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Ausgabe:

1936 Nr. 8

Spalte:

141

Titel/Untertitel:

Aus der Zeit der salischen und staufischen Kaiser 1936

Rezensent:

Lerche, Otto

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141

Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 8.

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gedanken des urchristlichen Abendmahls (S. 82—104)
liegt der Schwerpunkt dieses Kapitels. Sehr eindrucksvoll
wird der ganze Reichtum des ältesten Abendmahls
entfaltet und gezeigt, wie die gemeinsame Mahlzeit die
Liebes- und Glaubensgemeinschaft zum lebendigen Ausdruck
bringt; wie der Dank für die Schöpfungsgaben
und die Erlösung die Feier zur Freudenfeier werden
läßt; wie das Bewußtsein der Gegenwart des Herrn
die Vorausnahme des künftigen Heils erleben läßt; wie
die Erinnerung an seinen Tod das Mahl zum Erlösungsmahl
gestaltet.

Aus der neutestamentlichen Grundlegung zieht Kap. 3
„Die sinngemäße Gestaltung der Abendmahlsfeier" (S.
105—209) die Folgerung für die kirchliche Praxis. H.
gibt hier eine Fülle reicher und fruchtbarer Anregungen
, ohne doch die Ehrfurcht vor dem geschichtlich
Gewordenen zu verkürzen. Sein Grundgedanke ist,
daß nicht in erster Linie aus einer neuen Abendmahls-
lehre, sondern aus einer aus der neutestamentl. Fülle
schöpfenden Neugestaltung der Abendmahlsp r a x i s eine
Belebung des Abendmahlswillens zu erhoffen sei. H.
fordert u. a.: selbständige Abendmahlsfeiern, evt. auch
gelegentlich als Gemeindehauptgottesdienst (ob die älteste
Zeit allerdings, wie H. meint, Predigt- und Abendmahlsgottesdienst
getrennt hat, ist angesichts von Act.
20,7 ff., auch 2,42 fraglich). Besonderes Gewicht legt
er auf die Ausgestaltung des de tempore-Charakters
der Feier, um die Fülle des neutestamentl. Reichtums
variierend zur Geltung kommen zu lassen. Der Eucharistiecharakter
muß ferner in der Feier, auch der Ansprache
!, stärker zum Ausdruck kommen. Schließlich
empfiehlt er einen neuen — allerdings nicht unbedenk- i
liehen! — Weg mutig zu beschreiten und den Mahlzeitcharakter
durch sitzende Kommunion und Abendmahls- j
tische wiederherzustellen, besonders auch, um dadurch '■
die Liebesgemeinschaft zum Ausdruck kommen zu lassen. |
Eigene Entwürfe für selbständige Abendinahlsgottes'-
dienste de tempore beschließen das Kapitel, dem ein !
4. Schlußkapitel folgt, das neue „Wege zur Hinfüh- ;
rung auf das Abendmahl" (S. 210—237) aufweist, so- j
wohl Wege für die Weckung der Gemeinde (z. B. i
Feiern konkreter Gemeinschaften und aus konkreten Anlässen
), wie auch Wege für die Ausgestaltung der !
Abendmahlslehre in Anknüpfung an Gedanken und Anliegen
der Gegenwart.

Vom lutherischen Standpunkt aus wird man gelegentlich fragen, ob
H. nicht zu weit geht in der Sorge vor dem Mißverständnis des opus
operatum, so, wenn er sich gegen die signatio crucis ausspricht. Es gibt
ein evangelisches opus operatum, ohne das die Säuglingstaufc unvollzieh- !
bar wäre.

Möchte die Besprechung etwas von dem Reichtum
und der kirchlichen Bedeutung von H.s Buch ahnen
lassen. Und möchte dieser Reichtum genützt werden!
Göttingen. Joachim J eremias.

Stonner, Anton: Heilige der deutschen Frühzeit. Bd. 2:

Aus der Zeit der salischen uud staufischen Kaiser. Mit 9 Tafeln.
Freiburg i. Br.: Herder & Co. 1935. (XII, 270 S.) gr. 8°.

KM 4 - ; geb. 5.40.

Der vorliegende zweite Band bringt gegenüber dem ersten Bande
(vgl. Theol. Lit. Ztg 1935 Sp. 278 f.), der vierzehn Lebensbilder enthielt
, nur deren neun : Meinwerk von Paderborn (zur vita Meinwerci j
vgl. Theol. Lit. Ztg. 1922 Nr. 10), Hermann von Reichenau, Papst i
Leo IX., Anno von Köln, Altmann von Passau, Otto von Bamberg,
Engelbert von Köln, Jordan von Sachsen (der zweite General der Do- |
minikaner), und Herzogin Hedwig von Schlesien. Sehr ausführlich ist :
die Darstellung der Missionstätigkeit des Bischofs Otto von Bamberg in
Pommern. In der Behandlung Leos IX. hätten wir die Heranziehung J
der Urkunden gewünscht, zumal St. sonst für seine biographischen
Skizzen die Briefe reichlich verwendet. St. hält sich überhaupt sehr
stark an die zeitgenössischen Quellen, die er nach den besten und
neuesten Ausgaben (Übersetzungen) verwendet und reichlich wiedergibt.
Seine Darstellung ist auf dieser im allgemeinen sicheren Grundlage
recht glatt, hier und da allzuglatt. An den Absichten des Buches hat j
sich gegenüber dem ersten Bande nichts geändert.

Berlin. Otto Lerche.

Duke, John A., B. D., D. Litt.: The Columban Church. London:
Oxford University Press 1932. (XII, 200 S.) 8°. 10 s.

Ein durch und durch schönes Geformtsein von der
Gliederung bis zur Ausstattung, dieser Grundcharakter
des guten englischen Buches, welches sozusagen ohne
tadellosen Anzug, elegantes Auftreten und liebenswürdige
Umgangsform nicht denkbar ist, trifft in vollein
Maße auf John A. Dukes neues Buch von der Colurti-
banischen Kirche zu, eine gelehrte Arbeit, „travail
serieux" (so L. Gougaud s. unten), welche hier eine
etwas verspätete, doch gleichwohl genügend eingehende
Berücksichtigung erfahren möchte. Von 212 Seiten im
Ganzen sind 138 Seiten Text, 32 Seiten bilden neun
Anhänge (nicht mehr im Großdruck), und das Übrige
wird von guten Registern (19 Seiten aufs beste unterrichtendes
Quellenverzeichnis) bestritten. In den Anhängen
, besonders in V und VI, ist apologetisches Material
zur Abwehr auch dort nicht fehlender völkisch-
nordschottischer Heißsporne [ Douglas Simpson, Aber-
deen in 1927 und A. B. Scott bereits 1917] und ihrer
unsachlichen Quellenbenutzung (vgl. besonders VI über
,Foundations aud Commemorations') — und auch sonst
unproportionierlicher Buchbestand wie Archäologisches
(I, II), Geburtsorte Patricks (IV) und Ninians (III), die
Kuldeer (IX) untergebracht. Dadurch konnte die als
allgemeine Einführung und immer lebendig bleibende
Tatsachenaufreihung geschriebene Hauptdarstcllung eine
harmonische Gliederung bewahren, welche in. den drei
großen geschichtlichen Hauptkapiteln Pre-Columban
Christianity, The Growth of the Columban Church
und The Decline of the Columban Church (54+46418
Seiten) noch dadurch von einer besonderen Symmetrie
gekrönt ist, daß je drei Unterkapitel von England,
Schottland und Irland handeln, und daß diese Verteilung
sozusagen im Quadrat auf neun Felder die Möglichkeit
gibt, jedes Land für sich in Anknüpfung an die Zeitabschnitte
: a) Viertes bis Sechstes Jahrhundert, b) 563
bis 064, c) Nach 664 — gesondert durchzustudieren.
Während das vierte und letzte Hauptkapitel, auf nur
20 Seiten noch, sich mit den kirchlichen und religiösen
Einrichtungen der irisch-schottischen Blütezeit befaßt,
ist also die erste und Haupthälfte des Buches ein geschichtswissenschaftliches
Unternehmen.

Daß es dem Verfasser, der selbst Edinburgher
ist, mit diesem Werke besonders um sein schottisches
Heimatland zu tun ist, geht außer aus mehreren Stellen
im Text (vgl. S. 138 und die meisten Anhänge)
und aus dem Umstand, daß die drei Unterkapitel ,North
Britain' den Löwenanteil jener neun — von 118 Seiten
49! — erhielten, auch daraus hervor, daß der Weg
seiner Darstellung sich gleichsam in einer Mäanderlinie
um Nordbritannien rankt. Denn während Duke
uns anfangs aus dem römischen Britannien über
das no rdbritannische Vierstämmeland der Angeln,
Skoten, Briten und Pikten in das Irland Patricks führt,
geht sein Weg in dem ungefähr ebensolangen zweiten
Teil ,The Growth' mit Colum Cille oder Columba
wieder vom irländischen Donegal nach dem Norden
Jonas und Piktenlands und dem Osten Northum-
berlands zurück, um dann im dritten kurzen Teil (18 S.)
wiederum in der ersten Reihenfolge den Abbau ,The
Decline' Schritt für Schritt von W h i t b y - Lindisfarne
über die mit Bischof Wilfrid, König Nechtan und Abt
Adamnan bezeichneten Stationen des römisch-katholischen
Vordringens in Schottland bis zu den letzten
Spuren eines — nach Aufgabe des alten i. J. 807 —
,Neu-Jonas' von Keils und zuletzt von Derry auf irischem
Boden zu verfolgen. (Letzte literargeschichtliche
Spur 1221 im jetzigen Londonderry).

Wenn der Verfasser in seiner Vorrede als eigentlichen
Anlaß zu seiner Veröffentlichung hervorhebt, daß
„many books have been written about St. Columba",
daß jedoch „there is no special, critical work upon
the Columban Church", — und wenn Julius Pokoniy
in der Z. für Celt. Philologie XX, 146 dem beipflich-