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Ausgabe:

1938 Nr. 17

Spalte:

319

Autor/Hrsg.:

Breysig, Kurt

Titel/Untertitel:

Die Meister der Entwickelnden Geschichtsforschung 1938

Rezensent:

Neumann, Johannes

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319

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 17.

320

und die Schranken Calvins schärfer zu zeichnen sucht,
ebenso wie die der Reformation überhaupt, die Wert
legte auf die Rechtfertigung und nicht auf die Gewissensfreiheit
. Daß schon in der Reformationszeit einzelne
die Schranken deutlich sahen, dafür ist Zurkinden ein
Zeugnis.

Stuttgart-Berg._G. Bossert. ■

Andersen, J.Oskar: Paulus Helie. I: Ungdom og Uddannelse
c. 1485—1519; Universitetsaarene 1519- 1522. Kopenhagen: O. E.
C. Gads Forlag 1936. (138 S.) 4°. Kr. 4—.

Der emeritierte Professor J. Oskar Andersen, dem
wir schon so viele Beiträge zur dänischen Reformationsgeschichte
verdanken / Th. L. Z. 1934, Sp. 439 /, legt
zum Reformationsjubiläum den ersten Teil einer Biographie
des Karmelitermönchs Paulus Helie vor. —
Quellen liegen nur spärlich vor, sodaß das Leben dieser
markanten Persönlichkeit nur auf Grund der genauen
Kenntnis der spätmittelalterlicheu Theologie von
Andersen dargestellt werden konnte. Geboren in Var-
berg im damals dänischen Hailand um 1485, ist er
schon früh in das Karmeliterkloster seiner Vaterstadt
gekommen, etwa 1507—1510 wurde er Priester, vor 1519
Lektor und Baccalaureus; Universitätsbesuch ist zweifelhaft
. 1519 wurde er Lektor der Theologie an der Kopenhagener
Universität, wo er bis zu seiner Flucht 1522
wirkte. Über seine Theologie kann man nur aus seinen
späteren Schriften sich ein Bild machen. Er ist Schrifttheolog
; der ganze überlieferte Kanon ist für ihn heilige
Schrift. Gegen die Scholastik ist er unwillig gestimmt,
er repräsentiert eine Übergangstheologie, welche nicht
aus den aufgestellten Prinzipien die Konsequenzen zu
ziehen vermag. Seine Studien über die Autorität der
Schrift und die Art der rechten Gottesfurcht, welche
ihn während seiner Wirksamkeit an der Universität beschäftigten
, veranlaßten, daß sowohl die Gegner des
Bibelhumanismus, wie die Schüler, welche ihn später
verließen, behaupten konnten, er habe sie auf den Weg
zum Luthertum gewiesen. Durch ihn wurde bewirkt,
daß der Bibelhumanismus in Dänemark unter Friedrich I.
glaubte, die religiösen Schwierigkeiten lösen zu können.
Der Bibelhumanismus wurde eine Vorbereitung zur j
Durchführung der Reformation.

Als Christian II. 1520 Martin Reinhard von Witten- j
berg nach Kopenhagen berief, als dann 1521 Dr. Andreas
Karlstadt in die dänische Hauptstadt kam und die
Bannbulle gegen Luther vom Januar 1521 bekannt wurde,
war Paulus Helie Stellung zum Luthertum gegeben, j
Am Könige Christian II. hielt er vorläufig noch fest, j
Zum Bruch kam es 1522 durch eine Predigt von Paulus
Helie über die Grausamkeit von Herodes und Herodias.
— Das veranlaßte die Flucht von P. Helie und weiter i
seine direkte Teilnahme am politischen Leben, die bei
seiner mangelnden Menschenkenntnis tragisch enden
mußte. — Davon hofft Andersen in dem zweiten, für !
1937 in Aussicht gestellten Teil der Biographie zu erzählen
.

Rendsburg._Th. O. Achelis.

Breysig, Prof. Kurt: Die Meister der entwickelnden Geschichtsforschung
. Breslau: M.&H.Marcus 1935. (XIX, 267S.) 8°. RM10—.
Zu der Geschichtswissenschaft, die einen gesicherten
Tatbestand erforscht (die „Wahrheit"), tritt ein anderer
Zweig, die „entwickelnde Geschichtsforschung", die „den
Zusammenhang der Einzeltatsachen aufsucht". B. unternimmt
es hier, die Meister dieser Einstellung zur Ge- j
Schichtswissenschaft darzustellen. Nach einem Ansatz bei
Plato zeigt sich der Entwicklungsgedanke bei Aristoteles, !
dem großen Araber Ibn Chaldun, um in Vico zuerst
großes europäisches Format zu erhalten. Die Franzosen !
versuchen sich daran, Montesquieu, Voltaire, Turgotu. a.,
aber erst die Deutschen in Winkelmann, Moser, Herder
heben diese Wissenschaft zum Gipfel, wobei Herders
geohistorische Perspektiven besonders gegenwartsnahe sind.
Gießen. Johannes Neumann.

DAS ALTE
TESTAMENT

fcbrtetlicb / UüMscb / Meltlicb

Ein Beitrag
zur ökumenischen Frage

DR. theol. HANS MICHAEL MÜLLER

Professor an der Universität Königsberg

84 Seiten. 1937. Preis RM 2.40

Der Weltprotestantismus wird noch weit mehr evangelische
Energie an die Fragen „Kirche, Volk und
Staat" setzen müssen, als bisher geschehen ist. Dabei
erweist sich eine Revision zwar nicht des Alten
Testaments, wohl aber der Stellung der heutigen
Christenheit zum Alten Testament als unvermeidlich.
Denn noch immer wird das Alte Testament jüdischweltlich
, im Stile irdischer Hoffnungen und kulturpolitischer
Verheißungen angewandt, während die
Souveränität des Evangeliums eine ganz andere ist
und einen völlig anderen Gebrauch des Alten Testaments
fordert. Dafür sind die Reformatoren und lutherischen
Bekenntnisschriften vorbildlich. In grnndsStz-
licher Auseinandersetzung mit denen, die im Alten
Testament nur die Edda der Juden sehen wollen, und
mit denen, die aus ihm die theokratische oder aber
svnagogale Existenz ableiten (klerikale Herrschaft und
theologische Separation), erörtert H. M. Müller in 11
knappen Kapiteln die folgenden Fragen: Das Alte
Testament und der Zustand Europas — Neu ansetzen!
— Inwiefern geht das Alte Testament uns Christen
an? — Staatspolitische Erfordernisse — Sachlicher
Bekenntnismut — Christentum oder Halbjudentum? —
Jüdischer und nationalsozialistischer Rassegedanke —
Theologische Widerstände — Kirche und Staat, am
Alten Testament geklärt — Anwendung auf die Erziehungsfrage
— Alttestamentlicher oder evangelischer
Ernstfall.

Siehe hierzu die Besprechung von
Prof. D. Hertzberg, Sp. 305ff. dieser Nr.

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Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 27. August 1938.

Verantwortlich: Prof. D. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinriclis Verl.ig, Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.