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Ausgabe:

1937 Nr. 10

Spalte:

177-178

Autor/Hrsg.:

Herntrich, Volkmar

Titel/Untertitel:

Theologische Auslegung des Alten Testaments? 1937

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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Seite 1

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177

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 10.

178

Würdigung des Christentums hat der Verfasser doch empfangen haben, in das AT. hineinhorche« und da-
das Verständnis des Christentums verfehlt. Es ist rest- nach fragen, inwieweit jeder einzelne Text in dem Zu-
los anthropologesiert, alle theologische Haltung ist völ- sammenhang der Heilsgeschichte Gottes steht". In dielig
ausgeschieden. Nur was der germanische Mensch er- : sem Sinne rät H., statt von „christologischem" besser
tragen kann, darf gelten. So wird hier nichts hörbar ! von „trinitarischem" Verständnis des AT. zu sprechen,
von Qottes Anspruch an alle Welt, der unabhängig ist | Positiv über V. hinaus wird also nur wenig ge-
von menschlicher Art, nichts hörbar vom deus abscon- i bracht. Aber es ist zweifellos gut, daß hier die Gesamt-
ditus in der Schöpfung und ihrer Dämonisierung durch Situation um das Verstehen des AT. neu beleuchtet und
menschlichen Ungehorsam, und dann kann natürlich auch die Notwendigkeit der theologischen Betrachtung stark
kein Verständnis aufkommen für die Botschaft von der unterstrichen wird, wenn auch die Formulierung die
Erlösung und vom Wirken des heiligen Geistes. Luthers < Linien nicht immer scharf erkennen läßt. Es ist auch
Glaube im kleinen Katechismus bleibt unverstanden. Mit nichts dagegen zu sagen, daß V., der uns in Bezug auf
der Einsicht in die zeitgeschichtliche Wafornehmungs- < das AT. „theologisch zur Sache gerufen hat", seiner-
gestalt des Christentums, um die auch wir Theologen j seits in einigen grundsätzlichen Dingen und in der prak-
wissen, entschwindet dem Verfasser der Sinn für die tischen Durchführung seiner Aufgabe zur Ordnung geewige
, unaufgebbare Funktionsgestalt des Christentums, rufen wird. Aufs ganze gesehen, ist das Heft ein neuer
das sich zum dreiekligen Gott bekennt. Der Mythos Beweis für den Ernst, mit dem heute um ein wahrhaft
hat die Geschichte überwältigt. '■ theologisches Verständnis des AT. gerungen wird.

Lanz (Westprignitz). Kurt Kessel er. Sehr störend sind die unverhältnismäßig zahlreichen Druckfehler. —

Muß es S. 27, Z. 19 und 21 v. o. nicht zweimal „exegetisch" statt

Hern tri ch, Volkmar: Theologische Auslegung des Alten »theologisch" heißen?
Testaments? Zum Gespräch mit Wilh. Vischer. Oöttingen: Vanden- | Hofgeismar (Marburg). H.W. Hertzberg,

hoeck & Ruprecht 1936. (32 S.) gr. 8°. RM 1.20.

Das Heft will, wie sein Untertitel sagt, in die Dis- I Le Seur, D. Paul: Die Briefe an die Epheser, Kolosser und

kussion um Vischers Buch „Das Christuszeugnis des ', Philemon, übersetzt und ausgelegt. Leipzig: Gustav Schloeßmanns

AT" fv°/l ThLZ. 1936. S. 435—39) eingreifen. Dabei I Verlagsbuchh. 1936. (137 S.) 8°. - Bibelhilfe für die Gemeinde

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wird die erste Hälfte des Buches dadurch ausgefüllt,
daß die Grundlage einer theologischen Betrachtung des
AT. aufgezeigt wird. Hierin stimmt H., ohne daß es besonders
hervorgehoben wird, mit Vischer überein. Beide

Kart. RM 2.60; geb. 3.40.
In der von Erich Stange herausgegebenen Sammlung
Bibelhilfe für die Gemeinde", die „eine volkstümliche
Einführung für Bibelleser" geben will, hat D. Paul Le

wissen, daß kanonische Geltung des AT. und theolo- j Seur die Erklärung des Epheser-, Kolosser- und Phile-
gische Auslegung zusammengehören, ferner, daß eine I monbriefes übernommen und in diesem Büchlein vorwirklich
theoTogische Auslegung der Frage standhalten - gelegt.

muß, wie sich das AT. zu Christus verhält. Es geht I „Es geht darum, was der Brief u n s zu sagen hat",
nach H. nicht au, das AT., wie die geschichtlich einge- J so ist im Anfang das Ziel der Erklärung klar formu-
stellte Wissenschaft es tut, an bestimmten Begriffen des liert; und der Grundgedanke, der hier „uns zu sagen"
19. Jahrhunderts zu messen, ebensowenig aber, wie es i ist, ist der von „dem Wesen und den ewigen Wurzeln
bei den „positiven" Theologen geschieht, den Maßstab : der Gemeinde Christi". Vor allem die beiden ersten
für das AT. vom NT. her zu nehmen. In beiden Fäl- '. Briefe zeugen von diesem „Einen und Entscheidenden",
len werde ein „Platz über der Schrift" bezogen — eine j der erste reicher und tiefer von „der Gemeinde des Herrn",
Behauptung, zu der denn doch zu fragen wäre, ob nicht der zweite von „dem Herrn der Gemeinde", wie der
darin, daß hier der Maßstab „Christus" heißt, ein we- [ Verfasser im Anschluß an ein schönes altes Wort sagt;
sentlicher und qualitativer Unterschied gegeben ist! sie müssen deshalb für uns eine ähnliche Bedeutung
Für H. ist weiterhin wichtig, festzustellen, daß AT. { gewinnen wie in Luthers Zeit der Römer- und Galater-
und NT. heilsgeschichtlich zusammenhängen, daß aber i brief. In einer lebendigen knappen Einführung werden
in dem „Heute ist diese Schrift erfüllt" der heilsge- , diese Grundgedanken entwickelt, hernach durch „Quer-
schichtliche Unterschied liegt. Hier beginnt nun für H. j schnitte" über die Wendungen „in Christus" und „Leib
die Kritik an V., dem er immerhin das Zeugnis gibt, ] Christi" oder über „die Einheit des Leibes und Vielheit
er habe uns „im Blick auf das AT. theologisch zur ' der Kirchen", über „Engel und Teufel in der Bibel"
Sache gerufen". V. habe aber nicht genügend den Ein- unterstrichen. Die Erklärung gliedert sich in gewohnter
schnitt zwischen AT. und NT. gesehen; für V. sei Weise in eine Übersetzung, die die schwierigen Perioden
das NT. nicht genug „Erfüllung", sondern zu sehr nur der Briefe wohl manchmal erleichtert und mit heutigen
„Verheißung", wie das AT. selbst, und rücke dadurch Begriffen durchsetzt, eine Erläuterung einzelner Begriffe
zu sehr auf eine Ebene mit dem AT. — Das ist zwei- und Worte, die Fremdes und Schwerverständliches bis-
fellos ein Warnzeichen, das jeder theologischen und weilen allzu knapp vorausnimmt, und eine Betrachtung
insbesondere christologischen Betrachtung des AT. ge- „zum Inhalt", die den Zusammenhang des Briefes und
genüber aufgerichtet werden muß. — Vor allem macht seine Verknüpfung mit neutestamentlichen Gedanken dar-
H. dann V. den Vorwurf, er habe die Heilsgeschichte j legt. Alles Gesagte ist knapp, aber lebendig und bezieht
ernst genug genommen, wie aus seiner relativen ^ gründet, wenn auch die Gründe nicht immer ausgebreitet
Gleichgültigkeit gegen die exegetisch-literarischen Tat- | sind; man spürt wohl den Zusammenhang mit der wis-
bestände des AT? hervorgehe. Damit zusammen hängt senschaftlichen Exegese, spürt stärker die Absicht, aus
der Anstoß, den H. daran nimmt, daß V. das AT. teils einem warmen Herzen, einem tiefen Verständnis für die
als Verheißung auf den Messias, teils aber auch im Bedürfnisse der Gemeinde, aus innerlicher Gebundenheit
Sinne einer Selbstoffenbarung Jesu Christi interpretiert an das Gotteswort dieser Briefe ihre Worte und Sätze
habe. So gehe das „eschatologische" und das „protolo- lebendig zu machen. Das Büchlein ist ein schönes Bei
gische" Verständnis durcheinander, und die exegetische
Aussagen, die auf Grund des AT. gemacht werden müßten
,

seien ständig durchsetzt mit Glaubensaussagen, die

wir nur vom NT. her machen können. Nur der erste O'Leary, de Lacy, D. D.: The Ethiopian Church.

Weg ist nach H. berechtigt. Erst wer ihn ernst geht, Notes on the Church of Abyssinia. London: Society for Promoting

kann dann auch zu dem anderen durchstoßen; aber man i . Christian Knowledge 1936. (79 s.) kl. 8°. 2 s.

darf „unser Mühen um den theologischen Sinn des | In England ist das Interesse für das an englischen

ahtestamentlichen Wortes nicht vorzeitig abbrechen mit Kolonialbesitz grenzende Abessinien mit Ablauf 'des ita-

dem Ruf ,Hier ist Christus!'". Darum empfiehlt H., lienisch-abessinischen Krieges offenbar noch nicht er-

w'r müßten, „als die das Christus-Zeugnis des NT. | loschen. Dem christlichen Sinn der Engländer entspre-

spiel einer praktischen und allverständlichen Exegese.
Greifswald. Ernst Lohmeyer.