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Ausgabe:

1938 Nr. 1

Spalte:

22-23

Autor/Hrsg.:

Bardtke, Hans

Titel/Untertitel:

Katechetische Kinderpredigten 1938

Rezensent:

Schian, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. I.

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nannten Bundes. Es war nicht auf theoretisch-grundsätzliche
Fragen des Luthertums abgesehen, sondern in
besonderem Maß auf die Herausstellung lutherischen
Kirchentums in der Diaspora. Dieser Aufgabe dienen
eine Reihe geschichtlicher Aufsätze; so vorab der von
Werner selbst über Diasporafürsorge und Unionismus
im 17. Jahrhundert. In ihm geht es namentlich um
den „Unionismus" des Großen Kurfürsten und um das
Eintreten Herzog Emst des Frommen für eine Art lutherischen
Einigungswerks, das nicht zustande kam. Die
Formulierungen dieses Aufsatzes, wenigstens soweit es
sich um den Großen Kurfürsten handelt, scheinen mir
mehrfach, z. B. betr. Paul Gerhardt, recht vorsichtiger
Aufnahme zu bedürfen. Andere Themen sind: die Niederlande
und das Luthertum vor 1648 (Prof. I. W.
Pont in Bussum); Anfänge der Kirchenbildung bei
den Salzburgern in Georgia (Pf. Schmidt); Diaspora-
fürsorge Württembergs bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts
(Pf. Fritz); kirchenorganische Diasporapflege
der hannoveranischen Landeskirche in Südafrika (D.
Fleisch). Weiter werden besprochen — immer unter
dem Gesichtspunkt der lutherischen Diaspora —: Nordamerika
, Australien, das Wolgagebiet; die Arbeit von
Neuendettelsau, Hermannsburg, Kropp, Breklum. Unter
diesen Beiträgen sind sehr sachkundige Einzeldarstellungen
, die viel minderbekanntes kirchenkundliches Material
bieten. Besonders wertvoll ist die Darstellung des Breslauer
Oberkirchenrats (der separierten luth. Kirche) Nagel
über den Diasporacharakter der Ev.-luth. Freikirchen,
der freilich in Wirklichkeit nur die größte dieser Freikirchen
, die in Altpreußen, bespricht. Es ist voll verständlich
, daß der energisch lutherische Zug, der in
dem ganzen Buch kräftig zu spüren ist, in diesem Aufsatz
am schärfsten heraustritt; die ganze Schroffheit des
Gegensatzes gegen die Union wird immer wieder lebendig.
Trotzdem begrüßt auch der Unionsfreund, der die Leistungen
dieser abgetrennten Kirche willig und gern anerkennt
, viele wertvolle Feststellungen Nagels. Aber
es muß doch angemerkt werden, daß in den historischen
Ausführungen Üngenauigkeiten begegnen, die zu berichtigen
sind. Man kann wirklich nicht von der Zeit Johann
Sigismunds von Brandenburg an von einer „lutherischen
Landeskirche in Preußen" sprechen (S. 133f.); man kann
das noch nicht einmal um 1800 tun (S. 134). Die kirchlichen
Verhältnisse auf preußischem Gebiet lagen ja viel
verwickelter; und von „Preußen" kann man im 17.
Jahrh. überhaupt noch nicht sprechen, wenn man wesentlich
an Brandenburg denkt. — Einige Beiträge gelten
nicht einzelnen Diasporagebieten, sondern der lutherischen
Gesamtdiaspora; so der Frage der Kirche in
der Diaspora (Sc ho m erus in Braunschweig), der Bedeutung
der Diaspora für die Rechtsgestaltung in der
luth. Kirche (Prof. Liermann, Erlangen). Endlich
sind drei Aufsätze anderen Fragen gewidmet: Pröhle
in Ordenburg bespricht das Luthertum in der Krise des
Völkerlebens; Eiert, Erlangen und die lutherische
Kirche, endlich Preuß „Luther als Kommunikant";
alles sehr wertvolle Stücke. Ganz besonders hübsch
* ist P r e u ß' Studie, die nicht bloß Luther als Kommunikanten
, sondern zugleich die Formen der Kommunion
zu Luthers Zeit überhaupt zum Gegenstand hat; ein
schönes Beispiel wertvoller historischer Kleinforschung.
Breslau-Sibyllenort. M. Schian.

Ulm er, Friedrich: Predigtbuch der Lutherischen Kirche. Ein

Jahrgang Predigten über die alten Episteln. Erlangen: Martin Luther-
Verlag 1936. (579 S.) gr. 8°. Oeb. RM 9.50.
Wieder wie jetzt nicht selten eine Sammlung, diesmal
von 80 Predigten von 79 verschiedenen Verfassern.
Vorzug solcher Sammlungen ist ihre Mannigfaltigkeit
und Reichhaltigkeit; ihr Nachteil liegt darin, daß nicht
eine geschlossene Predigerpersönlichkeit zur Geltung
kommt, die man studieren und von der man lernen kann.
Das Schöne an diesem Band ist insbesondere nicht
bloß die Zusammenstimmung im lutherischen Glauben,

j auch nicht allein die Tatsache, daß Lutheraner sonst
nicht gleicher kirchlicher Haltung hier neben- und miteinander
stehen: neben sehr ausgeprägten Vertretern
konfessionellen Luthertums wie Ulmer, Werner (Erlangen
), Eiert, Hopf, (Mühlhausen Ofr.), Sasse, neben den
in scharfem Gegensatz zur Union stehenden Geistlichen
der separierten lutherischen Kirche in Preußen wie
Nagel, Zimmer u. a. doch auch Männer innerhalb der
Union wie Zöllner und Zänker. Auch daß viele deutsche
Gaue vertreten sind, erhöht die Freude am Zusammenklang
. Die lutherischen Landeskirchen stellten H. viele
hervorragende Mitarbeiter: aus Bayern noch Meiser,
Daum iiier, Eiert, Preuß, Kempff, aus Hannover Mahrahrens
, Fleisch, Ch. Schomerus, aus Sachsen Hahn, W.
Doerne, Sommerlath, aus Hamburg Schöffel, aus Thüringen
Otto usw. Wenig ist Württemberg vertreten; das
hängt doch wohl mit der Gesamthaltung des Landes
zusammen. Auch Lutheraner aus nichtdeutschen Gebieten
(Amerika, Australien, Tschechoslowakei, üster-

i reich, Holland) haben beigesteuert, doch in knapper
Zahl. Besonders erfreulich ist, daß nicht nur die Un-

i terschiede und die auch vorhandenen Gegensätze inner-

, halb des Luthertums in diesen Predigten zurücktreten,
sondern überhaupt jede konfessionelle Polemik. Auch
in Predigten zum Reformationsfest (Knolle), über die
H. Schrift und das Bekenntnis (Breit), über das Abendmahl
(Hopf) begegnet kaum oder gar nicht Kampf gegen
andere Anschauungen. Auch der Kanzelvortrag über
Luthers Katechismus, den der bekannte Katechismusforscher
Prof. Reu (Dubuque Ja) statt einer Predigt beigesteuert
hat, würdigt ihn ohne Seitenblicke ganz positiv
, übrigens auch gar nicht lehrhaft. Wo doch einmal
auf die reformierte Kirche Bezug genommen wird (so
S. 8), geschieht es ohne irgend verletzende Art. Daß
der lutherischen Kirche oft mit großer Liebe gedächt
wird, braucht kaum erwähnt zu werden. Gemeinsam
ist den Predigten auch große Zurückhaltung gegenüber
den Geschehnissen der Zeit; das Buch soll ja auch
zum Lesen und Vorlesen dienen (für Lesegottesdienste
gibt das Vorwort allerhand Ratschläge). Zwar findet
sich auch eine Predigt für den Tag der Arbeit, die nicht
ohne konkrete Bezugnahme ist; aber auch sie zeio-t nicht
allzuviel davon. Preuß' Predigt zum Märtyrergedenktag
(gemeint ist wohl der Stephanustag) bringt viel
krrchengesehichtliche, aber weniger aktuelle 'Bezugnahme
. Aus demselben Grund ist der Ichcharakter
vermieden; doch nicht völlig (z. B. nicht S
530); daß M. Reu stark persönlich vom Katechismus
spricht ist eine Sache für sich). Alk Predigten sind

' — und nicht nur äußerlich — Textpredigten; sie behandeln
die alten Episteln. Wo bei den Sonderthematen
( ,a2 der Arbeit, Mission, Volksmission, Diakonie usw.)
alte Episteln nicht vorhanden sind, sind doch überwie-

: gend Episteltexte gewählt, daneben einige alttestament-
hene. Es sind wirklich die „alten" Episteln; die Änderung
der D. E. Kirchenkonferenz z. B. für Lätare ist
nicht berücksichtigt. In der äußeren Form sind sie ver-

; schieden; viele, aber längst nicht alle, geben Thema

! und Teilthemata an. Lieder (manchmal nur 1 Lied)

; und ein Gebet sind beigefügt. Das Ganze stellt eine

i wertvolle und nützliche Gabe dar.

Breslau-Sibyllenort. M. Schian.

B a r d t k e, Lic. Hans: Katechetische Kinderpredigten. Göttingen •
Vandenhoeck & Ruprecht 1937. (76 S.) 8°.

B. schrieb in Pastoraltheol. 1935 einen längeren Aufsatz
über die katechetische Kinderpredigt. Dazu gibt er
1 hier 21 praktische Beispiele. 2 sind „biblische Lebensbilder
" (Joseph und Judas), 5 behandeln das Gotteshaus
mit seinen Zubehörstücken, 13 sind biblische Er-
zählungs- und Themapredigten. Unter letzteren sind
2 zum 1. Mai, 2 über das Beten, zum Muttertag usw.
Es kommt B. besonders auf ganz eindrückliche Anschau-
! hchkeit an. Alles Abstrakte ist vermieden, jede Mög-
| hchkeit der Anknüpfung an dem den Kindern unmittelbar