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Ausgabe:

1936

Spalte:

466-467

Autor/Hrsg.:

Juhnke, Johannes

Titel/Untertitel:

Das Persönlichkeitsideal in der Stoa im Lichte der paulinischen Erlösungslehre 1936

Rezensent:

Breithaupt, G.

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES, Göttingen, und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, Berlin

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Bibliotheksrat Lic.Dr.phil. REICH, Bonn, und Bibliothekar Lic. E. STEINBORN, Berlin.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

Manutkripte und gelehrte Mitteilungen »ind ausschließlich an Professor D. BAUER in Göttinnen, Düstere Eichenweg 14, eu senden,
Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. Gewähr für Besprechung von unverlangt gesandten Itezensions-
exemplaren, besonders noch bei Zusendung nach Göttingen, kann nicht übernommen werden.

Printed in Germany.

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1

61. JAHRGANG, Nr. 26 19. DEZEMBER 1936

Spalte

Arseniew: Der urchristliclie Realismus und

die Christenheit der Gegenwart (Wendland) 476
Auslanddeutschtum u.evangel. Kirche (Usener) 479
Böckmann: Hölderlin u. s. Götter (Zeltner) 471
Gutbrod: Die paul. Anthropologie fBehm) 469
Juhnke: Das Persönlichkeitsideal in der
Stoa im Licnte der paulinischen Erlösungs-

Spalte

lehre (Breithaupt)..............466

Piatons Vaterländische Reden (Breithaupt) . 465
r u 1 a n d : Handbuch der praktischen Seelsorge
(Knabe)................477

S c h m i d : Paul de Lagardes Kritik an Kirche,

Theologie und Christentum (Knevels). . . 473
Elias Schrenk. Ein Leben im Kampf um

Spalte

Gott (Usener)................475

S e i f f e r t: Die Erbgeschichte des Menschen

(Schulze)..................478

Symbolae Osloenses (Behm).........467

Wicke: Das wunderbare Tun des heiligen
Krist nach der altsächsischen Evangelienharmonie
(Lother).............470

Piatons Vaterländische Reden. Apologie, Kriton, Menexenos über- , g'as mit Athen gebrochen und auch in Sizilien keinen

tragen u. eingeleitet von Kurt Hildebrandt. Leipzig: Felix Meiner i Erfolg geerntet hat, sucht er sich nach dem KönigS-

1936. (244 s.) 8°. geb. rm 4.50. frieden durch den Menexenos Athen wieder zu nähern,

Schon der Titel läßt das Ziel des Buches erkennen. j doch geht ihm über die Stadt jetzt die Nation, der sich

Es gilt, den großen Politiker und Staatsmann Piaton die Stadt unterzuordnen hat. Für diese Politik bietet

sichtbar werden zu lassen, für den sich mehr und mehr I Piaton sich als Führer an. Wenn H. damit den Dialog

das Verständnis Bahn bricht, bei uns Deutschen nicht i von piancher unwürdigen Deutung befreit und auf ein

zum wenigsten infolge unseres eigenen Schicksals. K. höheres Niveau hebt, so entsteht die Aufgabe, die Dis-

Hildebrandt faßt drei Schriften zusammen, deren eine, I sonanzen zu erklären, die die Gefallenenrede selbst birgt,

die Verteidigungsrede des Sokrates, meist als Schullek- '■■ H. glaubt hier an den Kriton anknüpfen zu dürfen und

türe abgefertigt, die andere, Kriton, für ein Anhängsel j Unstimmigkeiten wie die Rassereinheit der Griechen oder

jener angesehen wurde, die dritte, Menexenos, die ver- ! die Kennzeichnung der athenischen Demokratie als Oli-

schiedenartigste Behandlung, um nicht zu sagen Miß- garchie vom Standpunkt des idealen Athen lösen zu

handlung, sich gefallen lassen mußte. Allen dreien ge- | können. Noch schwerer aber zu deuten ist die Einklei

meinsam ist die Rede, die entweder als Selbstverteidigung
der Schrift ihre äußere Gestalt gibt (Apologie) oder
als Rede der Gesetze bezw. Rede auf die Gefallenen in
den Dialog eingearbeitet ist (Kriton, Menexenos). H.
würdigt die drei Werke in seiner bekannten eindring-

dung, der auch H. die Kennzeichnung burlesk nicht ersparen
kann. So wird auch mit H.s Deutung über den
Menexenos noch nicht das letzte Wort gesprochen sein.
Was die Übersetzung betrifft, so hat die Ehrfurcht vor
dem Wort eine oft peinlich genaue Beachtung des Satzlichen
Art, die keine Verunglimpfung der Größe Piatons j baues nach sich gezogen, die dem deutschen Geschmack

leidet. Der Sokrates der Apologie wird als der große j nicht hätte zugemutet werden sollen. Das gilt beson-

Warner hingestellt, der, zwar selbst nur suchend, doch j ders von den Perioden und Anakoluthen der Apologie,

zum Erzieher wird, indem er unbeirrt seiner Einsicht j Der Nachdruck, den Piaton auf das 17. Kapitel legt,

folgt und jenseits der Grenzen, die ihr gezogen sind, j würde durch Bevorzugung kürzerer, übersichtlicherer

sein Daimonion sprechen läßt, das H. mit Instinkt i Sätze nicht zerstört worden sein. Durch substantivische

gleichsetzt. Diese Dämonie kennzeichnet die echte Per- ' Ausdrucksweise konnte die lastende Fülle der Nebensätze

sönlichkeit im Gegensatz zum bloßen Individualisten, j vermindert werden. Doch im ganzen will es scheinen,

Wenn nun Sokrates noch nicht der Führer war, so war ! als ob die Sprache der Übertragung gegenüber der der

er doch der Vorläufer, über den hinaus Piaton im Be- ; Symposion-Übersetzung (vgl. ThLZ. 1935 Sp. 86), zu

sitz einer Ahnung des künftigen Neuen zur Stufe des j der die Vaterländischen Reden innerlich und äußerlich

Weisen emporstieg, ohne jedoch die dritte Stufe, die das Gegenstück bilden, schlichter wäre. Jedenfalls stellt

des Gründers für seine Zeit wenigstens erreichen zu ; das neue Buch Hildebrandts einen ansehnlichen Beitrag

können. Der' Kriton zeigt, wie Platon das politische zu der Aufgabe, die staatsmännische Größe Platons zu

Wollen seines Lehrers fortführt. Er wandelt die Re- j erfassen, dar.

signation der Sokratesschüler beim Tode des Meisters i Das Buch hätte von den leider reichlich vorkommenden Druckver-

in politische Energie um Und wirbt in heißer Liebe i sehen besser gereinigt werden können. Ich rechne dazu außer Phtia

Um dasselbe Athen das den Sokrates getötet hat, aber j statt Phthia auch Klazomenoi statt Klazomenai, Oinophytoi statt Oino-

nicht um das empirische von 399, sondern das „ewige", | Phyta, LyMen statt Libyen.

das er in den Satzungen der Stadt auftreten läßt. Mit | Northeim-_°- Breithaupt.

dieser Deutung des Kriton, die teilweise der Härders ; Juhnke, Johannes: Das Persönlichkeitsideal In der Stoa im

Lichte der paulinischen Erlösungslehre. Greifswald: Ratsbuchhandlung
L. Bamberg 1934. (92 S.) gr. 8°. = Greifswalder Theologische
Forschungen. Bd. 5. RM 2.80.

(1934) folgt, teilweise über sie hinausgeht, scheint mir
das Verständnis des Dialogs nicht unerheblich gefördert
zu sein. Am schwersten erschließt sich der Menexenos,
einmal wegen unserer Unkenntnis der ihm voraufgehen- Die vergleichende Gegenüberstellung von Christenden
Ereignisse, sodann wegen der Schwierigkeiten, die tum und zeitgenössischer Philosophie, insbesondere stoi-
die Schrift selbst enthält. H. sieht in ihm den atheni- scher, findet in der von K. Deißner betriebenen Forschen
Polisgedanken zugunsten der panhellenischen Idee schungsarbeit eine besondere Pflege; aus seiner Schule
in den Hintergrund gedrängt. Nachdem Platon im Gor- j ist auch die vorliegende Untersuchung hervorgegangen.

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