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Ausgabe:

1936 Nr. 7

Spalte:

123-125

Titel/Untertitel:

Sukka (Laubhüttenfest) 1936

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 7.

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scharten, Handschriften, Siegel, Inschriften, altorientalische
Bilder) den komplexen Stoff meistert und dem
Leser ein farbenreiches und eindrucksvolles Bild der
hebräischen Literatur nach allen Seiten und in allen
Verflechtungen, aber zugleich mit scharfer Herausarbeitung
ihrer Eigenart bietet. Es ist ein Werk, dessen sich
die alttestamentliche Wissenschaft und mit ihr hoffentlich
die ganze Theologie ebenso freuen kann, wie es
Walzels Handbuch, von dem schon so mancher schöne
Band vorliegt, alle Ehre macht.

Zum Schluß statt der Diskussion einzelner Probleme, für die hier
nicht Raum ist, ein paar kritische Bemerkungen und Fragen. Daß in
Ri 6. 13 der Engel an Stelle eines zur Gewinnung von Kindersegen
geopferten Menschen getreten sei, wie H. im Anschluß an St. A. Cook
annimmt (S. 14), will doch nicht recht einleuchten. — Das Motiv des
„Götterneides" scheint mir ein sehr schwaches Indiz für; eine bereits
kanaanäische Verknüpfung der Ursagen (S. 14 f.). — Statt die Qina unmittelbar
auf eine Göttertotenklage zurückzuführen (S. 27 ff.), möchte
ich lieber nur einzelne Züge daherleiten, wie es H. selber beim Liebesund
Hochzeitslied tut (S. 26 f.). — Die Frage an den Wächter Jes. 21,
12, die H. nach Art eines studentischen Ulks mit dem „Herrn Nachtrat"
versteht (S. 25), dürfte doch wohl ebenso ernst gemeint sein wie die
Antwort. — Für Jes. 14 4 ff. schließt sich H. (S. 29) an P. Rost an,
der das Lied, das weder zum Sturz Babylons noch zum Ende Naboneds
passe, auf den Untergang des letzten Assyrerkönigs Assuruballit II. bezog
; aber was wissen wir denn tatsächlich über dessen Ende, wo ja
die Chronik Gadd leider vorzeitig abbricht? — S. 58 verweist H. dazu,
daß das Gesagtwerden unabtrennlich zum Empfang der prophetischen
Erfahrung gehöre, auf Jer. 20,9. Es gibt dazu drastische Parallelen, auf
deren Hintergrund das Jeremiawort erst recht verständlich wird. Eine
assyrische Frau unterläßt es, ein an sie ergangenes Orakel an den König
gelangen zu lassen und stirbt darum, E. Behrens, Assyrisch-babylonische
Briefe kultischen Inhalts aus der Sargonidenzeit (1906) 15f. In anderen
Fällen ist Unruhe und Krankheit die Folge, wenn sie die erhaltene Offenbarung
verschweigen: So bei Hildegard von Bingen, s. Joh. Lindblom,
Die literarische Gattung der prophetischen Literatur (1924) 34 ; im
Brief des Zoilos bei Ad. Deißmann, Licht vom Osten4 (1923) 121 ff.;
vgl. ferner Cicero, de divinatione I 26, Valerius Maximus I 16—21;
Bin Gorion, Der Born Judas V 150f.; Grässe, Der Sagenschatz des
Königreich Sachsen (1874) I 190 f.; Dasselbe bei den Schamanen: W.
Hauer, Die Religionen 1 (1923) 462 — 464, Rasmussen, Thulefahrt
(1926) 291.

Basel. W. Baumgartner.

Bornhäuser, Dr. theol. Hans: Sukka (Laubhüttenfest). Text, Übersetzung
u. Erklärung nebst einem textkritischen Anhang u. einer Tafel.
Berlin: A. Töpelmann 1935. (VIII, 197 S.) gr. 8°. = Die Mischna
II. Seder: Mo'ed, 6. Traktat. RM 16—; in Subskr. 14—.

Als 24. der 63 Mischnatraktate erscheint in der
„Gießener" Mischnaausgabe (jetzt Berlin) Sukka-Laub-
hütte (n-fest), der 6. Traktat des von den Festzeiten
handelnden II. Seders. Hans Bornhäuser, ein Neffe
von Karl Bornhäuser-Marburg, dem die Arbeit gewidmet
ist, hatte den Vorzug, auf der glänzenden Materialdarbietung
von Billerbeck (II 224—812, Exc. über
das Laubhüttenfest) und dem Kommentar von Baneth
(Mischnajoth II, 1927) aufbauen zu können. Seine Arbeit
ist gediegen und ausgezeichnet durch sorgfältige
und zuverlässige philologische Grundlegung und durch
weitgehende Berücksichtigung des außermischnischen
rabbinischen Materials über das Laubhüttenfest. Die
Literatur ist umfassend berücksichtigt, die Textkritik
nicht vernachlässigt. Man kann allerdings nicht sagen,
daß B. dem Leser die Sache leicht macht. Eine umständliche
Diktion erschwert die Lektüre; vieles hätte
klarer und schlichter gesagt werden können, wie das
vorbildlich H. L. Strack in seinen Mischnaausgaben verstanden
hat. Nebenfragen werden oft breit behandelt
und wichtigere Fragen kommen darüber nicht selten zu
kurz; auch wird oft Nächstliegendes, obwohl für das
Verständnis wichtig, wohl aus Raumersparnis, unterdrückt
(vgl. z. B. IV 9 c mit Baneth z. St.). Aber wenn
schon Raum gespart werden sollte, hätte es an anderer
Stelle geschehen können: es sei den Herausgebern der
„Gießener" Mischna, unter denen erstmalig — an Stelle
des verstorbenen O. Holtzmann — K. H. Rengstorf erscheint
, die Anregung vorgelegt, in den noch ausstehenden
39 Traktaten dem Leser die allmählich stereotyp
gewordenen biographischen Notizen über die
einzelnen Rabbinen zu ersparen und zu prüfen, ob die
unübersichtliche und Platz raubende Dnickweise der
Anmerkungen nicht durch eine praktischere ersetzt wer-
! den kann.

Bornhäuser gibt nach einer Einleitung, die u. a.
das archäologische Material über die Symbole des Laub-
i hüttenfestes verarbeitet, den Text der Kaufmannschen
j Handschrift mit Übersetzung und Erklärung; der text-
! kritische Apparat, der auch das handschriftliche Material
(u. a. zwölf in England und Amerika liegende
üenizafragmente) verwertet, ist — leider wieder! —
im Anhang gegeben. Eine Tafel mit Abbildungen von
Laubhütten nach G. Surenhusius (1699) erleichtert die
Anschauung und würde das in noch höherem Maße tun,
wenn der Tafel eine Erläuterung der 26 auf ihr abgebildeten
verschiedenen Laubhütten beigegeben wäre. In
i drei Exkursen wird zusammengefaßt, was sich aus der
! Bearbeitung des Traktates für das Neue Testament ergeben
hat. Der erste Exkurs (Jesus auf dem Laubhüttenfest
, S. 34—39) behandelt den Zusammenhang von
' Joh. 7,37 ff. mit den Vorstellungen des Hüttenfestes,
! insbesondere mit der Vorstellung von dem Lebenswasser
spendenden heiligen Felsen. Wenn dabei die Setzung
i des Kolons nach de, (Joh. 7,38) als Vergewaltigung
des Textes bezeichnet wird, so ist das eine wenig glückliche
Form der Ablehnung und sachlich unberechtigt; denn
die genannte Interpunktion ist sprachlich unanfechtbar
und wird außerdem (trotz der Schwierigkeit des fol-
! genden Anakoluths) durch den Zusammenhang, der nur
I von Jesus, nicht auch den Gläubigen, als Spender des
Lebenswassers redet, und durch den synonymen Parallelismus
(vgl. Apk. 22,17, auch Joh. 6,35) empfohlen
. Der zweite Exkurs (Feststrauß und Hosianna-
ruf im N.T., S. 106 f.) erklärt die Umwandlung des
| Hosianna aus einem Bittruf in einen Heilsruf mit Recht
aus der Verwendung von Ps. 118, 25 beim Laubhütten-
fest und nimmt mit Schlatter (Der Evangelist Johannes,
1930, S. 265) an, daß es sich bei den Palmzweigen
j Joh. 12,13 um Palmblätter des Hüttenfest-Feststraußes
i handelt — sehr glaubhaft im Blick auf die Vegetation
Jerusalems und seiner nächsten Umgebung. Der dritte
Exkurs (ox)|vi'| und verwandte Worte im N.T., S. 126
| bis 128) erläutert das im N.T. von den Erlösten aus,ge-
' sagte „Zelten" (Lk. 16,9 vgl. Apk. 12,12; 13,6) überzeugend
von der spätjüdischen Vorstellung des end-
/eitlichen Wohnens der Gerechten in der Laubhütte aus.

Im folgenden gebe ich einige Berichtigungen und
Ergänzungen, möchte aber zuvor noch einmal die große
Zuverlässigkeit hervorheben, mit der B. gearbeitet hat,
der übrigens mitteilt, daß seine für die „Rabbinischen
Texte" (her. von Kittel und Rengstorf) bearbeitete
J Ausgabe von Tos. Sukka im Manuskript fertiggestellt ist.
S. 3 A. 4: Unter den außerrabbinischen Quellen zum Laubhüttenfest
fehlt die wichtige Stelle: Damaskusschrift 11,8, deren richtige Lesung
wir L. Rost (vgl. ZNW 32, 1933, S. 148) verdanken. Die hier ausgesprochene
Gleichstellung der Laubhütte mit dem Hause bezüglich der
Sabbathvorschriften bringt einen Grundsatz zum Ausdruck, den die
, rabbinische Literatur zwar voraussetzt, aber nie klar ausspricht (Rost,
! ebd.). — S. 8 erwäjint Münzen, „die Simon Makkabaeus 136/5 v.

Chr. prägen ließ" und die Symbole des Hüttenfestes aufweisen, vgl.
j S. 12. 78. 85. Aber durch die Münzfunde, die bei der Ausgrabung
! von Beth-Zur im Sommer 1931 gemacht wurden, darf als erwiesen gelten,
daß Simon Makk. überhaupt keine Münzen geprägt hat (vgl. O. R. Sel-
I lers und W. F. Albright, Bulletin of the Amer. Schools of Orient. Research
Nr. 43, Okt. 1931, S. 10—13); es handelt sich bei den ihm bis
1931 zugeschriebenen Bronzemünzen um Aufstandsmünzen. — S. 30:
Die reguläre Größe einer Wand der Laubhütte kann schon deshalb nicht
„sieben Handbreiten im Quadrat" gewesen sein, weil nach Sukka I, 1
! die Mindesthöhe einer Wand zehn Handbreiten betrug. Hat sich B. durch
die Bemerkung Baneths irreführen lassen, daß der Querschnitt der Laubhütte
mindestens 7 Handbreiten im Quadrat messen muß (Mischnajoth
i II, 1927, S. 332)? — S. 33: Finale övoita-verbindungen kennt das NT
im Zusammenhang mit den Taufformeln. — S. 34 : B. neigt zu der Annahme
, daß das anonyme Fest Joh. 5, I das Hüttenfest meine; aber dal!
ein durch Regenwasser gespeister Teich zur Zeit des Hüttenfestes noch
| Wasser hatte, ist „so gut wie unmöglich" (G. Dalman, Jerusalem und
| sein Gelände, 1930, S. 176 f.). — S. 42: Daß das Jubiläenbuch nicht