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Ausgabe:

1938 Nr. 22

Spalte:

400-401

Autor/Hrsg.:

Rittershaus, Ernst

Titel/Untertitel:

Die Rassenseele des deutschen Volkes 1938

Rezensent:

Vorwahl, Heinrich

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399

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 22.

400

an der richtigen Stelle einzuordnen. Gelegentlich gelingt
durch scharfsinnige Beobachtungen darüber hinaus
auch für die einzelne Handschrift eine verblüffend
genaue Bestimmung (vgl. z. B. S. 316 f.). Im vorliegenden
ersten Bande handelt es sich im Übrigen nur um die
„alten" Sammlungen, die durch die im 10. Jhd. erfolgte
Reform des Menologiums durch Symeon Metaphrastes
noch unbeeinflußt sind. Deren einschneidende Bedeutung
für die ganze Überlieferungsgeschichte ist von E.
schon vor langer Zeit dargetan worden.

Der zweite Abschnitt (II) handelt von den „alten
Jahressammlungen", die sowohl die unbewegliche
wie die bewegliche Festordnung des Kirchenjahres berücksichtigen
. Je nach der Art, wie diese beiden Teile
aneinander oder ineinander gefügt werden, lassen sich,
zunächst in den Sammlungen, die das ganze Kirchenjahr
berücksichtigen, drei verschiedene Typen herausstellen
und läßt sich ihr Altersverhältnis zueinander bestimmen.
Entsprecheride Gruppen werden dann auch in den Halb-
jahressammlungen nachgewiesen, deren zwei Bände je
6 Monate umfassen. Hier wie dort schließen sich die
italogriechischen Handschriften zu einer Sondergruppe
zusammen, die getrennt behandelt wird.

Beliebter als die Jahressammlung wurden indessen die
(von H. Dekhaye so genannten) Menologien, d. h.
Sammlungen, die die Lesungen ausschließlich für solche
Feste enthalten, die an bestimmten Tagen gefeiert wurden
. Je nach dem praktischen Bedürfnis konnten die
Menologien sehr verschiedenen Umfang besitzen, von
einbändigen Sammlungen, die nur die vornehmsten Feste
berücksichtigten, bis zu Sammlungen von 12 oder 24
Bänden. Der dritte Abschnitt gilt den alten „Jahres-
menologien" (in einem Bande oder in 3,4 oder 6 Bänden
), der vierte Abschnitt den alten „Monatsmenologien",
in denen ein Monat jeweils in einem bezw., aus technischen
Gründen geteilt, in zwei Bänden berücksichtigt
wird. Diese Monatsmenologien erreichen die größte Vollständigkeit
, indem sie zu jedem Tag ineist mehrere
Feste und mehrere Lesungen bieten. Sie bilden „dem
entsprechend die ausgiebigsten Quellen für die Gewinnung
der alten hagiographischen Texte. Damit rechtfertigt
sich auch die besondere Sorgfalt, mit der sämtliche,
auch die kleinsten, Überreste dieser Sammlungen aus der
Masse der hagiographischen Sammlungen herausgehoben
werden" (S. 439). Das Verzeichnis, die Beschreibung
und Beurteilung dieser Handschriften umfaßt den
größten Teil des ersten Bandes. (S. 438—701).

Trotzdem wird es überall deutlich, daß von der einstigen
Fülle nur noch Trümmer und Reste auf uns gekommen
sind. Vom Septembermenologiuni hat sich beispielsweise
kein einziges vollständiges Exemplar erhalten, und
für den März liegen die Dinge noch schlimmer. Hier
hilft uns E. aber mit sorgsamen Rekonstruktionsversuchen
, so gut es geht, weiter, die sich besonders
mit Hilfe des Konstantinopler Synaxars durchführen
lassen. Sie ermöglichen wenigstens den Durchschnittstypus
jedes Monats zu bestimmen; jede einzelne Handschrift
hat freilich darüber hinaus noch ihr Sondergut besessen
, sowohl an Festen wie an Texten.

Der Verf. selbst betont in seiner bescheidenen Weise
alles, was er nicht zu bieten vermochte, und erklärt sicli
für jede Verbesserung etwa unterlaufener Felder dankbar.
Sie wird in Einzelheiten natürlich möglich sein (vgl. die
Nachträge und Berichtigungen auf S. 703 ff.); aber sie
wird ebenso gewiß eben nur Einzelheiten betreffen. Als
Ganzes konnte die gewaltige Aufgabe nicht besser gelöst
werden, als es hier durch einen einzigen Mann
geschehen ist. So wird das Werk für jeden Forscher, der
sich mit hagiographischen und kultgeschichtlichen Fragen
beschäftigt, ein unentbehrliches Hülfsmittel werden
und bleibt ein dauerndes Denkmal dessen, was deutscher
Gelehrtenfleiß trotz der Behinderung durch den Krieg
und trotz mangelhafter finanzieller Unterstützung (vergl.
S. VI) vermocht hat. Möchte es in den nächsten Jahren
ohne Hemmungen seiner Vollendung entgegen gehen!

Der 2. Band des ersten Teils wird die alten Panegyriken und Ho-
I miliarien, das metaphrastische Menologium, die nachmetaphrastische und
endlich verschiedene Nebenwege der Überlieferung behandeln. Der
j II. Teil, ebenfalls in 2 Bänden, wird den ganzen Bestand an hagio-
, graphischen und homiletischen Texten näher verzeichnen mit Angabe
j ihres Anfanges und ihres Schlusses und der nach Bibliotheken geord-
I neten Handschriften, in denen sie vorliegen.

Greifswald._ H. v. Campenhausen.

| Rittershaus, Prof. Dr. Ernst: Die Rassenseele des deutschen
Volkes, ihr Wesen, ihr Wirken und ihre Geschichte im europäischen
Raum. Die Rassenfrage in gemeinverständlicher Darstellung. Halle a. S.:
Carl Marhold Verlagsbuchhandlung 1937. (116 S., 41 Abb.) 8°. RM 3.20.

Daß es tiefgreifende seelische Rassenunterschiede
gibt, ist über jeden Zweifel erhaben, aber die wissenschaftliche
Rassenpsychologie steckt noch in den allerersten
Anfängen. Darum sind alle Beiträge von Interesse
, die über E. von Eickstedts historische Übersicht
! und kritische Darlegung der Grundprobleme zur systematischen
Darstellung der psychischen Strukturiertheit
eines Volkes vorstoßen. In seinem früheren Buche
„Konstitution oder Rasse?" (München 1936) hat Rittershaus
versucht, die in Europa vorkommenden Rassen
mit den Kretschmer'schen Konstitutionstypen in Beziehung
zu bringen, indem er die nordische Gruppe aus
einer kleinleptosomen schizoiden oder zykloiden Lyng-
byrasse, einer groß-athletischen schizoiden fälischen und
einer groß-leptosomen zykloiden urnordischen Rasse her-
i vorgegangen sein läßt. Die Ergebnisse dieser Arbeit
j hier wiederholend folgt R. sonst Günther und Clauß,
versteht auch, den Stoff anschaulich und allgemeinver-
i ständlich darzustellen. In der psychologischen Methode
I vornehmlich F. L. Clauß verpflichtet, der unter Rasse
[ „nicht einen Klumpen von Eigenschaften oder Merkmalen
, sondern einen Stil des Erlebens" versteht, der
j in der Mimik wie im Glauben an Gott zum Ausdruck
komme, berührt R. auch religionsgeschichtliche Fragen,
I obwohl er auf den Zusammenhang von Rasse und Religion
nicht besonders eingehen will. Die religiöse Hal-
[ tung des urnordischen Menschen wird als Verehrung
| des Unendlichen, Ewigen und Göttlichen im Walten der
| Naturkräfte gesehen. Besonders begabte Menschen seien
später in dankbarer Verehrung als „Götter" bezeichnet
I worden, z. B. scheine Donar mit seinem Steinhammer
der Erfinder dieser Waffe zu sein, die das Volk groß gemacht
habe. Beruht nun nach R. die religiöse Einstel-
i hing des nordischen Menschen auf dem inneren Muß
wie bei Kant, so werden alle Religionskämpfe zu einer
| Auseinandersetzung zwischen nordischer und vorderasiatischer
Seele, deren Wesen im Widerstreit von „Geist"
und „Fleisch" gesehen wird. Aus der dem A. T. zuge-
schriebenen Erbsündenlehre erwachse ihr die Hoffnung
! auf den Erlöser, weshalb Clauß die vorderasiatische Seele
als „Erlösungstyp" bezeichnete.

Aber weder der abstrakte Gottesbegriff, den R. der
nordischen Seele zuschreibt, noch der Euhemerismus
bei der Deutung der Gestalt Donars oder der Götterkämpfe
mit Riesen und Zwergen als Nachklang der Auseinandersetzungen
mit den Urrassen befriedigen den Re-
ligionsgeschichtler. Kants Betonung des „radikal Bösen"
im Menschen läßt diesen Philosophen keineswegs als
J Gegensatz zum Paulinischen Dualismus geeignet erschei-
, neu; und gerade der naive Glaube an die unbegrenzte
Fortdauer des Volkes Jahves (B. Stade) hat in Israel
die messianische Hoffnung mit ihren rein irdischen und
naturhaften Gütern genährt. Die stärksten Bedenken
j gelten aber dem methodischen Prinzip selbst, weil zwi-
! sehen Clauß' Kernthese von der Stilbestimmtheit allen see-
I Lischen Seins und der Notwendigkeit des Mit- und Nacherlebens
anderer Stile ein unlösbarer Widerspruch besteht.
Wenn R. zugibt: „Beweisen kann man das alles nicht,
J nur fühlen!" (115), wird der Einwand von F. Lenz
gegen die Übernahme der phänomenologischen Methode
Husserls durch Clauß (Baur-Fischer-Lenz Bd. I, 523)
sich auch bei R. nicht abweisen lassen. Indem wir für
j den anthropologischen Teil auf H. Harassers Kritik
I (Münch, med. Woch. 1936 Nr. 48), für die Zusaim»