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Ausgabe:

1937

Spalte:

432

Autor/Hrsg.:

Schowalter, August

Titel/Untertitel:

Deutschgläubige Schlagworte evangelisch beleuchtet 1937

Rezensent:

Fascher, Erich

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Seite 1

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431

Theologische LiteraHirzeitung 1!U>7 Nr. 23.

432

gegen die „beiden Nebenwege" (S. 72—96), auf evan- j Jahre nach Erscheinen dieser Schrift auf diese auf jeden

gelisch Erziehung zu treiben. Es sind der pietistische
Nebenweg, der sich aber auch in aller unter dem Einfluß
der Inneren Mission stehenden Theologie zeigt,
und der dialektische Nebenweg, als dessen Hauptvertreter
Fror mit knappen, klaren Strichen sehr gut Bohne
und Tilling kennzeichnet. „Es ist evident, daß beide
Tendenzen, der Gegenstoß gegen die unevangelische Säkularisierung
und der gegen die unevangelische „Ver-
chrtstlichung" der Erziehung, in wesentlichen Punkten
einen diametralen Gegensatz bilden. Hier betont man
den dritten Artikel: hl. Geist, Gemeinde, Vergebung,
Gnade, Taufe, Glauben; dort betont man den ersten Artikel
: Schöpfungsordnung, Weltlichkeit, Gesetz. Hier
sollen Verkündigung und Erziehung verbunden,, dort

Fall beachtenswerte Antwort Frörs hingewiesen worden
ist.

Frankfurt a. O. Kurt Sc h r ö d er.

Schowalter, D. August: Deutschgläubige Schlagworte evangelisch
beleuchtet. Berlin: Kninzverlag 1935. (87 S.) 8°. RM 1.50.

In alphabetischer Reihenfolge behandelt der Verfasser
eine Reihe von Themen, welche heute besonders
gern von deutschgläubiger Seite dem Christentum vorgehalten
werden. Ob es der angebliche Fluch der Arbeit
ist, welche der Auffassung des nordischen Menschen
widerspricht oder die Furcht, welche den Charakter
des Menschen verdirbt, ob es sich um den Judengott
, die Kirchensteuern, die Lohnsucht im Christen-
getrennt, hier soll die Weltlichkeit der Erziehung über- i tum, die artfremde Theoologie des Paulus oder um

wunden, dort gerettet werden, usw." (S. 76). Aus dieser | die angebliche Tierquälerei handelt, welche die Men-
Gegenübersteliung ergibt sich für Fror die Forderung: sehen der Bibel begehen — immer weiß Sch. ruhig,

„Wir brauchen heute eine Erziehung, die gleichzeitig

besonnen und in seinen Beispielen treffend diese meist

den notwendigen Kampf gegen jede Pseudocbristlichkeit i aus recht oberflächlicher Kenntnis der Dinge stammender
Erziehung führt und zugleich bereit ist, die ganze ' den Einwände gegen Bibel und Christentum zu wider-
Erziehuing unter den Willen Gottes in Evangelium und legen. Er zeigt auch Widersprüche auf, wenn z. B.
Gesetz zu stellen" (S. 76 f.) einerseits die Lohnsucht, andererseits die Bitte um Gnade
Wie die Gegenüberstellung der beiden Nebenwege ! tadelnd vermerkt werden. Uber die Religion der alten
zeigt, handelt es sich bei ihnen um wesentlich theolo- [ Germanen und ihre Bekehrung handelt er sehr sachlich
gische Differenzen. Auf Grund der theologischen An- | unter Anerkennung berechtigter Vorwürfe (/.. B. der Ge-
thropologie, nach der vom Menschen immer zugleich j waltanwendung bei der Sachsenbekehrung). Weil die
geredet werden muß als Geschöpf, als Sünder und als j Auseinandersetzung ohne konfessionelle Enge oder klein-
Getaufter, kann es um des Semper peccator willen weder liehe Rechthaberei geschieht, wird diese Schrift allen
eine Erziehung auf Grund der Schöpfungsordnungen denen etwas zu bieten haben, welche die Wahrheit su-
noch auf Grund der Gnadenordnung geben, denn der chen. Auch der christliche Gegner wird nicht umhin
Mensch verfügt im Erziehungsgeschäft weder über den j können, Tatsachen anzuerkennen. Wenn er das Chri-
ursprünglichen Menschen noch über den neuen, wieder- stentum weiter bekämpfen will, wird er sich mindestens
geborenen Menschen. Und dennoch gibt es eine aller eine neue Begründung suchen müssen. Darum ist diese
weltlichen Erziehung gegenüber besondere Erziehung Schrift recht zu empfehlen.

auf Grund des Evangeliums, d. h. alle menschliche Er
ziehung geschieht in dem Glauben, daß Gott durch die
Verkündigung der Vergebung hindurch sein Erziehungsgeschäft
an dem Menschen treibt. Denn die Vergebung
ist nicht nur ein forensischer Akt, sondern das Werk
des heiligen Geistes am Menschen sowohl als rnorti-
fieatio carnis wie auch als nova vita spiritualis. Darum
kann die evangelische Erziehung nicht länger als Sonderfall
allgemeiner Erziehung, sondern allein als Sonderfall
des gesamten evangelischen Handelns angesehen
werden. Das zeigt sich bei den Fragen: warum wird
erzogen? und wer erzieht? auf die die Antwort lautet:
das Kiind braucht Erziehung und die Erziehung treibt
der jeweilig Nächste. Das Erziehen steht unter der
voeatio. Darum ist evangelisches Erziehen unbelastet
von dem Problem: Erziehen oder Wachsenlassen; wo
alles allein um des mandatum willen geschieht, gibt es
weder einen furor paedagogicus noch ein taedium paeda-
gogicum. Neben dieser Erziehung auf Grund des Evangeliums
spricht Fror sehr eingehend (S. 36—56) von
der Erziehung mit dem Gesetz. Um des semper peccator
willen ist sie unbedingt nötig. Sie hebt aber auch keineswegs
den evangelischen Charakter der Erziehung auf.
Wie stark es ihm um die Wahrung dieses evangeli-schen
Charakters geht, zeigt die Stellungnahme zu der Frage
nach den natürlichen Eigengesetzen im erzieherischen
Handeln. Sie dürfen vom evangelischen Erzieher um
ihrer Natürlichkeit willen nicht abgelehnt werden, aber
er darf sie als Eigengesetze auch nicht unbesehen übernehmen
, weil sie immer in eine bestimmte Weltanschauung
eingebaut sind. Da sachliche Eigengesetzlichkeit und
erzieherische Gesamthaltung nie zu trennen sind, gibt
es keine neutrale Erziehung, sondern nur eine bestimmte !
dogmatische Erziehimg.

Wohl selten ist die Frage so brennend gewesen,
ob und in welchem Sinne es evangelische Erziehung
gibt. Daraus mag man es verstehen, daß heute vier

Jena. Erich Fasch er.

In Kürze erscheint:

Der mittelalterliche Mensch

Aus Welt und Umwelt Notkers
des Deutschen gesehen

Herausgegeben von

Paul Th. Hoffmann

Zweite, neubearbeitete Auflage
Etwa 300 Seiten Preis RM-6—; gebunden RM 7.50.

Das Buch hat bei seinem ersten Erscheinen im In- und Ausland
lebhafte Anerkennung und Zustimmung erfahren. Eine
Zeit, die sich wie die uiißrige wieder tief auf die nationalen
und seelisch-geistigen Werte unseres Volkes besinnt, dürfte
noch weit mehr als die jüngste Vergangenheit Verständnis
haben für die großen Leistungen Notkers des „Deutschen"
(um 1000 n. Chr.), um den als die reinste Verkörperung
mittelalterlichen deutchen Wesens die Ausführungen des
Buches kreisen. Mit Ergriffenheit erkennen wir daraus, wie
die germanische Seele der Notker, Ekkehart und anderer,
deutsche Art und ein deutschem Empfinden gemäßes Christentum
tief innerlich beseelend schuf und sich gegen die
Herrschaft der antiken Welt behauptete. Dieses Buch, eine
der farbenreichsten Schilderungen der großen und reichen
Kultur des Mittelalters, läßt klar erkennen, wo wir in dieser
Vergangenheit die besten Kräfte unseres Volkes finden und
wo wir bei aller Aufgeschlossenheit für den Reichtum des
Mittelalters zur Forderung einer Überwindung desselben
kommen müssen.

»

J. C. HINRICHS VERLAG / LEIPZIG

Diesem Heft liegt ein Sonderangebot antiquarischer theologischer Werke aus dem Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, bei

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 20. November 1937.

Verantwortlich: Prof. D.W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinfiel!s Verlag, Leipzig C 1, Scherlstralie 2. — Druckerei Bauer in Marburg.