Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1937

Spalte:

115-117

Autor/Hrsg.:

Eissfeldt, Otto

Titel/Untertitel:

Philister und Phönizier 1937

Rezensent:

Meinhold, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

115

Theologische Literaturzeitung; 1937 Nr. 7.

116

Nachrichten über diese Denker der Frühzeit in deutscher
Sprache wieder. Diels, der in seinen Doxographi Graeci
1879 auch auf diesem Gebiet der Erkenntnis Bahn gebrochen
, hatte sich in der Ausgabe der Vorsokratiker
darauf beschränkt, den doxographischen Stoff in der
jeweiligen Ursprache vorzulegen. C. geht in sehr dankenswerter
Weise über ihn hinaus aus der leider unbestreitbaren
Einsicht, daß der Kreis derer, denen diese
Quellen in der Urgestalt zugänglich sind, immer enger
wird. Auch gewähren ja vielfach erst die doxographischen
Nachrichten einen Einblick in die Gedankenwelt
der Vorsokratiker, deren eigene Worte fast ganz verklungen
sind.

Am Schluß bringt C. einen Stammbaum der „Quellen
" zur Geschichte der vorsokratischen Philosophie
entworfen auf Grund der Ergebnisse von Diels Doxographi
, der lehrreich veranschaulicht, in welchem Umfang
exakte philologische Analyse gesicherte Ergebnisse
zutage fördert. Leider folgt kein Index, der das Auffinden
von Einzelheiten und des Zusammengehörigen erleichtert
haben würde.

Beiseite gelassen sind mit Recht die anerkannt unechter
, oder doch überwiegend zweifelhaften Fragmente,
auch solche von völlig belanglosem Inhalt. Entsprechend
wurden Männer ganz ohne eigene Prägung ferngehalten
. Andererseits geht C. gelegentlich in der Stoffdarbietung
über Diels hinaus. S. 340 f. erscheint ein un-
kannter Sophist aus Piatos Theätet; 389 f. einiges Neue
über Phaleas von Chalkedon (aus Aristoteles).

Während Diels, wie es seinem Ziele entsprach, auf
ganz wortgetreue Obersetzung aus war, will C. seine
Wiedergabe möglichst lesbar halten, natürlich ohne den
Sinn zu verdunkeln oder auch nur die originale Ausdrucksweise
der großen Denker zu verwischen. Die
Einleitung zum Ganzen, die „Vorberichte" in den einzelnen
Kapiteln und die Anmerkungen wollen den Leser
in die Sache einführen und ein Verständnis für die Bedeutung
dieser Männer und ihrer geistigen Leistung
wecken.

Waren sie doch auf allen Gebieten des geistigen wie
des sittlichen Lebens bahnbrechend, muhten sich um die
Erkenntnis der Welt wie des Menschen als eines fühlenden
, denkenden, wollenden und handelnden Wesens.
Sie betrachteten den Einzelnen für sich und wiederum
als Glied eines Ganzen und wirken darin vielfach überraschend
gegenwartsnah. So, wenn Kritias über Vererbung
und rassische Ertüchtigung nachdenkt (S. 379).

Von gelegentlichen Druckfehlern ist nicht zu reden. Störend wirkt
nur S. 377,2 das Versehen, daß der 1915 veröffentlichte Oxyrrhynchos-
Papyrus (so!) mit dem Fragment aus der Schrift des Sophisten Antiphon
„Von der Wahrheit" die Nr. 1314 (statt 1364) trägt.

Göttingen. W. Bauer.

Eififeldt, Otto: Philister und Phönizier. Leipzig: J. C. Hin-
richs Verlag 1936. (41 S. u. eine Übersichtskarte). 8°. = Der Alte
Orient, Bd. 34, H. 3. RM 1.50.

Das Heft von Eißfeldt bietet einen vor der vorderasiatisch
-ägyptischen Gesellschaft am 13. Mai 1936 in
Berlin gehaltenen Vortrag, den der Verfasser unter dankbarer
Benutzung von Bemerkungen Emil Forrers, Hermann
Grapows, Heinrich Schäders und Ernst Sellins
überarbeitet und erweitert hat. Er hatte schon durch
eine Reihe von Vorarbeiten sich als den gegebenen Mann
für die Behandlung dieses Themas ausgewiesen, (siehe
den Artikel „Phöniker" und „Phönikia" in Paulys Real-
Encyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft Neue
Bearbeitung B. XVII, 1936; ebendaselbst den Aufsatz
„Philister"; weiter: Der Gott Bethel, Archiv für Religionswissenschaft
28 [1930] S. 1—24; Baal Zaphon,
Zeus Kariös und der Durchzug der Israeliten durchs
Meer [1932]; der Gott des Tabor und seine Verbreitung
, Archiv für Religionswissenschaft 31 [1934] S. 14
bis 41.) Auch daß er die einschlägige Literatur allseitig
und umsichtig benutzt hat, bedarf bei ihm keiner weiteren
Bemerkung. — Das Heft, dem eine Übersichts-

j karte von Syrien und Palästina beigegeben ist, führt den
Stoff in folgender Anordnung vor: I. „Das Verhältnis
i der Philister und Phönizier zu anderen Völkern und Kul-
j turen", und zwar 1. Zu Ägypten und Babel-Assur S. 5
bis 6. 2. Zu Israel S. 6—8. 3. Zur ägäischen Welt
S. 8—21. II. „Das Verhältnis der Philister und Phönizier
zu einander" und zwar: 1. Gemeinsamkeiten; a)geo-
! graphische S. 21—23, b) geschichtliche S. 23—26. 2. Ver-
| schiedenheiten: a) „Stellung zu Krieg und nationaler
Machtpolitik einerseits und wirtschaftlicher Weltdurch-
d'ringung und Handel anderseits" S. 26—33; b) „Stellung
zu Kultur und Volkstum" S. 33—35; c) „Stellung
I zur Religion" S. 35—40; d) „Gründe für die Verschie-
j denheiten" S. 40—41. — Bei Teil I ist bemerkenswert.,
| daß nach E. die Einwirkung Ägyptens auf die phöni-
j kische Küste schon vor Niederlassung der Phönikier
daselbst stattgefunden hat und daß sie während der
ganzen Dauer der ägyptischen Oberherrschaft weiter
! bestand, und als die Philister sich an der palästinensi-
: sehen Südküste setzten, waren auch sie unter tiefgehen-
I dem Einfluß der ägyptischen Kultur. Ebenso ist so
wohl bei den Phönikiern wie bei den Philistern anzunehmen
, daß „das kulturelle Erbe, das ihnen die Vorbewohner
des Landes überließen mit babylonisch-assyrischen
Elementen durchsetzt war" (wobei übrigens die
huritische Welt mit eingeschlossen zu denken sei). —
Von dem Verhältnis der Philister zu Israel ist wenig
zu sagen. Der Druck von Seiten der Philister hat den
Israeliten den Anstoß zur Entstehung des Königtums
und zur Staatsbildung gegeben. Darnach haben die
Philister nur noch eine bescheidene und kurze Rolle in
der Weltgeschichte gespielt. Anders die Phönikier. Ernsthafte
kriegerische Verwicklungen haben zwischen Israel
und Phönikier kaum stattgefunden. Im Ganzen war das
Verhältnis ein freundnachbarliches, wenn auch Reibungen
nicht ausgeblieben sind. In Kunst und Kultur haben
sie den Israeliten mancherlei gegeben. — Was nun das
Verhältnis der Philister zur ägäischen Welt und Kultur
betrifft, so ist davon wenig genug zu sagen. Woher
sie kamen, steht immer noch nicht fest. Ob aus Kreta,
aus Kappadokien, aus dem nördlichen Balkan? Über Vermutungen
kommt man nicht hinaus. Sicher nur daß
sie nicht Semiten waren. Daß sie aber den Semiten —
vornehmlich den Israeliten — ägäischnnykenisehe Kultur
übermittelt haben, deren Träger sie waren, ist immer
mehr fraglich geworden. Kurzum: bisher weiß man
nicht viel von ihnen über die Notizen im A.T. hinaus. —
Günstiger liegt es betreffs der Phönikier. Zwischen der
früheren Überschätzung ihres Einflusses über das ganze
Mittelmeer hin und der darnach einsetzenden Unterschätzung
desselben hält E. eine gesunde Mittelstellung
ein. Vermöge ihres lebhaften Handelsverkehr mit fremden
Völkern haben sie diesen vieles von ihrer Kultur
und Religion gebracht, ebenso aber auch von diesen
(z. B. Ägypten) übernommen. Interessant ist, daß der
phönik. Gott Baal Hammon, der Hauptgott von Car-
thago, über Kyrene nach der Oase Siwa gekommen ist
und dann etwa vom 6. Jahrh. v. Ch. mit dem ägypi
Amon von Theben gleichgesetzt wurde. So war es „ein
von der gesamten Mittelmeerwelt, Ägyptern, Griechen,
Phönizier-Karthagern verehrter Gott, der Alexander zu
seinem Sohn angenommen hatte und ihm nun auch die
Welt zu Füßen legen wollte" (worüber übrigens E. noch
besonders in einem Artikel „Jupiter Ammon" in „Forschungen
und Fortschritten" handeln wird).

Der Abschnitt II. (Verhältnis der Philister und Phönikier
zu einander) gibt von der geographischen „Gemeinsamkeit
" (Hausen an dem engen Küstengebiet von
Palästina) und ihrer (meist kriegerischen) Berührung
in der vorisraelitischen Zeit Kunde. Sie unterscheiden
sich vornehmlich dadurch, daß die Philister auf militärischem
und machtpolitischem Gebiet Großes geleistet,
wie man hauptsächlich aus dem A.T. erfährt, während
die Phönizier hauptsächlich in Handel und Wirtschaft
sich hervorgetan haben — allerdings, wenn es sich