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Ausgabe:

1936 Nr. 10

Spalte:

174-175

Autor/Hrsg.:

Watzinger, Carl

Titel/Untertitel:

Denkmäler Palästinas 1936

Rezensent:

Galling, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 10.

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len auch die Piatonschüler Speusippos, Xenokrates und
Aristoteles beteiligt. Nach einem kurzen Abschnitt über
die hellenistische Mystik des Werdens, womit jenes
Werden im Sinne des Hervorgehens der Welt aus dem
Absoluten gemeint ist, kommt Hoffmann im neunten
Kapitel auf den Anteil des Aristoteles an der Umprä-
gung platonischer Grundbegriffe zu sprechen. Die Umbildung
des Platonismus durch Aristoteles war in ihrer
Wirkung so umfassend, daß sie bereits von den hellenistischen
Schulen als etwas Selbstverständliches angenommen
wurde. Die drei letzten Kapitel führen uns
in die theologisch interessante Zeit des Nebeneinanders
und Gegeneinanders von Christentum und Neuplatonis-
mus. Das Christentum ist da, wo es philosophischer
Begriffsbildung bedurfte, in die Schule des Platonismus
gegangen. Es hat so viel Philosophie in sich aufgenommen
, als nötig war, um zu einer Religion auch für die
Gebildeten zu werden. Hoffmann zeigt dies zunächst
am Trinitätsgedanken. Nach dem Urteil der Kirchenväter
sollte Piaton schon die Trinität vorweggenommen
haben. Man setzte die platonische Dreiheit: Idee des
Guten, Ideenwelt und Weltseele der christlichen Dreieinigkeit
von Schöpfergott, Sohn und Heiligem Geiste
gleich. Das war jedoch eine Fehldeutung; denn man
verkannte dabei die grundsätzliche Trennung der drei
platonischen Bereiche. Aber auch der unchristliche Spät-
platonismus hat die tmematische Dreiheit Piatons als
trinitarische Wesenseinheit verstanden. Philosophiegeschichtlich
gesehen, konnte aber erst nach der Aufgabe
des „tmematischen Prinzips'' im hellenistischen Platonismus
aus der ursprünglichen Dreiheit eine Dreieinigkeit
werden. Als wirkungsreichste Ausprägung des Tri«
nitätsgedankens in der hellenistischen Philosophie betrachtet
Hoffmann die Triaden des Jamblichos, die
dieser teils im Anschluß an Aristoteles, teils an die
Pythagoreer zusammengestellt hat. Zur Vorbereitung
des griechischen Trinitätsgedankens haben ferner der
Piatonschüler Xenokrates und die alten kosmologischen
Spekulationen beigetragen. An dieses und ähnliches
knüpfte das Christentum an, als es begann, das Trini-
tätsdogma philosophischer Spekulation zu unterwerfen.
Das elfte Kapitel zeigt an Beispielen, wie Augustin zum
Aufbau christlicher Philosophie Motive des Platonismus
benutzt hat.

Doch geht hier der Verfasser in seiner löblichen Absicht mitunter
zu weit, z. B. wenn er Augustins Lehre vom sündlosen Leben der Menschheit
vor Adams Fall auf die „stoische Prähistorie von dem der Welt
ursprünglich in reinem Zustande verliehenen Logosgute" und die unsichtbare
Civitas divina, die trotz des Sündenstandes schon in dieser Welt
von einer kleinen Schar getragen wird, auf den unsichtbaren Staat der
stoischen Weisen zurückführt. Für diese Oedanken bot die jüdisch-christliche
Tradition übergenug. Die stoischen Anklänge sind m. E. rein zufällig
.

Das letzte Kapitel handelt vom Unendlichen in den
neuplatonischen Hymnen. Nach sehr ansprechenden Ausführungen
über Ursprung und Sprache der Hymnen
folgt ein Oberblick über das Problem der Unendlichkeit
Gottes in der hellenischen Philosophie. Daran schließt
sich die Besprechung von einzelnen Hymnen an. Hoffmann
hat sehr geschickt die wichtigten und schönsten
ausgewählt unter Berücksichtigung der Neuplatoniker
Proklos, Synesios und Boethius. Wir erhalten zugleich
auch einen Einblick in die Gedankenwelt dieser Männer
und ihre Stellung zum Christentum. Die neuplatonische
und christliche Frömmigkeit waren sich in dieser Zeit
des Endkampfes so nahe gekommen, daß wir innerhalb
des Neuplatonismus neben dem fanatischen Christenfeind
Proklos sogar einem neuplatonisch-christlichen Bischof
begegnen: Synesios von Kyrene, der „aus philosophischer
Überzeugung Christ wurde und aus Religiosität
Platoniker blieb". Die Reihe beschließt der edle
Boethius mit seiner „Consolatio philosophiae", ein beredtes
Beispiel dafür, daß der hellenistische Platonismus
auch noch innerhalb der christlichen Lebensform ein
lebendiges Eigendasein führen konnte.

Der Wert des Hoffmannschen Buches besteht vor
allem darin, daß es uns einen vortrefflichen Einblick in
das platonische und nachplatonische Philosophieren vermittelt
. Bedenklich ist nur die weitgehende Ausschaltung
der entwicklungsgeschichtlichen Fragestellung bei der
Behandlung sowohl der einzelnen Philosophen als auch
ganzer Richtungen. So erhalten wir auch Keine Antwort
auf so brennende Gegenwartsfragen wie z. B. die nach
dem Anteil des Orientes am Neuplatonismus.

Bad Hersfeld. Wilhelm Luther.

Watzinger, Prof. Dr. Carl: Denkmäler Palästinas. Eine Einführung
i. d. Archäologie des heiligen Landes. I.: Von den Anfängen bis
zum Ended. Israelit. Königszeit. Mit 10 Abb. i. Text u. 88 a. 40 Taf. IL:
Von der Herrschaft der Assyrer bis zur arabischen Eroberung. Mit
15 Abb. i. Text u. 82 a. 40 Taf. Leipzig: J. C. Hinrichs 1933 u. 1935.
(VIII, 117 S. u. VIII, 169 S.) gr. 8°. RM 7- u. 9-.

Carl Watzinger, der bei der Syuagogenaufnahme
der DOG in Galiläa und der Ausgrabung von Jericho entscheidend
beteiligt war, darf unter den „klassischen" Archäologen
nicht nur in Deutschland als einer der besten
Kenner der Denkmäler Palästinas gelten. Wer die jetzt
in zwei Bänden abgeschlossene „Einführung in die
Archäologie des Heiligen Landes" zur Hand nimmt,
darf von vornherein gewiß sein, nicht nur das Wesentliche
in der Beschreibung und Abbildung erfaßt zu finden
, sondern auch in der kritischen Deutung und Einordnung
der Funde etwas Zuverlässiges zu lesen. Ein
Werk dieser Art konnte erst in diesem Augenblick
erscheinen, basiert es doch auf einer geradezu immensen
Materialbereicherung, die durch Grabungen und
Studien der Nachkriegszeit geboten wurde und die die
einzelnen Epochen des geschichtlichen Ablaufes erkennbar
gemacht hat. Ein Vergleich etwa mit dem zu seiner
Zeit vorzüglichen „Kompendium der pal. Altertumskunde
" (1913) von P. Thomsen macht dies besonders
deutlich. Das als Einheit gestaltete Werk handelt
in acht Abschnitten von der „Frühzeit" bis zur
„byzantinischen Epoche". 195 Abbildungen, verteilt auf
Text und Tafeln, sind dem Leser zur Anschauung und
Nachprüfung an die Hand gegeben. Durch zahlreiche
Hinweise auf weitere Denkmäler wird der Umkreis alles
Bedeutenden erfaßt. Aus den Abschnitten heben wir
hier jeweils Gesamtaufriß oder Einzelheiten heraus.
Für die „Frühzeit" (IV—III. Jahrtausend) sind die
Häuser und Fresken von telelat ghassul bemerkenswert
(S. 26); die Dolmen sind keine ausschließlich
arische Grabform, stammen auch nicht von einem
Wandervolk (S. 22). Bei der „kanaanäischen Epoche"
(c. 2300—1200) sind unter drei Sachgruppen: Metallarbeiten
, Tongefäße, Baukunst, die den pal. Archäologen
gebräuchlichen Zeitabschnitte: Frühbronzezeit
, (c. 2300—2000), Mittelbronzezeit (2000—1600) und
Spätbronzezeit (1600—1200) aneinandergereiht. Der
Waffenfund von Sichern ist in prächtigen Photographien
zugänglich. Mit Recht wird von einer Beziehung zwischen
den neuen keramischen Typen der MBR-Zeit
und den Hyksos abgesehen (S. 48). Die Heimat der
teil el-jehQdlje - Vasen, die „gleichzeitig nach Ägypten
und Kypros gelangt sind", sucht W. in Nordsyrien.
Mit Nachdruck wird die Festungsbautechnik der Hyksos
hervorgehoben (S. 52), wie es überhaupt ein Verdienst
von W. ist, die z. B. stark vernachlässigten Fragen
der Baukunst in Angriff genommen zu haben.
So z. B. die Tempel der SpBr-Zeit (der im Nachtrag
genannten Tempel von teil duwer ist in den Q.-
St. des PEF, Okt. 1934 behandelt und abgebildet
). Die dreischiffigen Bauten hält W. nicht für
Sakralbauten (S. 101). Unter dem Titel „Die Zeit der
Wanderungen und Kämpfe" ist die Eisenl-Zeit gemeint
(1200—900). Hier ist neben der Philisterkeramik
auch die Bedeutung der Philister für die Eisenbearbeitung
hervorgehoben. Im Abschnitt IV. „Die israelitische
Königszeit" (bis 722 gerechnet!) finden wir eine Rekonstruktion
des salomonischen Tempels, die