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Ausgabe:

1938 Nr. 1

Spalte:

18-20

Autor/Hrsg.:

Nigg, Walter

Titel/Untertitel:

Geschichte des religioesen Liberalismus 1938

Rezensent:

Reich, G.

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Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 1.

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den Caspart (S. 195) auch wohl nur als Weiterdenken | die urtümliche göttliche Führung im wesentlichen von
des über die urtümliche Theokratie Beigebrachten auf- I den Einwendungen nicht getroffen wurde. Die termino-
nimmt Das von Caspari (ebd. S. 204) über die An- 1 logischen Schwierigkeiten werden daher rühren, daß Be-
wenduncr des mlk auf den Sinaibund Gesagte, daß mlk ! griffe an einem Lebensbereich erstarrt (mlk und Theo-
nur eine staatspolitische Bedeutung haben könnte, zeigt, '. kratie im Raum des staatlichen) sich nur schwer für an-
daß auch in den Einzeleinwendungen die Haltung Ca- j dere Umwelt freimachen lassen und darin Mißdeutungen
sparis sehr wesentlich durch die terminologische Frage J ausgesetz simd.

bestimmt ist Die Besprechung der Einwendungen t Göttingen. C.H.Ratschow.

Baumgartners (DLZ, III/4, 1933) führt Buber zur j -

Herausstellung sehr wichtiger religionsgeschichtlicher i Bornhäuser, Karl: Tage und Stunden im Neuen Testament.
Maxime. Zunächst geht es um die Ürsprungsfrage. Von Gütersloh: C. Bertelsmann 1937. (74 S.) 8°. Kart. RM 2.40.

Baumgartner darauf hingewiesen, daß urtümliches Kö- In drei Thesen lassen sich die Ergebnisse, zu denen
nigtum Jahves der Keniter-Hypothese wiederspreche, j ß. kommt, zusammenfassen, /. (S. 12ff.): Das biblische
macht Buber deutlich, daß auch unter Berücksichtigung | und nachbiblische Judentum kennt zwei Abende; der
des echten Kernes der Keniter-Frage (s. u.) in ihr die : erste dauerte von mittags 12 Uhr bis Sonnenuntergang,

Gefahr liege, die für Jahve unlösbare Ursprungsfrage
auf einen fremden Geschichtsbereich abzuschieben und
damit sich selbst zu überlassen. Buber stellt Ursprungsfragen
als Grenzfragen heraus, die in ihrer Gesetztheit

der zweite von Sonnenuntergang bis Mitternacht. Ebenso
gab es zwei Morgen; der erste dauerte von Mitternacht
bis Sonnenaufgang, der zweite von Sonnenaufgang
bis Mittag. Von dieser These aus ergibt sich: wenn

als apriorische Gegebenheit weiterer Forschung unzu- { Paulus mit den Vertretern der jüdischen Gemeinde Roms

gänglich bleiben muß, soll nicht diese Forschung sikh
selbst aufgeben. Ableitung eines Glaubenskomplexes aus
heterogenem Geschichtsbereich ist Umgehung der eigentlichen
Frage. Zu der Keniter-Frage gibt Buber dann eine
weiterreichende Erklärung, daß „Israel merkt, daß sein
Volksgott auch der Erdgewalten waltet; die Keniter
erkennen, daß 'ihr Berg- oder Bergfeuer-Gott Stämme
errettet und leitet." (S. XLIV) Dazu gibt Buber als
„religionsgeschichtlichen Grundsatz", „daß Gotteserfahrung
mit der Erfassung einer einzelnen Erscheinung,
Gotteserkenntrais aber mit der Identifikation zweier, Erkenntnis
also mit Wiedererkenntnis beginnt." (S.
XLIII) Buber meint wohl hiermit die constitutive Er-
lebnishaftigkeit der religiösen Erfahrung, die ein erneutes
Erleben als elementar ähnlich dem ersten hinzugefügt
weiß. Das wäre als Ausprägung zum echten Wiedererkennen
zu geben. Es darf wohl gefragt werden, ob
dieser Vorgang als Beginn der Gotteserkenntnis gewertet
werden kann, da er In der Ebene der erlebnishaften
Erfahrung bleibt. Dabei scheint uns der von Buber eingeführte
Begriff der Identifikation nur mit äußerster
Vorsicht gebraucht werden zu dürfen, da er voraussetzt,
daß das identifizierende Subjekt zwei in seiner Verfügbarkeit
stehende und einander per se fremde Größen
für identisch erllärt, was nicht dort zutreffend erscheint
, wo ein Mensch oder denn ein Stamm überwältigt
vom geschehensmächtigen Erweis Gottes das „atha ja-
dathi" des Jethro spricht. Von einer Erfassung dessen,
was .erkennen' als geschehendes Pleroma trägt, wäre

das näher zu bestimmen. Die immer wieder beachtete j Wendungtpa-i:>n ya zwischen denlteWelTAbenden" (Ex
Assimilationskraft der alttestamentlichen Religion und 12)6) so deutet, "daß mit dem ersten Abend die Zeit
das hohe Maß von Gotteserkenntnis als theologischer ; von Mitt mit deni zweiten Abend die Zeit nach

H^heX1°1,WerduP ge?"? «ne Verbindung haben die aber i Eintritt der Dunkelheit gemeint sei; aber diese - übri-
fS,™ Ä ü£ d2JL,^*fi[e 1er P?sltlveJ £ | gens bis in das zweite nachchristliche Jahrhundert zu-
fH Zssln?llier1:en Einflüsse als vielmehr auf «T rückverfolgbare (ältester Beleg: M«kh. Ex. 12,6) -
Jen Sät ""tragbar erfaßten Umweltbee.nflussun- 1 Erklärung gibt keineswegs den ursprünglichen Sinn von

» öj » j.-,, v Ex. 12,6 wieder, sondern ist ein Versuch, die vielleicht

Aus der-Antithesen-Reihe Bubers (S. XLV—L) gegen , schon 2. Chr. 35,14, sicher Jubil. 49,10—12.19 be-
y. Rad (Theol. Wtb. [. 568) ist für die Gesamtbeurtei- zeUgte Vorverlegung der Schlachtung der Passahlämmer
lung vor allem wichtig, daß Buber den Terminus mlk von Sonnenuntergang auf den Nachmittag des 14. Nisan
aut keinen Fall als „Theologumenon" (so v. Rad) gegen- , mit den Mitteln rabbinischer Hermeneutik nachträglich
über dem die konkrete Vor-verfaßtheit wiedergebenden , zu rechtfertigen. Zum Kanon für die Erklärung der
l atbestand der gottlichen „Führung" gewertet wissen l neutestamentlichen «woa- und «Va-Aussagen dürfte diese
will daß vielmehr die konkrete Führung in das „Kul- i kasuistische Exegese der Rabbinen erst dann erhoben
Tische eingeht — „Vor allem in der Gestalt der mit- werden, wenn nachgewiesen wäre, daß sie allgemein
ziehenden Lade" — daß also die esohatologisch gewen- ■ herrschendem Sprachgebrauch entsprach,
oete mlk-Erwarrung ihre „Leiblichkeit" vom alten realen ; r-Mir,„„„ , Mm . „ ,

Führertum erfährt - nicht umgekehrt dieses einem lee- ' 0ottingen-_Joach.m Jerem.as. _

rrh B,egr.lff unterstellt wird. Die Antithese zu Köhler Nigg, Walter: Geschichte des religiösen Liberalismus. Ent-
has *vt Alten Testamentes. 1936. S. 12 f.) kann stehung — Blütezeit - Ausklans. Zürich: Max Niehans 1937.
unoeredet bleiben, da sie nur scheinbar vorliegt, hervor- (422 s.) gr. 8°.

geruten durch die verschiedene Fragestellung der beiden Eine Darstellung der Geschichte des religiösen Li-

ArbeiTsneritungen. beralismus wird gerade in unserer heutigen geistes-

a n^a Auflage des vorliegenden Buches zeigt geschichtlichen Situation lebendigster Anteilnahme und
also, daß der sachliche Bestand Buberscher Forschung: größter Aktualität gewiß sein. Mit gutem Recht wird

«jto TtQüH ecoc. Scwdpac, redet (Act. 28, 23), so heißt das —
von 6 bis 12 Uhr mittags; öi|»£as öt: yevo|i£vt)€ (Mth.
14,15) in der Speisungsgeschichte bedeutet — bald
nach 12 Uhr; dieselbe Wendung Mk. 4,35 besagt ebenfalls
— nach der Mittagsmahlzeit usw. 2. (S. 31 ff.):
Neben der üblichen, die 12 Stunden des Lkhttages zählenden
Stundenzählung gab es eine zweite mit Mitternacht
beginnende (also der unsrigen entsprechende) Zählung
der Stunden. Sie liegt vor Act. 3, 1 (9. Stunde
= 9 Uhr vorm.); 10,9; Joh. 1,39; 4,6.54; 19,14.
Ein Widerspruch zwischen Joh. 19,14 und Mk. 15,1
besteht also nicht: beide Stellen besagen, daß die Verhandlung
vor Pilatus bei Tagesanbruch begann. 3. (S.
58ff.): Der Kalendertag begann nicht mit Sonnenuntergang
, sondern um Mitternacht; so wurde die Nacht
durch Mitternacht in zwei Hälften zerlegt. Damit sind
die „3 Tage und 3 Nächte", die Jesus nach Mth. 12,40
im Grabe lag, erklärt: „Freitag 3—6 Uhr erster Tag,
6—12 Uhr erste Nacht, 12—6 Uhr zweite Nacht, 6—12
Uhr zweiter Tag, 12—6 Uhr dritter Tag und 6—12
Uhr dritte Nacht" (S. 69)!

Ref., der früheren Arbeiten Bornhäusers wertvolle
Anregungen verdankt, bedauert, sich an keinem Punkte
überzeugt erklären zu können. These 2 (doppelte Stundenzählung
) und 3 (Tagesbeginn um Mitternacht) entbehren
der stichhaltigen Begründung, da 3. Makk. 5,14
als Fundament für These 2 und Lev. 23, 32 als Fundament
für These 3 nicht tragfähig ist. Was These 1
anlangt, so ist richtig, daß Raschi (gest. 1105) die