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Ausgabe:

1938 Nr. 1

Spalte:

195

Titel/Untertitel:

Bruno Merseburgensis, Brunos Buch vom Sachsenkrieg 1938

Rezensent:

Lerche, Otto

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195

Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 11.

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und Studierenden, bei Diakonen und Vereinsleitern, die
sie zu schneller Vorbereitung benutzen, aber auch — und
darauf kommt es an! — in der Hand schlichter und
nachdenklicher Bibelleser.

Die äußere Anlage ist in der ganzen Sammlung
die gleiche. Eine „Einführung" orientiert über Verfasser
, Leser, Zweck. Die Übersetzung und die eigentliche
„Erklärung" ist praktisch nach Sinn-Abschnti-
ten gegliedert und mit packenden Überschriften versehen
. Die „Querschnitte" am Schluß dienen zur
Vertiefung und bieten zugleich die Leitgedanken der
h. Schrift zum Verständnis der heutigen kirchlichen Lage.
So stellt Knappe in der vorliegenden Auslegung der
Pastoralbriefe seine Querschnitte unter folgende Überschriften
: 1. Von der Bewegung zur Kirche. 2. Die
Kirche Christi als Trägerin und Wächterin der göttlichen
Wahrheit. 3. Die Ehrung Gottes als Inbegriff
des christlichen Wandels. 4. Geistliche Führung. (Ein
Hirtenspiegel). 5. Die Stunde des Bekennens.

Als Beispiel einer praktischen und zeitgemäßen Gliederung
kann die des Galaterbriefs von Burkhaidt dienen:
1. Paulus ein wahrer Apostel Jesu Christi. 2. Das
von Paulus verkündigte Evangelium das wahre Evangelium
. 3. Die von Paulus vertretene Freiheit die
wahre Freiheit.

Zu bemerken wäre noch, daß beide Verfasser auf
dem Grunde der Offenbarung stehen („der Qalaterbrief
wird zum Briefe Gottes") und daß die neuesten Forschungsergebnisse
berücksichtigt sind.

Stettin. Hugo St elter.

Bruno von Merseburg: Buch vom Sachsenkrieg. Neu bearb. v. Hans-
Eberh. Lohmann. Leipzig: Hiersemann 1937. (131 S.) gr. 8° = Dt.
Mittelalter. 2. RM 4—.

Mit der vorliegenden Neuausgabe von Brunos Buch
vom Sachsenkrieg liegt uns zum ersten Male ein Text
der neuen Schulausgabe der Monumenta Gerrnaniae Historien
vor. Gegenüber den bekannten und oft recht
bescheidenen gelben Heften haben wir es hier auf jeden
Fall mit etwas Stattlicherem und buchtechnisch Erfreulicherem
zu tun. Ob freilich der gewiß angemessene,
aber doch für die voraussichtlichen Hauptinteressenten
hohe Preis den Absatz nicht sehr beeinträchtigt, müßte
die Zukunft lehren.

In seiner Einleitung bittet der Herausgeber um Verständnis
für Bruno, für den Verfasser dieser Parteischrift
an sich, die weder aus klerikaler noch aus allgemein
kaiserfeindlicher Haltung, sondern aus der Tiefe
sächsischen Stammesbewußtseins heraus geschrieben sei.
Diese These ist nicht nur reizvoll und neuartig, sondern
sie hat stimmungsmäßig mancherlei für sich. Wenn wir
aber die Darstellung der großen entscheidenden Ereignisse
des Sachsenkrieges bei Bruno nachlesen, oder
wenn wir etwa den verfassungsrechtlichen Theorien, wie
sie Bruno über Königswahl und Bischofsernennung erörtert
, auf den Grund gehen, so haben wir es doch mit
der absolut kaiserfeindlichen Haltung des klerikalen
Parteigängers zu tun. Der Text der neuen Ausgabe
weicht nur ganz unwesentlich von der früheren Gestaltung
durch Wattenbach ab; er ist sauber und zuverlässig.
Das reichhaltige und geschickte Register verdient besonderer
Erwähnung.

Berlin. Otto Lerche.

Veit, Prof. D. Dr. Ludw. Andr.: Volksfrommes Brauchtum und
Kirche im deutschen Mittelalter. Ein Durchblick. Freiburg, Br.:
Herder&Co.l936. (XXIV, 251 S., 12 Bildtafeln.) gr. 8°. RM 5-; geb. 6.20.

Das vorliegende Buch des Freiburger Kirchenhistorikers
will einen Durchblick durch das volksfromme
Brauchtum des deutschen Mittelalters bringen. Es geht
ihm dabei sowohl um eine Bestandsaufnahme des Brauchtums
, das irgendwie mit dem kirchlichen Kultus und
Dogma zusammenhängt, als auch um die Aufzeigung
der Maßstäbe, nach denen es zu beurteilen ist. Volkskunde
wie Kirchengeschichte werden in gleicher Weise
an der Fragestellung Interesse haben. Es ist ohne weiteres
einleuchtend, daß die Befragung der Liturgik und
Kirchenlehre der volkskundlichen Forschung für die Deu-
i tung mittelalterlichen volksfrommen Brauchtums wichtige
Aufschlüsse zu geben hat. Für die Kirchenge-
schichtsforschung ist das Buch willkommen als Beitrag
i zur Beantwortung der oft zurückgestellten und doch
wichtigen Frage, wie der „gemeine Mann" des Mittelalters
, der schließlich für das deutsche Volk bestimmend
war und über dessen Bildungsstand der vieler
Kleriker nicht hinausragte, die ihm angebotene christliche
Lehre aufgenommen und verarbeitet hat. Brauchtum und
Sitte sind hier die zuverlässigsten Quellen.

Der Verfasser gliedert den weiten Stoff in die drei
Abschnitte: „Volkhafte Frömmigkeit", „Im Ablauf des
: Kirchenjahrs" und „Lebensringe". Nach grundsätzlichen
i Ausführungen, wie z. B. über den „gemeinen Mann" des
i Mittelalters, wird im ersten Abschnitt besonders die Form
der kirchlichen Einwirkung auf das Volk dargestellt
i und dabei die Bedeutung des Bildes (Armenbibel, Zehn-
i gebotetafeln, Totentanz u. dgl.), des Kirchenjahrs, an
, dem sich Arbeit und Ruhe und Lebensregeln des Bauern
i orientierten, und der Gebetsordnung (Kreuzwege, Zah-
j lenreihen usw.) hervorgehoben. Weiter kommt mit einer
i Fülle interessanter Einzelheiten das mit Votivmessen,
; Heiligenverehrung, Wallfahrten, Weihungen und Beschwörungen
zusammenhängende Brauchtum zur Behandlung
. Der zweite Abschnitt wendet sich zunächst der
Sonntagsfeier (hier auch mittelalterliche Kommunikanten-
| Ziffern) zu. Die folgende Darstellung des sich den Fe-
I sten des Kirchenjahrs anschließenden Brauchtums bringt
j Angaben zu der Entwicklung des Festkalenders und
verweilt besonders bei den mannigfachen Formen, in
denen das Volk seinem Verlangen nach plastischer Darstellung
Geltung verschaffte (die Weihnachtskrippe, die
Palmcselsprozession, das heilige Grab, der Salvator vom
Himmelfahrtsfest, der Paraklet vom Pfingstfest, Heil-
, tiimumgänge, Szenenprozessionen u. a. m.). Zu der
: Kultur des Fasten- und Abstinenzgebots bringt das letzte
Kapitel des Abschnitts viele anschauliche Einzelheiten.
Nicht minder reichhaltig ist der letzte Abschnitt, der sich
zunächst dem kirchlich bestimmten Brauchtum, soweit
es mit der Eheschließung und Geburt und Taufe des
; Kindes zusammenhängt, zuwendet. Er behandelt weiter
' das kirchliche „Klima" des Alltags in Haus und Gemeinde
mit seinem Gebetsleben, Glockenläuten, Gottesdienste
. Auch Erstkommunion, Unterricht der Jugend
und Verwandtes wird hier einbezogen. Den Schluß macht
das Brauchtum, das gerade im Mittelalter, dem die Kunst
des rechten Sterbens unter allen Künsten die wichtigste
gewesen ist, in reichem Maße mit dem Ausgang des
i Lebens verknüpft war. Alles in allem eine auch durch
gute Bilder ergänzte Bestandsaufnahme, die ein weit
verstreutes Material (Die Anmerkungen mit den Quellen-
und Literaturangaben am Ende der Darstellung umfassen
fast 30 Seiten!), in lebendiger Darstellung Verarbeitet.
In wie weit immer ein Recht besteht, Einzelheiten, die
für eine bestimmte Gegend bezeugt sind, zu verallgemeinern
, mag dahingestellt bleiben. In erster Linie ist
süddeutsches Material verarbeitet.

Wie bereits bemerkt, will Veit über die Bestandsaufnahme
hinaus auch die Maßstäbe für die Beurteilung
aufzeigen. Auch in dieser Richtung sind viele seiner
Ausführungen lehrreich. So ist es gewiß von Interesse,
sich auf das Brauchtum, das eine Distanzierung der Christen
von den Juden bezweckte, oder auf die volkswirtschaftliche
und volksgesundheitliche Bedeutung des kirchlichen
Fasten- und Abstinenzgebots oder auf die Rolle,
die der Ablaß als Kulturfaktor (Finanzierung der großen
mittelalterlichen Kirchenbauten) gespielt hat, aufmerksam
machen zu lassen. Auch die Erklärung manches
schon im vorchristlichen Volksglauben wurzelnden Brau- .
ches erhält eine neue Beleuchtung durch die Beachtung
seiner kirchlichen Umwelt (z. B. die Sitte des Verschenkens
von Ostereiern nach der voraufgehenden Fa-
I stenzeit, in der der Genuß von Eiern verboten war und