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Ausgabe:

1938 Nr. 3

Spalte:

51-52

Titel/Untertitel:

Dictionnaire de Spiritualité, Ascétique et Mystique; Fasc. 3 1938

Rezensent:

Völker, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 3.

52

ganze Gedankenwelt von A. ein mit sehr reichlichen Zitaten
aus ihm und gelegentlicher Auseinandersetzung mit
zeitgenössischen Augustinstudien. Die ganze Problematik
einer theologisch gefärbten Geschichtsphilosophie kann
einem dabei deutlich werden; in der sehr uneinheitlichen
Darstellung, „wie sie A. gibt, kommt einem immer wieder
die Frage, wo redet der Theologe, der Neuplatoniker,
der von den Ereignissen überwältigte Zeitgenosse" ? Stark
tritt in der Darstellung Fricks der Gegensatz gegen die
reformatorische Frömmigkeit hervor. Bei dem Zitat von
Heinr. Barth „daß die Ontotogie des Guten und Bösen,
die iiinter Augustins ganzer Lehre steht, bei all ihrer
Wahrheit am Leben selbst vorübergeht", mag einem wohl
der Gedanke kommen, ob das nicht weithin von den aus
mancherlei Quellen geflossenen Augustinischen Darlegungen
überhaupt gilt. Der bekannte Missionsmann und
Islamkenner Gottfried Simon behandelt eingehend
Reformbewegungen im Islam, seine Darlegungen
führen auf die verschiedensten Gebiete und zu den
für den modernen Islam bedeutungsvollen Männern des
vergangenen und dieses Jahrhunderts; er zeigt,, wie der
moderne Islam in der Tat eine complexio oppositorum
ist, und warnt vor optimistischer Deutung für die christliche
Mission. Der bisherige Leiter der Schule W i 1 h e 1 m
Brandt gibt unter der Überschrift, Sendung, Wort
Gottes und Gemeinde ein wertvolles Missionsbibelstudium
über den Galaterbrief in besonderer Beziehung
zu den Gegenwartsfragen der missionarischen Arbeit
. Zu einzelnen Anschauungen darin, z. B. ob wirklich
dem Apostel der Vorwurf gemacht ist, daß er die Beschneidung
predigt, Stellung zu nehmen, geht über den
Rahmen dieser Besprechung hinaus. Nachrichten aus der
Theol. Schule Bethel machen den Beschluß des wertvollen
Bandes.

Halle/S._Wilhelm Usener.

Dictionnaire de Spiritualite, Asc6tique et Mystique. Doctrine
et histoire. Publik sous la direction de Marcel Viller, S. J., assiste
de F. Cavallera et J. de Quibert, S. J., avec le concours d'un
grand nombre de collaborateurs. Fase. 3: Anglaise (Spiritualite) —
Ascese, Ascetisme. Paris: Q. Beauchesnc 1934. (Sp. 641—960). Lex. 8°.

Verglichen mit den beiden ersten Lieferungen enthält
die dritte vorwiegend historische Artikel, die im allgemeinen
von ersten Sachkennern bearbeitet und darum
ungemein aufschlußreich sind. Aus ihrer Zahl möchte
ich besonders Apatheia (S. 727—746, G. Bardy), Aphraate
(S. 746—752, J. Hausherr, S. J.), Apocryphes ä tendance
encratite (S. 752—765, G. Bardy), Armenienne (S. 863
bis 876, J. Hausherr, S. J.) hervorheben. Von den
mehr systematischen Beiträgen seien vor allem erwähnt
Apostolat et vie interieure (S. 774—790, F. Gutta/.;
feinsinnige Verhältnisbestimmung von vita activa und
contemplativa), Application des sens (S. 810—828, J.
Marechal, S. J.). Fast 100 kleinere Artikel bieten kurze
biographische Abrisse von mehr oder weniger bekannten
mystischen Persönlichkeiten.

Unbefriedigend ist der zusammenfassende Artikel
Anglaise (Spiritualite), S. 641—659 (F. Vernet), weil
Verfasser sich mit dem Aufzählen von Namen begnügt,
wobei die Ordenszugehörigkeit das Einteilungsprinzip bildet
, und weil die Literaturangaben unzureichend sind.
So werden z. B. die Editionen von Ev. Underhill nicht
erwähnt [sie finden sich in einem anderen Artikel (S.
665), aber nicht vollständig (es fehlt Mirror of Simple
Souls, London 1911) und ohne Angabe des Erscheinungsjahres
]. Bald werden neuere englische Ausgaben angegeben
, bald nur neuere französische Übersetzungen (z. B.
bei W. Hilton, S. 641), teils werden die Titel der mystischen
Traktate im Original zitiert, teils in Übersetzung.
Ein Bild von der inneren Entwicklung der englischen Mystik
kann dieser Beitrag nicht vermitteln, dazu ist alles
zu äußerlich behandelt, alles nur nebeneinandergestellt.

Auch sonst findet sich manches, was angreifbar ist.
Protestantische Literatur wird nur spärlich herangezogen;
sie fehlt zuweilen selbst da, wo ein Erwähnen notwendig
gewesen wäre. So kann ich es nicht verstehen, wie man

über G. Arnold schreibt, ohne E. Seebergs grundlegende
Monographie zu berücksichtigen (S. 890f.); bei Anselm
hätte man K. Barths Buch nicht zu übergehen brauchen
(S. 696). Warum wird bei der Ars moriendi nicht
darauf hingewiesen, daß auch Luther ein Sterbebüchlein
geschrieben hat (S. 898)?

Treffende Worte findet G. Bardy gegen Reitzenstein-
Boussets religionsgeschichtliche Methode (S. 760), und
auch J. Lebretons Artikel Apostoliques (Peres), S. 790
bis 796, steht, wie nicht anders zu erwarten, auf der
Höhe der Forschung. Verf. bucht gewissenhaft alle wich-

; tige (auch protestantische) Literatur und besitzt einen
feinen Spürsinn für die ,doctrine spirituelle' (S. 791 ff.)
dieser Schriften, die man in der Regel immer nach anderen
Gesichtspunkten durchforscht hat. Sein Urteil über

j den I. Clemens-Brief kann ich mir jedoch nicht zu eigen

i machen („une lettre pontificale, . . . qui impose une

! sentence decisive". S. 790).

Bei den gelegentlichen Ausführungen über Philo sind manche Un-

genauigkeiten unterlaufen. So ist Breliiers grundlegendes Werk 1925
I in der 2. Aufl. erschienen (S. 72S wird die 1. Aufl. zitiert). Philo ist auch
j nicht ohne weiteres als Vertreter der djidcOeia zu würdigen, weil seine

Haltung schwankend ist. Weist er doch auch der |ietqio:t:(H>eiu beim
, Vollkommenen einen gewissen Spielraum zu. Geradezu dürftig sind die
i Bemerkungen über Philos Stellung zur fioxi)OI4 (S. 940), außerdem gibt

gerade hier der Abdruck griechischer Worte zu vielen Klagen Anlall

(S. 939—941, 954).

Aber es wäre ungerecht, wollte man sich darauf be-
j schränken nur an Kleinigkeiten herumzunörgeln, so ge-
| wiß es auch zu den Pflichten des Rezensenten gehört,
Angaben auf ihm vertrauten Gebieten eingehend auf ihre
Zuverlässigkeit hin zu prüfen. Mag auch vieles im ein-
i zelnen zu beanstanden sein (meine früheren Bemerkungen
in Th. L.Z. 1935, Sp. 382—384; 1936, Sp. 423—425
J gelten weithin auch für diese Lieferung), mag uns auch
! die breite Arbeitsweise, die sich oft nur mit dem Regi-
I striereri begnügt, fremdartig anmuten, so darf doch an-
i dererseits nicht verkannt werden, daß sich in vorliegen-
I dem Hefte Beiträge finden, die bei voller Stoffbeherr-
, schung und tiefem Einfühlungsvermögen eine wesentliche
j Bereicherung unserer Erkenntnisse bedeuten und weitere
Forschungen anregen werden. Besonders dankbar wird
man die oft reichen Literaturangaben französischer Werke
und Aufsätze begrüßen, denen man sonst nicht begegnet.
So wird das Lexikon, je weiter es fortschreitet, ein immer
i unentbehrlicheres Hilfsmittel für den bilden, der sich
ernstlich mit Fragen der Mystik beschäftigt.

Halle a. S. Walther Völker.

Martin, Joseph, Dr.: Die Theologie des heiligen Franz von
Sales, Kirchenlehrer. Kritische Untersuchung. Kottenburg a. Neckar:
Bader'sche Verlagsbuchhandlung 1934. (93 S.) 8°.

Mau erwartet eine Darstellung der Theologie des
t FvS und liest statt dessen eine breit geschriebene Abhandlung
über die Frage, ob man FvS überhaupt einen
Theologen nennen dürfe. Lehrreich für die Wertung
: dieser Studie ist gleich die Problemstellung. Da FvS
! 1877 durch päpstliches Dekret zum Range eines Kirchen-
- lehrers erhoben ist, so besitzt er also „ein außerordentliches
Wissen" (S. 10). Verf. will nur zeigen, daß er
auch ein „theologisches Lehrgebäude" (S. 10) sein eigen
genannt habe, ein „theologisches System" (S. 37).

In einem einleitenden Kapitel (S. 18—36) bemüht sich
Verf., „das Wesen eines Systems" mit den Mitteln scholastischer
Gelehrsamkeit zu bestimmen. Da seine Schrift
nur einen Auszug aus einer Dissertation darstellt, wobei
manche Abschnitte gestrichen sind, wäre es m. E. angebrachter
gewesen, hier nur das Resultat der weitläufigen
Untersuchungen mitzuteilen. Stehen diese doch mit dem
j Folgendem in keinem Zusammenhang.

Erst auf S. 36 beginnt Verf. mit dem eigentlichen
Thema und durchmustert zunächst die Schriften des
FvS auf ihre Tendenz hin, wobei er feststellt, daß nur
der ,Traite de l'amour de Dieu' für seine Fragestellung
in Betracht kommt. Bei dieser allgemeinen Charakteristik
' der einzelnen Traktate ist der Anschluß an Bremonds