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Ausgabe:

1937 Nr. 12

Spalte:

213-214

Autor/Hrsg.:

Michel, Otto

Titel/Untertitel:

Der Brief an die Hebräer 1937

Rezensent:

Büchsel, Friedrich

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Seite 1

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Sl8 Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 12. 214

allen diesen Sätzen ein sorgfältiges und begründetes Ur- Jesus bewegt ihn nicht mehr. Der kunstvollen Form
teil feststellen, das diese historische Untersuchung aus- des Hebr. geht er gern nach. Auf die Einzelheiten seiner
zeichnet. Gewiß ließe sich literarkritisch die etwas grobe Exegese einzugehn ist hier nicht möglich. Sie halten sich
Analyse verfeinern (mit derartig allgemeinen Sätzen, wie im allgemeinen auf der Linie einer vorsichtigen Heraussie
S. 70—75 entwickelt werden, verbaut sich die Exe- Stellung des Gesicherten unter Beiseitlassung des nur
gese manche wissenschaftliche Möglichkeit); bestimmte Problematischen. Dabei ist seiner Auslegung in formel-
formgeschichtliche Ergebnisse hätten sich vielleicht doch 1er Beziehung nachzurühmen, daß sie mit Geschick anfruchtbar
machen lassen. Daß unser Verf. grundsätz- i gelegt und gut lesbar ist. Mit Kleinigkeiten und Einzellich
hier nicht abgeneigt ist, zeigt z. B. die richtige Be- : heiten wird der Leser nicht mehr als nötig behelligt,
obachtung S. 198. Gerade'auch das Verhältnis Synop- Viele Fragen, die eine eigene Behandlung von ihren be-
tiker =» Johannes würde unter diesem formgeschicht- i sonderen Voraussetzungen her erfordern, werden in Ex-
lichen Gesichtspunkt reicher werden. Auch theologisch i kursen außerhalb der fortlaufenden exegetischen Unterhätte
mancher Begriff sorgfältiger ausgefeilt werden i suchung erledigt. In der gesamten exegetischen Arbeit
können (z. B der Begriff oixaiootfvri bei Mth.), doch : spürt man das Bemühen „durch das Menschenwort
soll der grundsätzliche Dank für die vorliegende Arbeit ! hindurch Gottes Wort zu hören". Bei aller Sorgfalt in
durch diese Bemerkungen kritischer Art nicht geschmä- der Verwendung der Erkenntnisse und Hilfsmittel philo-
lert werden. ' logischer und religionsgeschichtlicher Arbeit, bei aller
Halle s ' Otto Michel. Offenheit für historisch-kritische Fragestellungen ist

,__^____ ' seine Arbeit doch immer darauf gerichtet, den Verfasser

%m, . „ „ . „ „ „,.,, , . als Verkündiger von Gottes Wort und dieses Gottes

M je hei,.Otto (Lic. theol. habil ..Dozentd-u"'y-™Lc-^nb^: Wort im heilsgeschichtlichen Rahmen zu verstehn. Be-

Der Brief an die Hebräer übersetzt und erklart. Göttinnen: Van- • . , , . » ■ ... "u

denhoeck & Ruprecht 1936. (239 S.) er. 8°. = Kri.-exeget Kom- 1 zeichnend ist das Fuhlung-halten mit Luthers Allste-

mentar Ober das NT burdt. v. H. A. W. Meyer. 12. Abteil«., 7. Aufig. ; gung. Als erster moderner Kommentator nutzt Michel

Die letzte, 6. Auflage der Hebräerbrief-Auslegung ! ?+ bekanntgewordene Verlesung Luthers aus. Aber

in Meyers"Kommentarwerk, von B. Weiß, erschien vor £rt Nachdruck erklärt er daß Luthers Kritik am Hebr.

. " ■ • • ■...... '< i für uns nicht wiederholbar ist und will auch keinen

38 Jahren, während sich bis dahin die Neuauflagen in
Abständen von 6 und 10 Jahren gefolgt waren. Seitdem
War der Hauptkommentar zum Hebr. der von E. Riggenbach
in Zahns Kommentarwerk, der 1913, 1917, 1922
herauskam; neben ihm ist der von Windisch in Lietz-
manns Handbuch 1913. 1931 zu nennen. Michel kennzeichnet
im Vorwort seine Arbeit: sie will die theologische
Tradition aufnehmen, die in Hofmanns und Riggenbachs
Arbeit zugrunde liegt, die auch mit M. Kählers
Paraphrasen verbunden ist. Er spricht von Riggenbachs
„großem und unübertroffenen Werk" mit besonderer
Hochschätzung 18. Daneben weist er auch auf die
Arbeit von v. Dobschütz am Hebr. hin. Dieser sollte
den Hebr. bei Meyer kommentieren, ist aber darüber gestorben
, so daß sein Schüler Michel die Aufgabe überkam
.

Unfraglich ist der Hebr. geschrieben, um in eine
bestimmte geschichtliche Situation einzugreifen, wie aus
13, 7—16, 22—23 hervorgeht. Aber diese Situation
ist uns leider nicht genügend durchsichtig. Michel ist
allem nur Hypothetischen zu sehr abhold, um wagemutig
hier vorwärts zu drängen. Er zieht es vor, „das

Gegensatz zwischen der Verkündigung Jesu und der Bußlehre
des Hebr. zugeben.

Das Ganze ist eine gediegen und sorgfältig gearbeitete
, theologisch gehaltvolle und lebendige Leistung einer
Schriftforschung, die als „echt kirchliche" sich bekennt-
nisgebunden" (218 Anm. 1) weiß.
Rostock. Fr. Büch sei.

Sehn eider, Prof. Lic. Dr. Joh.: Die Einheit der Kirche nach
dem Neuen Testament. Berlin: Furche-Verlag [1936). (64 S).
kl. 8°. = Aus der Welt der Bibel. Bd. 5. RM 1—.

„Christus und die Kirche: das ist das Losungswort,
unter dem die Aussagen des N. T. über die Einheit der
Kirche stehen." Mit diesen Worten schließt das ansprechende
kleine Büchlein von Joh. Schneider, dem eine
Abhandlung über „die Kirche des Christus bei Paulus"
folgen soll. Auch in der vorliegenden Arbeit ist dem
paulinischen Kirchenbegriff weitaus der meiste Platz
eingeräumt, allerdings ohne daß der Vf. ausführlicher
auf die ganze Fragestellung eingegangen wäre. Eine genaue
Anzeige erübrigt sich daher eben und ist bis zum
Erscheinen der in Aussicht gestellten größeren Unter-
geheimnisvolle Dunkel" über die Person des Verfassers ■ suchung zurückzustellen.

und der Art seiner Leser (ob sie Juden- oder Heiden- Ri
Christen sind) weiter bestehen zu lassen und sieht seine 1

Aufgabe wesentlich in der exegetischen Herausarbei- ; Wiesenhfltter, Alfred: Protestantischer Kirchenbau des
tung des religiösen und theologischen Gehalts des Schrei- j deutschen Ostens in Geschichte und Gegenwart. Mit 189

bens. Das hat entschieden Vorzüge, aber auch Nachteile
.

Michel versteht den Hebr. als das erste Dokument

Abb. Leipzig: E.A.Seemann 1936. (224 S.) gr. 8°. RM 8.50.

Obgleich durch verschiedene Berührungen persönlicher
Art mit der vorliegenden Veröffentlichung verbun-

christlicher Kunstliteratur; er ist nicht ein Brief, sondern i den, glaube ich doch, das schöne Werk zur Anzeige brin
eine Predigt, die niedergeschrieben die Anwesenheit des gen zu dürfen, da seine Beurteilung wohl einhellig
Verfassers bei den Lesern ersetzen soll, abgefaßt zwi- sein wird und da ich dem von uns geschiedenen Verschen
90 und 100, vor dem 1. Clemens-Brief. Der Ver- i fasser an dieser Stelle einige Worte dankbarer Hoch-
fasser ist geschult an alexandrinischer Bildung und Schätzung nachrufen möchte. Wir haben in Alfred Wie-
Paulinischer Theologie. Seine Verkündigung ist ganz ; senhütter einen in der kirchlichen Kunst zumal der
eschatologisch und christozentrisch, zuletzt Bibelglaube, i neueren Zeit wie wenige durchgebildeten evangelischen
Die Spitze seiner theologischen Gedanken liegt in den , Theologen verloren, der seiner schlesischen Heimatkirche
Paränetischen Abschnitten. Er kämpft gegen kirchliche auch auf diesem Gebiete ausgezeichnet gedient und über
Müdigkeit für Aushalten im Glauben und Leiden wie sie hinaus einem weiten Kreise wertvolles in seinen
gegen kirchliche Lässigkeit in der Behandlung der Ab- verschiedenen Schriften geschenkt hat. Hier liegt nun
gefallenen. Für die Theologie des Hebr. die Voraus- in rastloser Arbeit mit Einsetzung seiner ganzen Persetzung
bei Philon und im weiteren Hellenismus zu su- sönlichkeit neben seinem mit größter Hingebung ge-
ehen, lehnt Michel ab. Er findet sie in der Überlieferung führten Amte geschaffen, sein eigentliches Lebenswerk
2er hellenistischen Synagoge und ihrer Bibel, der Sep- vor, das er noch vollendet hat, aber das er fertig ge-
™aginta, aus denen auch Philon geschöpft hat, und be- druckt nicht mehr hat sehen können. H. 1 ic Thuhn
tont, daß das Philosophische an Philon dem Hebr. mit ihm in enger Arbeitsgemeinschaft verbunden hat
grade fremd ist. Er bleibt mit alledem Riggenbach nahe, die zahlreichen guten Abbildungen ero-änzt das' Re-
^as Problem des „Hiatus" zwischen der Hypostasen- ; gister besorgt (in dem auch ein Verzeichnis der Per-
christologie und der geschichtlichen Überlieferung von I sönlichkeiten nützlich gewesen wäre) und das Ganze zum