne sehr viel weitergehende
sachliche Bearbeitung und Ausnützung da und dort beanstanden
. Ich glaube, er sieht zu schwarz. Es bleibt
sein unbestreitbares Verdienst, diese Texte aus der Verborgenheit
, zu der sie das Fehlen eines Katalogs verurteilt
hatte, ans Licht gebracht und sie — vorab durch die
Übersetzung — der wissenschaftlichen Forschung zugänglich
gemacht zu haben. Wer mehr über sie zu wisseil
begehrt, wird sich entschließen müssen, selbst in eine
Untersuchung einzutreten. Den Weg hat T. ihm gebahnt.
Göttingen._W. Bauer.

Herrmann, D. Rudolf: Thüringische Kirchengeschichte. Bd. I.
Jena: Frommannsche Bchh. 1937. (VIII, 314 S.) Lex. 8°. RM 4—.
Bereits in den Jahren 1880 bis 1882, als Thüringen
noch das Gebiet der vielen Kleinstaaten war, hat der
Pfarrer Hermann Gebhardt eine dreibändige Thüringische
Kirchengeschichte veröffentlicht. Ansprechend geschrieben
, wollte sie kein eigentlich wissenschaftliches
Werk sein, wie sie denn auch auf alle Quellen- und Literaturangaben
verzichtete. Es wird darum von der Terri-
torialkirchengeschichtsforschung freudig begrüßt werden,
daß D. Rudolf Herrmann, dem die Thüringische Kirchengeschichte
schon manche Förderung verdankt, an eine
neue Bearbeitung des Stoffs gegangen ist, in der die inzwischen
neu erarbeiteten Ergebnisse der Forschung benutzt
sind und den wissenschaftlichen Forderungen Rechnung
getragen wird. Der das Mittelalter behandelnde
erste Band liegt hier vor. Herrmann gliedert den Stoff
in 7 Abschnitte: Die Anfänge, Bonifatius, die dunklen
Jahrhunderte ca. 750—1050, die Thüringische Kirche
im Kampf der Gewalten ca. 1050—1190, die Christianisierung
des Sorbenlandes, die Thüringische Kirche im
Hochmittelalter ca. 1190—1350, die Thüringische Kirche
im späten Mittelalter und vor der Reformation. Ans
der Menge der berührten Fragen und Gegenstände
seien nur einige, die in dem Band besondere Beachtung
gefunden haben, zur Kennzeichnung hervorgehoben. Da
wird zunächst den Anfängen der Christianisierung Thüringens
mit Sorgfalt nachgegangen. Mit vorsichtigem