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Ausgabe:

1937 Nr. 22

Spalte:

396-399

Autor/Hrsg.:

Vries, Jan de

Titel/Untertitel:

Religion der Nordgermanen 1937

Rezensent:

Clemen, Carl

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Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 22.

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bis 2S3 finden sich Bemerkungen von J. Zolli über „Das Buch
Sahir", ein altes kabbalistisches Werk, das, gegen 1000 n. Chr. in der
Provence entstanden, unter verschiedenen Namen umgeht und gegen
1200 erstmals unter diesem Titel erwähnt wird, erstmals gedruckt in
Amsterdam 1651, die erste gute deutsche Übersetzung von G. Scholem,
Berlin 1933.

München. Hugo Koch.

Recherches de Science Religieuse. Tome XXVI, 1-5. Paris:
Bureau de la Revue 1936. (640 S.) gr. 8". Fr. 32-.

N.T. R. Pautrel, Les canons du Mashai rabbini-
q u e (S. 5 — 45), gewinnt aus einer Reihe rabbinischer Gleichniserzählungen,
die er vorführt, gewisse Arten und Regeln dieses „mündlichen Stils",
vergleicht damit die Gleichnisse Jesu und zieht daraus Schlüsse für ihre
wörtliche Echtheit. — P. J o ü o n liefert Beiträge zur Erklärung neu-
testamentlicher Stellen, S. 80- 85 zu eafrrjTa Xuujtnöv von Luk. 2 3,11:
es diente nicht zur Verspottung Jesu, sondern wurde ihm erst nach der
Verspottung umgelegt, als er zu Pilatus geschickt wurde, und sollte seine
Unschuld ausdrücken. S. 185 —189: philologisch genaue Erklärung von
Col. 3,5—11 mit besonderer Berücksichtigung des äjce>c8i)oäuEvoi in
v. 9. S. 454—464 zum Epheserbrief (gerichtet nicht an die Epheser,
sondern wahrscheinlich nach Laodicea) mit Berücksichtigung der Peshitto,
1, 12: jtpoTiXmxoTcn; ev ttp Xqiöt(ö bezieht sich auf Paulus und die
aus dem Judentum gekommenen Christen; 2, 1—3: ev oTc, in v. 3 geht
auf jtaQOjrccöuaoi xai diiaptiaic, von v. 1, nicht auf inoT? xfc, öuxei-
i'Kac, von v. 2 ; 2, 15: EvroA.ru = Gebote, ööyu,aTa = Einzelsatzungen;
3,13: Subjekt von EyxaxEiv ist Paulus, nicht die Briefempfänger;
3,15: 7tatQid = Vaterschaft, nicht Nachkommenschaft; 4,28: EQya-
^onevos x6 ävaOöv = das irdische Gut sich erarbeitend, u.£Ta8iö6vai
nicht „geben", sondern „davon mitteilen"; 5, 18f.: jtXr|Qoi)rr{>e ev
zivsviaxi nicht „seid voll des Geistes", sondern „seid voll (trunken)"
im Geiste, geistig im Gegs. zu u.i) iieüijöxegöe olv<j) (nebenbei bemerkt
eine biblische Brücke zur Übernahme der sobria ebrietas in das
altchristliche Schrifttum); 6, 19: dviEvxsc, TT|V djtEiW)v = die Drohung
nicht ausführend; 6,16: ev xcäaw = unter allen Umständen; 6,18:
ev jrvBuuaTi = geistig, nicht „im (hl.) Geiste"; 6, 19f.: iv ävoi§£i
toü arönatoc, iov = bei der Wieder Öffnung meines Mundes.

Kirchengesch ich te. Altertum. J. Lebreton berichtet
S. 464—467 über die von Campbell Bonner an der Universität von
Michigan 1934 herausgegebenen Papyrusbruchstücke aus dem Pastor
Hermae und beleuchtet ihre Bedeutung an Beispielen. — Cl. Mon-
desert zeigt S. 158 — 180, daß der „Symbolismus bei Clemens
von Alexandrien" nicht bloß in seiner allegorischen Schrifterklärung
liegt, sondern in seiner Auffassung von der religiösen Sprache überhaupt
, nach der in allen sichtbaren Dingen ein geistiger Sinn, der Ausdruck
unsichtbarer Dinge enthalten ist, und daß er als erster der christlichen
Schriftsteller diesen Symbolismus begrifflich zu erfassen und zu
rechtfertigen und daraus gewisse Erklärungsregeln zu gewinnen sucht. —
H. v. Balthasar S. 513-562 und 1937, H. 1, S. 38-64, will die
großen theologischen Gedanken des Or igen es um den beherrschenden
Begriff des Mysteriums ordnen (M. und Theologie, M. und Menschwerdung
, M. und Sakramente) und vergleicht ihn zum Schluß mit
Hegel. — A. d'Ales befaßt sich S. 85-92 und S. 579-584 mit den
Glaubensbekenntnissen von Nicäa und von Konstantinopel
und ihrer Fassung auf dem Konzil von Chalcedon. Es
ist die lehrreiche Geschichte eines Irrtums. Man hatte sich nämlich
irgendwo in Frankreich daran gestoßen, daß in der neuesten von Ilmberg
S. J. besorgten Auflage des vielgebrauchten Enchiridion Symbo-
lorum etc. von Denzinger (1932) die genannten Bekenntnisse in ihrer
Fassung von den früheren Auflagen abweichen. d'Ales erklärte dies nun
an Hand der bekannten Abhandlung von E. Schwartz (ZNW 1926,
S. 38—88), mußte sich aber von J. Lebreton (RHE 1936, S. 537—547)
belehren lassen, daß er, wie Umberg, einem Irrtum zum Opfer gefallen
ist, da die zu Chalcedon in der 5. Sitzung gewählte Fassung nicht auf
einer textkritischen Wiederherstellung, sondern auf absichtlicher und
zweckbewußter Abänderung der in der 2. Sitzung verlesenen wirklich
ursprünglichen Fassung der beiden Symbole beruht. Im Enchiridion
steht also jetzt nicht die ursprüngliche, sondern die zu Chalcedon abgeänderte
Fassung, was die Benutzer beachten müssen. — P. Galtier
erörtert S. 385—418 und S. 563—578 die Zeit und den Ursprung des
sog. Tomus Damasi (d.h. der, 24 Anathematismen enthaltenden,
Confessio fidei catholicae ML 13, 354—364), bezüglich dessen die Gelehrten
zwischen 375 und 382 schwanken, und er kommt zum gut begründeten
Ergebnis, daß die letzte Fassung und die Absendung dieses
„Syllabus des 4. Jahrhunderts" der römischen Synode 382 zuzuschreiben
ist, und daß sich darin der Einfluß des Ambrosius verrät. — S. 297
bis 333 handelt d'Ales vom „Schicksal des Commonito-
rium" des Vincenz von Lerinum, und Mich er ist der Anschauung, daß
es versteckte Angriffe gegen die augustinische Gnadenlehre enthält, wie
sie in südgallischen Mönchskreisen umgingen. Seine Ausführungen kamen
mir auf weiten Strecken ziemlich bekannt vor (vgl. TU 31,2, 1907,
S. 1—58), und sie bestätigen die alte Erfahrungstatsache, daß man vermeintliche
oder wirkliche „Ketzer", ohne sie zu nennen, nicht bloß angreifen
, sondern auch benützen kann. Wie frühe es aber in der Kirche

I üblich wurde, unter den Namen alter Ketzer gegenwärtige zu bekämpfen,
I hat vor kurzem Altmeister E. Schwartz in seinem Münchner Akademievortrag
über „Zwei Predigten Hippolyts" (1936) aufgezeigt. — d'Ales
liefert auch wieder mehrere Beiträge zur Erklärung Terlullians,
S. 99 f. bezüglich des R h i n o c e r o s als Symbols des Kreuzes, adv.
Marc. III, 18 u. adv. Jud. 10 (Quelle ist Justin) ; S. 366 f. zu de pud.
22, 9 f. (Erklärung und dogmatische Beleuchtung), S. 468: symbolum
bedeutet de paen. 6 und adv. Marc. V, 1. Urkunde, Siegel, Pfand, wie
I bei Apul. Dogm. Plat. 2 und Aug. Sermo 222. 1 ; S. 585 f. möchte er
J in adv. Marc. IV, 21 (S. 488, 10 — 14 Kroymann) für suscitatus schreiben
sciscitatus, er geht aber dabei von der falschen Voraussetzung aus, daß
I mit post resurrectionem die Auferstehung Christi nach seinem Kreuzestode
gemeint sei, während Tertullian nach dem ganzen Zusammenhang
auf seine vermeintliche resurrectio als wiedererstandener Täufer oder
Elias abzielt. — E. Schultz beleuchtet S. 93—98 den Gebrauch der
Wörter coneurrere und coneursus (= ouvroE^Eiv, o"w8qout|) im altchristlichen
und scholastischen Schrifttum, namentlich von der Vereinigung
der beiden Naturen in Christus. — G. de Jerphanion vermutet
S. 364 — 366, daß die Namen der 3X4 Apostel (darunter Markus
und Lukas) am Grabmal Theodorichs zu Ravenna von der Messe
am Feste aller Apostel im Sacramentarium Leonianum, das
Wohlberg O. S. B. das Sacr. Cassiodori nennen möchte, eingegeben ist.

Religionsgeschichte und Dogmatik. P. Joüon lehnt
S. 181—185 die Erklärung des Wortes religio, religiosus bei Servius
I (von religare) ab und erklärt sich für die Ciceros (von rcligere, d. h.
j was zur Götterverehrung gehört immer wieder im Geiste durchnehmen),
| die der äußerlich formalistischen Haltung der römischen Religion entspreche
und in der jüdischen Religion (vgl. Ps. 1,2) ein Seitenstück
habe. — H. Rondel stellt S. 257—296 und 419-453 „theologische
Erwägungen" über „Hegelianismus und Christentum" an:
er geht aus vom Grundsatz, daß eine lebendige Theologie bei aller
Anhänglichkeit an die „wunderbare Verbindung von Aristotelismus und
Augustinismus in der Summa des Hl. Thomas" sich doch auch in der
Sprache der neueren Philosophie ausdrücken müsse, um „ihre Gedankengänge
sich anzugleichen, in ihrem Wesen zu ändern (!) und so vielleicht
zum Fortschritt des Dogmas selbst beizutragen". Da nun für Hegel
seit der Hundertjahrfeier seines Todes (1931) unleugbar wieder große
Aufgeschlossenheit herrsche — er führt S. 258 auch das Wort Lacheliers
an, daß man „nach den Griechen und den Deutschen die Philosophie
nicht mehr zu erfinden braucht" —, so will der Verf. auch die
Aufmerksamkeit der katholischen Theologen auf sein Gedankengebäude
lenken, von dem die Handbücher der Philosophie häufig nur entstellte
Bilder, wenn nicht geradezu Karikaturen gäben, und seine Berührungspunkte
mit der katholischen Theologie, aber auch die nötigen „Reserven"
I aufzeigen. Zu diesem Zweck weist er zunächst der Hegeischen Philo-
| sophie ihren Platz in der Entwicklung des Kantschen Idealismus an und
j prüft dann nacheinander ihre verschiedenen Teile: ganz kurz Logik und
| Naturphilosophie, ausführlicher die Geistesphilosophie, nämlich Rechts-,
j Geschichts- und Religionsphilosophie (ein Mißverständnis S. 267: „auf-
| heben" bedeutet nicht „assumer", sondern „abolir" oder „abroger").
Zum Schluß streift er die Stellung der Tübinger katholischen Schule zu
Hegel. S. 357—363 berichtet der getaufte Chinese Joseph Wang
I Tsch'ang-tsche über das aus Vorlesungen hervorgegangene Buch »Sagesse
j chinoise et Philosophie chretienne" (Paris 1935) von Bernard, Professor
I am philosophischen Kolleg der Jesuiten in China, worin den Chinesen
j das Christentum als Vollendung auch ihrer eigenen „Weisheit" empfohlen
I wird. — E. Mersch will S. 129— 152 zeigen, daß Gegenstand der Theologie
nicht bloß Gott ist, wie Thomas von Aquin im Anfang seiner
Summa angibt, sondern auch der „Christus totus" (Augustin), und daß
j diese Auffassung durchaus der kirchlichen Überlieferung, einschließlich
des hl. Thomas selbst entspricht.

Moral. Die von einer politischen Fragestellung ausgegangenen
und seit 1934 sich hinziehenden breiten Ausführungen vonG. de Broglie
über die „Innere Bosheit der Sünde: Versuch einer Theo-
j rie der sittlichen Werte" (in diesem Jahrgang S. 46—79 und
S. 297—333) lassen sich nicht kurz zusammenfassen.

München. Hugo Koch.

Vries, Jan de: Altgermanische Religionsgeschichte. Band II:
Religion der Nordgermanen. Berlin: Walter de Gruyter & Co. 1937.
(XV, 460 S.) gr. 8°. RM 12—.

Dem 1., hier in Nr. 2 des vorigen Jahrgangs angezeigten
Band der de Vries'schen altgenrianischen Reli-

! gionsgeschichte ist der 2., der die Religion der Nordgermanen
behandelt, erfreulicherweise rasch gefolgt. Un-

; ter der Voraussetzung, daß bereits in der Bronzezeit
in Skandinavien Germanen wohnten, war von der äl-

I testen dortigen Religion ja auch schon im 1. Band
die Rede gewesen; als Quelle für die sicher germanische
Religion des Nordens werden im 2. zunächst
die Runeninschriften bezeichnet, die erst (S. 21) zwar
als am Anfang unserer Zeitrechnung, dann (S. 63)
aber doch als schon früher beginnend gelten, ebensowie