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Ausgabe:

1936 Nr. 4

Spalte:

79

Autor/Hrsg.:

Allers, Rudolf

Titel/Untertitel:

Sexualpädagogik 1936

Rezensent:

Neumann, Johannes

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79

Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 4.

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Verzweiflung. Man muß den Mut der Aufrichtigkeit
anerkennen, mit der hier der Mensch gesehen wird. Erkenntnis
der eigenen Grenze ist auf jeden Fall geistigem
Hochmut vorzuziehen, dem man heute oft in philosophischen
Laienkreisen begegnet. Aber Resignation
kann nicht für den Menschen das Letzte sein. Jede
echte philosophische Anthropologie, wie die vorliegende,
weist über sich hinaus. Wo sie endet, beginnt die Arbeit
der theologischen Anthropologie, deren wichtige Aufgabe
es heute ist, zu zeigen, daß es noch andere Wege

schichte von der Tempelreinigung und an den Prozeß
Jesu. Ein Beispiel (S. 237f.): „In demselben Augenblick
aber erfüllte ein schriller, knatternder Ton den ganzen
Raum. Das erste Zeichen hatte Kaiphas gegeben:
er zerriß sein leichtes, weißes, aus feinstem Leinen...
angefertigtes Obergewand von oben bis unten... Kaiphas
gab das Zeichen und die andern folgten. Das unheimliche
Knattern der zerfetzten Gewänder war das
Todesurteil für den Angeklagten." Eigentümlich zurückhaltend
ist die Beurteilung des Judas Ischariot.

gibt, menschliches Sein zu deuten, Wege, die zu einer | Weltanschaulich entfernt sich der Vf. weit von den
Überhöhung menschlichen natürlichen Seins führen, zu 1 bekanntesten russischen Jesusdeutern, Dostojewskij und
einem wahrhaftigen Leben des Glaubens, der Liebe und j Tolstoj. Wir lesen S. 55: „Das Christentum ist nichts
der Kraft. weniger als buddhistisches, tolstoisches .Nichtwiderstre-

Kiel. Werner Schultz. »en'. Wodurch scheidet es sich von diesem? Durch

die Geißel des Herrn" (Joh. 2,15).

Wenn ich auf das Ganze sehe, bedaure ich lebhaft,
Allers, Priv.-Doz. Dr. Rudolf: Sexualpädagogik Grundlagen und daß der Vf. für sein Buch die Form einer halbwissen-
Grundlinien. Salzburg: Anton Pustet [1934]. (270.s.)8 | schaftlichen Darstellung wählte. Eine reine Dichtung

_ , , _ . , • . , ., , ' ' ge • ' , " i würde, wie andere Werke Mereschkowskiis zeigen, sehr
, "2er uArlt als E™eh" ' »st seit langem Grundsatz viel wirkungsvoller sein und stärkeren Nachhall finden,
der Psychotherapeuten. Wenn der bekannte Arzt und i _ „ .. °. , . . , , .

Psychologe Allers seine Anschauungen zur Sexualpäda- Großpösna be. Le.pz.g._^Leipoldt.

gogik vorlegt, so tut er das in seiner bekannten Orien- -

tierung an der Wertphilosophie Schelers, ohne aber sich ^i
Scheler ganz zu verschreiben (z. B. betr. Emotionalität '
des Werterlebnisses), vor allem aber als Katholik orien-

tiert an der Philosophie der Scholastik, ohne in seiner J soeben erschien:
Wissenschaft damit im eigentlichen Sinn „konfessio- I

nell" zu werden. Der psych. Einstellung der Ganzheits- ! ftjo SDrache d©f*

betrachtung spürt man die frühere Schulung an der In- riawi u*

dividualpsychologie noch an. — Es gibt aus dieser Haltung
heraus keine isolierte Sexualpädagogik, sondern

nur eine Erziehung des ganzen Menschen, in der das a<

Vitale, ohne verkürzt zu werden, vom höheren Wert, j 11110 llire Ot@IIUng innerhalb

zumal vom Heiligen Bedeutung und Rang erhält. Die ) . _ ...

christliche Einstellung zum Sexuellen ist keine Unter- Q6S AramSISCh© R

drückung dessen. Der oft behauptete Widerstreit zwischen
moralischem Gesetz und Natur ist ein Irrtum. Der

Mensch dient sich selbst am besten, wenn er Gottes , von Dr. Franz Rosenthal, Berlin
Forderung erfüllt. — Die beste Sexualpädagogik, die in
rel. Grundeinstellung, philosoph. Durcharbeitung und
psych. Ganzheitsbetrachtung nicht so bald überholt wer-
wird.

palmyrenischen Inschriften

IV, 114 Seiten (mit drei Schrifttafeln im Text), gr. 8°

Gießen. Johannes Neu mann.

Mereschkowskij, D. S.: Tod und Auferstehung. Frauenfeld:
Huber & Co. [1935]. (419 S.) 8°. geb. RM 8.50.

Mitteilungen der Vorderasiatisch-Aegyptischen
Gesellschaft, 41. Bd., 1. H.

Die dialektische Gliederung des Aramäischen, die dank der

bedeutsamen Stellung dieser Sprache in dem Kulturleben
Der russische Dichter beendet mit dem vorliegenden . , w j ,

^ eo;„o roo„o.T„-1«„J« n;0 H»- rWot>U„™ des ersten vor- und nachchnstl.chen Jahrtausends eins der

Bande seine Jesus-Trilogie. Die Art der Darstellung
hat sich gegenüber den beiden ersten Teilen nicht grundsätzlich
geändert: Dichtung und Gelehrsamkeit gehen

interessantesten Probleme für den Semitisten bietet, ist hier
an Hand der Inschriften aus der einst mächtigen Handelsstadt

merkwürdig durcheinander. Lücken der Überlieferung Palmyra dargestellt. Zugleich ist damit das gesamte bis

jetzt veröffentlichte Sprachmaterial für den palmyrenischen
Dialekt in Form einer Grammatik behandelt.

werden gern von der Einbildungskraft ergänzt. Aber die
Forschung wird weitgehend berücksichtigt: sogar am
Aramäischen und an den Lesarten der Handschriften
nimmt der Vf. Anteil. Daß er diese Dinge nicht ganz j Preis geh. rm 7.50

durchschaut, wird freilich öfters sichtbar. S. 248 und

408 werden Apostolicum und Nicaenum verwechselt. i Vollständige Übersicht über die „Mitteilungen der VAeG"

S. 395 wird eine gefälschte Darstellung des Orpheos | (P. 1005) steht zur Verfügung.

Bakkikos als echt behandelt usw. Dann zeigt sich wieder
(besonders bei den Auferstehungsgeschichten), daß
dem Vf. die Fähigkeit abgeht, einer Frage mit wirklichem
wissenschaftlichem Ernste nachzugehen.

Dennoch hat mir der dritte Band größere Freude
bereitet, als die beiden ersten. Die Gabe des Dichters, VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN

die Dinge anschaulich zu sehen, zeigt sich hier verschie- ! BUCHHANDLUNG IN LEIPZIG C1

denfach in hellstem Lichte. Das ist für den Leser immer

ein Gewinn, auch wenn er im einzelnen allerlei Ab- ! _ ._

striche machen muß. Ich denke besonders an die Ge- - ———-—

n

Mit einer Prospektbeilage der I. c. Hinrichs'schen Buchhandlung, Leipzig c 1.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 29. Februar 1936.

Verantwortlich: Prof. D. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.