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Ausgabe:

1938 Nr. 23

Spalte:

415-418

Autor/Hrsg.:

Rudolph, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Der "Elohist" von Exodus bis Josua 1938

Rezensent:

Humbert, Paul

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415 Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 23. 416

johanneischen Logosbegriffes hinaus den tiefen Unter- i und Widersprüche auf traditionsgeschichtlichem Wege zu

schied zwischen altorientalischer Worttheologie und grie- j lösen seien (vgl. S. 7).

chischer Logosidee immer im Auge behält. So wird, | So gliedert Rudolph manche Stücke dem Jahwisten
offenbar mit Recht, im Anschluß namentlich an W. F. ; ein, die gewöhnlich für elohistisch galten (z. B. aber
Albright, die eine Zeit lang beliebte Erklärung des j ohne auf die einzelnen Verse einzugehen, Ex. 2, 1—10
akkadischen mummu als „Form, Gestalt, intelligible : Moses Jugend; Ex. 17, 8ff. die Schlacht gegen Amaleq;
Welt" oder ähnlich abgelehnt und — mit allem Vorbe- Ex. 18,1—27 Jethros Besuch; Ex. 24,9—11 der Bun-
halt — durch seine in ganz andere Richtung führende '■ desschluß; Num. 10,33. 35. 36 der Aufbruch vom Sinai;
Auffassung als „Herr" ersetzt (S. 129—134), und eben- Num. 14,39—45 die Niederlage von Horma; Num. 20,
so einleuchtend wird unter Zurückweisung der Gleich- 14—21 Edoms Umgehung; Num. 21, 10—20 das Iti-
setzung des ägyptischen Thoth mit dem Logos der grie- , nerar des Zuges durch Transjordanien; Num. 22—24*
einsehen Stoa dargelegt, wie Thoth, von Haus aus ein ' Balaams Geschichte; Num. 25,1—5 Götzendienst in Sit-
im Delta als Ibis verehrter Gott, sekundär zum Träger : tim; und besonders der größte Teil des elohistischen
des göttlichen Wortes geworden ist (S. 134—142). Bei | Berichtes über die Eroberung Kanaans in Jos. 2—11).
aller Anerkennung dieser Grundlinie seiner Arbeit wird i Während man seit Eduard Meyer in Jud. I in der Haupt-
man aber doch fragen müssen, ob der Verfasser den sache J am Werke sah, sucht Rudolph dagegen zu beVertretern
einer anderen Auffassung wie W. Bousset weisen, daß dies Stück vorjahwistischen Ursprungs sei.
S. 167 wirklich ganz gerecht wird. : Wenn man diese Elemente, sowie die P-Stücke, ausson-
Halle/Saale. Otto Ei ß fei dt. j dert, SO bleibt nun ein bedeutsames Residuum von Ver-
Rudolph, Wilhelm: Der „Elohist von Exodus bis Josua«. sen, welche im allgemeinen als E angehörig angesehen
Berlin: Töpeimann 1938. (vni, 282 s.) gr. 8° = Beihefte zur Zeit- ! werden, die aber durch Rudolph zu literarisch urizusam-
schr. für die aittestamentliche Wissenschaft 68. RM 18-. j menhangenden Hinzufugungen herabgesetzt werden, die
Hatten in „Der Elohist, ein Irrweg der Pentateuch- 1 J '"i Laufe der Jahrhunderte bekommen hätte,
kritik?" (1933), Paul Volz und Wilhelm Rudolph das Senr verschiedenartig sind diese Zusätze: Glossen
Vorhandensein der sog. elohistischen Erzählung in der 1 vont *<P> die einen Ausgleich zwischen P und J her

Genesis in Zweifel gezogen, so dehnt Rudolph im vorlie
genden Werke dieselbe These auf den Rest des Hexastellen
wollen; Zusätze der Deuteronomiker, welche
anstößige Stücke der älteren Erzählung (Jos. 2 und 24)

teuchs aus, prägt sie aber viel schärfer aus, indem er auszuschalten suchten; als Zusatz wäre auch die Erzäb

jetzt entschieden keine E-Quelle mehr annimmt. Ru
dolph's gegenwärtiges Buch zielt also darauf, die, durch
das Studium der Genesis schon skizzierte Beweisführung,

lung vom goldenen Kalbe zu betrachten, welche die Be«
deutung Josuas und des 6 h e 1 m o'e d unterstreicht
(Ex. 24,12—15. 18b; 32'; 33,3b—11; Num. ll,14ff.;

zu vervollständigen und zu erhärten, und, mit einem um- < 12, 2ff.; Deut. 31, 1. 2. 7. 8. 14. 15. 23; Jos. 1,1. 2.

stürzenden Radikalismus, verficht der Verfasser, daß der : 5b. 6; 3,7. 8—13; 4,14; 6,10. 27), und stellenweise

Elohist als literarische und zusammenhängende Quelle ; gegen den Jahwisten polemisiert (Deut. 31,2; Num.

aus der Pentateuchkritik nun endlich scheiden sollte. ! H 14ff.; Ex. 33,3 bff.): alle jene Stücke werden dem-

Auch auf wissenschaftlichem Gebiete geziemt es, dem- i selben Verfasser zugeschrieben, dem Elohisten aber abge-

jenigen dankbar zu sein, der uns aus dogmatischem j sprechen, weil hier „Elohim" nicht wie in den ähnlichen

Schlafe weckt und uns zwingt, die allgemein als gültig I polemischen oder apologetischen Stellen der Genesis geerklärten
Lösungen einer erneuten Probe zu unterwerfen
. Rudolph's Unternehmen müssen wir also, weil es
uns zur Aufgabe stellt, die Grundlagen der Vierquellentheorie
neu und ohne Voreingenommenheit zu revidie

braucht wird. Als Zusätze gelten auch poetische oder
prosaische Bereicherungen der älteren Darstellung (z. B.
Ex. 15, 1 — 19; Num. 24,20—24; Deut. 33; Ex. 10, 20
23; Jos. 4,1bff.; 10, 16 ff.; 17,14—18); Glossen,

ren, willkommen heißen. Sein Buch zeichnet sich außer- ' die der religiösen Vertiefung dienen (z.B. Ex. 3,12*.
dem durch scharfen kritischen Sinn, geschickte und bün- j 19—22; 4,21—23; 19, 3 b—8; 32,7—14; Num. 14, 11
dige Analyse, sowie durch weite und ausschöpfende Ge- | —21 usw.) oder den Text in gewissen Punkten erläu-
lehrsamkeit aus, und es muß fortan als ein Hauptbeitrag i tern wollen (z.B. Ex. 13,17. 18; 19,21—24; 33,18

zur Pentateuchkritik gelten

Vom formalen Gesichtspunkte aus, ist doch an Rudolph
's Buch ein gewisser Mangel an Durchsichtigkeit zu

23); endlich Einschübe aus parallelen oder verwandten
Stellen (z. B. Ex. 16,6—8. 13 a aus Num. 11;
Jos. 5,15 aus Ex. 3, 5).

tadeln. Ein Buch ist ein Kunstwerk mit seinen syntheti- Also wäre der Hexateuch mit allerlei Zusätzen verschen
Erfordernissen, und die analytischen Ergebnisse webt, die sich aber niemals auf einen Generalnenner
hätten klarer und eindrucksvoller verarbeitet werden müs- ' bringen ließen und keine einheitliche Leistung eines eiin-
sen; namentlich hat der Verfasser die gegen die gewöhn- zigen Geistes darstellen (vgl. S. 262). Seiner Ergän-
liche Urkundentheorie verwendeten Beweisgründe sowie i zungshypothese gemäß, zerbricht also Rudolph die elohi-
die Hauptschlußfolgerungen seiner eigenen Arbeit nicht j stische Quelle in tausend kleine Kristalle ohne jede lite-
zusammenfassend genug dargestellt und die Füllender i rarische Einheit.

Analyse verdeckt öfters den Gedankengang. . Es würde sich natürlich der Mühe lohnen, sich mit

"Tm Grunde genommen, verteidigt Rudolph eine Rück- i Rudolph in eine Detailserörterung einzulassen, aber die

kehr zur Ergänzungshypothese, von der die gegenwärtige ! Grenzen dieser Besprechung erlauben uns nur einige

Kritik schon manche Anzeichen lieferte (vgl. schon Sei- ' allgemeine Betrachtungen.

liu, Einl. 6. A., 1933, S. 61) und die, nach Eißfeldt selber, j 1. Indem Rudolph ebensowohl die Ideologie des Jah-

zur wenigstens relativen Notwendigkeit geworden ist I wisten als auch die außerordentliche Ungleichheit der

(DLZ, 1934; Sp. 1305). Bei Rudolph gewinnt näm- ! von diesem Schriftsteller zusammengearbeiteten Tradi-

lich J vielfach an Wichtigkeit, sowohl als originaler
Erzähler und theologischer Denker, wie als Sammler
von verschiedenartigen Traditionen. Gegen Volz behauptet
er, daß wir bei P mit einer wirklichen Quellenschrift
zu tun haben, und gegen von Rad, daß P nicht aus zwei
parallelen Darstellungen zusammengearbeitet ist. Dagegen
verflüchtigt er restlos die E-Quelle, von welcher er
manches Element zu J schlägt, und das Übrige zu
ungereimten Zusätzen zersetzt, die von verschiedenen
und mehr oder minder späten Händen der jahwistischen

tionen aufrechterhält, betont er unwillkürlich die Unebenheit
dieser Grundquelle bis zur logischen Zusamuien-
hangslosigkeit. Dies sei an einem sehr charakteristischen
Beispiele gezeigt: hätte J selber seiner eigenen Erzählung
eine Überlieferung wie Ex. 3,13. 14 b eingegliedert,
und wußte er eben durch diese Tradition, daß der Name
„Jahwe" vor Mose unbekannt blieb, wie hätte er vorher
(Gen. 4, 26) die These verteidigen mögen, daß man schon
seit Enosch den Namen Jahwes anzurufen begann? Eine
so deutliche Äußerung schließt unzweideutig aus, daß J

Grundschrift beigefügt wurden. Was die, Methode be- ' die entgegengesetzte These (Ex. 3,13. 14 b) hätte an"
trifft, so befürwortet er vor allem, daß die Unebenheiten | nehmen können. Der Widerspruch zwischen so bestimm