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Ausgabe:

1937 Nr. 1

Spalte:

285-286

Autor/Hrsg.:

Bornhäuser, Karl

Titel/Untertitel:

Der Christ und seine Habe nach dem Neuen Testament 1937

Rezensent:

Schneider, Johannes

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285

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 15/16.

286

stehen und klärt die Frage: wie wird es in den endgeschichtlichen
Ereignissen und Drangsalen den Christen
ergehen und wie werden sie sich verhalten? Jerusalem
ist als ,heilige Stadt' allegorisch als ,Kirche Gottes
' zu nehmen. Die beiden Zeugen sind Gottes Helfer
für die treuen Christen der Endzeit; in der Kraft
und Gewalt eines Moses und Elias werden sie erscheinen
; ihre Mission gilt dem lau und heidnisch gewordenen
Teil der Christenheit; sie sind zwei von Christus
gesandte Propheten der Endzeit. Ihre Niederlage,
Auferstehung und Himmelfahrt ist eine Analogie zum
Tode, zur Auferstehung und Himmelfahrt Christi. D. h.
also: Apc. 11,1 — 13 ist weder zeit- noch kirchengeschichtlich
, sondern nur endgeschiebtlich (-allegorisch)
sinnvoll zu deuten.

So befriedigend die vom Vf. gebotene Textanalyse
und Einzeltexterläuterung ist, so gerne man sich durch
seine Übersichten über die bisherigen Lösungsversuche
des so schwierigen Abschnitts unterrichten läßt, so wenig
kann man mit seiner positiven Erklärung zum
ganzen Abschnitt einverstanden sein. Der Vf. begeht
den (von ihm selbst in einem andern Fall auf S. 117
abgelehnten) methodischen Fehler, Apc. 11,1 ff. von
anderen Stellen des N.T. her zu deuten: das apokalyptische
Tier aus dem Abgrund (Apc. 11,7) sei identisch
mit dem pauliniseben ätvöpowto? -nie fivofuui; II.Thess.
2,3; die .Abgegrenzten' (Apc. 11,2) seien die ixXextoi
von Matth. 24,22; der ipeuööxpujTOs xax ehr/Jv von Mth.
24,24 sei wiederum das Tier Apc. 11,7 usw. Das Ergebnis
dieser Gleichsetzungen ist, daß die Exegese von
Apc. 11,1 ff. von vornherein festgelegt ist, alle Erklärungen
außer der endgeschichtlichen abgelehnt werden
müssen, und daß der Vf. viel zu viel aus dem Abschnitt
herausliest, wie die obige Übersicht zeigte. Aber
so geht das micht, will man eine methodisch einwandfreie
Exegese bieten; man kann die Quellenhypothesen,
sowie die Versuche einer zeitgeschichtlichen Deutung,
die der Vf. in ihrer starken Verschiedenheit drastisch
schildert, nicht so kurz abmachen. M. E. muß die
zeitgeschichtliche Deutung — neben der eschatologi-
schen — energischer versucht werden, als es hier geschieht
, ohne daß man Gleichsetzungen in der Art
des Vf. vornimmt.

Riga. H. Seesemann.

Bornhäuser, Karl: Der Christ und seine Habe nach dem
Neuen Testament. Eine soziologische Studie. Gütersloh : C. Bertelsmann
1936. (87 S.) 8°. = Beitr. z. Förderg. christl. Theologie. Bd.
38, H. 3. Kart. RM 2.20.

Die Schrift von B. wendet sich an theologische und
nichttheologische Leser. Der Vf. ist wie in früheren
Studien zum N.T. so auch hier darauf bedacht, den
„Eigensinn" der Quellen von den „Überlagerungen der
wissenschaftlichen und erbaulichen Tradition" zu befreien
. Er tut das auf seine Weise, unter Heranziehung
von rabbinischem Material und unter starker Verwertung
der LXX. B. untersucht die Ausdrücke, die Besitz
und Eigentum kennzeichnen. Im Mittelpunkt steht die
Erörterung des Begriffs t« fljtdoxovra, der vorwiegend
bei Lk. erscheint. Tä bn&Qxovxa ist „Vermögen", in der
Öeutung des Vf.'s: das jederzeit Verfügbare. Daraus
folgt für B., daß Jesus weder zu den Reichen
"och zu den Nichtreichen gesagt bat: „Verkauft
alles, was ihr habt", sondern: „Das Verfügbare
verkauft und verschenkt!" (S. 41). Diesen
Grundgedanken macht B. nun an einer Reihe von Stelen
des N. T., besonders an Erzählungen aus den synoptischen
Evangelien und an Gleichnissen Jesu klar,
kie Forderung Jesu, auf die irdischen Güter zu verachten
, gilt nach B. im wesentlichen nicht dem festlegenden
Besitz, sondern nur dem unmittelbar verfügbaren
Vermögen. — Es ist gewiß richtig, daß die
Auslegung, die B. zu verschiedenen Stellen des N.T.
g'bt, neues Licht auf die Einzelexegese fallen läßt.
°- zeigt sich als ein guter Kenner palästinischer Verhältnisse
. Es ist auch anzuerkennen, daß der Vf. den
Begriffen Mammon, Gut, Vermögen u. a. besonders
nachgeht und neue Gesichtspunkte geltend macht. Aber
es ist nicht zu leugnen, daß B. den Ausdruck xä feidoyovra
(„das jem. Gehörige", vgl. W. Bauer, Wörterb. z. N.T.,
1390) verengt und durch eine allzu starre Festlegung
preßt- Das führt dazu, daß die Forderungen Jesu oft um
ihren eigentlichen, radikalen Ernst gebracht werden.
Denn es kommt nach B. letzten Endes auf den rechten
Gebrauch des Besitzes, auf die Verwaltung des Eigentums
nach Gottes Willen an. Man hat doch den Eindruck
, daß hier eine Einstellung vorliegt, die sich nicht
ganz mit der Grundhaltung Jesu deckt. Wir müssen
also auf der einen Seite dankbar dafür sein, daß der Vf.
uns den Blick für Einzelaussagen des N. T. schärft,
müssen aber auf der anderen Seite geltend machen,
daß nicht die ganze Haltung, ich möchte sagen: die
Grundposition Jesu dem Besitz gegenüber zu ihrem
vollen Rechte kommt.

Berlin. Johannes Schneider.

Clemens Alexandrinus. Erster Band: Protreptikus und Paedagogus.

Herausgegeben im Auftrage der Kirchenväter-Commission der Preußischen
Akademie der Wissenschaften von D. Dr. Otto Stähl in. 2. Auflage
mit zahlreichen Nachträgen und Berichtigungen. Leipzig: J. C. Hin-
richs 1936. (CX, 352 S.) gr. 8°. = Die griechischen christlichen Schriftsteller
der ersten drei Jahrhunderte. Band 12. RM 30—; geb. 34.50.

Die von der Kirchenväter-Commission der Preuß.
Akademie der Wissenschaften herausgegebene Sammlung
der griechischen christlichen Schriftsteller der ersten
drei Jahrhunderte hat 1897 mit Hippolyt Bd. I
zu erscheinen begonnen und umfaßt je'tzt 40 Bde, während
6 Bde. in Vorbereitung sind, so daß die geplanten
50 Bde. bald erreicht sein werden. Bei diesem Monumentalwerk
konnte man im allgemeinen nicht auf
zweite Auflagen rechnen. Daß nun jetzt von dem I.
Bde. der Clemensausgabe Otto Stählins eine zweite Auflage
nötig geworden ist, zeugt von dem lebhaften Interesse
, das Inland und Ausland an diesem Bde. genommen
haben.

Die vorliegende zweite Auflage ist ein sehr geschickt
und sorgfältig gemachter Manuldruck, der die
erste Auflage auch in Kleinigkeiten (vgl. z. B. S. 156,24
das Kolon) wiedergibt, aber zugleich eine große Anzahl
von Nachträgen für die Testimonien und nicht
wenige Berichtigungen teils als direkte Korrekturen des
Textes, soweit es bei diesem Druckverfahren möglich
war, teils gesondert auf den beigefügten Seiten LXXXV
bis CX der Einleitung enthält, wo die direkt in den
Text und in die Testimonien aufgenommenen Verbesserungen
— über 560 — ebenfalls gedruckt und mit
einem Stern bezeichnet sind. Nur selten finden wir etwas
größere Zusätze, z. B. S, 19 Test, oder S. 25,25, wo
der Raum es zuließ; denn die Zeilenzahl durfte wegen
des auf die erste Auflage eingestellten Registers nicht
verändert werden. Im Text sind manche Einschaltungen
der ersten Auflage in der zweiten wieder getilgt, z. B.
gelegentlich (&v) beim Optativ, potent., worüber das
Wortregister s. v. &v Auskunft gibt. Die erste Auflage
des I. Bandes war 1905 erschienen; ich habe sie in dieser
Zeitschrift 1905 Nr. 20 vom 30. Sept. Sp. 541—45
so ausführlich besprochen, daß ich im allgemeinen noch
jetzt darauf verweisen kann. Seitdem haben zahlreiche
Gelehrte den Stählin'sehen Text durchgearbe itet und
ihre Verbesserungsvorschläge und Nachträge veröffentlicht
. Stählin hat diese Gelehrtenarbeit genau geprüft
und für die zweite Auflage mit Nutzen verwendet
vor allem aber auch selbst in vieljähriger Bemühung
den Text an zahlreichen Stellen besser gestaltet. Neben
Stählin sind besonders Jackson und Tengblad als Textkritiker
lobend zu nennen.

Bei meiner Durchsicht der zweiten Auflage habe ich folgende Einzelheiten
notiert. Der Manuldruck, in welchem die Korrekturen fast nicht
zu merken sind, sieht schön aus und läßt sich von einem Neudruck
kaum unterscheiden. Nur selten ist ein Accent beschädigt (S. 180 Test
Z. 3 316,4) oder ein Fragezeichen (S. 150,27) oder ein Spiritus