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Ausgabe:

1937 Nr. 23

Spalte:

417-418

Titel/Untertitel:

Rervm Chalcedonensivm collectio Vaticana 1937

Rezensent:

Koch, Hugo

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Seite 1

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417

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 23.

418

halten ! — S. 34 A. 2: Der Inhalt der Mythen ist ohne jedes Interesse!
Zur Zeit Hadrians und in der Folgezeit war die Einstellung anders. —
S. 11 I (13, 14 f.). Was konnte einen späteren Schreiber zu diesen
Sätzen veranlassen? — S. 134 (I 4, 7 — 14): Die Mahnungen beschränken
sich auf lauter Andeutungen. „Es ist nicht glaublich, daß ein frei
Dichtender so geschrieben habe". Ähnliches gilt für die Dürftigkeit der
Situationsangaben im II. Tim. (S. 21 lf. 224). — S. 250 A. 2 (II 3, lff.):
Dali Dicht die Furcht vor Marter und Tod, sondern die Gier nach der
Lust die Kirche schwächt, reicht vielleicht aus, die Verhaftung des Paulus
vor 64 zu datieren. — S. 256 (II 3, 12): Auch hier wird nicht vom
Martyrium, sondern nur von der Verjagung der Christen aus Stadt und Dorf
gesprochen. — 268 f. (II 4,16): Der römischen Gemeinde liegt nichts
am Leben des Paulus — im zweiten Jahrhundert rühmt sie sich der
beiden Märtyrerapostel.

Diese und andere für die Echtheit der Briefe geltend gemachten
Beobachtungen weiden verstärkt durch die die ganze Auslegung begleitenden
Anmerkungen, die Parallelen zum Sprachgebrauch der Past.
aus den älteren Paulusbriefen notieren. Die behaupteten Abweichungen
der Theologie der Past. von der der älteren Paulusbriefe werden z. T.
eindrucksvoll besprochen und überzeugend widerlegt. Um so mehr bedauert
man, daß die übrigen Einwände gegen die Echtheit der Past.
nicht oder nicht genügend gewürdigt werden. Das Echtheitsproblem ist
erheblich komplizierter, als es die Auslegung Schlatters erkennen läßt,
so überaus wichtig und zutreffend die Beobachtungen sind, die er
zugunsten der Echtheit beigebracht hat.

Göttingen. Joachim Jeremias.

Acta Conciliorum Oecumenicorum iussu atque mandato Societatis
Scientiarum Argentoratensis ed. Ed. Schwartz. II, II, 2. Berlin:
Walter de Oruyter & Co. 1936. (XI, 120 S.) 4". RM 35-.

Vom 2. Bande der Schwartz'schen Ausgabe der Akten
des Konzils von Chalcedon, der die Versiones par-
ticulares bringt, enthielt der 1932 erschienene 1. Teil
die Collectio Novarensis de re Eutychis (siehe diese
Ztg. 1933, Sp. 10 f.). Der vorliegende 2. Teil bietet die
Collectio Vaticana, sowie die canones und das Symbolum
aus verschiedenen Sammlungen, nämlich der sog. Prisca,
den Versiones des Dionysius Exiguus, der Dionysiana
aueta, der Hispana, der Handschrift des Meerman-
Westreen-Museums im Haag und der sog. Sammlung des
Diakons Theodosius. Über die handschriftlichen Verhältnisse
unterrichtet die Praefatio. Die vatikanische
Sammlung ist aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt
, wie schon daraus hervorgeht, daß die Ansprache
des Kaisers Marcian zweimal erscheint. Auch sind einzelne
Stücke nur den co.dd. AO (Vatic. 1322 und Novar.
30) eigentümlich, andere mit anderen Sammlungen gemeinsam
, vor allem mit der von Paschasius Quesnel
erstmals herausgegebenen, weniger mit der von St. Blasien
. Von dieser hat Schw. fünf Handschriften benutzt,
und S. VI—IX gibt er von dem die Sammlung enthaltenden
Teil des cod. Lucensis 490 eine nähere Beschreibung
, weil der sonst so sorgfältige F. Maassen hier nur
die ungenügenden Angaben Mansis wiederholt. In dieser
Hdschr. sind nämlich die canones und das Glaubensbekenntnis
weit von einander getrennt, weil offenbar
in ihrer Vorlage einige Blätter aus dein Zusammenhang
gelöst und an einen andern Ort geraten waren. S. X ff.
erörtert Schw. die Frage, ob aus den codd. AO mit
Hilfe der Sammlung Quesnels und sachlicher Erwägungen
die ursprüngliche Sammlung bloßgelegt werden
könne, und er wendet sich vor allem gegen die Vorstellung
, daß schon die Ursammlung auch die canones
enthalten habe.

Hier spielt auch die Tatsache herein, daß der Ansprache
Marcians an das Konzil die Kaiserin Pulcheria
anwohnte. In den griechischen und lateinischen Gesta
selbst ist diese Anwesenheit verschwiegen. Sie steht
aber durch die Angabe im Briefe des Patriarchen Ana-
tolius an Papst Leo I. (vol. I, 249, 17 f.) und die Vorbemerkung
in der vatikanischen Sammlung (p. 97,16f.)
außer Zweifel. Schw. hatte früher vermutet, daß ihre
Erwähnung zur Zeit Justinians aus den Akten gestrichen
worden sei. Inzwischen aber hat er eine andere
Lösung der heiklen Frage gefunden, und damit löst
er sein in der Praefatio zu vol. I pars III p XXIII
gegebenes Versprechen ein: Pulcheria setzte es offenbar
bei ihrem Gemahl durch, daß sie in der Konzilssitzung

zugegen sein durfte, aber so, daß ihre Anwesenheit,
weil etwas Neues und Unerhörtes, in den Akten nicht
vermerkt wurde. Sie wurde aber von den Legaten
des Papstes nach Rom gemeldet, und die entsprechende
Angabe kam so in eine im römischen Archiv aufbewahrte
kleine Sammlung hinein, die dann in die erwei-

1 terte vatikanische Sammlung aufgenommen wurde.

Die canones wollte Schw. ursprünglich nicht be-

: handeln, sondern Turner überlassen, da ihre Rezension
auf genauer Kenntnis der dionysischen Übersetzungen
beruhen muß, aus denen sie in allen lateinischen Über-

' Setzungen der Gesta genommen sind. Der vorzeitige
Tod des ausgezeichneten Gelehrten veranlaßfe nun den
Herausgeber, nicht bloß die dionysischen, sondern alle
versiones beizufügen. S. XIV ff. gibt er einen Überblick
über die Geschichte der griechischen und lateinischen
Kanonessammlungen vor und nach Chalcedon. Ein griechisches
corpus ging in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts
aus der Kirche von Antiochien hervor, ein lateinisches
, irrig nach Isidor benannt, aus der afrikanischen
Kirche kurz vor dem Einmarsch der Vandalen.
Der griechischen Sammlung wurden nun die canones von

; Chalcedon einfach angehängt, während sie im Lateini-

- sehen für sich umliefen. Es sind davon zwei versiones
vorhanden: die eine, nur die canones enthaltend, in der
Hdschr. 9 des Museums Meermann-Westreen im Haag,
und die andere, aus den griechischen Gesta selbst entnommen
und übersetzt, im cod. Veronensis LX. In
der sog. Prisca, d. h. der älteren dionysischen Samm-
(ung, sind erstmals die canones von Chalcedon mit
den der früheren Sammlung verbunden. Nach den
scharfsinnigen Beobachtungen Schw.'s waren die Veranstalter
dieser Prisca Anhänger des Papstes Gela-
sius I., denen der Umstand peinlich war, daß sie gleichzeitig
den can. 28 über die rechtliche Stellung des
Stuhles von Konstantinopel verwerfen mußten, während
sie das Glaubensbekenntnis von Chalcedon gegen den
Kaiser Anastasius aufs entschiedenste verteidigten.
Darum hängten sie den canones von Chalcedon die von
Konslantinopel (381) so an, daß can. 28 von Chalcedon
als letzter canon von Konstantinopel erschien (p.
138,24), wie auch im die Reihe der Bischöfe, die zu
Konstantinopel unterschrieben, die päpstlichen Legaten
für Chalcedon eingefügt wurden (p. 139,40). Man
muß sich nur zu helfen wissen.

Inzwischen ist auch von vol. III die pars 2 erschienen
, die die Actiones II—VI der von Rusticus
verbesserten versio antiqua enthält. Sie soll aber zusammen
mit der im Druck befindlichen, den Band abschließenden
pars 3 angezeigt werden.
München. Hugo Koch.

Gogarten, Friedrich: Gericht oder Skepsis. Eine Streitschrift
gegen Karl Barth. Jena: Eugen Diederichs 1937. (157 S.) 8°. RM 3.80.
Es kann nicht Aufgabe dieser Rezension sein, den
erregenden und verwickelten Angriff Gogartens auf
Barth in seinen einzelnen Phasen zu verfolgen. Dieser
Angriff ist vor allem deshalb so autwühlend, weil
hier die theologischen Akten über ein Stück gemeinsam
gelebter Kirchengeschichte mit all ihren geistigen
und geistlichen Hintergründen geschrieben — — und
geschlossen werden. Zunächst scholastisch anmutende
Fragen der Trinitätslehre und Christologie offenbaren
hier ihre angreifende Aktualität, weil alle Differenzen
in diesen „himmlischen" Dingen jene Konsequenzen des
Bruchs und des Abschiednehmens „auf dieser Erde"
zeitigen und damit sichtbar machen, daß es da allenthalben
nicht um belanglose Schulunterschiede theologischer
Spekulation, sondern um "kirchliche Entscheidung mit
ihren sehr konkreten Scheidungen geht. Der Angriff
! G.s arbeitet dabei mit umfangreichem Quellenmaterial
| aus B.s Schrifttum und spielt sich auf den Schlachtfeldern
aller belangreichen theologischen Problemgebiete
ab. Er ist aber mit übersichtlicher Strategie vorgetragen,
| so daß es trotz der Vielheit seiner Verzweigungen nicht