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Ausgabe:

1937 Nr. 25

Spalte:

454-455

Autor/Hrsg.:

Winkler, Hans Alexander

Titel/Untertitel:

Die reitenden Geister der Toten 1937

Rezensent:

Soden, Wolfram

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453 Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 25. 454

verkörpert. Für die Entstehung der merkwürdigen Gestalt
weist der Hrsg. auf verschiedene Motive hin: an-
gelologische und kosmologische Spekulationen, wie sie
in synkretistisch-jüdischen Kreisen lebendig waren. Ein
deutliches Bild entsteht daraus noch nicht; das Problem

Zügen besteht, die in der gewöhnlichen Erfahrung zusammen
vorkommen und sich zu einem einheitlichen
Ganzen zusammenschließen, fordert das Bild nur als Totalität
etwas Analoges in der Sachhälfte. Alle diejenigen
Züge des Bildes aber, die nicht in der gewöhnlichen Erharrt
noch der Aufhellung. ! fahrung mit den übrigen zusammengehören, sollen jeder
Ausführlich bespricht der Hrsg. die verschiedenen , für sich ähnliche Züge in der Sachhälfte haben.
Theorien der Herkunft des Namens Metatron. Er hält So ergeben sich beim Gleichnis vom Sämann 4 Kornes
für wahrscheinlich, daß die Bezeichnung aus einer plexe, die jeder für sich ein einheitliches, relativ sclb-
Verbindung von nsrd und &o6voc. abgeleitet werden muß. ständiges Ganzes sind, aber von denen keiner ein blo-
Der Name bezeichne die Gestalt als den, der den Thron ßes Übergangslied zum andern ist. Vielmehr ist es mög-

nächst dem Thron der Herrlichkeit (Gottes) einnimmt,
bzw. als den „Thron nächst dem Thron der Herrlichkeit"
(wobei „Thron" für den steht, der den Thron einnimmt,
vgl. Test. Levi 3,8; 2. Hen. 20,1; Kol. 1,16). Aus ofi

(ö) <)()i)voq fieyimoc iexä [tövj <lyövov, ö ■Ooövoc <> pjytoroc uet<1 [tov]
ftpovov oder ähnl. entstand die abgekürzte Bezeichnung (j)

|ift« &OOVOV.

Die Leistung des Herausgebers und Kommentators

lieh, den einen oder andern Komplex volktändig zu
entfernen, ohne daß die zurückbleibenden „sinnlos" würden
. Folglich muß jeder Komplex von besonderer Bedeutung
sein und einen analogen Komplex in der Sachhälfte
haben. Diese kann also nicht bloß etwas dem
Bilde als Totalität Ähnliches sein, sondern muß auch
4 Teile enthalten, wie der Verfasser mit zwingender
Beweiskraft nachgewiesen zu haben glaubt. Nun lie-

bar werden!

Marburg. R- Bultmann.

ist eYne 7u7k7ordentliche, die" Achtung und Dank ver- | gen in den Evangelien auch Parabeln in unvollständiger
dient möge sein Werk für die weitere Forschung frucht- : Gestalt vor, deren Sachhaltte ganz oder teilweise fehlt.

Hier ist die Aufgabe der neuen Methode, die mit dem
Bilde zusammengehörige Sachhälfte in dem Umfang zu
rekonstruieren, den sie im Bewußtsein des Verfassers
im Augenblick der Parabelbildung hatte.

Auch wenn man zugibt, daß die vom Verfasser herangezogene
Gestaltungspsychologie (Wertheimer, Köhler
, Koffka) ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der
Mosaiktheorie der sog. Assoziationspsychologie ist, der
die bloße Berührung von Vorstellungen als Ursache
ihrer Reproduktion genügte, bedeuten die hier gemeinten
„Gestalten" doch nur eine neue Art von seelischen
Elementen neben den bisher anerkannten. Es handelt
sich doch nur um sehr partielle Ganzheiten innerhalb
der höheren Ganzheit des Seelenlebens, des Ich, das von
der subjektivierenden Psychologie allein als Ganzheit
angesehen wird (R. Müller-Freienfels). Methodisch der

Madsen, Ivcr K. Die Parabeln der Evangelien und die heutige
Psychologie. Kopenhagen: Levin & Munksgaard. — Leipzig:
J. A. Barth 1936. (175 S.) gr. 8". Kart. RM 5.60.

Die Ansichten über die Erklärungsprinzipien der
Gleichnisreden Jesu lassen sich in folgendem groben
Schema zusammenfassen: Der allegorischen Erklärung,
die aus jeder Andeutung etwas Tiefes und Frommes
herausholen wollte, stellte A. Jülicher die Antithese
entgegen, daß jedes Gleichnis nur eines sagen wolle;
alles andere sei Kulisse. Dann bog man in Hegelscher
Dialektik beide Ansichten zusammen: es sei in den einzelnen
Stücken ganz verschieden, einmal so, bald so.
Dieser subjektiven Entscheidung, die freilich dein Vorwurf
, den jüdischen Boden verlassen und den der grie- j "iTT~*" f L'T''
chischen Hhethorik betreten zu haben, durch ihre Be- j vfrendf ^Perin^ntalpsychologie zuphorig, ver-
schäftigung mit alt-jüdischen Parabeln begegnete, glaubt 0heHthUrh. !3 *v ™S d,eser doch nur/CC,,t
I. K. Madsen eine objektive, allgemein-verbindliche ge- S^^^if^A^h V"rSanP ccrfaߣar s Pd> «e
genüberstellen zu können, indem er die Lehren, der pfy- 1 rratl0nalen Seiten des künstlerischen Schaffens ihr aber
chologie vom Vorstellungsverlauf auf die Erklärung der
Parabeln anwendet.

Bei jeder einzelnen Gleichnisrede Jesu wird zunächst
mit Hilfe der Archäologie untersucht, ob darin Züge
auftreten, die irgendwie außergewöhnlich sind, d. h

völlig verschlossen bleiben. Die hier vorliegende Überschätzung
der „objektiven" psychologischen Methode
wiederholt die Überschätzung der Psychologie für die
Geschichte, wie sie von Seiten des Positivismus begangen
wurde, auf die schon Rickert antwortete: Die Psychologie
, die der Historiker braucht, kann nicht die
Hip""m~it 'unseren "Kenntnissen des Geschehens in neu- I generalisierende sein, weil das geistige Leben gerade
Namentlicher Zeit nicht übereinstimmen. Nach der I in sejn.er Kompliziertheit nachzuerleben ist. ist
Feststellung des Gewöhnlichkeits- oder Außergewöhn- ; ztldem, wie der Verfasser selbst sieht (S. 175) die
lic^hkeitscharikters der einzelnen Züge versucht Madsen Unanfechtbarkeit der von ihm versucl

dann mit Hilfe der heutigen Psychologie eine Erklärung
der Genesis der Parabel zu geben, wie das Bild im
Bewußtsein des Verfassers entstanden sein könne. Z.
B. gehören in der Parabel vom großen Abendmahl ein

V? .... t 1-1 1 1___ :__ J__ ET_c „ t__

klärung von der Umsicht der Genauigkeit der Dokumentation
des Gewöhnlichkeits- oder Außergewöhnlichkeitscharakters
der Parabelbilder abhängig, so ist damit die
Vorrangstellung der von ihm „archäologisch" genannten

großes Mahl und viele Geladene m der Erfahrung i Methodik zugegeben, deren stets fragmentarisches Ma-

immer zusammen. Auch bei der Wiederholung der , teriai so wenig gewürdigt wird wie die von Simmel

Einladung und den Entschuldigungen liegt nirgends Spranger und Litt herausgearbeitete Problematik des

eine Notwendigkeit vor, das eigene Gebiet des Bildes „Verstehens". So muß von dem Versuch Madsens, die

zu verlassen. Dagegen ist der Zug ganz unerhört, daß ; Erklärung der Gleichnisreden gegenüber den bisheri-

sie alle sich zu entschuldigen beginnen und der Befehl, gen Schwankungen „auf sicherer Grundlage" aufzubauen

Leute aus den Straßen zum Mahle herzubringen. Aber ieider festgestellt werden, daß er nicht imstande ist

die Ausdehnung der Einladung und das Notigen sind j den durch die älteren Forschungsmethoden erreichten

wieder nur ein natürliches Fortschreiten in etwas schon : Gipfelpunkt zu überschreiten.

Begonnenem, sind Züge, die durch raumzeitliche Be- | Quakenbrück._H Vorwahl

voll zusammenhangen. Dagegen finden die außerge- spenster imd Dämonen> Hejli?e und verzückte, Totenkult und Priester-

wöhnlichen Züge dadurch ihre Erklärung, daß die bach- tum jn einem oberägyptischen Dorfe. Stuttgart: W. Kohlhammer 1936

hälfte der Parabel (aus der Sphäre des Reiches Gottes) | (vill, 144 S., l5Taf.) gr. 8°. rm 6

parallele Züge enthalten hat, und von diesen Zügen Wer mit der Kenntnis der offiziellen Theologie des

aus hat das Bewußtsein während der Parabelbildung Islam an dieses Buch über den oberägyptischen Gei-

die analogen, aber im Gebiet des Bildes außergewöhn- sterglauben herantritt, glaubt sich zunächst in eine

liehen Züge konstruiert und dem Bilde eingefügt. fremde Welt versetzt. Wir finden in den Dörfern nörd-

Aus diesem Entstehungsprozeß leitet Madsen die ' lieh des alten Theben den uralten Glauben an die Wirk-

Richtlinien ab: Wenn ein Parabelbild ausschließlich aus lichkeit und die Macht von Totengeistern und anderen