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Ausgabe:

1938

Spalte:

420

Autor/Hrsg.:

Nielen, Josef Maria

Titel/Untertitel:

Gebet und Gottesdienst im Neuen Testament 1938

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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41!)

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 23.

420

diesem Gebiet stattgefunden. Aufgabe der Sonderforschung
ist im Rahmen der Allgemeinheit des Stoffes die
Eigenart der Weisheitsliteratur der einzelnen antiken
Völker zu schildern.

Z. beschreibt, was Kohelet, den er ins 3. Jahrh. v. Chr.
ansetzt, gemeinsam mit der älteren Spruchdichtung hat,
und was ihn von ihr unterscheidet. Letzteres ist natürlich
der ausgesprochene Pessimismus: Alles ist eitel! Die ganze
Welt und mit ihr der Mensch ist in ein unabänderliches
und darum langweiliges Geschehen eingestellt
(Apg. 17,21). Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Resignation ist, was dem Menschen übrig bleibt (Ps. 90,
12). Genieße die kleinen Freuden, wie sie dir grade der
Tag beschert und denke schon früh an den Tod. 12, 1
ist mir der Vorschlag Z.s (S. 40) plausibel -jtom von
der Grube d.i. der Unterwelt zu verstehen. Die Knechtsseligkeit
des Semiten hält den Kohelet zurück dem gestrengen
Herrn der Welt davonzulaufen. Gott ist dem
Menschen unerkennbar. Eine große Kluft trennt beide.
Gott ist im Himmel und du bist auf Erden 5, 1 (S. 31).
Das Schlußurteil Z.s über Kohelet wird stimmen: Man
darf ihn nicht zu einem Frommen machen, „der auf dem
Weg der biblischen Glaubensmenschen geht", br ist
aber „ein unverdächtiger Zeuge für die ausweglose Ver-
lorenheit einer beim Menschen verharrenden Lebensweisheit
" (S. 41). Auch darin wird der Verf. recht haben,
daß der Pessimismus Koh.s eine Folge der allgemeinen
Berührung des jüdischen mit dem griechischen Geist ist
(S. 28). Mit der vorliegenden Studie, die gekürzt als Antrittsvorlesung
an der Universität Zürich diente, führt
sich Zimmerli gut bei der alttestamentlich interessierten
Leserwelt ein.
Neckargemünd b. Heidelberg._Georg Beer.

Schlatter, D. Dr. A.: Petrus und Paulus nach dem ersten
Petrusbrief. Stuttgart: Calwer Vereinsbuchhdlg. 1937. (184 S) 8°.

RM 5.50 ; geb. 7 - .

Wiederum liegt ein neuer Kommentar von Schlatter
vor, eine Erläuterung des 1. Petrusbr Man liest ihn,
besonders in den erklärenden Abschnitten mit viel Freude,
Gewinn und Zustimmung. Mit der Auslegung verbindet
Schi, nun jedoch noch die weitere, im Titel des Buches
schon angedeutete Frage nach dem Verhältnis zwischen
Petrus und Paulus. Er stellt, wie nicht anders möglich,
eine enge Beziehung zwischen 1. Petr. und den Paulusbriefen
, bes. Rom. fest. Freilich, eine literarische Benutzung
des einen Briefes durch den anderen sei nicht
nachzuweisen. Die einzige Erklärung, die sich dann
nur noch für die nachgewiesene Gemeinschaft bietet, ist
die einer engen Gemeinschaft zwischen beiden Aposteln;
denn daß 1. Petr. vom Herrnjünger Petrus herstammt,
ist für ihn sicher; andere Ansichten werden im Kommentar
mehrfach abgewiesen. Nun ist die These von der
engen Gemeinschaft der beiden großen Apostel aber nicht
leicht durchzuführen, besonders Gal. 2,11 ff. scheint ihr
zu widersprechen; aber Schlatter wird auch mit dieser
Stelle fertig, indem er ausführt, wie Petrus hier in. Antiochien
„begriff, warum durch das Evangelium des Paulus
das Judentum sogar von den jüdischen Christen abfiel
und noch viel weniger in den Griechen jüdische Neigungen
entstanden" (S. 44; vgl. auch S. 24). Ich
will mit dieser Deutung hier nicht streiten; nur das
Eine: entspricht das sehr helle und lichte Bild der
Einigkeit in der Urchristenheit, wie es Schlatter entwirft,
der Wirklichkeit? Auch wenn man Petrus nicht als
judenchristlichen Gesetzeslehrer beurteilt, was Schlatt«-
mit Recht ablehnt, — ein Gegensatz zwischen Paulus und
Petrus hat bestanden. Und die Gemeinsamkeit zwischen
Petrus und Paulus auf Grund des 1. Petr. nachzuweisen,
scheint mir nicht möglich.

Aber letzthin entscheiden ja nicht die Echtheitsfragen
über den Inhalt der neutestarnentlichen Schriften; daß wir
durch die Wörter zum Wort durchdringen, ist das dringendste
Anliegen; und da hilft auch dieser Kommentar
Schlatters uns weiter. Dafür danken wir ihm.

Riga. H. Seesemann.

I N i e 1 e n , Dr. theol. Josef Maria: Gebet und Gottesdienst im Neuen
Testament. Eine Studie zur biblischen Liturgie und Ethik. Freiburg
| i. B.: Herder & Co. 1937. (XXIV, 356 S.) gr. 8°. RM 7.60 ; geb. 9-.

Ich war zunächst überrascht, daß dem Gebete und
Gottesdienste im Neuen Testamente ein so umfangreiches

I Werk gewidmet wird. Ich vermutete, daß der Vf. in

I das Gebiet der vergleichenden Religionsgeschichte geht
und weit ausholt. Aber das ist nur wenig der Fall. Die

i Ausführlichkeit entstand vor allem dadurch, daß eingehende
Berichte über die bisherige Forschung (auch
die evangelische) gegeben werden, oft mit wörtlichen
Anführungen. Das ist die Stärke des Buches. Der Vf.

i geht so weit, daß er sogar dort, wo er eine fremde An-

| schauung bekämpft, sich zuweilen von anderen Gelehrten
vertreten läßt (S. 249 Anm.). Die Schranke der neuen

j Untersuchung erblicke ich darin, daß die religionsge-

j schichtlichen Quellen nicht neu und selbständig durchgearbeitet
wurden, auch nicht dort, wo die Forschung der

i letzten Zeit nachdrücklich auf wichtige Tatbestände hinwies
(so habe ich im Namenverzeichnisse Erik Peterson

j vergebens gesucht).

Von hier aus ergeben sich die grundsätzlichen Fehler,

I die ich an der Darstellung des Vf.s zu erkennen glaube.
Er sieht im Neuen Testamente überall dasselbe. Jesus,
das Judenchristentum, älteres und jüngeres Griechenchri-

| stentum werden kaum unterschieden. Dadurch wird erstens
das Verhältnis zwischen Judentum und Urchristentum
undeutlich. So wird die Frage kaum gesehen, die
das Alte Testament für die frühen Paulusgemeinden
bedeutet (S. 180). Zweitens beachtet der Vf. das Ver-

| hältnis des Urchristentums zum Griechentume zu wenig.

! Es ist bequem, zu sagen: „Daß das Judentum — und

j das von ihm beeinflußte junge Christentum — bewußt
gottesdienstliche Entlehnungen aus dem Heidentum mit

| seinem Gottesdienste verband, ist bei seiner ganzen Einstellung
nicht zu erwarten" (S. 88). Wer die Dinge wirklich
kennt, urteilt anders oder mindestens sehr viel vor-

j sichtiger. Der Vf. kann beispielshalber über Eph. 5, 14
des Längeren reden (S. 218), weist aber nicht auf Ari-
stophanes' Frösche 340ff. hin: so entgeht ihm natürlich
, daß hier ain Zusammenhang mit den Mysterien
von Eleuchis im Bereiche der Möglichkeit liegt usw.
Ausdrücklich verwahre ich mich dagegen, daß ich

i dem Vf. aus seinem katholischen Glauben einen Vorwurf

! mache. Aber ich meine: das vorliegende Buch sähe wesentlich
anders aus, wenn es etwas vom Geiste Franz

! Joseph Dölgers berührt wäre.

Dankbar hebe ich hervor, daß ich von dem fleißigen
Vf. in manchen Einzelheiten gern gelernt habe oder mich
anregen ließ. Die Tempelfrömmigkeit der Kindheitsge-

j schichten des Lukas wird gut dargestellt (S. 84 f.). Die

I Stellung der Frau im Gottesdienste wird zunächst (S.

| 287ff.; anders S. 295) durchaus nach den Quellen ge-

; schildert usw.

Großpösna b. Leipzig. J. Lei pol dt.

i -—--_

Schmidt, Univ.-Prof. i. R. D. Kurt Dietrich: Karl der Große und
Widukind. Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Sachsenfrage.
Bielefeld: Velhagen & Klasing 1936. (IV, 56 S., 4 Abb.) 8° = Latei-
I nische und griechische Lesehefte. Hrsg. von Dr. H. Schaal und Dr.
P. Sparmberg. Nr. 31. RM 0.70.

In einer Zeit, in der Karl der Große und die Sachsen-
I kriege so heiß umstritten sind, ist es höchst dankenswert,
i wenn das ziemlich zerstreute Quellenmaterial für diese
Frage jedem, der sich ein eigenes, wohlbegründetes Ur-
j teil darüber bilden möchte, bequem zugänglich gemacht
j wird. Dieser Aufgabe dient das vorliegende Heft. Nicht
um die Persönlichkeiten des Frankenkönigs und seines
I Gegenspielers, des westfälischen Edelings Widukind, der
| nur durch wenige Jahre (777—785) im hellen Lichte
I der Geschichte steht, handelt es sich dabei, sondern um
die geschichtlichen Mächte, die in ihnen zusammenprallten
und zuletzt zusammenwuchsen. In sieben Abteilungen
(1. Krieg und Mission vor Karl d. Gr. 2. Sächsische
Staatseinrichtungen. 3. Die Person Karls d. Gr. 4. Der
Sachsenkrieg. 5. Die Sachsenmission. 6. Briefe von Zeit-