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Ausgabe:

1936 Nr. 3

Spalte:

56-61

Autor/Hrsg.:

Luckey, Hans

Titel/Untertitel:

Johann Gerhard Oncken und die Anfänge des deutschen Baptismus 1936

Rezensent:

Völker, Walter

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Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 3.

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bis 169). Seine Ausführungen hierüber sind sehr gelehrt
und scharfsinnig. Ob sie aber einer Nachprüfung stand
halten werden, erscheint mir zweifelhaft. Man mag
sich nun zu diesen und ähnlichen Ansichten stellen wie
man will: jedensfalls bietet T.s Werk einen lehrreichen
und genußreichen Gang durch die Geschichte des Papsttums
und des Dogmas vom Papsttum.

München. Hugo Koch.

H e s e 1 e r , Peter: Hagiographica I. II. Beiträge zur Kirchengeschichte
des Qelasius von Kaisareia. Inaug. Diss. Philos. Fakultät Bonn. Athen:
Verlag „Chronika" Joseph Paptdopulos [Aristotelesstr. 36] 1934. =
Byz. Neugriech. Jahrb. IX [1934], 113 -128. 320-337.
Diese Dissertation, die keineswegs eine Arbeit eines
Anfängers ist, sie hat einen älteren Studienrat zum Verfasser
, verlohnt sich sehr hier anzuzeigen, weil in ihr
Probleme aufgenommen werden und zu einer sehr glücklichen
Lösung geführt werden, die seit 30 Jahren eigentlich
liegen geblieben sind. Die Erforschung der Quellen
der drei griechischen Kirchenhistoriker des 4. Jahrhunderts
, des Sokrates, Sozomenos und Theododet ist noch
eine Aufgabe. Ein Teilproblem wird hier in einer methodisch
sehr exakten und klar durchgeführten Untersuchung
behandelt. Die Erforschung der Quellen des Kir-
chenhistorikers ist keineswegs ein Problem für Anfänger,
und wer sich einigermaßen mit den bekannten Werken
des 4. Jahrhunderts beschäftigt hat, wird dem zustimmen
. H. hat sich ein besonders verwickeltes Problem
herausgegriffen, die Kirchengeschichte des Gelasios von
Caesarea, die wie A. Glas 1914 schon gezeigt hatte,
von Rufin einfach übersetzt worden ist. Mit der Arbeit
von Glas ist aber der erste Anfang erst gemacht worden,
diesem eigenartigen Werk von dem nur ganz dürftige
Nachrichten vorliegen, auf die Spur zu kommen. Man
ist sich allerseits darüber einig, daß sich recht erhebliche
Reste in den griechischen Kirchenhistorikern erhalten
haben müssen. Nur ist es einigermaßen schwer, mit
Sicherheit diese oder jene Abschnitte für Gelasius in
Anspruch zu nehmen. H. hat nun entdeckt, daß sich der
Vita des Spyridon von Paphos (655) recht umfangreiche
Ausschnitte aus der Kircliengeschichte des Gelasius finden,
die aber nicht direkt auf Gelasius zurückgehen, sondern
auf eine für Gelasius noch ergiebigere Vita des Alexander
und Metrophanes. Diese Vita nun ist zwar von
Gedeon gedruckt, aber nicht sorgfältig unter Berücksichtigung
der guten Überlieferung herausgegeben worden.
Es ist dringend zu fordern, daß wir bald eine kritische
Ausgabe der Vita erhalten, um diese wichtige Quelle benutzen
zu können. Es sei nur darauf verwiesen, daß
in der Vita zwei so wichtige Urkunden wie Nr. 29 u. 30
in Band III meiner Athanasiusausgabe überliefert sind.
Ich möchte nunmehr annehmen, daß die beiden Urkunden
bei Sokrates bzw. bei Sozomenos überhaupt aus
Gelasius stammen. Schon der Text läßt das vermuten.
Die zweite Abhandlung Hs. beschäftigt sich mit zwei
einzigartigen ausdrücklichen Zitaten größeren Umfanges
aus Gelasius, die in der Vita Constantini et matris He-
lenae des Ignatios von Selybria (15. Jahrh.) überliefert
sind. Hier kann man einmal auch den Stil des Gelasius
studieren, der dem des Euseb des Caesarea sehr verwandt
ist. Diese beiden Zitate, zwar sehr versteckt gedruckt
, sind bisher überhaupt nicht gekannt. Ich möchte
meinerseits die Aufmerksamkeit darauf lenken, daß sich
in dieser Vita auch eine griechische Übersetzung des
Eutrop zitiert findet, die sonst nicht geläufig ist. Im
Ganzen muß man Hs. Arbeit als einen äußerst glücklichen
Versuch nennen, das Problem Gelasius von Caesarea
wieder aufgenommen zu haben. Schon jetzt möchte
ich darauf verweisen, daß in der Vita Athanasii ex Meta-
phraste eine recht beträchtliche Reihe von Zitaten zu
finden sind, die sich mit Rufin decken, d. h. aber direkt
auf Gelasius zurückgehen müssen, vgl. dazu Bruno Beck
Die griech. Lebensbeschreibungen des Athanasius, Diss.
philos., Jena 1912, S. 47 ff. Schließlich muß man annehmen
, daß Sozomeos Gelasius benutzt hat, und erst

recht muß in diesem Zusammenhang der spätere Gelasius
von Kyzikos vorgenommen werden. Ohne nun
noch viele Einzelheiten zu nennen, deren es eine Fülle
gäbe, muß man wünschen, daß H. sich dazu entschließt
möglichst bald seine Untersuchungen fortzusetzen und
eine Rekonstruktion der KG. des Gelasius zu liefern.
: Wir würden dadurch vieler Fragen überhoben; gewiß ge-
j hört zu dieser entsagungsvollen Arbeit einiger Mut. Aber
| um die Geschichte der Kirchengesehichtsschireibung zwi-
! sehen Euseb und Sokrates wirklich näher kennen zu
| lernen, ist auch diese Arbeit neben ihrer Bedeutung für
die Bearbeitung der Synoptiker nötig. In dem jüngsten
Versuch die Geschichte der Kirchengeschichttsschreibung
I darzustellen von Nigg ist bezeichnenderweise von sol-
j chen Fragen, mit denen sich die abmühen müssen, die
I wirklich die Historiker lesen, nicht die Rede.

Berlin. h. G. Opitz.

Baptistica.

i Luckey, Lic. Dr. Hans: Johann Gerhard Oncken und die
Anfänge des deutschen Baptismus. 1934. (322 S.) gr. 8°.
Fünfter Baptisten-Welt-Kongreß. Deutscher Bericht des in Berlin
i vom 4. bis 10. August 1934 gehaltenen Kongresses. Herausgegeben
! im Auftrage des deutschen Kongresskomitees von Prediger Lic. Walter
Harnisch und Schriftleiter Paul Schmidt. 1934. (395 S.
mit 87 Abbildungen) gr. 8°.
i Martens, C: Taten Gottes im Osten, 1935. (128 S.) gr. 8°.
Sämtlich erschienen in Kassel: J. G. Oncken Nachf.
Das Jahr 1934 war für den Baptismus von beson-
; derer Bedeutung, denn in ihm tagte der fünfte baptistische
Weltkongreß und zugleich feierte man die Oncken-
und Spurgeon-Jubiläen. Im deutschen Schrifttum dieser
! Freikirche hat dies natürlich seine Spuren hinterlassen,
I indem die Bedeutung jedes Ereignisses durch je ein
| Buch vertieft wurde. Da mir das von A. Hoefs verfaßte
| Werk über Spurgeon nicht zugegangen ist, kann ich nur
j über die beiden anderen Arbeiten kurz orientieren.

Mit der Geschichtsschreibung des deutschen Baptismus
ist es bisher nicht gut bestellt, denn es gibt nur
eine (bis 1870 reichende) zusammenfassende Darstellung
[ von Joseph Lehmann (I 8, 1923; II 2, 1922), die zwar
j gut gemeint ist, aber wissenschaftlichen Anforderungen
I nicht gerecht wird und die einen Vergleich mit Bischof
D. Dr. Nuelsens Werk „Kurzgefaßte Geschichte des Methodismus
" (Bremen 1929 2) nicht aushält. Ehe ein
ähnliches Werk für den Baptismus geschrieben werden
kann, bedarf es noch eingehender und geduldiger Spezialuntersuchungen
. Eine solche wegbereitende Voruntersuchung
ist Luckeys Oncken-Buch, dessen Erscheinen nur
begrüßt werden kann.

Der Fortschritt über Jos. Lehmanns Darstellung ist
ein doppelter. Zunächst bemüht sich Verf. um eine Klärung
von Onckens Lebensgeschichte, indem er allen; nur
! irgendwie erreichbaren Stoff heranzieht. So berücksich-
I tigt er eingehend das Hamburger Aktenmaterial aus dem
Archiv der Polizeibehörde und dem Stadtarchiv, ferner
die Protokolle der Hamburger Gemeinde (5 Folio-Bände
mit über 2500 S.) und die Berichte über die Bundeskonferenzen
, Onckens schriftlichen Nachlaß und die in Nach-
I schrift erhaltenen „Erinnerungen" und die Auslegung
I des Johannes-Evangeliums (568 S.) u. a. So war es
Luckey möglich, unsere Kenntnis von Onckens Lebens-
i geschichte an nicht wenigen Punkten zu bereichern, bzw.
[ zu korrigieren. Man wird dem Verf. zustimmen müssen,
; daß Oncken schon während seiner Londoner Zeit Bezie-
: hungen zu Täufern gehabt hat (S. 62). Interessant ist
I ferner der Nachweis, daß Oncken in Hamburg gar nicht
zuerst mit Taufideen hervorgetreten ist, sondern daß
j adlige Kreise (bes. v. Lücken) diese schon vor seiner
i Zeit propagierten und dafür sogar Schwereres dulden
! mußten als der Begründer des deutschen Baptismus
I (S. 82 ff., 248 ff.). Die Erzählung der Hamburger Verfolgungen
wird zum ersten Male an Hand der Akten
[ gegeben, was manchen neuen Zug zu Tage fördert und
j wobei manche „schmückende Ranke" (S. 183) entfernt
! wird (S. 147, 183 u. ö.). Desgleichen liegen die Gemein-