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Ausgabe:

1938 Nr. 21

Spalte:

381-382

Titel/Untertitel:

The first five centuries 1938

Rezensent:

Richter, Julius

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Seite 1

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881 Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 21. 382

ben und Werken zu einer Einheit" (S. 21) ist darum

nicht vollberechtigt. Es handelt sich nicht um eine Wei- j großen wissenschaftlichen Apparat er gearbeitet hat. Da

terführung, sondern um einen völlig anderen Ansatz. Die
grundlegenden Unterschiede zwischen diesen beiden neu-
testamentlichen Typen treten dementsprechend nicht klar
hervor. Es wird sich zeigen, wie sich dieser Mangel in
der Problemstellung der ganzen Arbeit nachteilig aus-

die Bibliographie S. 370—402 zeigen, mit einem wie

bei war nach den vielen vorausgegangenen Monographien
von vornherein zu erwarten, daß auch Latourette nicht
in der Lage sein werde, die Ausbreitung des Christen-
ms in den einzelnen Gebieten und Ländern auch nur
einigermaßen mit der Ausführlichkeit und Eindringlich-

wirkt. Auch Ignatius wird in ziemlicher Nähe des Paulus i keit darzustellen, wie wir sie in der Missionsgeschichte
gesehen. Marcion spürt etwas von der Größe des Paulus, des 19. Jahrhunderts gewohnt sind. Er stellt das uns
aber er deutet ihn auf seine Weise um. Äußerst gering ist zur Zeit zugängliche Material für die Zeit vor Konstantias
Verständnis für Paulus bei den Apologeten. Näher tin S. 80—111, für die folgenden beiden Jahrhunderte
stehen ihm die Gnostiker. Für sie bildet Paulus die | S. 191—237 zusammen. Weitaus der Schwerpunkt und
Brücke zum Christentum. Aber ihr Dualismus ist doch ; der Wert des Buches liegt in dem Versuch einer unifas-
ein ganz anderer als der des Paulus. Das Ergebnis ist ; senden Beantwortung von sieben Fragen, die Latourette
auch hier aufs Ganze gesehen die Umdeutung. Interessant i als Richtpunkte für alle Bände aufgestellt hat: a) Was
ist der Versuch der Verfasserin, aus den Schriften Tertul- war das Christentum, das sich ausbreitete? „Gleich an-
lians die Gemeindeexegese der damaligen Zeit zu gewin- dem Religionen hat das Christentum im Laufe seiner
nen. Der Gesetzesfrömmigkeit eines Tertullian und Cy- f Geschichte verschiedene Formen angenommen." Es war

prian bleibt Paulus von vorneherein verschlossen. Wert
voll ist der Abschnitt über Irenäus. Irenaus hat die
Autorität des Paulus gefestigt, er hat manches seiner
Themen angeschlagen, aber er lebt doch in einer anderen

anders in der Missionspredigt des Apostels Paulus, in
der bischöflichen Wirksamkeit des Gregorius Taumaturgus
in Pontus oder der Volkschristianisierung Armeniens,
b) Warum breitete es sich aus? Also wieweit und welche

Welt. Das gilt vollends von den beiden großen Alexan- religiösen Faktoren waren maßgebend? Wieweit und
•drinern. Clemens und Origenes sind auch da, wo sie pau- seit wann spielten kulturelle oder politische Gesichts-

linische Formeln benutzen, Platoniker. Ihr Grunddogma i punkte eine Rolle? c) Warum erlitt das Christentum
ist die Willensfreiheit und ihr Ziel ist nicht der Glaube, zu Zeiten Rückschläge oder hatte es nur geringe Erfolge'
sondern die Erkenntnis. Aber auch die Reaktion des Hier werden die politischen Gründe der Christenverfol-
Methodius führt nicht wirklich zu Paulus zurück. gungen im römischen und persischen Reiche analysiert. Es

Die Verfasserin hat die Quellen sorgfältig genützt. I wird untersucht, warum außerhalb des Römischen Rei-

Die zeitliche Beschränkung auf die ersten drei Jahrhun- , ches z. B. in Irland sich das Christentum schnell durch-
derte ist verständlich, hätte aber irgendwo im Untertitel setzte, dagegen in Persien eine Minorität blieb, d) Durch

erwähnt werden dürfen. Die kritische Befragung der j welche Methoden breitete sich das Christentum aus? Hier

Quellen nach ihrem Paulusverständnis ist gut durchge- i hat Latourette zu den glänzenden Ausführungen Har-

führt. Dankbar wäre man der Verfasserin für eine kurze | nacks wenig Neues hinzuzufügen, e) und f) welche

Darstellung ihres eigenen Paulusverständnisses gewesen, > Wirkungen hatte das Christentum auf seine Umwelt?

zumal hier doch manche Fragen bestehen. Bei einer Un- j Und umgekehrt, welche Wirkungen hatte die Umwelt

tersuchung wie der vorliegenden gerät die altkirchliche i auf das Christentum? Es sind die ausführlichen Kapitel
Theologie in kein günstiges Licht. Vielleicht wäre die VI und VII (S. 239—362), welche diese Fragen beArbeit
spannungsreicher geworden, wenn sich die Ver- handeln. Sie bilden den Schwerpunkt des Werkes. Hier

fasserin zwei Fragen vorgelegt hätte. Einmal, ist hier an ! vor allem entfaltet der Verfasser seine weite Belesenheit

die altkirchliche Entwicklung nicht zu sehr der reforma- J und die ruhige Objektivität seines Urteils. Die siebente

torische Maßstab angelegt? Ist nicht das NT selbst „ka- ( Frage: Welche Bedeutung hatten die Missionsrnethoden

tholisch"? Ist nicht manches von dem, was hier als nicht- | der einzelnen Perioden auf die Wirkung des Christen-

paulinisch stillschweigend gerügt wird, trotzdem biblisch? j tums auf seine Umwelt und umgekehrt, der Umwelt auf

Herrscht nicht auch bei den Synoptikern der Gedanke i das Christentum? wird nicht eigens behandelt; sie bildet

der guten Werke? Sodann aber, ist Paulus nicht selbst j den Orientierungspunkt der ganzen Darstellung,
viel „katholischer", als das nach der bei uns üblichen In- Berlin. Julitls Richter.

terpretation der Fall zu sein scheint? Wie weit vvürden j sa.vatorelli, Luigi: Benedikt, der Abt dir^^Tr^
wohl die Stellen wie 1. Cor. 13 und i. ^or. d, luais burg. H 0overts Ver,afJ 1937 ^]g3 s) g„ RM
„paulinisch" gelten, wenn sie nicht bei Paulus stunden. Wir hab , deutsch r Sprache ein€ vorbildliche Bio'

Diese Fragen sollen keine Knt.k an der sorgfältigen und hie Benedikts von Abt ^ Herwegen die theoverdienstvollen
Arbeit der Verfasserin seji^"»«J lo^isch fundiert> wissenschaftlich anerkannte]In e cht
andeuten, an welchem Punkt diese historische Untersu benediktinischem Geiste geschrieben über die Ordensm-
chung für eine umfassendere theologische Fragestellung gehörjgen [n mJ^ ft™ J^J™™

fruchtbar werden kann. ,oewenich * Kreise der Wissenschaft hinaus Beachtung und Würdi-

Er''ngen-_v. Loewen.cn. - gefunden nat Dje vorliegende biographisch-roman-

Latourette, Professor D. Kenneth: The first five Centimes, tische Skizze, 1929 in Bari unter dem Titel „San Bene-
A History of the Expansion of Christianity. New Häven: Vale detto e l'Italia del suo tempo" erschienen, wendet sich in
University in Conn. u. s. a. ; New York und London: Harper j der geschmackvollen und stilgemäßen deutschen Über-
Brothers. 8eb- Dol>- 3-50- I setzung an weite Kreise der Katholiken wie der Prote-
Merkwürdigerweise ist bisher eine umfassende Dar- 1 stauten. Wie Sabatiers „Vie de St. Francois d'Assise"
Stellung der christlichen Missionsgeschichte noch nicht eine vielseitige Beschäftigung romantisch angeregter
in Angriff genommen. Wir haben eine große Zahl von j Laienkreise beider Konfessionen mit dem Heiligen der
Monographien, zum Teil von glänzender und wissen- Armut angefacht hat, so erscheint Salvatorellis Bene-
schaftiieher Wertung, wie Harnack's berühmte „Mis- , detto dazu angetan, dem Vater des abendländischen Kio-
sion und Ausbreitung des Christentums m den ersten drei : sterwesens neue Freunde und Bewunderer zuzuführen.
Jahrhunderten", Hauck's „Kirchengeschichte Deutsch- Salvatorellis Darstellung ist wissenschaftlich einwand-
lands" und viele andere. Es leuchtet aber ein, daß eine frei und man merkt, ohne mit gelehrtem Ballast über-
zusammenhängende und alle Jahrhunderte gleichmäßig schüttet zu werden, überall die sorgsame Auswertung
umfassende und nach den gleichen Leitideen durcharbei- der besten Quellen. Im Mittelpunkte stehen Monte Ortende
Darstellung ein Gebot der Stunde ist. Latourette sino, seine Gründung und Gestalt, sowie die Regel Ben -
faßt sieben Bände zu je etwa 400 Seiten ins Auge und dikts, ihr Inhalt und ihr Geist. Als besonders wesentlich
hofft die gewaltige Arbeit in ungefähr einem Jahrzehnt laßt S. deutlich werden die Überwindung des Anachore-
leisten zu können. Der erste Band liegt vor. Nicht nur tentums und des Eremitentums durch Benedikt, der bei-
die Fußnoten auf fast jeder Seite, sondern vor allem des aus Erfahrung kannte. Aber Benedikt war ein Mann