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Ausgabe:

1937 Nr. 2

Spalte:

426-427

Titel/Untertitel:

Auslandsdeutschtum und evangelische Kirche. Jahrbuch 1936 1937

Rezensent:

Usener, Wilhelm

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425 Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 23. *426

Diese Kritik ist von G. glänzend herausgearbeitet, im Wunder der Erleuchtung Gott offenbart. Die Ver-
allerdings bezieht sie sich fast ausnahmslos auf den hüllung der Menschwerdung Christi, die Heimlichkeit
jungen Barth, vor allem auf den B. der ersten seines Königtums besteht hierbei darin, daß sie „v e r-
Auf lagen des „Römerbriefs". Daß B. seitdem hell- wechselt" werden kann: Die Gestalt Jesu Christi kann
höriger geworden ist angesichts der immer drohen- mit einem Thora-Lehrer, die Ereignisse der Jahre 1—30
den Nähe des „theologischen Schicksals", bezeugen die können mit einem Stück Religionsgeschichte „verwech-
kritischen Bemerkungen, die er im „Credo" seiner Rö- seit" werden. Die gleiche Erscheinung, die sich hier
merbriefzeit widmet (a. a. O. S. 159). Es kommt mir 1 auf der Ebene des Geschichtlichen ergibt, enthüllt sich
aber in dieser Rezension nicht darauf an, die Polemik im Raum der Verkündigung und des theologischen Denan
ihren einzelnen Punkten aufzugreifen oder auch kens auf der Ebene des Begrifflichen: „Das" gespro-
nur die Polemik auf die verschiedenen Grundhaltungen j chene und geschriebene Wort, „das" Wort der Kirche
von B.s und G.s Theologie zurückzuführen4, sondern und aller Dogmatiken kann „verwechselt" werden mit
es kommt mir vor allem darauf an, die letzten Grund- „den" Worten, die „die Welt" im Munde führt. Der
Ugea-Probleme aller Theologie sichtbar zu machen, Prophete rechts, der Prophete links und das Weltkind

die durch G.s Buch — fast ungewollt wohl — gestellt in der Mitten bilden ein gut ausgerichtetes Glied--

werden. Wir haben dabei das Kardinal-Problem mit , von außen gesehen. Und tragen sie nicht auch die
der Idee des „theologischen Schicksals" umschrieben. gleiche Uniform — — von außen gesehen? Die Ver-
Das Entscheidende von G.s Buch scheint mir da- , hüllung der Offenbarung Gottes in Jesus Christus und
mit dies zu sein, daß er ein Versäumnis der B.sehen | in der Theologie seiner Kirche ist die „Verwechselbar-
Theologie nachholt, daß er nämlich die Frage nach der keit", die geschichtliche und die begriffliche.
Beziehung von Offenbarung und Wirklichkeit stellt und 1 Das ist das Geheimnis der Offenbarung: daß nur
hiermit zusammenhängend die Frage danach, inwiefern der Knecht den König erkennt (aber nicht der Zaun-
das („philosophische") Vorverständnis dieser Wirklich- ( gasT) der von außen hereinsieht) und daß seine Stimme
keit, oder anders: inwiefern das heimlich durch Sprache nur gehört wird von dem, der aus der Wahrheit ist:
und Begriffe sich einschmuggelnde Verständnis dieser Der sjen.t) wie alle von ihm in Dienst genon nnene GeWirklichkeit
unsere theologische Beschreibung der Offen- , schichte (alle Heilsgeschichte) und alle von ihm in
barung mitforme. Das Gericht, das diese von B. ver- Dienst genommenen Begriffe (alle Theologie und Lehre)
leugnete Frage über seine Theologie bringt, ist be- zu jnm h i n blicken, und daß dieser Blick sie heiligt,
trächtlich und offenbart viele Wunden. Aber man darf aucn Wenn sie die Gewandung des Bettlers tragen und
dies Gericht nur aussprechen, indem man sich selbst dabei sehr ferne stehen. Aber freilich auch aus dieser

--nicht nur unter das gleiche Gericht gestellt, ; Von Gott so gewollten Not (ihr Sinn bildet ja das

sondern auch von ihm verdammt und dennoch von ; tiefste Kapitel in jeder rechten Theologie!) haben wir

der Verheißung befreit sieht. , keine Tugend zu machen: Der Knecht wird sich durch

Das führt uns zu einem letzten besinnlichen Schluß- j an seine Zeit hin erinnern und sagen lassen, daß seine

gedanken: so inadäquaten, verwechselbaren Begriffe wieder Buße

Es hängt mit dem hier laut werdenden „theologi- tun, sich hassen und töten müssen, und diese Buße wird

sehen Schicksal" zusammen, daß alle Theologie, die ihn behüten, nun selbst wieder das Geistlicharm-sein,

man nur nach ihren Worten und Begriffen, nach ihrem das Zöllner- und Sünder-sein seiner Begriffe zum Mittel

„in re" beurteilt und nicht nach dem, wohin diese inada- ( eines jeau/flodai und eines naiv klugen pecca fortiter zu

quaten Worte und Begriffe blicken, d.h. daß alle so , macben

y o n a u ß e n gesehene Theologie .nit einer Existenzphi- Aber mit diesen Erwägungen ist die Rezension schon

losophie verwechselt" werden kann. Man kann z B. , über ih hinausgewachen Und wenn ein Weniges da-

_ wie das Jaspers in einem letzthin veranstalteten vQn frü(Mbu *-„ solu SQ mö der Dant dei;t

Seminar-Dialog den, Verf. gegenüber tat - Kierkegaard , ß fa Q m sei das fruchfbar ^ um

so deuten: Man kann meinen alle seine Begr ffe losge- sejne Antworen mit bedrängenden und erregenden Fra-

löst von der ihn doch erst ermächtigenden und jene Be- füüt . . *> Jf Srhüler Vw^nn ich

griffe in Dienst nehmenden Autorität von der Autorität ff^ta^

Jesus Christus, verstehen zu können. Denn jene Begriffe ^ (und . ^ Fall ist das Buch dieser Lehrer abtauchten
doch auch in der säkularen Philosophie auf, ^ h, ht bleibt "
seien hier sinnvoll und wären also aus ihrem eigenen Ge- ' '

wicht heraus zu verstehen. Man kann meinen, bei Kier- i Heidelberg/Erlangen. Helmut Thiel icke.

kegaard statt Jesus Christus etwa nur „Transzendenz" i — —---

sagen zu brauchen, um seinen theologischen Star zu Auslanddeutschtum und evangelische Kirche. Jahrbuch 1936.

stechen und ihn in den Lichtdom der Existerizphilosophie ; Hrsg. von D. Dr. Ernst Schubert. München: Chr. Kaiser 1936.

zu stellen. <340 s-> 3 Taf ) 8°- Geb. RM 4—.

In gemäßigter und nur wenig modifizierter Form Das Jahrbuch 1936 eröffnet wieder der Leiter des

macht ja G. an B.s Theologie den gleichen Versuch kirchl. Außenamts der deutsch-ev. Kirche Theodor

(wenn ich hier von den berechtigten Einzelvorwürfen He ekel mit einem Beitrag Oxford, der gut in die

absehe, die ich skizzierte). demnächst in Oxford zu behandelnden Probleme der

Daß dieser Versuch möglich ist, hängt mit der erör- Weltkirchenkonferenz für praktisches Christentum mit
terten Knechtsgestalt der Theologie — und mit der dem Thema „Kirche, Volkstum und Staat" einführt. Das
Knechtsgestalt ihres Meisters zusammen. Es offenbart Arbeitsprogramm des Genfer ökumenischen Forschungs-
sich hier nichts Geringeres als das Schicksal der Mensch- . Instituts, das in Chamby vom Exekutivkomitee aufge-
werdung Christi, der in die Gestalt dieser Welt einge- stellt wurde, wird in großen Linien wiedergegeben, 200
gangen und an Gebärden (Phil. 2) — — und an Be- bis 300 der fähigsten christlichen Denker, Theologen
griffen als ein Mensch erfunden ist. Dieses Schick- ujnd Laien, sind mit dem Studium dieser Fragen in aTier
sal besteht darin, daß sie Offenbarung und Verhüllung Welt beschäftigt. In klarer Weise werden die verschie-
in eins ist; daß sie die Ohren zum Taub- und die denen Auffassungen über Staat, Kirche und Volk charak-
Augen zum Blindwerden bringen kann (Jes. 6, 10; Mt. terisiert. Eine grundsätzliche Besinnung auf den Wert
13,11—15); daß sie nicht „mechanisch", sondern nur der ökumenischen Bestrebungen und eine Übersicht über
-- .... sie macht den Anfang; der Weg von Stockholm nach

4) Hinsichtlich der Kritik an Q., dessen ganze Theologie ia rar ein Qxford wird anschaulich dargelegt. . Die Fraee der

letztes Verständnis seiner Polemik ZU kennen nötig irtdarf idM«ri 0k christüchen Konfession,en ist Ebenso tief ai.fgCWÜhlt

kritische Aimeinindcrsetzung in meinem Buch „Geschichte und txistenz x , , "ci auigiwumi

tSS„ ^SfAwMhrilchkdl ist hier wegen Raummangel nicht wie die Rassenf rage brennend geworden .st." Der Text

möglich der Botschaft von Stockholm beschließt die außerordent-