Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1938

Spalte:

274-275

Titel/Untertitel:

The last chapters of Enoch in Greek 1938

Rezensent:

Bauer, Walter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

273 Theologische Literaturzeituno: 1938 Nr. 15/16. 274

Namen und dein Inhalt des Buches und geht danach j der Spekulationen enthalten, was im Ganzen zu be-
zu seiner Datierung über, die mit guter Kenntnis der grüßen ist, zuweilen aber doch Bedeutsames übergeht,
babylonischen und Diadochen-Geschichte und mit präg- Ich denke da z. B. für K. 7 an das von Ounkel in
nanter Behandlung der historischen Widersprüche in der „Schöpfung und Chaos" Gesagte usw. Leider hat der
allgemein anerkannten Weise beantwortet wird. Kom- Kommentar, der ja bereits 1932 erschien, die Berei-
position und Zweisprachigkeit finden mit der Erkenntnis cherung ■unseres Wissens durch die Texte von Ras
der letzten redaktorischen Einheitlichkeit, aber auch mit Sarnra auch für Daniel — sowohl was die Danielgestalt
den ursprünglichen Gegensätzen in Zeit, Sprache, Ko- selbst als auch was etwa den „Alten der Tage" von 7,9
lorit, Absicht usw. eine ansprechende Behandlung. Sie betrifft — noch nicht auswerten können. Sonst aber
fußt im wesentlichen auf Hölscher und Sellin, hebt aber zejgt gerade die Exegese zum „Menschensohn" (S.
in der Charakterisierung der ersten 6 Kapitel als eines 101 ff.) oder auch die des Textes 9,25—27 auf S.
erst allmählich zusammengewachsenen „Danielzyklus" ( 120—127 die erfreuliche, klare und bei aller Kürze doch
und der Annahme, daß K. 7 als altes selbständiges umfassende Erklärungsart O.'s. Zu 12,3 entging ihm
Stück vom Verfasser der K. 8—12 erst nach starker ; _ ebenso ohne Schuld — jene interessante Parallele
Bearbeitung übernommen worden sei, Punkte heraus, ; enier Keilschrifttafel aus Sippar, die Milkau in seiner
die eine bedeutsame Förderung des Danielproblems be- i nachgelassenen „Geschichte der Bibliotheken im alten
deuten. Die Zweisprachigkeit ergibt sich in der Haupt- , Orient" (ed. Br. Meißner, Leipzig 1935) S. 36 bringt
Sache aus dieser älteren Herkunft der — aramäischen j und die ich hier zitieren möchte: „Wer sich in der

— Kpp. 1—6 und 7 aus dem 3. Jahrhundert. Den An- Schreibstube auszeichnen wird, der wird leuchten wie
fang seines Buches wollte der 166/65 schreibende Ver- <jje Sonne".

fasser hebräisch geben, so übersetzte er ihn bis zu»j im Ganzen bedeutet Obbinks Kommentar eine weder
geschickt gewählten Stelle 2,4. Dies an die ara- j sentliche Bereicherung der Daniel-Erklärung. Auch nach
maische Vorlage gebundene Hebräisch der Einleitung j dem Erscheinen des Kommentars von A. Bentzen wird
sticht natürlich vom Originalhebräisch der Kpp- 8—12, jje deutsche protestantische Theologie dies Buch als
ab, ebenso wie sich das Aramäische von K. 7 durch die Beitrag aus den so nahe verwandten Niederlanden beBearbeitung
, die Hebraismen und andere Unterschiede grüßen, zumal ja die Danielexegese vorher lange Zeit
von der Sprache der Texte 2,5—6, 29 abhebt. Hier hat j fast ausschließlich der englischschreibenden Forschung
Vf. eine m. E. sehr ernst zu nehmende Deutung des überlassen worden war (Driver 1922, Montgomery 1927,
Kompositions- und Sprachproblems gegeben. Auch die f Charles 1929). Es wäre erfreulich, wenn die Reihe
Absicht, die der Danielverfasser der Makkabäerzeit mit j Tekst en Uitleg mit ihren Kommentaren immer die
der Übernahme des älteren Danielzykhis und der Apo- j Höhe von Obbinks Daniel hielte, was leider angesichts
kalypse von K. 7 hatte, weiß Vf. einleuchtend zu um- I des Leviticus von de Wilde nicht immer festzustellen ist
reißen (S. 27). Ein 4. Abschnitt der Einleitung enthält { (vgl. meine Besprechung in dieser Zeitschrift). H. W.
eine Darstellung von Ursprung, Geschichte, Art und ! Obbink lehrt uns (S. 33) das Buch Daniel verstehen als
Sinn der Apokalyptik, die Vf. als „Krisisliteratur" nicht j das, was es ist: Als das „Zeugnis einer eigenartigen
übel charakterisiert (S. 30), und zeigt die Zugehörig- i Frömmigkeit, die trotz des fremden Gewandes, das sie
keit Daniels zu dieser Gattung religiösen Schrifttums. | trägt, tief, ernst und stark ist", als ein „historisches
Der Absicht des Buches und der Person des Schreibers j Dokument, das uns eine bestimmte Seite der religiösen
gilt die Betrachtung von S. 32 ff. Vf. erkennt den Zweck ; Entwicklung Israels und eine bestimmte Periode dieser
der Schrift in Wegweisung und Trostspendung und fin- [ Entwicklung erkennen lehrt", das jedoch „als Norm
det den Dichter nicht in der makkabaischen Partei, fur unser eigenes religiöses Leben, im Ganzen genoin-
sondern unter den Chasidim, den „Stillen im l ande". | men) keine Bedeutung hat". Das bedeutet keine Her-
Auf. S. 34 f. werden — eine dankenswerte Bereicherung | absetzung einzelner hoher Gedanken dieses Buches — so

— die apokryphen Danielzufügungen besprochen, schließ- I }st aje Offenbarung des Gottes der Geschichte und des
lieh gibt die historische Übersicht (S, 35 ff.) eine alles i großen, einheitlichen göttlichen Weltplanes kaum irgend-
Wesentliche bietende gute Einführung in die Zeitge_ ! wo eindringlicher —, sondern ist eine Feststellung, die
schichte Daniels, d. h. also des 3. und 2. Jahrhunderts ; heute notwendiger denn je ist. Man kann es daher nur
bis zum Jahre 165. begrüßen, wenn der Vf. den Gefahren einer falschen

Die Übersetzung (S. 39—66) liest sich leicht und Danieldeutung mit klarem Urteil entgegentritt (S. 33):
flüssig. Glossen sind aus dem Text herausgelassen, j „Wer hier Vorzeichen des Weltendes sucht, wer hier
ihr Platz ist durch Spitzklammern angedeutet. Kurze , Anspielungen auf das Papsttum, auf die Verfolgungen
Überschriften leiten das Verständnis nicht nur für die | der christlichen Kirche, auf die Wiederkehr Christi oder
Kapitelmhalte, sondern auch für die Unterabschnitte. J was sonst noch entdeckt, der tut mit den Worten Daniels
Die Textverbesserungen folgen in der Hauptsache dem : dasselbe, was der Verfasser in K. 9 mit den Worten
bisher, vor allem von Marti, Erarbeiteten (vgl. 5,25, i Jeremias getan hat. Um sie für seinen eigenen Sinn
11,10 usw.), gehen aber gelegentlich auch eigene Wege | passend zu machen, hat er etwas Neues hineingelegt,
(vgl. 1,11, 8,12). Mit Unechtheitserklärungen wird er- I Aber diese ständige Neu- und Andersdeutung ist durch
freulicherweise sparsam umgegangen (vgl. 4,33, 9,20 | alle Jahrhunderte hindurch das Geschick aller eschatolo-
Usw.). Der recht gute Textbestand Daniels machte ja ; gischen und apokalyptischen Literatur gewesen
dem Übersetzer seine Aufgabe nicht all/.uschwer, sodaß
€r sich fast ganz auf kleine und kleinste Konjekturen
beschranken konnte.

Die Exegese (S. 67—146), an die sich eine umfangreiche
Literaturangabe, ein Stellen- und Sachregister und

Kiel. Hartnuit Schmökel.

Studies and Documents edited by Kirsopp Lake and Silva Lake
VIII: The lastChapters of Enoch in Oreek by Campbell
Bonner. London: Christophers 1937. (X, 106 S.) 8°. s. 15.

e'n ausführliches tnhMavtr&ÜÄmis anfügen, ist"nach den | Das Buch Henoch wurde bekannt durch die ätliio-

v'orschriften der Reihe „Tekst en Uitleg" knapp ge- pischc Übersetzung, die 1773 nach Europa kam und ins

"alten. Da es Vf aber versteht, auch mit kurzen Wor- : Englische übertragen 1821, im Urtext 1838 veröffent-

fen das Wesentliche klar und prägnant zu sagen, kann ! licht worden ist. Der äthiopische Text ruht auf griechi-

sie als voll ausreichend bezeichnet werden. Vielleicht i scher Grundlage, und 1892 traten aus einem Papyrus

hätte Vf. gelegentlich der Neigung, erst einmal den In- , des 6. Jahrhunderts die Kap. 1—32 in dieser Sprache

halt des Textes zu rekapitulieren, nicht so stark nach- ans Licht Gelegentliche Lücken innerhalb dieses Stiik-

geben sollen. Die Heranziehung des übrigen AT, Be- ; kes wurden einigermaßen wettgemacht durch den Um-

»utzung der Septuaginta und "Aufweisung der baby- stand, daß wir seit 1855 aus dem Cod. Vaticauus

Ionischen Parallelen usw. ist reichlich und instruktiv ; Graecus 1809 Kap. 89,42—49 kannten. Nun haben wir

erfolgt. Zu den Visionen hat sich Vf. aller weitergehen- in neuester Zeit ein weiteres erhebliches Stück des grie-