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Ausgabe:

1938 Nr. 22

Spalte:

408

Autor/Hrsg.:

Seidel, Heinrich Wolfgang

Titel/Untertitel:

Das Unvergängliche 1938

Rezensent:

Vorwahl, Heinrich

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Seite 1

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407 Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 22. 408

das Andere: Über dem Gang zu den Vätern der großen
Schicksalsmysterien dürfen wir den Gang zu den Müttern
echter Naturmysterien nicht vergessen, um aus beidem
zusammen wieder den Glauben zu leben, der in der Liebe
tätig ist. — (Vgl. dazu auch Konrad Guenther, Deutsches
Naturerleben und vom selben Verfasser: „Natur als
Offenbarung"; Verlag Steinkopf, Stuttgart).

Kleinfreden/Hannover._M. Nöldeke.

Meißner, Pfarrer Dr. Martin: Henrik Steffens als Religionsphilosoph
. Breslau 1: Maruschke & Berendt 1936. (VIII, 76 S.)
Er 8° RM 2.50.

läge der idealistischen Geisteshaltung abgeleitet und erhärtet
. Hier steht uns St. verhältnismäßig am fernsten,
was nicht hindert, das Ja herauszuhören, daß er zum
Glauben des neuen Testamentes gesprochen hat.

Dem Verfasser aber danken wir, daß er uns dieses
Glaubenszeugnis aus Deutschlands großen Tagen in
der Erhebungszeit nahe gebracht hat.

Lanz (Westprignitz)._Kurt Kesseler.

Seidel, Heinrich Wolfgang: Das Unvergängliche. Erlebnis und
Besinnung. München: R. Piper & Co. 1937. (212 S.) RM 3.50; geb. 4.50.

H. W. Seidel, der Gatte Ina Seidels, hat lange Jahre

In einer Zeit, die aufs stärkste die Diastase von ; als pfarrer gewirkt und zieht in diesem Buche das Fazit
evangelischer Botschaft und menschlicher Kultur emptm- : seines religiösen Erlebens, indem er versucht, das Un-
det, ist es sicher von Wert, wenn an einem eindrucksvol- j vergängliche in seiner irdischen Verhüllung darzustellen,
len Beispiel gezeigt wird, wie enge unsern Vätern Chn- ; An seiner Begegnung mit einem Geistlichen, der kurz
stenglaube und Kultur mit einander verknüpft gewesen - vor Pfingst€n zur Bibliothek eilte, um sich noch rasch
sind. Es mag einen dann eine stille Sehnsucht nach uber den Heiligen Geist zu orientieren, macht er an-
dieser Welt des Friedens uiid der Harmonie ergreifen | schaulich, wo er die unzulängliche Form sieht. Ihm ist
und ein Hoffen auf das Ende der Wege Gottes. Die der Beweis der religiösen Erfahrung der einzig überGedankenwelt
von Henrik Steffens führt uns in diese j zeUgende, und Erlebnisse wie das mit dem alten Bodel-
Zusammenhänge. ... ,. ,• ! schwingh, der von einem Kranken ins Gesicht geschlagen

Er ist ganz vom Geiste des deutschen Idealismus , zu den Pflegern nur sagte: „Wir haben den Bruder noch
geprägt. Dieser Norweger war Fuhrer in der deut- j nicht genug geliebt!", legen nach ihm mehr als alle
sehen Freiheitsbewegung 1813, er war Deuter und Gottesbeweise Zeugnis von der Weltdurchdringung der
Künder der deutschen Seele: sie ist ihm zur Andacht | Gottheit ab. Wenn Seidel dem Leser von heute die
geneigt und auf tiefe Innerlichkeit angelegt. Damm ; ßibel als Erzählungsbuch nahebringt, das in seiner Kunst
sciieint ihm Deutschland berufen, „den Alittelpunkt aller i und Lebensfülle unvergleichbar ist, oder über Natur,
Bildung und Gerechtigkeit in Europa zu bilden". Seiner Reisen. Ehe, Vergebung und den Sinn der christlichen
religiösen Femfuhligkeit erschließen sich dann die Fuß- Feste spricht, ist das, was er zu sagen hat, verinnerlicht
tapfen Gottes, so daß ihm die Autonomie jener Zeit und vertieft, wie es nur ein Dichter sehen kann. So stößt
in eine Theonornie mündet und ihn zu einer Religions- er überall zu jener „Wirklichkeit" vor, die Karl Röttger
Philosophie treibt, die geschichtsphilosophisches, natur- ; mjt dichterischer Kongenialität „das Unzerstörbare" ge-
wissenschafthehes und theologisches Denken ubergreift nannt hat. Wir freuen uns dieses Dichterbekenntnisses,
und überwölbt. , daß Jesus auch den kommenden Jahrtausenden etwas

Mit den Romantikern ist St. der Uberzeugung, daß m sagen haben werde, das über aller theologischen Dis-
die Geschichte nicht ein sinnloses Spiel von Kräften j kussion steht, und werden es für die Verkündigung in
ist, sondern daß ihr ein tieferer Sinn zu gründe liegt. : Schule und Haus als willkommene Gabe verwenden
Sie ist ihm Offenbarung der Liebe Gottes im Leben j können.

des Individuums und der Völker; ihr Ziel ist, daß „die Quakenbrück. H.Vorwahl.
Welt Tat Gottes werde". So ist sie das ewige Vorbild
der Natur, wie diese das ewige Abbild der Geschichte i
ist. Von Sendling geführt hat St. den inneren Rhythmus
der Natur erspürt, aber über Sendling hinausgehend J
hat er eine spekulative Durchleuchtung der Natur versucht
, die erst im Menschen die höchste Potenz aller individuellen
Bildung der Natur erkennt. Wie die Geschichte
von dem Willen Gottes gestaltet ist, so ist auch S
die Natur von seiner schöpferischen Macht durch- |
waltet.

So drängt die Betrachtung zur „Theologie", d. h. j
zu den Fragen nach dem Wesen und der Wahrheit der j
Religion, die in diesen Zusammenhängen das Christen- j
tum ist. Mit Schleiermacher ist St. einig darin, daß die i
Religion niemals ihren Sitz im Verstände haben kann, |
über ihn geht er mit dem Gedanken hinaus, daß sie j
nicht eine Provinz im Gemüt, sondern eine alles mensch- |
liehe Leben übergreifende universale Macht ist. Die |
Betrachtung des menschlichen Talentes, das durch Gnade !
ist, führt St. zum religiösen Apriori. Das Wesen des
religiösen Apriori, das Vorhandensein einer in der Bewußtseinssphäre
liegenden religiösen Anlage wird von 1
St. in die „Eigentümlichkeit" des Menschen, in das „Ta- I
lent" gesetzt. Dieses stellt aber eine im ganzen Bereich
der Seele auftretende Wirklichkeit dar, ohne welche
das menschliche Leben nicht zu denken ist. Damit ist
auch die Ursprünglichkeit, die Unableitbarkeit der Reli- I
gion erwiesen. „Die Religion hörte auf, eine solche zu
sein, wenn sie durch irgendeine menschliche Funktion
als aus einem andern abgeleitet erschiene". Von hier |
aus geht es dann weiter in die spezifisch christlichen
Überzeugungen (Trinität, Eschatologie, Sünde u. a.)
hinein. Auch sie werden auf der spekulativen Grund-

herausgegeben von

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üJDclt. 27 Setteil. gr. 8°. (937. KIT! 0,90

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tütberlegung. 70 Seiten, gr. 8°. (93s. ROT 1,30

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Die Quelle ber Sutbcr-Deutung Deutelmofers / Die OTe-

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Mit einer Prospektbeilage des J. C. Himichs Verlages, Leipzig C 1.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 5 November 1938.

Verantwortlich: Prof. D. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.