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Ausgabe:

1938 Nr. 1

Spalte:

15-16

Autor/Hrsg.:

Walch, Adam

Titel/Untertitel:

Prophet and priest in Old Testament 1938

Rezensent:

Jeremias, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 1.

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geschichtlichen Berührungen. Meine ablehnende Haltung
darf also keinesfalls verallgemeinert werden. Nur scheint
mir der Ertrag für das A.T. gerade weniger auf dem
Gebiet seiner geschichtlichen Überlieferung zu liegen als
auf jenen anderen Gebieten. Oder anders ausgedrückt:
die Texte von Ugarit belehren uns kaum über Heimat
und älteste Geschichte der Israeliten, wohl aber machen
sie uns in ungeahnter Weise vertraut mit derjenigen Kultur
und Geisteswelt, in deren Bereich Israel mit seiner
Landnahme geriet. Das wirkt weniger sensationell und
auch nicht so umstürzend, ist aber gerade wichtig genug.

Ob weitere Funde D. doch noch rechtgeben werden,
bleibt abzuwarten. Aber gerade wenn ihm vorläufig
widersprochen werden mußte, so soll ausdrücklich wiederholt
werden, wie viel wir auch ihm für das bessere
Verständnis dieser Texte verdanken, wobei ich abgesehen
von zahllosen Einzelheiten vor allem an die treffende
Erklärung des Mythus von Aleyan Baal und Mot denke.
Basel. W. Baumgartner.

Walch, Adam C: Prophet and priest in Old Testament. London
: Student Christian Movement Press.

Die Abhandlung beruht auf gründlicher Kenntnis
alttestamentlichen Schrifttums und der die gegenwärtige
alttestamentliehe Wissenschaft beherrschenden Probleme.
Sie will Anregungen geben und verzichtet bei der zugrunde
liegenden Gelehrsamkeit im wesentlichen auf
gelehrten Apparat, so daß das Buch in seiner flüssigen
allgemeinverständlichen Darstellung auch Laien zugänglich
ist, vor allem aber Studierende in die Hauptprobleme
ausgezeichnet einführt. Den Ausgangspunkt nimmt der
Verfasser von grundsätzlichen religionsgeschichtlichen
Erwägungen, für deren Gültigkeit er Parallelen aus der
Urgeschichte des Christentums, den Anfängen des Islam
und der christlichen Missionspraxis älterer und
neuer Zeit beibringt. Das Thema „Prophet und Priester
im Alten Testament" weist auf das Zentrum der
Ausführungen, die gegen die These einer radikalen Kultgegnerschaft
der Propheten, insbesondere der vorexili-
schen Schriftpropheten, und eines radikalen Gegensatzes
priesterlicher und prophetischer Haltung in der alt-
testamentlichen Überlieferung gerichtet ist. Kultus verkörpert
und erhält das religiöse Leben, eine religiöse
Reform (Moses) konnte, wenn sie nur auf dem Wort
ruhte, das Leben der Nation nicht umformen. Wohl
aber führt auf dem religiösen Gebiet jade Reform zur
Spannung gegenüber bestehenden Kultformen und die
einseitige Pflege kultischer und ritueller gegenüber sittlichen
Forderungen notwendig zu Spannungen zwischen
priesterlicher und prophetischer Autorität.

Von diesen allgemeinen Gesichtspunkten ausgehend
versucht der Verfasser in positiven Ausführungen des
3. und 4. Kapitels den Spuren eines vormosaischen,
genuin israelitischen, von kanaanäischen Kulten unbeeinflußten
Kultus nachzugehen. Er unterscheidet sich
zwar nicht wesentlich von den anderen Naturreligionen
(Menschenopfer, Prostitution), weist aber Formen auf,
welche den vormosaischen Stämmen genuin eignen (Passah
, Schauibrote, Sündenbock, Laubhüttenfest als Jahresfest
). Dabei spielt die Idee eines vormosaischen
Clanheiligtums in der Wüste eine wichtige Rolle. Die
mosaische Reform ist ein „Palimpsest" über einem
bestehenden und kultisch geformten Glauben. Die Reform
ist geistiger und sittlicher Natur, sie fordert,
daß der Bumdesgott der Stämme, der ein eifersüchtiger
Gott ist, von seinem Volk in neuen Formen verehrt
wird. Und da ent steht die „Antinomie" zwischen der
geschichtlichen Offenbarung des erlösenden Gottes am
Horeb und den bestehenden ursprünglichen Kultformen
der Stämme; sie stimmen nicht in den Prinzipien überein
. Verstärkt wird die Schwierigkeit durch die Gefahr
der Vermischung mit kanaanäischen Kulten nach
der Einwanderung. So entsteht die Spannung zwischen
prophetischer, auf der Reform des Moses beruhender
Haltung und der priesterlichen Pflege althergebrachten

Kultus. Hieraus erklären sich die antikultischen Äußerungen
der Propheten. Der Kampf um die Kultform beruht
aber nicht auf einem radikalen Gegensatz, sondern
au.f der Taktik, wie und in welchem Tempo
der Ausgleich zwischen altem Kultus und neuer Gottesanschauung
hergestellt werden soll. Es erscheint dafür
der Umstand beweisend, daß nach der Rückkehr
aus dem Exil dieselben religiösen Führer, welche das
sacrificiale System des neuen Tempels gestalteten, dem
Volke die prophetische Verkündigung und ihr Eifern
gegen einen ihres Gottes unwürdigen Kultus erhalten
haben.

Es ist nicht möglich, ausführlich auf die Ausführungen
einzugehen, welche sich mühen, einen vormosaischen
genuin israelitischen Kultus gegenüber dem
kanaanäischen abzugrenzen. Es mag fraglich erscheinen
, ob die bedeutsame Rolle, welche die Vorstellung
einer Art „Amphyktionischen" Bundes der Südstämme
in vormosaischer Zeit spielt, durch Ex. 8,27 (23) genügend
begründet ist. Sie ist auch nicht recht in Einklang
mit der sonst geäußerten Auffassung von dem
wesentlichen Unterschied des religiösen Charakters nomadisierender
Stämme und ansässiger Bauern. Man vermißt
auch, wo genuine Kultformen aus vormosaischer
Zeit festgestellt werden, eine Untersuchung zu den rückwärtigen
Verbindungen der alttestamentlichen Überlieferung
(Vätergeschichten) und zu den Ergebnissen vergleichender
■altorientalischer Religionsgeschichte. Auffällig
ist, daß Ephod und Urim und Tummim keinen
Platz in der Reihe gefunden haben. Aber das Wesentliche
an dem Buch ist die Gesamtschau zur Einstellung
der Propheten in den Kultfragen und die Anregungen,
welche für dieses zentrale Problem der Gegenwartsforschung
gegeben sind.

Berlin. Friedrich Jeremias.

Buber, Martin: Königtum Gottes. Zweite, vermehrte Auflage.
I. Bd.: Das Kommende. Berlin: Schocken Verlag 1936. (LXI, 295 S.)
8°. — Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte des messianischen
Glaubens. RM 7.50; geb. 9.50.

Die zweite, vermehrte Auflage erscheint im sachlich
textlichen Bestand fast unverändert wieder. Die Anmerkungen
sind durch Literaturhinweise und teilweise Richtigstellungen
gegenüber Einwänden aufgefüllt. Mit den
erschienenen Einwänden gegenüber der Ersten Auflage
befaßt sich auch das beachtliche ,Vorwort zur Zweiten
Auflage'. Wir können uns daher auf die Besprechung
der Zusätze beschränken, für den unveränderten sachlichen
Gehalt aber auf die mannigfachen Besprechungen,
die die erste Auflage fand, verweisen.

Es fällt auf, daß die Einwände im allgemeinen weniger
den eigentlich sachlichen Bestand der vorgetragenen
Forschungsergebnisse meinen, als vielmehr gegen
die Aufnahme des Terminus mlk für die vorkönigtiehe
Zeit und die Bezeichnung des vorgetragenen Befundes
als Theokratie angehen. Wie sehr es die begriffliche
Fassung ist, die die Kontroverse ergibt, zeigt zumal
die Auseinandersetzung mit W. Caspari (Luthertum,
1935, S. 193—206, „Der Theokrat") Caspari meint
Theokratie nur nachstaatlich ansetzen zu dürfen, und
Buber macht demgegenüber sichtbar, daß er nicht den
festgefügten Begriff des mlk oder der Theokratie als
„Identitätsurteil" dem urtümlichen Bestand aufgepaßt
habe — ja überhaupt auf die Terminologie zu verzichten
bereit sei, da sie wie es im Wesen der Formel begründet
liegt, den lebendigen historischen Bestand zu verengen
und zu verdunkeln geeignet ist. (S. XXIII) Daß
mit der Fassung, die Buber dem vorstaatlichen Leben
gibt, ein „Nationalstaat" vor die Königliche Zeit gesetzt
sei, (Caspari. ebd. S. 194; Büber. XXVI, 1) wird nicht
wie Buber abwehrend meint, von Caspari in seinen Darbietungen
den Buberschen Aussagen entnommen, sondern
anscheinend als Konsequenz aus den Darlegungen
über die Theokratie gezogen. Ebenso verhält es sich
mit dem Begriff des „Stellvertreters" für den menschlichen
König, den Buber nicht gebraucht (S. XXIII,!),