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Ausgabe:

1938

Spalte:

353-355

Autor/Hrsg.:

Bauer, Hans

Titel/Untertitel:

Der Ursprung des Alphabets 1938

Rezensent:

Baumgartner, Walter

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unier Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES, Göttingen, und Prof. D. Dr. GEORG WORBERMIN, Berlin

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Bibliotheksrat Lic.Dr.phil. REICH, Bonn, und Bibliothekar Lic. E. STEINBORN, Berlin.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis : halbjährlich RM 22.50

Manuskripte ond gelehrte Millei Lunpen einrl ■ u 11 e h I i e 11 i ch an Profeanor D. BAUER in Götttngen, Düstere Kichenweg 14, zu senden,
Hev entioDiexemplare aufrcblieülich an den Verlag. Gewähr für Besprechung »on unverlangt gesandten Kezenfliona-
exemplaren, besonder* noch bei Zusendung nach Göttingen, kann nicht übernommen werden.

Printed in Germany.

J. C. HIN R ICHS VERLAG, LEIPZIG Gl

63. JAHRGANG, Nr. 20 24. SEPTEMBER 1938

Spalte

Bauer: Der Ursprung des Alphabets (Baumgartner
) ...................353

B r e m o n d : Autour de L'Hiimanisnie.
D'Erasme ä Pascal (Kalthoff).......364

Dietrich: Die Umkehr im Alten Testament
und im Judentum (Duensing).......357

Galling: Biblisches Reallexikon (BRL)

Spalte

(Bardtke)..................355

Grobel: Formgeschichte und Synoptische

Quellenanalyse (Kümmel).........360

J e p s e n : Das Zwölfprophetenbuch (Stelter) 367
Kroeker: Ausgewählte Psalmen ii (Stelter) 367
Reeg: Evangelium der Wirklichkeit (Wend-

Spalte

land)....................366

S c h 1 a 11 e r: Kennen wir Jesus ? (Michel) 361
Schütze: Mithras-Mysterien und Urchristentum
(Clemen)...............359

S i p p e 11: Weidendes Quäkertum (Oberdieck) 362
Stange: Bibelhife für die Gemeinde (Stelter) 367

Bauer, Hans: Der Ursprung des Alphabets. Leipzig: J. C. Hin-
richs 1937. (45 S., 16 Abb. auf 13 Tafeln.) 8° = Der Alte Orient.
Gemeinverständliche Darstellungen, herausgeg. von der Vorderasiatisch-
Ägyptischen Gesellschaft. 36. Bd. Heft 1/2. RM 2.60.

Hans Bauer hatte das Manuskript dieser von Anfang
an für den „Alten Orient" bestimmten Arbeit schon
1935 abgeschlossen, aber zurückgelegt, um noch die
Veröffentlichung bestimmter Texte abzuwarten. O. Eiß-
feldt gibt sie nun aus seinem Nachlaß heraus, bis
auf die Zufügung einiger neuerer Literatur unverändert.
Man nimmt von ihr um so lieber Kenntnis, als B. dank
einer seltenen Verbindung mathematisch-naturwissenschaftlicher
Begabung — vgl. H. Wehr ZDMO. 91, 177 f. |
Eißfeldt AfO. 11,405 in ihren Nachrufen — mit aus-
gedehnten philologischen Kenntnissen sich viel mit den
Problemen von Schrifterfindung und Schriftenträtseluiig
abgegeben und zweimal auch entscheidend in die wissenschaftliche
Diskussion eingegriffen hat: 1918, als er
die grundsätzliche Unzulänglichkeit der üblichen Lesungsversuche
der Sinaiinschriften aufzeigte, und 1930 mit
der glänzenden Entzifferung der Keilschrift von Ras i
Schamra. üegenüber der Darstellung in seiner und Lean- I
ders Hebräischen Grammatik (Bd. I, § 5) ist seine Hai-
tung in der Hauptsache unverändert geblieben, doch
sind die neuen Fragestellungen berücksichtigt und die I
grundsätzliche Seite stärker herausgearbeitet. Die enge
Vertrautheit mit den einschlägigen Fragen verspürt man
auf Schritt und Tritt.

Die Ergebnisse sind auf S. 43f. zusammengefaßt:
Das Alphabet ist wahrscheinlich gegen 1300 in Syrien,
vermutlich an der Mittelmeerküste (Byblos?) entstanden.
Der Anteil der Phönizier an der Erfindung bleibt offen ;
(S. 6. 35). „Das Prinzip der Konsonantenschreibung
stammt, entweder unmittelbar oder vielleicht durch das
im benachbarten Ugarit (Ras Schamra) heimische keilschriftliche
Alphabet vermittelt, aus Ägypten . . . . Die
Schriftzeichen selbst hat der Erfinder wahrscheinlich...
willkürlich geschaffen, vielleicht mit teilweiser Anlehnung
an andere ihm bekannte Schriften, ... die kretische
Linearschrift und eine ältere in Byblos gebrauchte Silbenschrift
. Ein innerer Zusammenhang zwischen Lautwert
und Zeichen, so daß die Zeichen Bilder der betreffenden
Gegenstände..... darstellen würden, ist sehr

unglaubhaft, dagegen mag in einzelnen Fällen die Gestalt
des Zeichens auf dessen Benennung . . • Einfluß
gehabt haben. Es gibt kein Uralphabet, aus dem das un-
serige abgeleitet werden könnte oder müßte, vielmehr

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stehen die ältesten Zeichen, die wir kennen, dem Uralphabet
sehr nahe."

Von einzelnem sei aus dem reichen Inhalt noch
erwähnt: die Verbindung der heute geläufigen Unterscheidung
von innerer und äußerer Schriftform mit derjenigen
„primärer" Schriften, die alle irgend wie auf
Bilderschrift zurückgehen, und „sekundärer" oder entlehnter
, wofür er als Beispiele aus dem Altertum die
altpersische Keilschrift und die von Ras Schamra, aus
der Neuzeit die tscherokesische und die Sornalischrift
nennt (S. 28 ff., weitere solche Fälle nun bei J. Friedrich
, ZDMG 91, 319ff.); der schlagende Nachweis, daß
die Zeichenformen nicht aus Bildern hervorgegangen sind
(S. 15 ff.); der Hinweis auf de Groots Experimente mit
Schrifterfindung durch Kinder (S. 35 f.), und die Heranziehung
von Steinmetzzeichen und Eigentumsmarken (S.
36); die Sinaischrift eine bloße Parallelbildung (S.
26ff.); die südsemitische aus der nordsemitischen abgespalten
(S. 37 f., gegen Gramm. I 60).

Überraschend ist der relativ späte Ansatz der Erfindung
, der dadurch veranlaßt ist, daß B. sie mit der
Inschrift auf dem Sarkophag des Achiram von Bvblos
(c. 1300 v. Chr.) eng verbindet: ungefähr die Gestalt,
die die Zeichen dort aufweisen, habe der Erfinder ihnen
selber gegeben (S. 6 f.). — Daß die Alphabetschrift
im 14. Jahrh. (El. Amarna!) noch nicht bekannt oder
wenigstens nicht verbreitet war (S. 60), das konnte
man wohl 1922 noch schreiben (Gramm. 160). Aber
kennen wir nun heute nicht noch andere und ältere ka-
naanäische Inschriften? B. geht auf diese Frage merkwürdigerweise
kaum ein; er erwähnt bloß die Schale von
Teil ed Duwcr, die er zur Sinaischrift stellt (S. 25) und
jene pseudohieroglyphische Schrift aus Byblos, die allenfalls
einzelne Zeichenformen geliefert hätte (S. 34).
Aber ist das alles? Gewiß sind diese Inschriften und
Inschriftenfragmente, das Ostrakon von Ainschems, die
Scherben von Teil el-Hesi und Gezer, der Krughenkel
aus Byblos, hinsichtlich Datierung und Lesung von allerhand
Schwierigkeiten gedrückt. Aber sie sind vorhanden
und fordern Berücksichtigung. Mindestens die zwei letztgenannten
stammen nach den Fundumständen noch aus
der ersten Hälfte des II. Jahrtausends, und wir finden
Zeichenformen, die von denen bei Achiram abweichen
und sich manchmal merkwürdig denen der Sinaischrift
nähern. Darum geht es nicht an, die Schrift von ed-
Duwer, die doch ohne Frage gleichzeitig ihre Beziehungen
zum phönizischen Alphabet hat, so von vornherein

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