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Ausgabe:

1937 Nr. 10

Spalte:

191-192

Titel/Untertitel:

Der Psalter in vierstimmigen Liedsätzen 1937

Rezensent:

Luther, W.

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191

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 10.

192

die besonderen Verhältnisse des Gebiets desto mehr zu
berücksichtigen, je enger die Grenzen gezogen sind.
Es ist darum sachlich richtig, wenn die hier in ihrem
1. Teil vorliegende Anleitung zur Abfassung einer Pfarrgeschichte
(Pfarrgeschichte im Sinn der kirchlichen Entwicklung
einer Pfarrgemeinde) ihren Blick bewußt auf
die altbayerische Pfarrgeschichtsforschung des Erzbistums
München und Freising beschränkt. In dieser Begrenzung
wird einleitend in kurzem Überblick gezeigt,
wie die pfarrgeschichtliche Forschung durch oberhirt-
liche Verordnungen und die von einzelnen bedeutenden
Forschern ausgehenden Anregungen im 19. Jahrhundert
ihren ersten beachtlichen Aufschwung nahm. Es folgen

— allerdings nur auf das allernotwendigste beschränkte

— methodische Leitsätze und praktische Winke, die besonders
auch eine Einführung in die Archive bieten.
Auf die ganze Fülle der Gesichtspunkte und Fragen,
die der Pfarrgeschichtsforscher bei der Durcharbeitung j
des geschichtlichen Materials zu achten hat, macht in
Stichwort- oder Frageform ein weiterer Abschnitt aufmerksam
: „Der pfarrgeschichtliche Stoff und seine Gliederung
". Hier wird kaum ein für die katholische Pfarrgeschichte
wichtiger Gesichtspunkt übersehen worden
sein. Die mit einführenden Bemerkungen versehene,
das Bedeutendere auswählende Aufzählung von 75 Quellenwerken
und geschichtlich-topographisch-statistischen
Beschreibungen des behandelten .Gebiets schließt das
Heft ab. Es wird den Pfarrern der Erzdiözese helfen,
ihre pfarrgeschichtliche Arbeit von vornherein auf eine
breite Grundlage zu stellen. Nachahmenswert ist die
Maßnahme des erzbischöflichen Ordinariats, eine solche
Anweisung allen Pfarrern zuzuleiten.

Adelebsen. Ph. Meyer.

Schütz, Heinrich: Der Psalter in vierstimmigen Liedsätzen. Nach
Cornelius Becker's Dichtungen. Im Auftrage der Neuen Schütz-Gesellschaft
hrsg. von Walter Blankenburg. Kassel: Bärenreiter-Verlag
1936. (XIV, 157 S.) 4°. Kart. RM 6—; geb. 7.50.

Die Neue Schütz-Gesellschaft hat ihren Mitgliedern
diesmal als Jahresgabe den Schütz-Beckerschen Psalter
überreicht. Die Gesamtausgabe, die Walter Blankenburg
besorgt hat, erfüllt einen doppelten Zweck; sie ist
ein wissenschaftlich wichtiger Beitrag und dient anderer- I
seits den praktisch-musikalischen Bedürfnissen unserer
Zeit.

Die Schütz'schen Kantionalsätze sind wie wenig an- |
dere Stücke geeignet, wieder dem festen Musizierbestand
der evangelischen Kirche zugeordnet zu werden;
das umsomehr, als sie sich schlicht und doch mit einer
unglaublich starken musikalischen Ausdruckskraft in den
Dienst der Verkündigung stellen.

Schütz legt seinen Vertonungen den Reimpsalter des
Leipziger Theologieprofessors Cornelius Becker zugrunde
, den dieser 1602 als „Psalter Davids Gesangweis
auff die in Lutherischen Kirchen gewöhnlidien
Melodeyen zugerichtet" veröffentlichte. Während der
Beckersche Psalter also ursprünglich nach bekannten
evangelischen Choralweisen gesungen wurde, gab ihm
Heinrich Schütz 1628 ein neues musikalisches Gewand.
Es lag ihm vor allem daran, im Gegensatz zu der bisherigen
Verkopplung von de tempore Lied und Psalmtext
das rechte Wort-Ton-Verhältnis zu finden:

„Es ist numehr D. Cornilij Beckers / seligen IJsalm Büchlein in
seinen alten Melodien vieler Orther / Land undt Städten zur Christlicher
Erbawung / in Kirchen / Schulen und Häusern fast gemein worden
/ dahero wol etwa ein Gottseliges Gemüte unnötig / oder auch
numehr unzeitig zuseyn erachten möchte / das dieselben ich jetzo erst
mit newen / und also gantz bisshero unbekandten Melodeyen versehen
wolle: Und zwart belangende / erstlich / die alten und nunmehr fast I
in die hundert Jahre mit sonderbaren auffnehmen Evangelischer Wahrheit
üblichen Melodeyen / so habe ich es bey denselbigen nicht alleine
billich gelassen / sondern meines theils / thue ich jhnen hierüber noch
vielmehr dies öffentliche Lob und Zeugnüss geben / das etliche dero-

selben ich mehr von den Himlischen Seraphinen zu Lob jhres Schöpffers /
als von Menschen ertichtet halten thue: Wie aber solche alte Melodeyen
sampt denen Gottseligen Worten / worüber sie anfangs componirt und
gemacht worden / . . . billich ferner ohngeendert erhalten / und nünnig-
lichen commendiret werden. Also hat im gegentheil / und für das Andere
/ mich nicht allerdings bequem gedeuchtet, daß solche alte Weisen
Herrn Doctor Luthers und anderer frommer Christen Gesänge (bevorab
derer Psalmen und Lieder / welche sonst nur zu gewissen Jahreszeiten
gesungen zu werden) ohne anterscheid zu gegenwertigen Psalter Büchlein
entlehnet werden / und also diese D. Beckers seligen nichts minder
Geistreiche Gesänge und Wort / gleichsam mit geborgeter Kleidung in
Christlichen Versammlungen erscheinen / und sich hören lassen müssen."

Schütz hat 12 alte Weisen (Vgl. die Psalmen 12,
14, 31, 46, 51, 67, 103, 124, 127, 128, 130, 137) nur
mehrstimmig gesetzt, dagegen 90 neu erfunden und harmonisiert
. Die einzelnen Sätze zeichnen sich durch rhythmische
und melodische Lebendigkeit aus, die im Dienste
der Wortdeklamation steht. Die harmonische Konzep-
| tion ist einfach, es werden in der Hauptsache Grund-
dreiklänige verwandt. Das Werk bereitet darum aufführungspraktisch
keinerlei Schwierigkeiten und eine
Reihe seiner Sätze sind sogar geeignet, in das heutige
Gemeindegesangbuch aufgenommen zu werden.

Der Beckersche Psalter, ein wichtiges Stück Schütz'-
scher Hausmusik, hat auch eine Bedeutung für die heutige
musikalische Hausgemeinschaft keineswegs eingebüßt
. Vor allem erleichtern die mannigfaltigen Besetzungsmöglichkeiten
das Musizieren in der Familie.

Erwähnung verdient die „Aufstellung der Psalmenlesungen
während des Kirchenjahres auf Grund der
evangelischen Bibellese", die Blankenburg der Gesamtausgabe
beigegeben hat. Möchte der Schütz-Beckersche
Psalter seinen alten Platz in der evangelischen Kirchenmusik
wiedergewinnen!

Göttingen. W. M. Luther.

Vor kurzem erschien:

Johanneisches Denken

Ein Beitrag
zur Erkenntnis der johanneischen Eigenart

Von.

Lic. theol. Walther von Loewenich

Dozent an der Universität Erlangen
32 Seiten. 8°. Steif geheftet RM 1.80
Sonderdruck aus „Theologische Blätter" 1936 Nr. 11

Die Kirchen der Reformation verdanken ihr Dasein einer
kritischen Neubesinnung auf die Eigenart der Paulinischen
Theologie. Die Erkenntnis des johanneischen Christentums
ist ihnen bisher nicht in gleichem Maße geschenkt worden.
Ein Fortschritt im Verständnis des Johannes kann nur erreicht
werden, wenn die Eigenart des Johannes im Unterschied
zu Paulus und den Synoptikern klar herausgearbeitet
wird. Die vorliegende Schrift ist ein Versuch, die johan-
neische Frömmigkeit von der sonst im Neuen Testament erkennbaren
charakteristisch abzuheben. Es ist Pflicht der
evangelischen Theologie und Kirche, diese Eigenart ernster
zu nehmen als bisher. Sie wird dann in ihr den köstlichsten
Schatz finden, den die Ribel zu verschenken hat.

Durch alle Buchhandlungen

J. C. HINRICHS VERLAG / LEIPZIG C 1

Die nächste Nummer der TiLZ erscheint am 22. Mai 1937.

Verantwortlich: Prof. D.W.Bauer in Güttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.