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Ausgabe:

1937 Nr. 9

Spalte:

167

Autor/Hrsg.:

Wendel, Adolf

Titel/Untertitel:

Ländliche Grabreden 1937

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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167

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 9.

168

Wendel, Dekan Dr. Adolf: Ländliche Grabreden. Leipzig: Q.
Lunkenbein 1937. (86 S.) gr. 8°. Kart. RM 2—.

Im Vorwort nimmt W. ziemlich ausführlich, aber
natürlich nicht erschöpfend, grundsätzlich Stellung zu
der jetzt sehr im Vordergrund stehenden Frage nach
der Aufgabe der Kasualrede, zumal der Gräbrede. Er
wendet sich gegen die Forderung reiner, sozusagen
absoluter Verkündigung der zentralen christlichen Wahrheiten
durch sie; er ist für „Anknüpfungsarbeit". Die
Aufgabe der Grabrede besteht für ihn darin, „im Auftrag
der Kirche und unter Leitung eines Bibelwortes
Glaubensdeutung im Hinblick auf ein Menschensterben
und Menschenleben zu geben." Dem entspricht die Gestaltung
der als Beispiel gebotenen 24 Reden, die so
ausgewählt sind, daß möglichst verschiedene Einzelfälle,
die jedesmal kurz skizziert werden, zugrunde liegen.
Dabei ist allzu häufige und allzu gleichförmige Wiederholung
ähnlicher Gedankengänge glücklich vermieden
; auf den Einzelfall wird genau Rücksicht genom-

Die Behandlung des Themas erfolgt in einer großen
Zahl einzelner kleiner Abschnitte, die unter den verschiedensten
in Betracht kommenden Gesichtspunkten
einen ausgezeichneten Überblick über das Gesamtgebiet
der ökumenischen Arbeit bieten. Als Beilagen sind drei
besonders wichtige, aber für viele schwer zugängliche
Texte hinzugefügt. 1. „Die Botschaft der Kirche an
die Welt: Das Evangelium." Es ist der Text, der 1927
in Lausanne einmütige Zustimmung aller Beteiligten,
auch der Vertreter der Ostkirchen, gefunden hat, der
aber schließlich doch nur „entgegengenommen", nicht
„angenommen" worden ist. Deißmann sah und sieht in
dieser Taktik meines Erachtens mit Recht einen schweren
Fehler. Dieses Urteil begründet Beilage 2: „Fernblick
auf Lausanne", im Oktober 1927 in Ephesus
geschrieben. Beilage 3 „Der Weg zum Endziel der Lau-
sanner Bewegung" bringt acht kurze Thesen, die auf
die Tagung des Lausanner Fortsetzungsausschusses in
Mürren (August 1930) zurückgehen. Sie sind von dem

men. Die Reden sind übersichtlich eingeteilt und sehr j Unterzeichneten schon damals dort lebhaft befürwortet
volkstümlich-schlicht gefaßt. Da auch mir ein Eingehen worden — wegen der instinktiven Sicherheit ihrer Psy-
auf den Sonderfall durchaus nicht nur berechtigt, son- , chologie.

dem sogar notwendig erscheint, gehe ich eine gute
Strecke Weges mit dem Verf.; die Reden werden von der
Gemeinde gern gehört worden und den Leidtragenden
lieb gewesen sein. Aber soll man wirklich von „Glau-

Die treffsichere psychologische Denkweise bildet überhaupt
den roten Faden, der sich durch die ganze Schrift
hindurchzieht und die Einzelbetrachtungen zusammenhält.
S. 38 heißt es sehr mit Recht geradezu, die Frage der

bensdeutung unter Leitung eines Bibelwortes" sprechen? I Einigung der Christenheit sei heute zunächst nicht eine
Handelt es sich nicht um Verkündigung des Evange- I dogmatische Frage, sondern eine psychologische. Und
liums in Anwendung auf den Einzelfall? Das ist doch wenn S. 10 auf die seelischen Hintergründe der Idee
ein Unterschied, wie das auch die Ausführung der Reden ' der Heiligen Kirche bei Paulus verwiesen wird, so ist das
zeigt. Und stehen nicht einer so eingehenden Bespre- ! genau die Überlegung und Fragestellung, die sich als
chung des Einzelfalls auch ernste Bedenken entgegen? j „religionspsychologisch" (im Sinne nicht positivistischer,
W. berichtet, er habe „aus enger Lebensgemeinschaft j wohl aber existentieller Psychologie) bezeichnen läßt,
mit den Verstorbenen und ihren Familien heraus" ge- ! Berlin. o. Wobbermin.

redet. Wird jeder Pfarrer das so zu tun in der Lage
sein? Ja, kann selbst der Verf. sicher sein, daß er im
Urteil nicht einmal daneben greift? Begreiflich und doch
bedenklich ist, daß von den 24 Fällen weitaus die
meisten solche sind, in denen nur gelobt werden kann
(wenn es auch mit Maßen geschieht). Auch wird manchmal
den Angehörigen etwas breit von den Verstorbenen
erzählt. So zeigt die Sammlung die Vorzüge der geschilderten
Methode, aber auch die gegen sie bestehenden
Bedenken.

Breslau-Sibyllenort. M. S c h i a n.

Deißmann, D. Dr. Adolf, D. D.: Una Sancta. Zum Geleit in das
ökumenische Jahr 1937. Gütersloh: C. Bertelsmann 1936. (VII, 66 S.)
8°. RM 2—.

Im Hochsommer dieses Jahres werden die beiden
großen Weltkonferenzen der sog. ökumenischen Bewegung
wieder abgehalten werden, die eine, die erstmalig
im Jahre 1925 unter der Leitung des damaligen Erz-
bischofs der schwedisch-lutherischen Kirche Nathan Sö-
derblom stattgefunden hatte, in Oxford, — die andere,
die erstmalig im Jahre 1927 in Lausanne getagt hatte,
an deren Leitung Söderblom wenigstens auch starken
Anteil gehabt hatte, in Edinburgh. Beide zielen auf die
Einigung der Christen und der christlichen Kirchen ab,
die erstgenannte im Hinblick auf die sozialethischen
Aufgaben („Life and Work"), die andere im Hinblick
auf die Fragen nach Glauben und Verfassung der Kirchen
(„Faith and Order").

In Deutschland ist Adolf Deißmann der Hauptvertreter
der gesamten ökumenischen Bewegung. Er ist
auch Söderbloms eifrigster Mitarbeiter gewesen und
war ihm in enger Freundschaft verbunden. Niemand
war daher berufener und geeigneter, ein literarisches
Geleit „in das ökumenische Jahr 1937" zu geben als
Deißmann. Wir können ihm für diese neue ökumenische
Gabe, die er unter das „Bannerwort" Una Sancta
gestellt hat, garnicht dankbar genug sein.

Soeben erschien:

Die Muftergöttin
im Vorderen Orient
und in Europa

Von Dr. Leonhard Franz

Professor a. d. Deutsch. Univ. Prag

28 Seiten mit 24 Abb. auf zwei Tafeln. 8°. RM 1.35

Der Alte Orient. Bd. 35, Heft 3

Im Vorderen Orient gibt es in verschiedenen Gegenden
und zu verschiedenen Zeiten figürliche Darstellungen einer
Frau, die man schon lange als Darstellungen des durch das
Weib als Mutter versinnbildlichten Fruchtbarkeitsprinzips
erkannt hat; wir wissen auch einen der orientalischen Namen
dieser Göttin, Ischtar. Auch in Europa, besonders im
Südosten des Erdteiles, gibt es schon in der jüngeren Steinzeit
und in späteren vorgeschichtlichen Perioden Figürchen,
die eine unbekleidete Frau darstellen, und zwar, was wesent-
lieh ist, in den gleichen Armhaltungen, die für die vorder-
asiatische Fruchtbarkeitsgöttin kennzeichnend sind. Hier wird
nun der Versuch gemacht, die Entstehung sowohl der vorderasiatischen
als auch der europäischen Figürchen dieser Gattung
auf die gleichen geistigen Vorstellungen zurückzuführen und,
an Hand vergleichbarer Bildwerke aus der Älteren Steinzeit,
das Aufkommen der durch solche Figürchen ausgedrückten
Fruchtbarkeitsgedanken bis in die Eiszeit zurückzuverfolgen.

Vollständiges Verzeichnis der Sammlung
„Der Alte Orient" steht zur Verfügung

j. c. hinrichs verlag / Leipzig c i

Mit je einer Prospektbeilage der Verlage W. Kohlhammer, Stuttgart, und .1. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen.
Beiliegend ferner das 1. Heft (Jahrg. XVI) des .Bibliographischen Beiblattes".

Verantwortlich: Prof. D.W.Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.