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Ausgabe:

1937 Nr. 19

Spalte:

339-340

Autor/Hrsg.:

Hudal, Alois

Titel/Untertitel:

Kurze Einleitung in die Heiligen Bücher des Alten Testamentes 1937

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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339

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 19.

340

Hinweis auf seine Beziehungen zu Gedanken und Stimmungen
, die uns von anders woher bekannt sind, zu beschränken
; daneben hat man auf die schriftstellerischen
Mittel zu achten, durch die aus den Einzelstücken etwas
wie ein Ganzes zu werden scheint. Auch unerwartete
Übergänge kommen vor. Griechisches steht neben Ägyptischem
und Jüdischem, das ausgesprochen Hermetische
neben anderem, dessen Herkunft von Plato und aus der
Stoa unverkennbar ist.

Die Analyse (p. XXVII—XXXII) ergibt sechzehn
Einzielstücke, die sich teilweise durch bestimmte einleitende
Formeln und ausleitende Wendungen deutlich gegen
einander absetzen. Man gewinnt von denn Sammler
und Bearbeiter den Eindruck eines Mannes, der überlieferte
fcoyoi nicht übermäßig scharfsinnig auszieht und
abkürzt, den Faden fallen läßt, um einen durch den Zusammenhang
nahegelegten Gegenstand zu behandeln,
und ihn dann nach Belieben wieder aufnimmt. Seine
Ungeschicklichkeit tritt so deutlich hervor, daß man
die zahlreichen Mängel des überlieferten Werkes schwerlich
mit Scott als Folge einer Kette von unglücklichen
Zufällen ansehen kann (p. XXXIII).

Auf andere Weise ist der Stoff in der Kore Kosmu
zusammengesetzt. Auch in diesem Fall wird der Bearbeiter
der Überlieferung nur sehr bedingt gerecht. Er ordnet
das den verschiedenartigsten Quellen entnommene
Material dem großen Thema '.V/voniu. Zi'|Ti)aic. Kroeoic
unter (XXXIII—XLII).

Die Testimonia füllen die Seiten 2—352 mit einem
kleinen Nachtrag auf den Seiten 489—491. Hier ist
wohl alles zusammengetragen, was in irgendeiner Form
von Hermes zu berichten weiß. Allerlei Sprachgebiete
geben ihre Beiträge; das Orientalische wird in englischer
oder lateinischer Übersetzung vorgelegt. Reichliche
Noten und Beilagen führen in das Verständnis
auf sprachlichem wie sachlichem Gebiete ein.

Hier und sodann in den Addenda wird ein Stoffreichtum
erzielt, der den Band für jeden Forscher über
unseren Gegenstand unentbehrlich macht.

P. 491 f. fügt den Addenda ein kurzes Verzeichnis
der darin verwendeten wichtigsten Literaturwerke bei
(statt Werter, J. P. müßte es heißen Wetter, G. P.).

Von besonderem Werte sind die den Schluß bildenden
ausführlichen Indices: Graecitatis, Latinitatis, Lo-
corum (p. 501—569). P. 493—500 und 570—575 enthalten
ergänzende Listen von Lesarten; 575f. Errata.

Mit diesem Bande ist ein Werk vollständig geworden
, das, wie man auch über den eingeschlagenen Weg,
um zu einem ursprünglichen Text zu gelangen, urteilen
möge, durch seine, in der unvergleichlichen Reichhaltigkeit
beruhende, massige Wucht jedem Versuch, es
beiseite zu schieben, Trotz bieten wird. Erhalten wir
nun noch, wie zu erwarten steht, einen wesentlich der
Überlieferung folgenden Text, so wird für alle Weiterarbeit
die günstigste Voraussetzung geschaffen sein.
Göttingen. W. Bauer.

Hu dal, Alois: Kurze Einleitung in die heil. Bücher des Alten
Testamentes. 4. u. 5. neubcarb. Aufl. v. Joseph Ziegler. Graz:
Verlag Styria 1936. (XII, 234 S.) gr. 8°. RM 4.50; geb. 5.70.

Die für katholische Studenten herausgegebene Einleitung
von Hudal ist von Ziegler in 4. und 5. Auflage
neubearbeitet und veröffentlicht worden und hat das
römische Imprimatur erhalten. Sie bietet: 1) Vorbemerkungen
über heilige Schrift, Kanon und Inspiration
, über Quellen und Geschichte der Einleitung, über
Zahl und Ordnung der Bücher; 2) die allgemeine
Einleitung .über den Kanon der Juden, den alt. Kanon
in der kirchlichen Überlieferung bis zur Gegenwart, über
die apokryphen Schriften des A. T., über die Geschichte
des Urtextes und die Geschichte der Übersetzungen; 3)
die besondere Einleitung, Geschichte des Ursprungs der
atl.-Bücher. Dazu kommt ein Anhang über Entscheidungen
der Bibelkornmission. — Man darf bei der Beurteilung
des Werkes nicht aus dem Auge lassen, daß
es für katholische Studenten berechnet ist und für sie
auch recht brauchbar sein mag. Die Darstellung ist
schlicht und klar, der Stoff nach Inhalt und Form gut
! verarbeitet, die einschlägige Literatur, auch die „akatho-
lisch«", verständig benutzt und angegeben, wobei aller-
j dings z. B. auffällt, daß Wellhausens grundlegende Arbeit
i über den Text der Bücher Samuelis 1S71 nicht vermerkt
! ist bei der Literatur über Samuel S. 127. Auch die An-
1 gäbe L. Köhler, der Zweck des Büchleins Ruth in:
j Theologisch Tijdschrift (Haarlem) 1904, 458ff. ist auffallend
. L. Köhler schrieb 1920 in der Schweiz, theol.
I Zeitschrift über das Büchlein Ruth. —

Am wertvollsten erscheint mir für die Studenten die
I lehrreiche Ausführung über die Übersetzungen, die griechischen
, lateinischen, aramäischen (Targumim), sy-
i riscben, lateinischen, koptischen, äthiopischen, gotischen,
armenischen, slawischen. Es ist sachgemäß, daß in einer
für römisch-katholische Studenten geschriebenen Einleitung
die Ausführung über die Vulgata den grö Besten
Raum einnimmt. Und weil die Vulgata der offizielle Text
ist, bietet der Verfasser außer den Schriften der Massora
noch das Büchlein Tobias, Judith und die 2 Macca-
bäerbücher, die Weisheit Salomonis, Sirach, Baruch, die
wir unter den Apogryphen zu suchen gewohnt sind, vväh-
! rend Ziegler sie als deuterokanonisch nimmt.

Es liegt auf der Hand, daß bei der Bindung der
katholischen Forschung an die Entscheidungen der kath.
: Kirche eine Verständigung mit der historisch-kritischen
| Theologie kaum zu erwarten ist. Auch sind die
Angaben im N. T. über Entstehungszeit und Verfasser
| der Schriften als maßgebend gewertet. Daraus ergibt
sich naturgemäß eine volle Ablehnung der Pentateuchkri-
i tik. Der Pentateuch ist der Hauptsache nach von Moses
verfaßt — wobei denn die Bemerkung auffällt, daß die
einwandernden Israeliten die hebräische Sprache von den
Kanaanäern übernommen hätten (S. 34). Auch Mo-
ses, der das „gelobte Land" doch nur von Ferne sah?

Und doch schrieb er den hebräischen Pentateuch? Eben-
i so wird auch sonst die moderne Kritik in ihren Resul-
I taten abgelehnt — allerdings nicht immer zu Unrecht.
! Daß z. ß. die collective Auffassung des „Ich" in den
; Psalmen (d. h. das Ich = die singende Gemeinde) in
j vielen Fällen nicht zutrifft, ist gewiß richtig, aber daß
1 alle Psalmen nur Gebete des Einzelindividuums seien,
ist unrichtig (S. 171). Wenn im N.T. der Psalter geradezu
als „David" aufgeführt wird, auch einige Psalmen
(auch der überschriftlose Ps. 2 in Act. 4,25) als davi-
: disch erscheinen, so beweist das nur für die Auffassung
der Urgemeinde, ist aber nicht bindend. Und der Grundsatz
, wenn sich aus dem Inhalt eines Liedes nichts entnehmen
läßt, was gegen die Überschrift betr. den Ver-
| fasser spricht, so bat man die Überschrift als zutreffend
zu nehmen, was schon Strack behauptet (hier
S. 168), trifft nicht das Richtige. Es kann stimmen,
braucht es aber nicht.

Natürlich ist Jes. 40—66 jesajanisch, und wenn
| Kyros Jes. 44,28; 45,1 als eine gegenwärtige Größe
: erscheint, der Verfasser also zu seiner Zeit lebte,
so ist eben der Name Kyros da eine spätere Glosse!
| „Die Bibelkommission hat am 29. Jumi 1908 erklärt,
daß den gegen die literarische Einheit (nämlich des Bu-
! ches Jesaja) vorgebrachten Argumenten eine zwingende
Beweiskraft nicht zukommt." Damit ist denn die Sache
im Sinne der Abfassung von Jesaja doch erledigt. —
; Es erübrigt sich, im Einzelnen weiter die mit dem katho-
j lischen Standpunkt gegebenen Ausführungen vorzulegen.
I Immerhin kann nicht bloß der katholische Student aus
dem Buche reiche Belehrnug gewinnen — auch der
Andersstehende wird sich durch mancherlei vorgeführte
„Gegengründe" zur Nachprüfung seiner Ansichten vielfach
aufgeregt fühlen. So z. B. betr. der Ablehnung
der Quellen E und J Richterbuch (S. 121), u. a. m.
Bonn. Job. M e i n h o I d t-